Zusammenfassung
Der Soziologe Zygmunt Bauman hat sich in seinem Essay „Die Angst vor den anderen“ (2016) mit der im Zuge der Migrations- und Fluchtbewegungen ausgelösten polarisierten Diskurslage auseinandergesetzt, der auf globaler Ebene zugleich neue gesellschaftliche Ängste, Vorurteile, Stereotype und Deutungsmuster produziert. In diesem Sinne möchte sich dieser Aufsatz mit der Wechselbeziehung zwischen symbolischer Ordnung, negativen Klassifikationen und politisch dominierter Definitionsmacht rund um die Fluchtdiskurse auseinandersetzen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Notes
- 1.
In diesem vorliegenden Aufsatz wurde weitestgehend auf die Begriffe „Flüchtling“ und „Flüchtlinge“ verzichtet, weil sie gegenwärtig sehr negativ klassifiziert sind und im gesellschaftlichen Kontext als Stigma fungieren. Ferner handelt es sich bei der Gruppe der Geflüchteten um individuelle Menschen mit unterschiedlichen Biografien und nicht um eine homogene Gruppe.
- 2.
In der sozialwissenschaftlichen Forschung existiert für den Terminus „Migrationshintergrund“ keine einheitliche Definition und auch der Diskussionsstand ist sehr umstritten. Der Mikrozensus bestimmt: „Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.“ (Statistisches Bundesamt 2011). Dem Autor geht es darum, dass diese Begriffe und Bezeichnungen nicht als Stigma benutzt werden dürfen.
- 3.
Das Modell des sozialen Raumes nach Bourdieu zeigt, in welcher Beziehungsebene die Mitglieder einer Gesellschaft zueinanderstehen. Hier verfolgt Bourdieu das Ziel, die feinen Unterschiede umfassend im Kontext eines soziologischen Modells zu erklären. So wird in der „Sozialtopologie“ nach Bourdieu der soziale Raum in verschiedene Kapitalsorten aufgeteilt: ökonomisches, soziales, kulturelles und symbolisches Kapital. Eine Ausdifferenzierung erfährt der soziale Raum durch soziale Felder, unter denen Bourdieu die unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereiche wie Wirtschaft, Politik, Kultur, Bildungssystem oder Religion zusammenfasst (vgl. Bourdieu 1987, S. 171 ff.).
Literatur
Arendt, H. (2015). Wir Flüchtlinge. Stuttgart: Reclam (Erstveröffentlichung 1943).
Arslan, E., & Bozay, K. (Hrsg.). (2016). Symbolische Ordnung und Bildungsungleichheit in der Migrationsgesellschaft. Wiesbaden: Springer VS.
Auernheimer, G. (2018). Wie Flüchtlinge gemacht werden. Über Fluchtursachen und Fluchtverursacher. Köln: PapyRossa.
Bauman, Z. (2016). Die Angst vor den anderen. Ein Essay über Migration und Panikmache. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Blossfeld, H.-P., & Roßbach, H.-G. (2016). Integration durch Bildung. Migranten und Flüchtlinge in Deutschland. Münster: Waxmann.
Bourdieu, P. (1987). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (1992). Die verborgenen Mechanismen der Macht. Schriften zu Politik & Kultur 1. Hamburg: VSA.
Bourdieu, P. (1998). Die verborgenen Mechanismen der Macht. Hamburg: VSA.
Bourdieu, P. (2012). Politik. Schriften zur Politischen Ökonomie 2. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (2013). Die männliche Herrschaft (2. Aufl.). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (2017a). Über den Staat. Vorlesungen am Collège de France 1989–1992. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (2017b). Sprache. Schriften zur Kultursoziologie 1. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (2018). Bildung. Schriften zur Kultursoziologie 2. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bozay, K. (2016). Symbolische Ordnung und Bildungsungleichheit als pädagogische Herausforderung. In E. Arslan & K. Bozay (Hrsg.), Symbolische Ordnung und Bildungsungleichheit in der Migrationsgesellschaft (S. 523–545). Wiesbaden: Springer VS.
