3.1 Entwicklung der Erzeugungskosten und Netztarife bis 2050

Die Kosten für Elektrizität in der Endanwendung im Haushalt, in der Industrie oder im Gewerbe beim Übergang zu einer überwiegend regenerativen Elektrizitätsversorgung sind von großer Bedeutung für die Leistbarkeit im Haushalt bzw. für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und des Gewerbes.

Der Stromtarif beim Endkunden besteht zukünftig aus den folgenden Anteilen:

  • Anteilige Erzeugungskosten der einzelnen regenerativen Energiequellen,

  • Kosten für Speicherung und Rückeinspeisung,

  • Erzeugungskosten für Ausgleichsenergie in thermischen Backup-Kraftwerken,

  • Netztarife für das stärker ausgebaute Übertragungs- und Verteilungsnetz,

  • Zähler- und Abrechnungskosten,

  • Steuern und Abgaben.

Bei den regenerativen Energiequellen ist bei großen Produktionsvolumina eine Minderung der Investitionskosten zu erwarten. Tab. 3.1 zeigt dies für Photovoltaikanlagen für den Zeitraum von 2010 bis 2050. Es werden einheitlich ein Zinssatz von 3 % und jährliche Wartungskosten von 4,5 % des Investitionswertes angesetzt.

Tab. 3.1 Entwicklung der Erzeugungskosten von Photovoltaikanlagen

Bei Onshore-Windenergieanlagen wird davon ausgegangen, dass im küstenfernen Binnenland zukünftig Schwachwindanlagen eingesetzt werden. Sie haben größere Rotoren bei Generatorleistungen im Bereich von 3 MW. Hierdurch sind verstärkte Türme und Fundamente notwendig. Die Preisreduktion fällt daher geringer aus und es wird ein Rückgang von 1000 €/kW im Jahr 2020 auf 900 €/kW im Jahr 2050 vorausgesetzt. Im Offshore-Bereich wird ein Rückgang von 4000 €/kW auf 3000 €/kW angenommen.

Tab. 3.2 zeigt die Entwicklung der Erzeugungspreise für die unterschiedlichen regenerativen Energiequellen inflationsbereinigt auf Basis 2016.

Tab. 3.2 Entwicklung der Erzeugungskosten der regenerativen Energiequellen

Abb. 3.1 zeigt die Erzeugungskosten von Photovoltaik und Windenergie. Die Kosten zur Integration der erneuerbaren Energiequellen sind in den Erzeugungskosten nicht enthalten, da entsprechend der Organisation des Elektrizitätsmarktes diese Anteile vom Abnehmer in den Netztarifen zu tragen sind.

Abb. 3.1
figure 1

Erzeugungskosten von Photovoltaik und Windenergie

Die Entwicklung der Strompreise bis zum Jahr 2050 kann aus den Anteilen der einzelnen regenerativen Erzeugungsarten in Tab. 3.2 zu Vollkosten berechnet werden. Die Betrachtung wird auf den österreichischen und den deutschen Elektrizitätsmarkt beschränkt.

Bei Betrachtung der deutschen Elektrizitätsmärkte wird gemäß Kap. 2, Tab. 2.2, vorausgesetzt, dass der Anteil der erneuerbaren Elektrizität vom Ausgangswert im Jahr 2016 am Stromaufkommen linear bis zum Jahr 2050 auf den dort angegebenen Endwert gesteigert wird. Mittels einer Anteilsmatrix für den Energiemix und der Kostenentwicklung nach Tab. 3.2 kann der jeweilige Energiepreis berechnet werden. Bei den Erzeugungspreisen sind auch die thermischen Backup-Kraftwerke und die Pumpspeicher entsprechend ihrer Entwicklung bis 2050 zu berücksichtigen.

Zur Bilanzierung des Elektrizitätssystems sind thermische Kraftwerke mit sinkenden und Pumpspeicher mit steigenden Anteilen erforderlich. Im Jahr 2020 sind in Deutschland hierfür 65 % der Gesamtenergie erforderlich. Es werden dabei Anteile von 3 % durch Pumpspeicher und Anteile von 62 % durch thermische Kraftwerke angesetzt. In Österreich sind wegen des hohen Anteils der Wasserkraft im Jahr 2016 nur 30 % der Jahresenergie erforderlich.

Als Kraftwerkstyp werden in Österreich nur Gas-und-Dampfkraftwerke betrachtet. Die Einsatzstunden verringern sich von 2500 Volllaststunden im Jahr 2020 [VDE 2012] auf nur noch 1000 h/a im Jahr 2050. Gleichzeitig wird angenommen, dass der Gaspreis von 2,5 €ct/kWh bis 2050 auf 5,0 €ct/kWh ansteigt. In Deutschland wird im Jahr 2022 das letzte Kernkraftwerk stillgelegt. Der Bestand an thermischen Kraftwerken setzt sich zusammen aus Kohle- und GuD-Kraftwerken. Langfristig besteht die Tendenz zu einem GuD-Kraftwerkspark. Abb. 3.2 zeigt die Entwicklung der Erzeugungskosten von Pumpspeichern und GuD-Kraftwerken.

Abb. 3.2
figure 2

Erzeugungskosten von GuD-Kraftwerken und Pumpspeichern

Die Lebensdauer von GuD-Kraftwerken beträgt 20 Jahre, die Investitionskosten liegen bei 1300 €/kW. Wegen des Vorrangs der erneuerbaren Energie fahren die GuD-Kraftwerke mit abnehmenden Volllaststunden. Dies bewirkt eine Erhöhung der Fixkostenanteile an den Einspeisetarifen.

Wie in einer Studie für Österreich gezeigt wurde [S4MG 2011], ist eine vollständige regenerative Energieversorgung derzeit nicht realisierbar, da hierzu Jahresspeicher mit großem Volumen und geringer Nutzungsdauer erforderlich wären. Weder im Hinblick auf die erforderlichen großen Speicherkapazitäten noch aus wirtschaftlicher Sicht ist dies sinnvoll. Daher sind zukünftig etwa 15 bis 20 % der Jahresenergie aus gemischtem Einsatz von Pumpspeichern und thermischen Kraftwerken bereitzustellen.

