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Die Einführung des pauschalierenden Entgeltsystems für die Psychiatrie und Psychosomatik – Impulse für den DRG-Bereich

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Zusammenfassung

Die Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie und Kinder- und Jugendpsychiatrie blieben von der DRG-Einführung im Krankenhausbereich im Jahr 2004 ausgenommen. Stattdessen wurde für diese Fächer ab 2013 ein eigenes Vergütungssystem, das Pauschalierende Entgeltsystem für die Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) eingeführt. Im Unterschied zum DRG-Bereich wurde und wird der PEPP-Reformprozess von einer breiten Fachöffentlichkeit kritisch begleitet. In einer beispiellosen Allianz von Akteuren wurde das ursprünglich geplante Entgeltsystem verhindert. Aufgrund der zeitlich versetzten Einführung dienten damals die Auswirkungen der DRGs als Erfahrungshintergrund für die Bewertung des PEPP-Systems. Es stellt sich die Frage, ob es auch umgekehrt für eine kritische Auseinandersetzung um die DRGs hilfreich sein könnte, von den Geschehnissen in der Psychiatrie zu lernen. Der Beitrag analysiert auf Grundlage von Experteninterviews mit Protagonist*innen der PEPP-Kritik die ermöglichenden Faktoren für diese Allianz und diskutiert Möglichkeiten und Grenzen des Transfers zwischen beiden Handlungsfeldern.

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Notes

  1. 1.

    Im Folgenden wird diese Fächergruppe unter dem Begriff ‚Psychiatrie‘ subsumiert. Im Fokus des Beitrags stehen die psychiatrischen Krankenhäuser und Fachabteilungen, die von PEPP betroffen sind und im Rahmen des SGB V finanziert werden. Zur psychiatrischen Hilfelandschaft gehören außerdem ambulante und stationäre Angebote der Eingliederungshilfe (Finanzierung durch SGB XII), die sich der PEPP-Kritik anschlossen, weil auch sie für ihre Einrichtungen negative Auswirkungen durch die Vergütungsreform befürchteten, also mittelbar betroffen waren. Der Begriff ‚Gemeindepsychiatrie‘ wird im Folgenden konzeptionell verwendet als Klammer für all diejenigen psychiatrischen Angebote, die sich als lebensweltnah und teilhabe-orientiert verstehen.

  2. 2.

    Ich danke sehr herzlich.

    • Prof. Dr. Jürgen Armbruster, Mitglied des Vorstands der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e. V. und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes evangelische Behindertenhilfe e. V.;

    • Grit Genster, Leiterin des Bereichs Gesundheitspolitik, ver.di;

    • Dr. med. Iris Hauth, Past-President in der DGPPN, Ärztliche Direktorin, Regionalgeschäftsführerin des Zentrums für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Alexianer St. Joseph Berlin-Weißensee GmbH;

    • Univ.-Prof. Dr. med. Martin Heinze, Professor für Psychiatrie und Psychotherapie und Chefarzt der Hochschulklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB), Immanuel Klinik Rüdersdorf;

    • Prof. Dr. med. Thomas Pollmächer, Vorsitzender der Bundesdirektorenkonferenz, Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie (BDK) e. V. und Direktor des Zentrums für psychische Gesundheit, Klinikum Ingolstadt;

    • Dr. Katharina Ratzke, Referentin für Sozialpsychiatrie und Suchthilfe, Diakonie Deutschland;

    • und Prof. Dr. Michael Simon, Hochschule Hannover

    für die Bereitschaft zum Interview, ihre Expertise und die hilfreichen Diskussionen und Rückmeldungen.

  3. 3.

    Eine 100 %ige Umsetzung der Psych-PV, d. h. eine volle Refinanzierung der Personalkosten und entsprechendes Vorhalten von Personal war jedoch auch vor der Entgeltreform nicht gegeben (kein Ausgleich von Tarifsteigerungen, Quersubventionen in andere Krankenhausabteilungen, restriktive Berechnungen der Mitarbeiterkosten durch die Kostenträger etc.).

  4. 4.

    Hierzu gehörten: Aktion Psychisch Kranke (APK), Arbeitskreis der Chefärztinnen und Chefärzte psychiatrischer und psychotherapeutischer Kliniken an Allgemeinkrankenhäusern in Deutschland (ACKPA), Arbeitskreis der Krankenhausleitungen Psychiatrischer Kliniken Deutschlands (AKP), Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BAG KJPP), Bundesarbeitsgemeinschaft leitender Mitarbeiter/innen des Pflege- und Erziehungsdienstes kinder- und jugendpsychiatrischer Kliniken und Abteilungen, Bundesarbeitsgemeinschaft der Träger Psychiatrischer Krankenhäuser, Bundesdirektorenkonferenz, Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie (BDK), Bundesfachvereinigung Leitender Krankenpflegepersonen der Psychiatrie (BFLK), Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK), Deutsche Arbeitsgemeinschaft der Tageskliniken (DATPPP), Deutsche Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege (DFPP), Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS), Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DGGPP), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM), Deutsche Gesellschaft für seelische Gesundheit bei Menschen mit geistiger Behinderung (DGSB), Deutscher Verband der Ergotherapeuten (DVE), Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie und Psychotherapie (LIPPs), Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands, Fachgruppe Psychiatrie (VKD), Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD).