Butler, J. (2010). Raster des Krieges. Warum wir nicht jedes Leid beklagen. Frankfurt a. M.: Campus.
Castro Varela, M. D. M., & Mecheril, P. (Hrsg.). (2016). Die Dämonisierung der Anderen. Rassismuskritik der Gegenwart. Bielefeld: transcript.
Elias, N., & Scotson, J. L. (1993). Etablierte und Außenseiter. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Fuchs-Heinritz, W., & König, A. (2011). Pierre Bourdieu: Eine Einführung (2. Aufl.). Konstanz: UVK.
Karakayali, S. (2008). Gespenster der Migration Zur Genealogie illegaler Einwanderung in der Bundesrepublik Deutschland. Bielefeld: transcript.
Kast, V. (2016). Die Dynamik der Symbole. Grundlagen der Jung’schen Psychotherapie. Ostfildern: Patmos.
Koser, K. (2011). Internationale Migration. Stuttgart: Reclam.
Kuchler, B. (2006). Der Wohlfahrtsstaat bei Bourdieu und Luhmann. In K.-S. Rehberg & Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) (Hrsg.), Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede. Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München (Bd. 1, 2, S. 2839–2849). Frankfurt a. M.: Campus.
Neckel, S., & Sutterlüty, F. (2008). Negative Klassifikationen und die symbolische Ordnung sozialer Ungleichheit. In S. Neckel & H.-G. Soeffner (Hrsg.), Mittendrin im Abseits. Ethnische Gruppenbeziehungen im lokalen Kontext (S. 15–25). Wiesbaden: VS Verlag.
Neckel, S., & Sutterlüty, F. (2005). Negative Klassifikationen. Konflikte um die symbolische Ordnung sozialer Ungleichheit. In W. Heitmeyer & P. Imbusch (Hrsg.), Integrationspotenziale einer modernen Gesellschaft (S. 409–428). Wiesbaden: VS Verlag.
Neckel, S. (2003). Kampf um Zugehörigkeit. Die Macht der Klassifikation. Leviathan, 31(2), 159–167.
Oltmer, J. (2016). Globale Migration. Geschichte und Gegenwart (2. Aufl.). München: Beck.
Pichl, M. (2017). Diskriminierung von Flüchtlingen und Geduldeten. In A. Scherr, A. El-Mafaalani, & G. Yüksel (Hrsg.), Handbuch Diskriminierung (S. 449–463). Wiesbaden: Springer VS.
Pries, L. (2016). Migration und Ankommen. Die Chancen der Flüchtlingsbewegung. Frankfurt a. M.: Campus.
Rehbein, B., & Souza, J. (2014). Ungleichheit in kapitalistischen Gesellschaften. Weinheim: Beltz Juventa.
Scherr, A. (2015). Wer ist ein Flüchtling? Impulse für sozialwissenschaftliche Diskussionen. https://fluechtlingsforschung.net/wer-ist-ein-fluchtling/. Zugegriffen: 30. Juni 2018.
Schmitt, L. (2007). Soziale Ungleichheit und Protest. Waschen und rasieren im Spiegel von „Symbolischer Gewalt“. Forschungsjournal NSB, 20(1), 34–45.
Sutterlüty, F., Neckel, S., & Walter, I. (2008). Klassifikationen im Kampf um Abgrenzung und Zughörigkeit. In S. Neckel & H.-G. Soeffner (Hrsg.), Mittendrin im Abseits. Ethnische Gruppenbeziehungen im lokalen Kontext (S. 27–89). Wiesbaden: VS Verlag.
Weber, M. (1922/1980). Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie (5. Aufl.). Tübingen: Mohr Siebeck.
Wehling, E. (2016). Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet und daraus Politik macht. Köln: Halem.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2019 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Bozay, K. (2019). Symbolische Ordnung, Klassifikationen und Definitionsmacht im Fokus der Fluchtdiskurse. In: Arslan, E., Bozay, K. (eds) Symbolische Ordnung und Flüchtlingsbewegungen in der Einwanderungsgesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22341-0_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-22341-0_3
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-22340-3
Online ISBN: 978-3-658-22341-0
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)