Zusammenfassung
Wie begründen Befürworter und Gegner von direkter Demokratie ihre Einstellung? Was versprechen sie sich von solchen Verfahren? Über welche Themen sollte abgestimmt werden und über welche nicht? Welchen Stellenwert haben deliberative Demokratieformen bei den Befragten? Und wie unterscheiden sich AfD- und Nicht-AfD-Wähler in ihren Einstellungen und Argumenten? Diese Fragen wurden auf der Basis von 109 qualitativen Interviews in Baden-Württemberg untersucht. Dabei zeigt sich, dass Formen der direkten Demokratie für AfD-Wähler einen höheren Stellenwert haben und positiver besetzt sind als für Nicht-AfD-Wählerinnen und Wähler. Formen der deliberativen Demokratie spielen bei AfD-Wählern kaum eine Rolle, während sie von Nicht-AfD-Wählern als Bereicherung empfunden werden. AfD-Wähler sehen sich tendenziell außerhalb des politischen Systems, Politiker und Parteien werden als Gegenspieler verstanden. Sie argumentieren dabei vor allem mit dem populistischen Narrativ einer unterdrückten Meinung bzw. eines von Eliten ignorierten Volkswillens oder auch des individuellen Willens, dem durch direkte Demokratie wieder erfolgreich Gehör verschafft werde. Direkte Demokratie dient dementsprechend als eine Art Kampfmittel zur eigenen Reintegration. Vor allem große, bedeutende Themen wie Fragen der Flüchtlings- und Migrationspolitik, der Infrastruktur sowie der europäischen Integration sollten nach ihrer Ansicht in direktdemokratischen Verfahren beantwortet werden. Nicht-AfD-Wähler erkennen Missstände bzw. eine Entfremdung der Politik von der Bevölkerung. Sie erhoffen sich von direktdemokratischen Verfahren eine weitere „Demokratisierung“ des demokratischen Prozesses, eine erhöhte Responsivität des politischen Systems und eine verbesserte Beziehung zwischen Bevölkerung und Politik. Direktdemokratische Elemente sollen helfen die Beziehung zwischen Amtsträgern und Gesellschaft wieder harmonischer und partnerschaftlicher zu gestalten, wenngleich sie direktdemokratische Verfahren durchaus kritisch reflektieren.
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Literatur
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Gensheimer, T., Buhr, D., Frankenberger, R. (2019). Wir wollen mitbestimmen!. In: Demokratie-Monitoring Baden-Württemberg 2016/2017. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23331-0_7
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