Bei Pumpspeichern werden als spezifische Investition 1000 €/kW vorausgesetzt. Dies ist ein Mischwert, der sowohl neue Anlagen einschließlich Stausee berücksichtigt als auch die Erweiterung von bestehenden Pumpspeichern durch leistungsfähigere Turbinen und Generatoren und neue Druckstollen. Für den Bezug von regenerativer Energie für den Pumpbetrieb werden 3 €ct/kWh (Abb. 3.2, obere Kurve) und 0 €ct/kWh (Abb. 3.2, untere Kurve) angesetzt. Die Pumpspeicher werden voraussichtlich von 1000 Betriebsstunden im Turbinenbetrieb im Jahr 2016 (ca. 2000 h im Pump- und Turbinenbetrieb) auf 2500 h/a im Turbinenbetrieb (5000 h gesamt) durch den Ausbau der erneuerbaren Energien ansteigen. Damit sinken die spezifischen Einspeisetarife. Besonders stark fällt der Effekt aus, wenn Pumpspeicher regenerative Überschussenergie zu deren Grenzkosten von null Cent zum Pumpen verwenden und als Ausgleichsenergie bei Mangel wieder abgeben. Dann sind sie sehr wirtschaftlich zu betreiben. Die steigenden Volllaststunden der Pumpspeicher und die fallenden der thermischen Ausgleichskraftwerke stellen zukünftig einen Wettbewerbsvorteil für Pumpspeicher dar. Außerdem verhindern sie, dass Überschussenergie abgeregelt wird und später entstehende Erzeugungslücken mit Energie aus thermischen Kraftwerken gefüllt werden müssen.

Gespeicherte regenerative Energie kann damit kostengünstiger eingesetzt werden als Energie aus thermischen Kraftwerken. Dies macht Pumpspeicher zukünftig wirtschaftlicher.

Die Nutzungsstunden (Volllaststunden) der Energienetze werden sich durch den vermehrten Einsatz von erneuerbarer Energie von bisher 5500 h/a auf nur mehr 2000 h/a in Österreich verringern [S4MG 2011]. Es sind höhere Leistungen bei geringeren Volllaststunden zu übertragen. Daher müssen die Netze verstärkt werden. Dies gilt auch für Deutschland und die EU-28.

Im Übertragungsnetz ist durch Umstellung von 220-kV-Leitungen auf 380 kV über die gleichen Trassen eine Leistungssteigerung um mindestens den Faktor 3 möglich. Weiterhin sind Gleichstromverbindungen in Deutschland von Norden nach Süden erforderlich, um die Offshore-Windenergie und die Onshore-Windparks zu den Verbrauchszentren im Süden Europas zu leiten.

Auch die Mittel- und Niederspannungsnetze sind für die Integration von PV-Anlagen und von Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge in ihren Kapazitäten zu erweitern. Bis zum Jahr 2050 wird deshalb ungefähr eine Verdopplung der Netztarife notwendig sein. Auch die Stromsteuern und -abgaben dürften sich ungefähr verdoppeln.

Unter Berücksichtigung aller dieser Kostenanteile, einschließlich der Backup-Kraftwerke und des Pumpspeichereinsatzes, ergeben sich die in Abb. 3.3 dargestellten Vollpreistarife für Kunden im Niederspannungsnetz. Ohne Berücksichtigung der deutschen EEG-Umlage wird der Strompreis entsprechend der Anteilsmatrix der anteiligen Einspeisungen und der Netztarife sowie Steuern und Abgaben voraussichtlich von 22 €ct/kW auf 37 €ct/kWh bis zum Jahr 2050 ansteigen. Österreich startet auf niedrigerem Preisniveau wegen des hohen Anteils der Wasserkraft. Durch bedeutenden Ausbau der Photovoltaik und der Windenergie, der Netze und der Pumpspeicher werden sich die Stromtarife an das deutsche Niveau bis 2050 angleichen.

Abb. 3.3
figure 3

Entwicklung der Strompreise in Deutschland und Österreich

Preissteigerungen sind hierbei nicht berücksichtigt. Für die Betrachtungen in diesem Buch wird vorausgesetzt, dass bei Preissteigerungen auch die Löhne steigen, sodass sich nur der Maßstab verschiebt, aber die Leistbarkeit unverändert bleibt.

3.2 Photovoltaik und das Mieterstrommodell

Abb. 3.4 zeigt die Entwicklung der Erzeugungskosten von Photovoltaikanlagen. Bei zentral aufgestellten Freifeldanlagen kann die gesamte einspeiste Energie nur über die Netze und damit einhergehenden Netznutzungstarifen vermarktet werden. Abb. 3.4 zeigt die Erzeugungskosten bei Eigennutzung ohne Netztarif. Die unterste Kurve (PV) gilt für Anlagen ohne Akkumulator, die oberste mit Akkumulator und die mittlere (PV & ACC MSM) stellt eine PV-Anlage mit Akkumulator dar, deren Überschussenergie nach einem Mieterstrommodell an Mitbewohner im Haus vermarktet werden.

Abb. 3.4
figure 4

Entwicklung von Strompreis und PV-Erzeugungskosten

Wenn Anlagen auf dem Dach oder der Fassade im Eigentum von Privatpersonen sind, so ergibt sich deren Wirtschaftlichkeit aus den vermiedenen Strombezugskosten aus dem Netz. Die Differenz zwischen dem Netzstrompreis und den Eigenerzeugungskosten stellt den Gewinn dar. Wie in Kap. 9 anhand von Zeitreihenanalysen der Solarstrahlung gezeigt wird, kann die Einspeisung kleiner PV-Anlagen, deren Leistung an den Elektrizitätsbedarf der Endnutzer angepasst sind, im Mittel nur zu etwa 35 % genutzt werden, da die Lastcharakteristik im Haushalt und die PV-Erzeugungscharakteristik im Jahresmittel keine höhere Überdeckung zulassen.

Dadurch sind die Gestehungskosten für Selbstnutzer höher als in der unteren Kurve in Abb. 3.4. Durch einen Verkauf der überschüssigen Energie kann die Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Da zukünftig aber viele PV-Anlagen gleichzeitig an das Netz angeschlossen sein werden und die Solarstrahlung lokal alle diese Anlagen gleichzeitig erreicht, sind beim Energieexport über das Netz nur geringe Vergütungen zu erwarten. Die Grenzkosten der regenerativen Energieanlagen für Stromexporte liegen bei null. Die Gestehungskosten bei einer Nutzung von 35 % sind daher mehr als doppelt so hoch wie die in Abb. 3.4 dargestellten Erzeugungskosten. Dennoch ist die Eigennutzung von reinen PV-Anlagen gegenüber dem Bezug aus dem Netz wirtschaftlicher.

