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Die „Guten“ in den Arbeitsmarkt, die „Schlechten“ ins Abschiebezentrum

Selektionsgrundlagen der neuen symbolischen Ordnung der (Nicht-)Aufnahme von Geflüchteten

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Book cover Symbolische Ordnung und Flüchtlingsbewegungen in der Einwanderungsgesellschaft

Zusammenfassung

In der 18. Legislaturperiode von 2013 bis 2017 wurden zwölf Gesetze erlassen, die den Bereich humanitären Aufenthalts nachhaltig umgestaltet haben. Mit dem Sommer der Migration 2015 nahmen die Gesetzgebungsverfahren zu, wiesen kürzere Diskussions- und Beschlusszeiten auf und beinhalteten zunehmend Restriktionen für Geflüchtete. Sie führten Selektionstechniken ein, die anhand von Staatsangehörigkeit und entsprechender Schutzquote „gute“ und „schlechte“ Bleibeperspektiven annehmen. Diese bestimmen den Zugang zu Ressourcen wie Deutschkurse, Arbeitsmöglichkeiten und -vermittlung, Bildung und Wohnraum. Die Gewährung leistungsbasierter Aufenthaltsrechte wurde parallel ausgeweitet, so dass die Ordnung des humanitären Aufenthalts nunmehr durch Staatsangehörigkeit, (Integrations-)Leistung sowie Mitwirkungspflichtverletzung/Straffälligkeit strukturiert ist.

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Notes

  1. 1.

    Laut Bourdieu ist „[d]as Feld […] ein Mikrokosmos, eine Art Welt für sich, eine zu einem guten Teil, aber nicht völlig, geschlossene Welt, sonst gäbe es kein politisches Leben, aber dennoch ziemlich geschlossen, ziemlich unabhängig von dem, was außerhalb vor sich geht. Und in dieser kleinen Welt, in diesem Mikrokosmos, wird ein ganz besonderes Spiel gespielt, in dem besondere Interessen generiert werden“ (Bourdieu 2001, S. 30).

  2. 2.

    Die Asylverfahrens- und die Aufnahmerichtlinie wurden 2013 auf europäischer Ebene neu beschlossen und bilden zusammen mit der Anerkennungsrichtlinie den in den Nationalstaaten gesetzlich umzusetzenden Teil des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Hinzu kommen die Dublin-Verordnung, die regelt, welches Land für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständig ist und EURODAC, die Fingerabdruckdatenbank, mit deren Hilfe die Zuständigkeit nach der Dublin-Verordnung überprüft wird. Ist ein Fingerabdruck einer oder eines Geflüchteten bereits in einem anderen Mitgliedstaat der europäischen Union registriert worden, so ist dieser für die Bearbeitung ihres oder seines Asylgesuchs zuständig.

  3. 3.

    Eine Umsetzung ist bis Ende 2018 nur vereinzelt erfolgt.

  4. 4.

    Die deutschen Botschaften sahen eine Ausreise bis zum 4. Mai 2016 regelhaft als unverzüglich an, danach nur noch in Ausnahmefällen (vgl. Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad 2015).

  5. 5.

    Der Schutz der Familie und das Recht des Kindes mit zwei Elternteilen aufzuwachsen, kann zu einem Aufenthaltsrecht für die Kindseltern und ggf. weitere Kinder führen.

  6. 6.

    Im Impressum der Version, die noch im April 2017 von der BAMF-Homepage herunterladbar war, ist der Nachweis „Grafiken: McKinsey & Company, Inc.“ enthalten. In der aktuellen Version (26.12.2017) fehlt er, die Grafiken sind jedoch die gleichen.

  7. 7.

    In einer Quelle wird von einer jährlichen Festlegung gesprochen, aber offen gelassen, wer die Festlegung trifft (Janke 2016a). Bei einer (kalender-)jährlichen Festlegung hätten die Asylgesuche für afghanische Staatsangehörige Anfang 2017 anstatt in Cluster C in Cluster A kategorisiert werden müssen, denn im Jahr 2016 war die Schutzquote für Afghan_innen auf 55,8 % gestiegen (BAMF 2017c, S. 51). Doch Afghan_innen wurden nicht in den Kreis der Staatsangehörigkeiten mit guter Bleibeperspektive aufgenommen. Im ersten Quartal 2017 und auch im weiteren Verlauf des Jahres 2017 lag die Schutzquote für afghanische Staatsangehörige um die 45 % (BT-Drs. 18/12623 und BAMF 2017a). Dies zeigt, dass (Nach-)Steuerungen nicht automatisch erfolgen und ggf. auch aktuelle Schutzquoten und nicht nur die des Vorjahres genutzt wurden, was jedoch intransparent bleibt.

  8. 8.

    In den Jahren 2000 bis 2004 wurde das Ausländerzentralregister bereinigt und die Zahl der Ausländer_innen in Deutschland reduzierte sich um 8,4 % von 7,3 auf 6,7 Mio. (Opfermann et al. 2006, S. 480). Seitdem vergrößert sich der Fehler des Registers erneut, was beim Zensus 2011 deutlich wurde, als wieder die Zahl der Ausländer_innen um 1,1 Mio. von 7,3 auf 6,2 Mio. nach unten korrigiert werden musste (Statistisches Bundesamt 2014, S. 2).

  9. 9.

    Es gab auch schon zuvor Regelungen, die „Integrationsleistungen“ von ausreisepflichtigen Menschen mit einer Duldung durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (oder -gestattung vor dem Inkrafttreten des AufenthG in 2005) würdigten. Diese waren alle stichtagsabhängig und i. d. R. Erlasse der Innenministerkonferenz. Die §§ 104a/b AufenthG sind ins Aufenthaltsgesetz aufgenommen worden und noch existierende Überbleibsel dieses alten Vorgehens. Stichtag dieser Paragrafen ist der 1. Juli 2007, zu dem alleinstehende Antragstellende bereits 8 Jahre und Familien mit minderjährigen, ledigen Kindern seit 6 Jahren in Deutschland gelebt haben müssen. Problem der Stichtagsregelungen: 11 Jahre später werden sie kaum noch Menschen nutzen können, da sie die Voraufenthaltszeiten nicht zum Stichtag vorweisen können.

  10. 10.

    Ähnliche Entwicklungen wie im humanitären Aufenthalt sind auch bei den Regelungen zu Studienabsolvent_innen zu beobachten. Bis 2005 mussten Absolvent_innen ausreisen, im Herkunftsland ggf. ein Arbeitsvisum beantragen, um nach der Genehmigung wieder einzureisen. Mit dem neuen Zuwanderungsgesetz 2005 durften sie ein Jahr lang in Deutschland eine adäquate Arbeit suchen, zwei Jahre später entfiel für sie die Vorrangprüfung (vgl. Sykes und Chaoimh 2012, S. 19). Bei Studienabsolvent_innen ist der Paradigmenwechsel besonders deutlich, sie avancierten zu umworbenen Arbeitskräften.

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Will, AK. (2019). Die „Guten“ in den Arbeitsmarkt, die „Schlechten“ ins Abschiebezentrum. In: Arslan, E., Bozay, K. (eds) Symbolische Ordnung und Flüchtlingsbewegungen in der Einwanderungsgesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22341-0_6

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-22340-3

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