Sprachliche Vielfalt im Unterricht pp 33-46 | Cite as
Sprache fängt im Kopf an. Eine psycholinguistische Perspektive des Faches Deutsch
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Zusammenfassung
Sprache ist unverzichtbar für die Kommunikation von Wissen im Allgemeinen sowie für fachliches Lernen in der Schule im Besonderen. Wie aber kommt die Sprache in den Kopf und wie wird sprachliches Wissen mental repräsentiert? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich die Psycholinguistik als eine sprachwissenschaftliche Teildisziplin. Sprache kann ungesteuert, also ganz ohne Unterricht, erworben werden. Interessanterweise ist dies nicht nur für den Erstspracherwerb, sondern auch für den Erwerb weiterer Sprachen der Normalfall. Beim Aufbau von Fertigkeiten in einer (neuen) Sprache gehen Lerner ihren eigenen Weg, der inzwischen sehr gut erforscht ist. So ist auch bekannt, dass dieser Weg durch explizite Unterweisung oft nicht oder nur bedingt beeinflusst werden kann. Dies hängt u. a. damit zusammen, dass Sprachunterricht weitgehend normativ konzipiert ist. Der vorliegende Beitrag möchte deswegen zu einem Perspektivenwechsel anregen. Sprachförderung sollte „vom Lerner her“ gedacht werden und Entwicklungsschritte und Erwerbsstrategien aus dem ungesteuerten Erwerb berücksichtigen. Nur so scheint es möglich, einen Lerner auf seinem Weg in ein neues sprachliches System effektiv zu begleiten.
Schlüsselwörter
Ungesteuerter Spracherwerb Zweitspracherwerb Lernersprache Psycholinguistik Erwerbssequenzen Übergeneralisierungen DaF-/DaZ-Lehrwerke Grammatikprogression Sprachunterricht Sprachförderung SprachstandsdiagnoseLiteratur
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