  5. 5.

    Für einen Überblick über die beteiligten Akteure siehe z. B. die Stellungnahmen zum Referentenentwurf des PsychVVG 2016: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/guv-18-lp/stellungnahmen-refe/psychvvg.html#c11797.

  6. 6.

    Zitate sind, wenn nicht anderweitig ausgewiesen, den zur Vorbereitung dieses Beitrags geführten Expert*inneninterviews entnommen.

  7. 7.

    „Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation.“ (§ 27 (1) Satz 4 SGB V).

  8. 8.

    Für eine Reflexion der Errungenschaften der Psychiatrie-Enquete s. Armbruster et al (2015).

  9. 9.

    Aus der Stellungnahme der Bundesdirektorenkonferenz, Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie (BDK) e. V., 17.11.2016: „Da ist einerseits der Wunsch der Mehrzahl von Fachgesellschaften und Verbänden nach einem Vergütungssystem, das sich nicht an Diagnosen, sondern primär am Bedarf des individuellen Patienten und seiner gemeindenahen bestmöglichen Behandlung orientiert und anderseits der politische Megatrend des wettbewerbsorientierten Gesundheitswesens, die medizinische Behandlung als mess- und objektivierbares Leistungsgeschehen zu verstehen, dem als ebenfalls quantitatives Korrelat die Vergütung folgt. Diese beiden Sichtweisen sind nicht wirklich kompatibel“.

  10. 10.

    Skizziert werden hier relevante Unterschiede der sozialgesetzlichen Regelungsbereiche zwischen Psychiatrie und sonstigem Gesundheitssystem. Auch in der Psychiatrie existiert eine von den KVen organisierte ambulante medizinische Versorgung, auch im DRG-Bereich spielen Hilfsangebote, die durch andere Sozialgesetzbücher als das SGB V geregelt sind, z. B. die Pflege (SGB XI) eine Rolle. Ein ähnlich gewichtiger Kooperationspartner, wie die Eingliederungshilfe in der Psychiatrie ist jedoch im DRG-Bereich nicht existent.

  11. 11.

    Zusätzlich schränkt die neuere Gesetzgebung (Personalkostennachweise) die Attraktivität der Psychiatrie für private Träger ein. Es gibt Erwägungen, psychiatrische Standorte aufzugeben. Durch diese Defensive konnte die öffentliche und freigemeinnützige Trägerperspektive zusätzlich an Bedeutung gewinnen.

  12. 12.

    Nachzulesen z. B. in der Stellungnahme der DKG (Deutsche Krankenhausgesellschaft 2016) zum Referentenentwurf des PsychVVG: „Auch sollte aus der Diskussion mittlerweile anerkannt sein, dass die Daseinsvorsorge für die stationäre Versorgung von psychisch Kranken von großer Bedeutung ist. So lässt sich insbesondere der Mehraufwand für die regionale Pflichtversorgung grundsätzlich nicht an der Art der Erkrankung oder dem Behandlungskonzept und somit „leistungsbezogen“ festmachen. Vielmehr erklärt sich der Mehraufwand durch besondere Vorhaltungen, die durch die Verpflichtung zur uneingeschränkten Aufnahmebereitschaft oder die regionale Versorgungssituation entstehen. Zudem ist die Pflichtversorgung mit der Mitwirkung in gemeindenahen Versorgungskonzepten, der intensiven Abstimmung mit Behörden, Gerichten, gesetzlichen Betreuern und komplementären Versorgungsangeboten verknüpft. Da diese vielfältigen Aufgaben regional sehr unterschiedlich sind und der Mehraufwand selbst in den betroffenen Krankenhäusern sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, können diese nur bei einer krankenhausindividuellen Finanzierung der erforderlichen Strukturen weiterhin wahrgenommen werden.“.

  13. 13.

    Gegenwärtig werden z. B. teils Personalvorgaben im Krankenhaus abgelehnt, weil dies gegenüber den Kostenträgern zu neuen Rechtfertigungszwängen bei darüber hinaus gehendem Personalzuwachs führen könnte.

  14. 14.

    Schimank und Volkmann (2017) beschreiben diesen Erhalt einer unverletzten Fachlichkeit als funktional erforderliche „Basis-Autonomie“ der Leistungsproduktion einer gesellschaftlichen Sphäre wie hier dem Gesundheitswesen. Diese – durch Ökonomisierungsdruck von Erosion bedrohte – Basis-Autonomie muss in einer funktional differenzierten kapitalistischen Gesellschaft im Zweifel durch staatliche Regulierung geschützt werden, damit die Qualität der Leistungen nicht sinkt.

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Dieterich, A. (2019). Die Einführung des pauschalierenden Entgeltsystems für die Psychiatrie und Psychosomatik – Impulse für den DRG-Bereich. In: Dieterich, A., Braun, B., Gerlinger, T., Simon, M. (eds) Geld im Krankenhaus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-24807-9_15

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