Zusammenfassung
Das Vorhaben, das Forschungsfeld Familienunternehmen zu verstehen, führt den Blick fast automatisch auf die Unternehmerfamilie als Kern. Gleich einer Tautologie ist der kleinste gemeinsame Nenner (Wiechers 2006), welcher die Vielzahl theoretischer Ansätze zur Bestimmung des Begriffs Familienunternehmen rahmt, die Unternehmerfamilie (Jäkel-Wurzer 2010). Sie ist die grundlegende Bedingung dieses Unternehmenstyps: „Es ist die Familie, die den Unterschied für Familienunternehmen macht“ (Wiechers 2006, S. 48; Klett 2005).
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Notes
- 1.
Der Stiftung Familienunternehmen folgend werden knapp 90 % der deutschen Unternehmen von (Unternehmer-) Familien kontrolliert. Die tatsächliche Zahl hängt von der zugrunde gelegten Definition ab (Stiftung Familienunternehmen 2014).
- 2.
Hildenbrand umreißt mit dem Begriff die These, „dass der Familienbetrieb als eine Einheit zu betrachten ist, in der aus der Logik der Sache heraus Strukturmerkmale des „ganzen Hauses“ notwendig konflikthaft gepaart sind mit solchen der ausdifferenzierten Kernfamilie, und dass diese Kombination die Eigenständigkeit des Familienbetriebs (…) ausmacht“ (Hildenbrand 2011, S. 118).
- 3.
Bohler und Hildenbrand (1997) verweisen in Anlehnung an Hagedorn (1992) darauf, dass der Familienbetrieb aufgrund der wechselseitigen Durchdringung von Familie und Betrieb keinen gesonderten Regelmechanismen unterliegt, sondern vielmehr als Teil eines integrativen Systems betrachtet werden kann. Daraus abgeleitet wird häufig auf die Transaktionskosteneffizienz verwiesen, welche primär aus der Nutzung solidarischer diffuser Beziehungen für den Betrieb entsteht. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch auch, dass die Familie abseits einer geschützten Privatheit mit spezifischen Aspekten konfrontiert wird, welche aus dem ökonomischen Bedarf des Betriebes resultieren. Diese prägen die besondere Gestalt der Familie eigener Art in unterschiedlichster Form.
- 4.
Muster wie die „gläserne Decke“ – eine unsichtbare Barriere, die Frauen vom Übergang in die Top- Management Etagen abhalten – und der „Token- Ansatz“, welcher die Überbetonung weiblicher Eigenschaften bei Frauen in Top-Führungspositionen beschreibt, die durch die Minderheitsstellung ausgelöst wird, sind Beispiele für den Erklärungsversuch des bestehenden Ungleichgewichts. Wippermann (2010, S. 8) spricht von „Bollwerken“ gegenüber Frauen.
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Jäkel-Wurzer, D. (2019). Die Unternehmerfamilie als Familie eigener Art im Prozess gesellschaftlicher Veränderungen: Herausforderungen und Chancen am Beispiel der weiblichen Nachfolge. In: Kleve, H., Köllner, T. (eds) Soziologie der Unternehmerfamilie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22388-5_8
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