Wenn ein stationärer Akkumulator an der PV-Anlage vorhanden ist, der nach wirtschaftlichen Kriterien ausgelegt ist (Kap. 9), kann die Eigennutzung auf 50 % erhöht werden. Der Preis des Akkumulators liegt derzeit bei ca. 700 €/kWh bei einer Lebensdauer von 6 Jahren und wird sich auf etwa 300 €/kWh bei 10 Jahren Lebensdauer im Jahr 2050 verändern. Erst ab dem Jahr 2030 sind PV-Anlagen mit Akkumulatoren wettbewerbsfähig (Abb. 3.4).

Die Gesetze zur Regulierung des Elektrizitätsmarktes wurden in Deutschland und Österreich inzwischen so geändert, dass nun Eigentümer von PV-Anlagen ihre Überschussenergie innerhalb eines Hauses an Mitbewohner verkaufen dürfen. Dazu ist kein externer Energieversorger notwendig und entsprechend wird auch kein Netzentgelt fällig, da der Stromtransport ausschließlich innerhalb des Hauses stattfindet. Dies wird als Mieterstrommodell (MSM) bezeichnet. Der Eigentümer der PV-Anlage kann damit die eigene Überschussenergie zu Vollkosten weitergeben. Damit sind Mieterstrommodelle bereits heute wirtschaftlich, wenn eine auf den Bedarf eines Hauses abgestimmte Auslegung vorgenommen wird, wie dies in Abb. 3.4 dargestellt ist. Die Schere zwischen steigendem Netztarif und fallenden Anlagenkosten lässt damit eine zunehmende Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen nach dem Mieterstrommodell erwarten.

3.3 Effizienz und Leistbarkeit

Effizienz ist nicht nur notwendig, um den Energiebedarf an das vorhandene regenerative Potenzial anzupassen, sondern auch, um die Leistbarkeit zu ermöglichen. Wie schon gezeigt wurde, hat die erneuerbare Energieversorgung höhere Strompreise zur Folge.

Traditionelles ineffizientes Verbrauchsverhalten mit unverändertem oder steigendem Verbrauch führt zu hohen Energiekosten. Am Beispiel eines Haushalts mit zwei Personen verdeutlicht Tab. 3.3 diesen Effekt. Durch steigende Kosten für Elektrizität, Heizöl und Treibstoffe erhöhen sich zukünftig die Energiekosten spürbar.

Tab. 3.3 Jahreskosten eines ineffizienten, konventionellen Haushalts

Für die gleiche Wohnfläche und den gleichen Mobilitätsbedarf zeigt Tab. 3.4 den Energiebedarf und die Kosten für einen bereits in der Vergangenheit effizienten Haushalt. Durch Maßnahmen wie Einsatz effizienter Hausgeräte und neuer Beleuchtung kann der Elektrizitätsbedarf für den allgemeinen Bedarf halbiert werden. Durch thermische Dämmung des Gebäudes und Einsatz einer Wärmepumpe kann der Heizungsenergiebedarf reduziert werden. Bei Nutzung eines Elektroautos ist auch trotz steigender Stromkosten noch eine starke Reduktion des Energiebedarfs für die Mobilität möglich.

Tab. 3.4 Jahreskosten eines effizienten, innovativen Haushalts

Selbst unter Berücksichtigung der höheren Energiekosten im Jahr 2050 kommt der effizientere Haushalt auf insgesamt etwa die Hälfte der Energiekosten gegenüber einem ineffizienten Haushalt im Jahr 2016. Abb. 3.5 zeigt eine Darstellung der Entwicklung der Energiekosten beider Haushalte. Die steigenden Energiekosten machen zukünftig Effizienzmaßnahmen besonders attraktiv. Mit Effizienzmaßnahmen ist die Energiewende leistbar und sie ermöglichen gleichzeitig, die Potenzialgrenzen der regenerativen Energie einzuhalten.

Abb. 3.5
figure 5

Energiekostenvergleich eines konventionellen ineffizienten und eines innovativen effizienten Haushalts

Effizienz stellt daher in Zukunft die wichtigste Maßnahme zum Gelingen der Energiewende dar. Ohne Effizienz sind die regenerativen Ziele nicht zu erreichen. Die höheren Energiekosten setzen zukünftig Impulse für mehr Effizienz.

Die Abschreibung der Investitionen in Effizienzmaßnahmen wurde nicht berücksichtigt. Es wird unterstellt, dass Investitionen nicht allein aufgrund von Effizienzverbesserung vorgenommen werden, sondern effiziente Geräte erst nach dem Ende der Lebensdauer der vorhandenen ineffizienten beschafft werden. Weiterhin wird vorausgesetzt, dass zukünftig die Abschreibungen auf die Investitionen in neue effiziente Geräte den Abschreibungskosten der zu ersetzenden Geräte ungefähr entsprechen.

3.4 Energiewirtschaftliche Bewertung der Effizienz

Effizienzmaßnahmen werden nach Kosten und Nutzen bewertet. Maßnahmen sind wirtschaftlich, wenn die Kosten der eingesparten Energie höher sind als die jährlichen Abschreibungen auf die Investitionen für Energieeffizienz. Dies stellt eine betriebswirtschaftliche Betrachtung dar.

Zur energiewirtschaftlichen Bewertung wird überwiegend die Annuitätenmethode verwendet, die jährliche Abschreibungen auf das eingesetzte Kapital sowie jährliche Wartungs- und Betriebskosten betrachtet. In den Betriebskosten sind Aufwendungen für Energie, Hilfsstoffe, Versicherungen, Abgaben und Arbeitskosten enthalten.

Aus Sicht von Unternehmen kann Effizienz neben den Kosteneinsparungen auch durch eine Imageverbesserung wirtschaftlich interessant sein, z. B. kann eine Auszeichnung als Ökohotel die Nächtigungszahlen und damit den Umsatz steigern. Diese nicht technische „Umwegrentabilität“ soll an dieser Stelle nicht weiter betrachtet werden.

Annuitätenmethode

Bei dieser Betrachtungsweise wird eine Investition A0 zu Beginn getätigt und soll in n Perioden in gleichen Raten Z getilgt werden, bis die Restschuld B0 zu null wird.

$$B_{0} = A_{0} - \sum\nolimits_{n} Z \equiv 0$$
(3.1)
$$Z = \alpha_{n} \cdot A_{0}$$
(3.2)

Der Annuitätenfaktor stellt den Anteil des aufgenommenen Kapitals dar, der jährlich getilgt wird.

$$\alpha_{n} = \frac{{\left( {q - 1} \right) \cdot q^{n} }}{{q^{n} - 1}}$$
(3.3)

Der Zinsfaktor q ergibt sich aus dem Zinsfuß (z. B. 3 %, q = 1,03).

