Zusammenfassung
Wären die Menschen allwissend, so wüssten sie stets, was durch gegebene Aussagen mit ausgesagt wird. Auf der anderen Seite sind die Menschen nicht komplett unfähig zu erkennen, was durch gegebene Aussagen mit ausgesagt wird, da sie die Methode der Deduktion zur Verfügung haben.
Gefährlich ist es, den Menschen zu
sehr darauf zu stoßen, wie sehr er
dem Tiere gleicht, ohne ihm
gleichzeitig seine Größe zu zeigen. Es
ist auch gefährlich, ihm seine Größe
ohne seine Niedrigkeit zu zeigen. Und
noch gefährlicher ist es, ihn in der
Unwissenheit über beides zu lassen.
Aber sehr nützlich ist es, ihm beides
vor Augen zu halten.
Blaise Pascal
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- 1.
Diese Anthropologie ist nicht als durchkomponierte Abhandlung überliefert, sondern in Form von etwa eintausend Fragmenten, die – auf Zetteln notiert – nach dem Tod Pascals gefunden wurden. Diese Fragmente wurden unter dem Titel Gedanken veröffentlicht und stellen nach Romano Guardini (1885–1968) eines der Grundbücher der Weltliteratur dar. Siehe: Blaise Pascal: Gedanken. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart, 1997.
Ludwig Wittgenstein soll dieses Buch während des ersten Weltkriegs stets in seinem Tornister mit sich getragen haben. Antoine de Saint-Exupéry (1900–1944) hatte es auf jedem Flug dabei. In seinem letzten Werk Die Stadt in der Wüste hat er Pascal ein literarisches Denkmal gesetzt:
Ich habe den einzigen wahrhaften Mathematiker, meinen Freund, gekannt, der mich Tag und Nacht belehren konnte, und dem ich meine Zweifelsfragen vorlegte: nicht um ihre Lösung, sondern um seine Auffassung darüber zu erfahren, wodurch sie bereits ein anderes Gesicht erhielten; denn da es dieser bestimmte Mensch war – er selbst und kein anderer – hörte er jene Note nicht wie ich, sah er jene Sonne, kostete er jenes Mahl nicht wie du, sondern bereitete aus den Stoffen, die ihm zu Gebote standen, eine bestimmte Frucht mit einem bestimmten Geschmack und keine andere – eine Frucht, die ganz einfach da war, weder wägbar noch messbar, sondern als ein sich entfaltendes Vermögen von dieser Beschaffenheit und keiner anderen, das dieser Lenkung und keiner anderen unterstand; ich habe die Weite in ihm gekannt oder die Einsamkeit und ging zu ihm, wie man den Meereswind sucht –, was hätte ich aber von ihm empfangen, wenn ich mich nicht an den Menschen, sondern an die Vorräte, an die Früchte und nicht an den Baum gewandt und danach getrachtet hätte, meinen Geist und mein Herz durch ein paar geometrische Lehrsätze zu befriedigen.
siehe: Antoine de Saint-Exupéry: Die Stadt in der Wüste. Karl Rauch Verlag, Düsseldorf, 2002, S. 653 f.
Der deutsche General und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944, Carl Heinrich von Stülpnagel (1886–1944), hatte Pascals Gedanken auf seinem Nachttisch liegen und gerade in den schicksalshaften Tagen um den 20. Juli 1944 intensive Betrachtungen darüber angestellt.
- 2.
Fragment 199, nach alter Zählung Fragment 72.
- 3.
Ist als Fragment 913 den Gedanken beigegeben.
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Schäffler, S. (2019). Deutung. In: Wissenschaftsphilosophie. essentials. Springer Spektrum, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23871-1_4
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Publisher Name: Springer Spektrum, Wiesbaden
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