Zusammenfassung
Biografien junger Frauen und Männer lassen sich unter anderem dahin gehend analysieren, wie sich aus individuellen Lebensgeschichten unterschiedliche Formen von Beteiligung und Engagement bilden. Der Beitrag von Jessica Lütgens und Larissa von Schwanenflügel befasst sich mit der Frage, in welcher Weise biografische Erfahrungen, die junge Menschen in den öffentlich-institutionellen Kontexten der Schule und Kinder- und Jugendhilfe machen, ihre Zugänge zu Partizipation und ihr Partizipationshandeln prägen. An exemplarisch vorgestellten Biografien wird deutlich, dass dort, wo eine hohe Passung zwischen den Erwartungen und Rahmungen dieser öffentlich-institutionellen Kontexte einerseits, und den Bedarfen der jungen Menschen andererseits hergestellt werden kann, diese eine zentrale individuelle biografische Funktion und Bedeutung übernehmen. Kann nur eine geringe oder keine Passung hergestellt werden, wenden sie sich alternativen, stärker informellen Partizipations-Kontexten zu, mit denen eine jeweils individuelle Funktion der Abgrenzung einhergehen. Mit Blick auf die Zuschreibung einer wachsenden Politikverdrossenheit bei jungen Menschen, stellt sich die Frage, welche positive oder negative Rolle öffentliche Institutionen des Aufwachsens hierbei spielen.
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Notes
- 1.
Unter dem Begriff Kinder- und Jugendhilfe werden in Deutschland alle nicht schulischen (aber durchaus auch schulbezogenen) Leistungen und Aufgaben öffentlicher und freier Träger zugunsten junger Menschen bezeichnet (so z. B. Hilfen zur Erziehung, Frühe Hilfen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Jugendsozialarbeit, Kinder- und Jugendarbeit).
- 2.
Die hier rekonstruierten Biografien und Partizipationssettings, in denen sich die jungen Menschen bewegen, entstammen unterschiedlichen länderspezifischen Wohlfahrtsregimen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, die aber mit ihren jeweils spezifischen, wohlfahrtsstaatlichen Strukturen die Biografien, Institutionen des Aufwachsens und die Partizipationssettings rahmen. Zu den Spezifika dieser länderspezifischen Wohlfahrtsregimes siehe den Artikel von Walther in diesem Band.
- 3.
Die in diesem Beitrag verwendeten Interviewpassagen aus den biografischen Interviews sind teilweise von der Muttersprache der Biograf_innen ins Englische und zum Zweck des Verfassens dieses Beitrags von den Autorinnen ins Deutsche übersetzt worden (vor allem im Falle Marios und Amandas).
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Lütgens, J., von Schwanenflügel, L. (2019). Partizipationsbiografien als Spiegel institutioneller Erfahrungen. In: Pohl, A., Reutlinger, C., Walther, A., Wigger, A. (eds) Praktiken Jugendlicher im öffentlichen Raum – Zwischen Selbstdarstellung und Teilhabeansprüchen . Sozialraumforschung und Sozialraumarbeit, vol 19. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-24219-0_8
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