Wenn die Zahl der Rückzahlungsperioden n auch der Lebensdauer einer Maßnahme entspricht, so ist eine Anlage am Ende der Lebensdauer gerade amortisiert.

Eine Effizienzmaßnahme ist dann wirtschaftlich, wenn die jährlich eingesparte Energiemenge ΔE zu den spezifischen Kosten kE einen höheren Wert ergibt als die jährliche Abzahlung Z.

$$Z = \alpha_{n} \cdot A_{0} \le k_{E} \cdot \it {\Delta} E$$
(3.4)

Werden die jährlich eingesparten Kosten der Energie als erhöhte Tilgungsrate betrachtet, kann daraus eine verkürzte Tilgungszeit in m Perioden berechnet werden, die als die Amortisationszeit gilt.

$$Z_{m} = \alpha_{m} \cdot A_{0} = k_{E} \cdot \it {\Delta} E$$
(3.5)

Iterativ kann in dieser Gleichung die Amortisationsdauer m bestimmt werden.

Tab. 3.5 zeigt die Amortisationsdauer von Effizienzmaßnahmen im Haushalt. Einerseits werden Glühlampen von 60 W (GL 60 W) durch Kompaktleuchtstofflampen von 11 W (KLL 11 W) oder LED-Lampen ersetzt sowie weitere Maßnahmen zur Energieeffizienz untersucht. Einheitlich wird ein Zinssatz von 5 % vorausgesetzt.

Tab. 3.5 Energetische Amortisationsdauer von Effizienzmaßnahmen im Haushalt

Die Kosten für Energiesparlampen im Treppenhaus sind hier höher, da diese etwa bis zu 100 Einschaltungen pro Tag haben, während Lampen im Haushalt nur einmal am Tag eingeschaltet werden. Daher wird im Treppenhaus einschaltfeste Beleuchtung eingesetzt.

Liegt die Amortisationszeit einer Maßnahme in der Größenordnung der Lebensdauer, ergibt sich vordergründig kein wirtschaftlicher Nutzen. Da zukünftig die Energiepreise steigen, kann die Maßnahme dennoch zweckmäßig sein. Steigen zukünftig die Energiekosten, werden sich die Amortisationszeiten verringern.

3.5 Contracting

Erzeugungs-Contracting

Photovoltaikanlagen eignen sich für das Erzeugungs-Contracting. Wie Abb. 3.6 zeigt, fallen die Preise für PV-Anlagen und für Akkumulatoren. In Zukunft werden die Strombezugstarife aus dem Netz durch den Netzausbau, die Bereitstellung von Reservekraftwerken und Pumpspeichern sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien höher liegen. Hierdurch öffnet sich eine Schere zwischen Netzbezugstarifen und Eigenerzeugungskosten aus Photovoltaik.

Abb. 3.6
figure 6

Contracting für PV-Anlagen

Strom aus PV-Anlagen ohne Akkumulatoren hat bereits geringere Eigenerzeugungskosten als der Netztarif. Für Anlagen mit Akkumulator wird das zukünftig ebenfalls zutreffen. Tab. 3.6 zeigt eine Schätzung der voraussichtlichen Entwicklung von Preisen und Lebensdauern bis 2050.

Tab. 3.6 Preis und Lebensdauer von PV-Anlagen und Akkumulatoren bis 2050

Beim Erzeugungs-Contracting für PV wird ein langfristiger Vertrag von z. B. 15 Jahren zwischen dem Contracting-Geber (CG) und dem Contracting-Nehmer (CN) abgeschlossen. Der CG verpflichtet sich, die PV-Anlage zu finanzieren, zu errichten und zu betreiben. Nach Ende der Vertragsdauer ist die Anlage abgeschrieben und fällt in das Eigentum des CN, der die Anlage bis zum Ende der Lebensdauer weiternutzen kann. Zwischen dem CG und CN wird ein Preis für die Nutzung der erzeugten PV-Arbeit vereinbart, der unter dem Netzbezugstarif liegt (Abb. 3.6). Die Differenz zum Netzbezugstarif stellt den geldwerten Vorteil des CN dar, der zukünftig möglicherweise als Einnahme steuerlich relevant sein wird.

Der CN gewährt dem CG durch Eintrag einer Dienstbarkeit im Grundbuch die Nutzung der Dach- oder Fassadenfläche für Photovoltaik. Weiterhin kann der CG die überschüssige PV-Energie vermarkten. Diese Einnahme kann entweder teilweise an den CN weitergegeben werden oder als Einnahme des CG zur Abschreibung der Anlage verwendet werden.

Im Vertrag sind auch die Bedingungen für Wartung und Instandhaltung sowie den Betrieb der Anlage enthalten. Aus der Sicht des CN erspart er sich die Aufnahme von Finanzmitteln zur Investition und weitere Aufwendungen für Betrieb, Wartung, und Instandhaltung. Auch werden keine Vertragsabschlüsse als Mitglied einer Bilanzgruppe erforderlich, da der CG auch als Aggregator von mehreren Anlagen auftritt, und damit den Zutritt seines Pools von Kleinanlagen in den Strommarkt kostengünstig ermöglicht.

Effizienz-Contracting

Effizienz-Contracting ermöglicht es, den Bedarf im Bereich der Endnutzung von Energie durch Effizienzmaßnahmen zu mindern. Häufig findet man diese Form des Contracting im Bereich von Heizungsanlagen. Wird z. B. eine alte Ölheizungsanlage durch eine effizientere Brennwert-Heizungsanlage oder eine Wärmepumpe ersetzt, ergibt sich ein geringerer Heizenergiebedarf. Die Einsparung kann teilweise zur Minderung der Heizkosten an den CN weitergegeben werden. Der Rest dient zur Deckung von Abschreibungs-, Kapital- und Betriebskosten für die neue Anlage und liefert die Rendite für den CG.

3.6 Effizienzmaßnahmen und Monitoring

Die Energieeffizienz ist durch die folgenden Maßnahmen zu verbessern.

Energieeffizienzrichtlinie als Top-down-Ansatz [EU 2012/27 EU]

In dieser Richtlinie werden Effizienzmaßnahmen in den Sektoren öffentliche Hand, Industrie und bei Energieversorgern festgelegt. Die Energieeinsparungen sind in Audits zu evaluieren und müssen jährlich an eine Monitoringstelle gemeldet werden. Für die Effizienzsteigerungen werden jährliche prozentuale Vorgaben gemacht. Bei Verstößen sind Pönalen vorgesehen. Haushalte und Kleinunternehmen müssen selbst kein Monitoring durchführen und sind von Pönalisierungen ausgenommen.

