Die Ende des 18. Jahrhunderts eingeführte Sozialgesetzgebung führte zu einer grundlegenden Verbesserung der medizinischen Versorgung der deutschen Bevölkerung. Krankenversicherungs- und Unfallversicherungsgesetze garantierten die Übernahme von Behandlungskosten und Zahlung von Krankengeld sowie die finanzielle Unterstützung bei unfallbedingter Krankheit des Arbeitnehmers. Endlich eröffnete sich für den Großteil der deutschen Bevölkerung die reelle Chance auf notwendige medizinische Therapien. Die zumeist kostspieligen orthopädischen und heilgymnastischen Behandlungen nahmen an Qualität und auch Quantität zu. Hermann Krukenberg bestätigt dies in seinem 1896 erschienen „Lehrbuch der Mechanischen Heilmethoden“: „In neuerer Zeit ist aber gerade mit den Kranken der dritten Klasse begonnen worden, die Behandlung nicht nur solange fortzusetzen, bis die Wunden verheilt oder der Knochenbruch fest geworden ist, sondern die Behandlung so lange weiter zu führen bis die Folgen der Verletzungen in Bezug auf die Störung der Erwerbsfähigkeit soweit beseitigt sind, als sich irgendwie erwarten lässt. Diese Behandlungsmethode ist wesentlich gefördert worden durch den Einfluß des Unfallgesetzes. Seit der Einführung des Unfallgesetzes haben die Berufsgenossenschaften das größte Interesse daran, daß ihre Unfallverletzten einen möglichst hohen Grad der Erwerbsfähigkeit erreichen“ (Schöler 2005).

Dass die schwedische Heilgymnastik nach 1880 eine Art Renaissance erleben und sich etablieren konnte, ist zum einen der geänderten Sozialgesetzgebung geschuldet, zum anderen auch der Zunahme von Massageanwendungen in Kombination mit der Einführung der sogenannten mechanischen Heilgymnastik. Anfang der 1950er Jahre stießen französische Ärzte bei medizinhistorischen Untersuchungen auf Massage-Manipulationen, die schon im alten Griechenland bekannt waren. Diese Massagetechniken wichen jedoch deutlich von den passiven Bewegungen der schwedischen Heilgymnastik ab (Schöler 2005).