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Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen – eine Diskussion im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik

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Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen
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Zusammenfassung

In Kapitel 2 erörtere ich zunächst die Spannungsverhältnisse, die mit Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen einhergehen. Jedoch würde eine Diskussion, die ausschließlich wissenschaftliche Perspektiven berücksichtigt, dem Sachverhalt zu wenig Rechnung tragen, agiert die Wissenschaft doch auch nicht losgelöst vom Welt- und Politikgeschehen. Das Kapitel versucht also den Kern der Diskussion zu erfassen. Dafür wird zunächst der Frage nachgegangen, in welchem Verhältnis marktorientierte Strategien zur umweltpolitischen Steuerung stehen und inwieweit sich das Konzept der Ökosystemdienstleistungen und Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen als Umsetzungsstrategie in diese Entwicklungen einpassen. Dabei wird ein Gegenspiel deutlich. Es betrifft nicht nur das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Praxis, sondern insbesondere die unterschiedlichen wissenschaftlichen Positionen und ihre Uneinigkeit darüber, was Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen eigentlich sind. Die beiden wesentlichen Positionen dieses Streitgesprächs, die der Umweltökonomie und die der Ökologischen Ökonomie, werden in diesem Kapitel herausgearbeitet.

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Notes

  1. 1.

    Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit aller umweltpolitischen Forschungsthemen. Sie folgt einer Recherche in internationalen Zeitschriften und Monografien, die in das Thema der Umweltpolitik einführen.

  2. 2.

    Es gibt nur wenige internationale Übereinkünfte, die als gelungene Kooperationen beschrieben werden. Ein Positivbeispiel liefert das Montreal Protokoll zum Schutz der Ozonschicht, das 1989 in Kraft trat und mit der Abschaffung von ozonschädlichen Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) nicht nur zur Schließung der Ozonschicht, sondern auch zur Verminderung des Klimawandels beigetragen hat (vgl. z. B. Gonzalez et al. 2015).

  3. 3.

    Der Begriff der Mainstream-Ökonomie ist zwar nicht präzise, hält aber verstärkt Einzug in wissenschaftliche Debatten. Mit ihm werden vornehmlich die Theorien und Leitbilder der neoklassischen Ökonomie verbunden (vgl. Krause 2002: 786).

  4. 4.

    Zu historischen Einbettung dieser Steuerungsdebatte vgl. Wolff (2004: 23–44).

  5. 5.

    Luhmann (1989: 13) nutzt zur Erläuterung dafür unterschiedliche Perspektiven auf die Temperaturregelung in Räumen durch einen Thermostat. Wenn die eingestellte Temperatur erreicht ist, wird das Einströmen heißen Wassers in den Heizkörper verhindert. Anders herum wird, sobald die Temperatur unterschritten ist, der Heizkreislauf wieder aktiviert. Luhmann will damit zeigen, dass nicht nur das Thermostat als „Kontrolleur“ betrachtet werden kann, sondern ebenso die Raumtemperatur selbst. Die Frage, wer hier was steuert, kann folglich ohne festgelegten Ausgangspunkt nicht ganz einfach beantwortet werden.

  6. 6.

    Eine Marktorientierung in der Umweltpolitik kann mithilfe der Theorie als Versuch gedeutet werden, sich der Sprache des Wirtschaftssystems zu bedienen, um so Einzug in dessen Rationalität zu halten. Gleichzeitig wird sie aber auch, weil sie die Sprache und Codierung des Wirtschaftssystems nutzt, Teil des Subsystems Wirtschaft. Mit dieser theoretischen Überlegung lässt sich eindrucksvoll unterstreichen, dass Politikinstrumente eben nicht nur als Strategien zur Zielfindung gedeutet werden können, sondern selbst bestimmte Ziele verfolgen.

  7. 7.

    So lässt sich beispielsweise für die 2009 gebildete Regierung aus CDU/CSU und FDP eine Abkehr vom Koalitionsvertrag nachzeichnen, die auch mit dem Reaktorunglück 2011 in Fukushima in Verbindung steht (vgl. Saalfeld 2015: 204 f.). Der Kurswechsel lässt sich durchaus erklären: Der Beschluss zur Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke bremste bereits getroffene Entscheidungen der vorherigen Regierung aus und verhalf damit der bereits etablierten Protestbewegung zu einem Aufschwung. Das Reaktorunglück stützte ihre Argumente zum Atomausstieg, die dann auch von weiten Teilen der Bevölkerung mitgetragen wurden (vgl. Schreurs 2013: 93–97). Eine Reaktion der Regierung war deshalb wohl unumgänglich, sie wurde aber durch viele Faktoren beeinflusst, die weder voraussagbar waren, noch sich im Sinne der ursprünglich gefundenen Koalitionslinie bewegten.

  8. 8.

    Dazu gehören zum Beispiel: Carson (1962), Ehrlich und Ehrlich (1972), Meadows et al. (1972).