Effizienzmaßnahmen als Bottom-up-Ansatz

Hierunter fallen mehrere Maßnahmen, die den Energiebedarf in der Endanwendung absenken sollen.

  • Ökodesign-Richtlinie Sie legt Mindeststandards für effiziente Produkte und Geräte fest, z. B. den mittleren Energiebedarf für einen normierten Nutzungsvorgang oder den Stand-by-Bedarf. Geräte, die diese Mindeststandards nicht erfüllen, dürfen in der EU nicht produziert und auch nicht importiert werden. Diese Maßnahme greift nur längerfristig, da die Nutzungsdauer der meisten Geräten etwa 20 Jahre beträgt.

  • Labelling nach Energieverbrauchsklassen entsprechend Richtlinie 30/2010 EG: Geräte werden in ihrer Effizienz mit Referenzvorgaben verglichen. Die besten Geräte erhalten das Label A, die schlechtesten G. Da durch technischen Fortschritt die Effizienz der Geräte gesteigert werden konnte, wurden Label A+ und A++ erforderlich. Die Maßstabsskala muss regelmäßig wieder neu definiert werden und auf das höchste Label A zurückgesetzt werden.

  • Entsorgung von Altgeräten bzw. Gerätetauschaktionen: Durch Setzen von Anreizen werden Altgeräte in effiziente Neugeräte umgetauscht, wobei ein Preisnachlass für Neugeräte als Anreiz wirkt.

  • Der Energieeffizienzausweis von Gebäuden zeigt den spezifischen Energiebedarf eines Gebäudes für Heizung und Klimatisierung und gibt Mietern die Möglichkeit, die hierfür erforderlichen Kosten zu beurteilen.

Durch Anreizfinanzierung, Förderungen und Werbung sollen der Einsatz von effizienten Endgeräten und ein Bewusstsein beim Endanwender von Energiesektoren für Effizienzmaßnahmen bewirkt werden.

Sektoren für Effizienzmaßnahmen entsprechend der Energieeffizienzrichtlinie der EU [EU 2012/27/EU] sind:

Öffentliche Hand

Die öffentliche Hand soll als Vorbild bei Maßnahmen zur Energieeffizienz wirken. Die jährliche Renovierungsquote von öffentlichen Gebäuden von mehr als 250 m2 soll bei 3 % pro Jahr liegen. Allgemein sind lokale Energieeffizienzpläne zu erstellen und Energiemanagementsysteme einzuführen. Bevorzugt sind Produkte, Dienstleistungen und Gebäude mit hohen Energieeffizienzstandards zu verwenden und es ist ein effizientes Verbrauchsverhalten zu schaffen. Durch Beratung sollen Energieeffizenzbeauftragte ein effizientes Verbrauchsverhalten bewirken und durch Audits und Monitoring die jährliche Verbesserung erfassen.

Energieversorgung

Für Energieversorger werden nationale Energieeffizienzverpflichtungen festgelegt. Die Energieversorger, die eigentlich für die Lieferung von Energiedienstleistungen zuständig sind, müssen bei ihren Endkunden eine jährliche Minderung des Energiebedarfs entsprechend der nationalen Vorgaben erreichen. Dies stellt einen Interessenkonflikt dar. Im Falle der Nichterfüllung der Vorgaben durch die Endkundenkollektive sind Pönalen bei den Energieversorgern vorgesehen.

Weiterhin sind Einzelmessgeräte (Smart Meter) für den Zeitpunkt und den tatsächlichen Energieverbrauch einzuführen. Der Neu- und Umbau von Kraftwerken mit Nennleistungen über 20 MW ist mit Verpflichtungen zur Kostenanalyse verbunden. Das soll zum Bau von effizienten Kraftwerken führen.

Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist obligatorisch einzuführen. Die Netztarife sind so zu gestalten, dass Energieeinsparungen und Verbrauchssteuerung möglich werden. Für Erzeugungsanlagen werden nationale Energieeffizienzstandards festgelegt. Tab. 3.7 zeigt die Verbesserung der Wirkungsgrade und die Minderung der CO2-Emissionen von thermischen Kraftwerken seit 1960 [VEO 2004].

Tab. 3.7 Effizienz und Emissionen von thermischen Kraftwerken

Durch technologische Entwicklung der Kraftwerke und durch Förderung der KWK haben die thermischen Kraftwerke hohe Wirkungsgrade erzielt.

Industrie und KMU

Industrie und KMU (kleine und mittlere Unternehmen) haben einen bedeutenden Anteil am gesamten Energieverbrauch von 25–30 %. Dieser Sektor hat in der Vergangenheit mit einem Mittelwert von 1,5 %/a an Energieeinsparung gute Fortschritte gemacht. Insbesondere in der energieintensiven Industrie sind Effizienzmaßnahmen wirtschaftlich umzusetzen. Betriebe ab 50 Beschäftigten müssen ein Energiemanagementsystem einrichten oder Energieeffizienz-Audits durchführen. Es besteht eine Meldepflicht über die Energiebuchhaltung und das Einsparungsmonitoring. „Best Practice“ soll zur Verbreitung von energieeffizienten Technologien beitragen. Dabei sind Branchenkennwerte hilfreich. Im Rahmen eines Benchmarking werden hier Energiebedarfskennwerte je Produktionseinheit oder je Dienstleistung ermittelt. Damit lassen sich Betriebe mit gleichartigen Produkten oder Dienstleistungen miteinander vergleichen. Bei Hotels sind dies beispielsweise Energiekennwerte in kWh pro Übernachtung oder in Bäckereien kWh pro produziertes Produktgewicht. Anhand dieser Kennwerte kann dann die Produktionstechnik optimiert werden, z. B. indem in Bäckereien die Backflächen parallel mit verschiedenen Produkten beschickt werden, anstatt sequenziell über längere Heizperioden zu arbeiten. Die Energieeffizienz ist somit nicht nur durch technologische Maßnahmen, sondern auch durch organisatorische verbesserbar.

Haushalt

Im Bereich der Haushalte sind keine konkreten Maßnahmen und keine Kontrollen zur Energieeffizienz vorgesehen. Hier wird durch indirekte Maßnahmen versucht, die Effizienz zu fördern. Einen Bottom-up-Ansatz stellt die Ökodesignrichtlinie der EU dar [EU 2009/125/EG]. Hiermit sind Mindesteffizienzstandards für die einzelnen Produktgruppen vorgeschrieben, die im Haushalt eingesetzt werden, z. B. für Waschmaschinen, Heizungs- und Klimageräte, Beleuchtungseinrichtungen und Fernsehgeräte. Erfüllen Produkte diese Mindestanforderungen nicht, dürfen sie weder in der EU produziert noch importiert werden.

