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Fremd, nicht immer anders

Zur Bildungsarbeit mit Geflüchteten

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Flucht – Bildung – Integration?

Zusammenfassung

Der vorliegende Aufsatz fragt nach den gesellschaftlichen und bildungsbezogenen Konsequenzen der jüngeren Zuwanderung. Zu diesem Zweck entwickelt er zunächst erziehungswissenschaftliche Kategorien, die sich aus einem als „Pädagogik der Fremde“ konzipierten Ansatz ableiten. In einem weiteren Schritt stellt er ausgesuchte Befunde eines internationalen Pilotprojektes zu bildungsbezogenen und sozialräumlichen Erfahrungen Geflüchteter vor und nutzt diese Erträge, um erste Impulse für einen Wandel bisheriger Bildungskonzepte vorzuschlagen.

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Notes

  1. 1.

    Zur begrifflichen Unterscheidung sei knapp umrissen: Von Fremde soll im Folgenden gesprochen werden, wenn Unbekanntheit, ein Mangel an Verstehen und intersubjektiver Erfahrung zur Sprache kommen; von Anderen – und mithin Alterität – dann, wenn von intersubjektiven Differenzen allgemein gehandelt wird. Dass es sich hier semantisch nicht um „konzentrische Begriffe“ handelt, sondern Konzepte, die Ich und Du ebenso wie Bekanntes und Unbekanntes in unterschiedlicher Weise in Beziehung setzen, zeigen die folgenden Darstellungen.

  2. 2.

    Auf diese Weise eröffnet sich mit Patočka ein anderer Problemhorizont als jener, den Michael Wimmer mit seinem Konzept von Alterität als Ausdruck einer Paradoxie pädagogischer Selbstverständigung per se eröffnet. Auf diese Weise nämlich werden Alterität und Fremdheit in eins gesetzt (vgl. Wimmer 2016, S. 9). Instruktiv ist seine These, dass ohne eine differenzierte epistemologische Rekonstruktion dieser paradoxalen Zusammenhänge zu befürchten ist, dass „ganz grundlegend das (persönliche, soziale, pädagogische oder politische) Verhältnis zu Anderen, Fremden in einer Verkennungs- und Abwehrstruktur befangen“ (ebd.) zu bleiben droht.

  3. 3.

    Ohne die Thematik an dieser Stelle umfänglich vertiefen zu können, sei darauf verwiesen, dass mit diesem „Bypass“ in die Subjektivierungsphilosophie Ansätze gewonnen werden, die sich für eine weiterführende erziehungswissenschaftliche Theoriebildung fruchtbar machen lassen. Zu denken ist hier neben den machttheoretischen Ansätzen Foucaults auch an die zur Analyse neoliberaler Vergesellschaftung (vgl. Böhmer 2017a) sowie diejenigen einer Ästhetisierung von Subjektivität mit den Mitteln von Bildung (vgl. Böhmer 2012).

    Indem die hier angedachte „neue Form der Subjektivität“ mit Patočka asubjektiv konzeptualisiert wird, unterscheidet sie sich von einer subjektivierenden Kategorie, wie sie Levinas als Konstituens des Verhältnisses zu sich als verantwortlich für den Anderen entwirft (vgl. Levinas 1992, 1993). Es wird hier eine asubjektive Kategorie entworfen, die noch vor aller Subjektivität die solidarische Bezogenheit adressiert auf den Fremden bzw. die Fremde, aber in der Erschütterung nachgerade nicht Andere, sondern Übereinstimmende.

  4. 4.

    Dieses Projekt erfolgte in Kooperation mit der University of North Carolina, Charlotte (USA), und wurde gefördert durch die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg.

  5. 5.

    Die Interviewzitate werden ausgewiesen mit der laufenden Nummer des Einzelinterviews und den Zeilennummern des Transkripts.

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Böhmer, A. (2019). Fremd, nicht immer anders. In: Baader, M., Freytag, T., Wirth, D. (eds) Flucht – Bildung – Integration?. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23591-8_12

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