  9. 9.

    Für Deutschland gilt das insbesondere. Aber z. B. auch für Großbritannien. Obgleich dort die eingesetzten Instrumente bereits eine höhere Flexibilität aufwiesen, waren sie doch in einer regulativ geprägten Traditionslinie eingebettet (vgl. Golub 1998: 1). Erst zu Beginn der 1990er Jahre begann die britische Regierung verstärkt ökonomische Instrumente zu propagieren, zuvor war Umweltpolitik auch dort nahezu vollständig regulativ (vgl. Jacobs 1995: 113).

  10. 10.

    „A third reason why we need to focus on more efficient approaches is that we are in a period in which our environmental programmes must contend with severe economic constraints. None of the OECD economies is as robust as in the 1960s and early 1970s […]. Even as economic growth in our countries begins to return, we are left with the realisation that our economic capacities are limited and under stress. We cannot afford to burden our economies excessively or to initiate programmes which do not accomplish their goals in the most efficient manner“ (Reilly 1985: 154).

  11. 11.

    20 Jahre später räumt Fukuyama ein, dass abzuwarten bleibt, ob China wirtschaftlich erfolgreich bleibt. Unter diesen Umständen müsste die These vom „Ende der Geschichte“ revidiert werden (vgl. Fukuyama 2013: 92).

  12. 12.

    Vorkapitalistische Institutionen haben in einigen Ländern schon lange existiert, der moderne Kapitalismus entstand jedoch erst Ende des 18. Jh. im Zusammenspiel mit steigenden Wachstumsraten. Damit gingen solch radikale Veränderungen einher, dass heute vom Zeitalter des „Anthropozäns“ gesprochen wird (vgl. Altvater 2013).

  13. 13.

    Der Ursprung umweltökonomischer Forschung wird mit der Gründung der wissenschaftlichen Einrichtung Ressources for the Future (RFF) 1952 verortet (vgl. Pearce 2002: 57 f.) mit einer verstärkten Etablierung des Feldes in den 1960er Jahren (vgl. Gómez-Baggethun et al. 2010: 1212; Pearce 2002).

  14. 14.

    Auch Adam Smiths Metapher der “invisible hand” folgt diesem Duktus. Obgleich er ökonomisches Handeln durchaus durch gesellschaftliche Institutionen begrenzt sah, liefern seine Schriften Grund zur Annahme, dass auch er […] had not realised fully the extent to which the System of Natural Liberty needs to be qualified and guarded by special laws, before it will promote the most productive employment of a country’s resources” (Pigou 1921: 112).

  15. 15.

    Da in der Realisierung einer Steuer nach Pigou Schwierigkeiten in der Ermittlung von Umweltkosten gibt, werden in der politischen Praxis Steuerhöhen und Grenzwerte vom staatlichen Entscheidungsträger nach dem Standard-Preis-Ansatz (Baumol und Oates 1971) festgelegt und über trial and error-Verfahren nach und nach angepasst (vgl. Pätzold und Mussel 1996: 40 f., 64 ff.).

  16. 16.

    Andere Definitionen unterscheiden sich insbesondere in den Aussagen dazu, was genau aus der natürlichen Umwelt als eine Leistung zu bezeichnen ist. Sind es die Ökosysteme als solche (vgl. Millennium Ecosystem Assessment 2005: vf.), wie z. B. Wälder und Seen, also bestimmte Lebensräume oder sind es nur bestimmte Funktionen von Ökosystemen (vgl. Costanza et al. 1997: 253 f.), Stoffkreisläufe oder Speicherfunktionen der Systeme wie beispielsweise die Speicherkapazität von CO2 bei Mooren oder betrifft es sogar nur „Endprodukte“ solcher Funktionen und Prozesse, die Menschen dann direkt nutzen (vgl. Boyd und Banzhaf 2007: 624), wie Fisch oder eine gute Wasserqualität.

  17. 17.

    Bis Platon kann zurückverfolgt werden, dass das Abholzen von Bäumen zur Erosion oder dem Austrocknen von Quellen führen kann (vgl. Mooney und Ehrlich 1997: 12) und seit Mitte des 17. Jahrhunderts kehren solche Beobachtungen stetig wieder (vgl. Mooney und Ehrlich 1997: 12 ff.; Polasky 2012).

  18. 18.

    Dafür wurden unterschiedliche Begriffe verwendet. Von “environmental services” (Study of Critical Environmental Problems 1970), „public services of the global ecosystem“ (Ehrlich et al. 1977), „nature’s services“ (Westman 1977) und „ecosystem services“ (Ehrlich und Ehrlich 1981: 95 f.) war die Rede.

  19. 19.

    Erste PES-Umsetzungsprojekte wurden z. B. genutzt, um das ES-Konzept weiter zu befördern (vgl. Pesche et al. 2013: 76).

  20. 20.

    TEEB (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) 2010 als umfassender Bericht veröffentlicht und anschließend in den einzelnen Ländern fortgeführt.