Die Energieversorger sollen in einem Top-down-Ansatz durch indirekte Maßnahmen den Energiebedarf der Haushalte absenken. Dazu zählen zum einen die Einführung des Smart Meters und zum anderen Kundenabrechnungen, die eine Veränderung des Energiebedarfs im Vergleich zur letzten Abrechnungsperiode gut nachvollziehbar darstellen. Effizienzberatung und Gerätetauschaktionen stellen weitere Maßnahmen zur Effizienzverbesserung dar.

Die Absenkung des Elektrizitätsbedarfs im Haushalt muss zukünftig neu interpretiert werden. Einerseits entsteht durch die Einführung von effizienten Geräten eine Minderung des Bedarfs. Andererseits erhöht sich der Elektrizitätsbedarf, wenn z. B. eine Ölheizung durch eine elektrische Wärmepumpe ersetzt wird oder ein Auto mit Verbrennungsmotor durch ein Elektrofahrzeug. Diese Substitutionspotenziale sollten zukünftig – evtl. pauschal – berücksichtigt werden. Denn langfristig erhöht sich der Elektrizitätsbedarf durch Substitution von fossiler Energie durch erneuerbare Elektrizität.

Ökodesign-Richtlinie EU 2009/125/EG

Ziel der Richtlinie ist eine integrierte Produktpolitik, die den gesamten ökologischen Lebenszyklus eines Produktes umfasst, vom Rohstoff über Produktion, Nutzung und Entsorgung. Material- und Energieströme werden in ihren Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus bewertet. Die Richtlinie soll die Entwicklung effizienter Produkte mit geringen Umweltauswirkungen fördern. Eine Senkung des Energiebedarfs, insbesondere des Elektrizitätsbedarfs über den Lebenszyklus, ist das Ziel. Die Ökodesign-Richtlinie wurde in nationale Rechtsvorschriften mit geringfügigen nationalen Anpassungen umgesetzt. Für die einzelnen Produktgruppen gelten spezielle Richtlinien.

3.7 Der Rebound-Effekt

Mit Rebound wird der Effekt bezeichnet, dass Energieeinsparungen durch Konsum oder geänderte Konsumentengewohnheiten aufgezehrt werden, z. B. ermöglichen Kosteneinsparungen neuer effizienterer Technologien die Anschaffung von mehreren oder leistungsfähigeren Produkten, was im Ergebnis zu einem gleichen oder sogar höheren Energiebedarf führt.

Abb. 3.7 zeigt Rebound-Effekte bei Fernsehgeräten. Die kurzen Balken entsprechen Fernsehgeräten mit einem Leistungsbedarf entsprechend dem EU-Energielabel der Effizienzklasse A+ und die langen Balken entsprechend der Klasse G. Wenn ein altes Fernsehgerät mit einer Bildröhre von 26″ (Röhren-TV) und der Effizienzklasse G durch ein neues Fernsehgerät mit einer Flachbildschirm-Diagonale von 65″ der effizientesten Klasse A+ ersetzt wird, bleibt der Energieverbrauch gleich. Ein weniger effizienter LED-Bildschirm hat sogar einen Mehrbedarf.

Abb. 3.7
figure 7

Rebound-Effekt bei Fernsehgeräten

Der Rebound-Effekt ist in vielen Bereichen der Endanwendung von Energie zu finden. Beispiele hierfür sind:

  • Umziehen von einer kleinen Wohnung mit schlechtem Dämmungsstandard in ein wärmegedämmtes Einfamilienhaus mit großer Wohnfläche.

  • Ersetzen eines Autos mit hohem Treibstoffbedarf durch ein effizienteres Fahrzeug und häufigeres Fahren mit dem neuen Fahrzeug.

  • Ersetzen eines Kleinwagens mit niedrigem Motorwirkungsgrad durch einen Geländewagen mit modernem Motor für die Mobilität in einer Großstadt.

  • Ersetzen einer Glühbirne durch einen Kronleuchter mit vielen LED-Lampen.

  • Ersetzen eines alten ineffizienten Kühlschranks durch einen neuen der Klasse A+ und Weiterverwendung des alten Gerätes als Weinkühler im Keller.

3.8 Graue Energie und Energy-Payback-Time

Graue Energie bezeichnet den Energieanteil, der für Herstellung, für Transport zum Endkunden sowie zur Installation beim Endkunden und zur Entsorgung benötigt wird. Die Ökobilanz eines Kombikühlschranks besteht zu etwa 20 % aus Energie zur Herstellung und zum Transport (graue Energie), zu 80 % aus Energie für den Kühlbetrieb, zu 0,6 % für Wartung und Instandhaltung und zu 0,1 % für die Entsorgung [SAFE 2005].

Der Ersatz eines alten ineffizienten Gerätes ist aus volkswirtschaftlicher Sicht nur dann sinnvoll, wenn die graue Energie des neuen Gerätes kleiner ist als die Energieeinsparung durch höhere Effizienz (bezogen auf die Nutzungsdauer des neuen Geräts) gegenüber dem alten zu entsorgenden Gerät.

Die „Energy-Payback-Time“ bezeichnet die Zeitspanne, bis durch die höhere Effizienz des neuen Gerätes (gegenüber dem alten) die graue Energie des neuen Gerätes eingespart ist. Ein Austausch eines alten Gerätes ist energetisch nur zweckmäßig, wenn gilt:

$$E_{\text{grau{,}neu}} \le \it{\Delta} E_{\text{alt - neu}} \cdot T_{\text{neu}}$$
(3.6)

Die Energiedifferenz pro Zeiteinheit aufgrund des Betriebes des neuen Gerätes (im Vergleich zum alten Gerät) muss summiert über die Nutzungsdauer Tneu kleiner sein als die graue Energie des neuen Gerätes Egrau,neu.

Abb. 3.8 zeigt den Ersatz von Kühlschränken verschiedener Baujahre durch einen neuen effizienten Kühlschrank, für dessen Herstellung eine Energie von 900 kWh benötigt wurde und dessen Betriebsstrombedarf nur mehr einen Wert von 227 kWh/a hat.