  21. 21.

    Eine Auseinandersetzung dazu auch bei Schröter (2014).

  22. 22.

    Beckert (2007 & 2011) verweist auf die Bedeutung sozialer Strukturen als Einbettungskontext für wirtschaftliche Entscheidungen, die Funktionsweisen von Marktprozessen und Preisbildungen.

  23. 23.

    Eine Kritik aus der Ökologischen Ökonomie, die sich gerade versucht von theoretischen Konstrukt der neoklassischen Ökonomie zu befreien und darauf drängt eigene theoretische Grundlagen zu entwickeln (vgl. Spash 2013b).

  24. 24.

    Positive Effekte (Externalitäten) treten z. B. auf, wenn ein Imker seinen Bienenstock in der Nähe eines Obstzüchters aufstellt, für den die Bestäubung der Blüten dann kostenlos ist (vgl. Sturm und Vogt 2011: 16 f.).

  25. 25.

    Z. B. bei Wunder (2011, 2013a).

  26. 26.

    Zur Internalisierung externer Effekte kann zudem das Umwelthaftungsrecht dienen. Hier verweist die ökonomische Literatur neben der Schadenskompensierung insbesondere auf den Anreiz der Schadensprävention, der mit dem Haftungsrecht geboten wird (vgl. Liesegang und Iwanowitsch 1997: 93 f.).

  27. 27.

    Engel et al. (2008) greifen diesen Punkt auf und verweisen dabei auf den Text von Pagiola & Platais (2007): Payments for Environmental Services: From Theory to Practice. World Bank, Washington. Diese Quelle konnte jedoch nicht aufgefunden werden.

  28. 28.

    Ökonomische Effizienz meint dabei etwas anderes als das, was im alltäglichen Sprachgebrauch unter Effizienz verstehen. Es bedeutet nicht, das etwas – wie beispielsweise bei der Benutzung des Wortes „Energieeffizienz“ mit einer guten Technik den Verbrauch zu drosseln oder wir dass wir etwas bestmöglich genutzt haben. Unter ökonomischer Effizienz wird der größtmögliche Nutzen im Verhältnis zu den dazu entstehenden Kosten verstanden. Dahinter steht die Idee, dass der Nutzen und die Kosten für eine wirtschaftliche Verhaltensänderung (beispielsweise bei der Einsparung von Schadstoffemissionen in Unternehmen) in einer Gegenüberstellung zueinander dann am effizientesten sind, wenn die Differenz zwischen entstehenden Nutzen durch die Änderung und die damit verbundenen Kosten am Größten ist. Die hier erwünschte ökonomische Effizienz bedeutet für die Umweltproblemlage wiederum, dass es aus ökonomischer Sicht nicht darum geht den größtmöglichen Umweltnutzen zu erreichen, weil die Kosten für eine Umstellung der Maschinen oder Produktionsverfahren so hoch wären, dass sie in der Gegenüberstellung mit den daraus entstandenen Nutzen einen zu geringen Unterschied aufweisen und somit eben nicht mehr als ökonomisch effizient gelten (vgl. Keohane und Olmstead 2007).

  29. 29.

    Wunder (2013b) verweist hierfür auf das Konzept des Idealtypus bei Max Weber. Diese Verknüpfung stützt zwar den Versuch einen Gegenstand zu definieren, auch wenn er nicht gleichermaßen exakt empirisch auffindbar ist. Wunder vernachlässigt dabei aber, dass sich im Zuge unterschiedlicher Werteideen auch verschiedene Idealtypen bilden lassen und nur eine trennscharfe Begriffsbildung aus dem Raum des Unbestimmten heraustreten kann (vgl. Weber 1922: 191 ff.).

  30. 30.

    Der International Society for Ecological Economics (http://www.isecoeco.org/about/).

  31. 31.

    Auch die ökonomische Diskontierung (als Verteilung zukünftiger Kosten und Nutzen heutiger Handlungen) ist mit der intergenerationellen Gerechtigkeit des Nachhaltigkeitskonzeptes nicht vereinbar (vgl. Gronemann und Döring 2001).

  32. 32.

    Obgleich sich die Institutionenökonomie bereits in den 1970er Jahren herausgebildete, wird sie häufig dem vergleichsweise jüngeren Feld der Ökologischen Ökonomie zugeordnet (vgl. Pätzold und Mussel 1996: 40 f., 64 ff.).

  33. 33.

    Die Tragik des Allgemeinguts beschreibt mit dem Beispiel einer von Schäfern gemeinsam genutzten Weide, dass diese dazu neigen, die gemeinsame Ressource zu übernutzen, um den Eigenertrag zu steigern, solange keine Strategie oder Instanz die Nutzung reguliert (vgl. Hardin 1968: insb. 1244).

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Nicolaus, K. (2018). Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen – eine Diskussion im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. In: Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22339-7_2

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