Abb. 3.8
figure 8

Payback Time bei Ersatz von Kühlschränken

Der Betriebsstrombedarf der alten Kühlschränke sinkt mit dem Baujahr von 1000 kWh/a bei Baujahr 1970 auf 300 kWh/a bei Baujahr 2000. Bei den alten Kühlschränken mit Baujahr 1990 und älter ist ein Austausch energetisch zweckmäßig. Kühlschränke mit Label A haben ab dem Jahr 2000 einen Energiebedarf von unter 300 kWh/a. Wegen der geringen Differenz der Betriebsströme führt ein Austausch von Geräten ab Baujahr 2000 zu langen Payback-Dauern und ist aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht zweckmäßig. Bei Geräten mit niedrigem Label D bis G kann dagegen der Austausch energetisch zweckmäßig sein.

3.9 Analyse und Monitoring der Energieeffizienz

Eine Analyse des Energiebedarfs ist die Voraussetzung, um Effizienzmaßnahmen wirtschaftlich durchführen zu können. Die Verbesserung der Effizienz ist ein kontinuierlicher Prozess, da neue Technologien und Produktionsverfahren auch zukünftig die Effizienzpotenziale stetig verbessern.

In der energieintensiven Industrie wie Metallerzeugung und -bearbeitung können Beschaffungskosten für Energie bis zu 40 % des Bruttoumsatzes ausmachen, in der Papierindustrie sowie Glasindustrie, Keramik, Steine und Erden zwischen 20 und 30 % und in der chemischen Industrie etwa 20 %. Für diese Unternehmen sind Effizienzmaßnahmen in der Produktion ein wesentlicher Teil der Unternehmensstrategie. Die Anpassung der Prozesse erfordert hohes spezifisches Wissen und wird daher von eigenen Fachabteilungen und spezialisierten Herstellern der Produktionsanlagen durchgeführt. Externe Beratung zur Energieeffizienz wird nur in seltenen Fällen benötigt und kann nur von spezialisierten Beratungsunternehmen vorgenommen werden.

Ein großer Bedarf zur Energieberatung besteht dagegen im Sektor der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie im Haushalt. KMU unterteilen sich in Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD).

Gewerbe zur Herstellung von Waren (Auswahl)

  • Bäckerei,

  • Brauerei,

  • Mühle,

  • Nahrungsmittelerzeugung,

  • Landwirtschaft,

  • Bekleidung,

  • Metallverarbeitung,

  • Elektrotechnische Waren und Anlagen.

Dienstleistungsgewerbe (Auswahl)

  • Büro,

  • Frisör,

  • Gaststätte,

  • Hotel,

  • Installation,

  • Reparaturwerkstatt.

Handelsgewerbe (Auswahl)

  • Einzelhandel,

  • Großhandel,

  • Supermarkt.

Tab. 3.8 zeigt typische Kennwerte des Energiebedarfs der verschiedenen Gewerbearten, die aus verschiedenen Effizienzbroschüren für KMU zusammengestellt wurden [WKO 2012]. Damit können die Anwendungsarten von Energie mit dem größten Effizienzpotenzial gefunden werden.

Tab. 3.8 Typische Kennwerte des Energiebedarfs von KMU

Bei der Bäckerei und der Brauerei haben Prozesswärme und Prozesskühlung den größten Anteil.

Beispiel Supermarkt

Im Supermarkt werden Prozesskühlung und Beleuchtung im Hinblick auf die Effizienzpotenziale betrachtet. Zur Kühlung der Nahrungsmittel können entweder zentral versorgte Kühlregale oder dezentrale steckerfertige Kühltruhen eingesetzt werden [Peritsch 2006]. Bei den zentralen Kühlregalen sind Kältemittelleitungen zu den Regalen verlegt und außerhalb des Gebäudes befinden sich die Wärmetauscher. Der Vorteil ist, dass keine Wärme in den Verkaufsraum abgegeben wird. Nachteilig ist, dass die Kühlmittelleitungen den Wirkungsgrad verschlechtern.

Die dezentralen Kühltruhen haben höhere Wirkungsgrade; es sind aber Zusatzmaßnahmen mit oben aufgehängten Kühlflächen zur Raumkühlung erforderlich, wodurch sich der Gesamtwirkungsgrad verschlechtert. Effiziente, neu errichtete Supermärkte haben daher zentrale Kühlanlagen und nutzen Tageslichtöffnungen in der Decke, um den Energiebedarf der Beleuchtung zu senken. Neue Supermärkte mit diesen Eigenschaften werden häufig auf der grünen Wiese außerhalb von Ortschaften errichtet. Sie sind nur mehr mit dem Automobil erreichbar, wodurch das Verkehrsaufkommen zunimmt und bewirken einen zusätzlichen Flächenverbrauch. Hierdurch verschlechtert sich die Gesamteffizienz.

Beispiel Hotel

Im Folgenden soll für ein Hotel das prinzipielle Vorgehen bei einem Energieaudit dargestellt werden. Zur Beurteilung der Energieeffizienz in der Hotellerie kann Tab. 3.9 dienen [BerVoss 2012] (mit Ergänzungen). Die verschiedenen Kategorien von Luxus- bis Drei-Sterne-Hotel haben unterschiedliche Kennwerte, die für eine mittlere Hotelauslastung von 40 % gelten.

Tab. 3.9 Kennwerte von Hotels für das Effizienz-Benchmarking [BerVoss 2012]

Die Jahreskosten der Energie im Vergleich zum Umsatz liegen typischerweise bei 5 bis 7 %. Da die Umsatzrendite bei der Hotellerie bei etwa 4 bis 6 % liegt, können Effizienzverbesserungen die Umsatzrendite deutlich erhöhen.

Zur Analyse der Effizienz eines Hotels eignen sich am besten solche Top-down-Ansätze, womit die Jahreseinnahmen, die jährlichen Energiekosten und die Hotelauslastung betrachtet werden. Diese Daten sind einfach zu beschaffen. Synthetische Bottom-up-Modelle, die von den installierten Geräten und Anlagen des Endenergiebedarfs ausgehen, sind wesentlich aufwendiger und vor allem fehlerbehaftet, da das Nutzerverhalten nicht enthalten ist.

Mit den so erhobenen Daten ist ein Vergleich mit Kennwerten der entsprechenden Hotelkategorie nach Tab. 3.9 möglich. Der mittlere Energiebedarf der Hotellerie stellt einen Vergleich mit dem State of the Art dar, zeigt aber noch nicht mögliche Effizienzpotenziale.

Durch eine Begehung können Effizienzpotenziale erkannt und protokolliert werden:

Elektrizität

  • Beleuchtung: Sind noch Glühlampen oder Halogenlampen im Einsatz?

  • Haben die Zimmer Schlüsselkartenschalter zur Anwesenheitserkennung?

  • Haben die Zimmer Minibarkühlschränke oder sind Getränkeautomaten am Gang aufgestellt (Vier-Sterne- und Luxus-Hotels erfordern evtl. eine Minibar)?

Wasser/Warmwasser

  • Duschbrausen mit limitiertem Verbrauch (6–12 l/min),

  • Einhandmischer mit Spareinstellung,

  • Zwei-Tasten-System für Toilettenspülung,

  • Solarthermische Warmwassererzeugung (spart bis zu 85 % an Energie, aber Kosten-Nutzen-Analyse erforderlich).

Heizung

  • Heizkörper regelmäßig gereinigt und entlüftet,

  • Thermostatventile am Heizkörper,

  • Individuelle Temperaturregelung je Zimmer,

  • Nachtabsenkung der Vorlauftemperatur,

  • Drehzahlgeregelte Umwälzpumpe in der Heizanlage,

  • Brennwertkessel, Pelletheizung oder Wärmepumpe,

  • Fensterkontakt schaltet Heizkörper aus (Winterhotels),

  • Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Kühlung

  • Zuerst Wärme vermeiden anstelle zu kühlen,

  • Sollwert hochsetzen (6 Grad Temperaturdifferenz nach außen),

  • Anwesenheitserkennung durch Schlüsselkartenschalter,

  • Wärmedämmung der Gebäudehülle,

  • Isolierfenster,

  • Vorhang zur thermischen Dämmung,

  • bivalente Wärmepumpe (Erdwärme – Erdkälte).

Aufgrund dieser Parameter kann eine Reihung der möglichen Maßnahmen vorgenommen werden. Die wirksamsten Maßnahmen, diejenigen mit den höchsten Energieeinsparungen bei geringsten Kosten, sollten zuerst realisiert werden. In einem mehrjährigen Verbesserungsprozess können weitere einzelne Maßnahmen nacheinander umgesetzt werden und damit eine jährliche Effizienzverbesserung an die nationale Monitoring-Agentur für Energieeffizienz gemeldet werden. Ein ausführlicher Leitfaden für das Energiemanagement in der Hotellerie und Gastronomie findet sich in [WKO-ÖHV 2009].

3.10 Energiemanagement

Die Europäische Richtlinie zur Energie [EU 2012/27] fordert die Einführung von Energiemanagementsystemen. Von einem internationalen Team wurde hierzu eine Schritt-für-Schritt-Anleitung [EA-KLI 2007] erarbeitet. Das Energiemanagement stellt einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess dar, der zur Minderung des Energiebedarfs und damit der Energiekosten führen soll. Es besteht aus den folgenden Teilprozessen:

  • Business Case: In der Vorbereitungsphase wird für den untersuchten Sektor der Energieanwendung oder den speziellen Prozess Wissen erworben. Gemäß den fachlichen Anforderungen wird ein Projektteam zusammengestellt, das für die Analyse, Umsetzungsplanung und Evaluierung geeignet ist.

  • Energieaudit: Im Rahmen eines Energieaudits wird ein Benchmarking durchgeführt. Dabei sind Branchenkennwerte nützlich, um eine Einordnung im Vergleich zu „Best-Practice“-Prozessen zu ermöglichen. Aufgrund einer Analyse des Status quo können Effizienzpotenziale erkannt und mögliche Effizienzmaßnahmen zusammengestellt werden.

  • Energieaktionsplan: Die möglichen Effizienzmaßnahmen werden in ihrer Umsetzbarkeit und den voraussichtlichen Kosten und dem wirtschaftlichen Nutzen bewertet und gereiht. Hieraus wird ein Energieaktionsplan erstellt, der detailliert ausgearbeitet ist.

  • Energiekoordination: Mit dem Energiekoordinator wird der Aktionsplan abgestimmt und gegebenenfalls modifiziert. Das interne für die Energie zuständige Personal und gegebenenfalls externe Auftragnehmer stimmen die Aufgaben ab und leiten die Bestellungen ein.

  • Implementierung: Die Energieeffizienzmaßnahmen werden entsprechend der Energiekoordination implementiert.

  • Evaluierung: Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird evaluiert und gegebenenfalls nachjustiert.

  • Überarbeitung und Neustart des Prozesses: Die Maßnahmen zur Energieeffizienz werden überarbeitet und bereits getätigte Maßnahmen werden modifiziert oder erweitert oder neue Maßnahmen werden entsprechend der Reihung in Angriff genommen.

3.11 Zusammenfassung

Die Erzeugungskosten für Energie steigen infolge der großflächigen Errichtung von regenerativen Erzeugungsanlagen, dem Ausbau von Speicheranlagen, dem notwendigen Ausbau der Energienetze und dem Bedarf an Backup-Erzeugungsanlagen für eine gesicherte Energieversorgung. Der Anstieg der Energie- und Netzkosten kann aufgrund der Kostenentwicklung der regenerativen Erzeugungsanlagen, dem Ausbaugrad der Netze und den Kosten der Backup-Versorgung synthetisiert werden. Nur die Verwendung eines Vollkostenmodells lässt einen wirtschaftlichen Betrieb des Energiesystems zu. Die Anwendung von Grenzkostenmodellen ist nicht zweckmäßig, da bei regenerativen Erzeugungsanlagen die Grenzkosten bei null liegen. Das gleichartige Dargebot synchronisiert die Erzeugung, weshalb Perioden mit Übererzeugung und niedrigen Preisen nicht durch Perioden mit Erzeugungsmangel und hohen Preisen kompensiert werden können.

Im Bereich der Photovoltaik wird durch sinkende Anlagenkosten und steigende Energiepreise ein Erzeugungs-Contracting zukünftig attraktiv sein. In einer längerfristigen vertraglichen Bindung können die Erzeugungsanlagen vom Contracting-Geber installiert und betrieben werden. Der Contracting-Nehmer erhält lokal erzeugte Energie zu niedrigen Kosten ohne Berücksichtigung von Netztarifen.

Effizienzmaßnahmen müssen wirtschaftlich sein. Rebound-Effekte sollten vermieden werden und die Energy-Payback-Time kann als Indikator für die Zweckmäßigkeit beim Gerätetausch dienen.

Energieaudits und Energiemanagementsysteme sind zukünftig für einen kontinuierlichen Effizienzverbesserungsprozess erforderlich. Sie können langfristig die Wirtschaftlichkeit in Unternehmen und bei Privatanwendern steigern und geeignete Effizienzmaßnahmen fördern.