Zusammenfassung
Der aktuelle Diskurs einer Digitalisierung der Arbeitswelt bewegt sich zwischen Utopien einer irgendwie besseren Arbeitswelt und Dystopien einer Welt ohne Arbeit, der auch aus Geschlechterperspektive relevant ist. Erstere beziehen sich auf verheißungsvolle Erwartungen an eine Arbeitswelt der Zukunft: mehr Freiheit, mehr Flexibilität, mehr Selbstbestimmung und mehr Freiraum zur Kreativität, oder freie Zeit- und Ortswahl.
Unter Geschlechterperspektiven versteht der vorliegende Beitrag die differenzierte Betrachtung der Konsequenzen einer zunehmenden Digitalisierung von Arbeit für Frauen und Männer.
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Notes
- 1.
Diese Debatten beziehen sich dabei im Wesentlichen auf eine Verlängerung technischer Möglichkeitsräume und gründen weniger auf Basis empirischer Analysen. Auch das Schließen von einzelnen privilegierten Beschäftigtengruppen auf die Gesamtheit aller ArbeitnehmerInnen (Friebe und Lobo 2006) oder die Übertragbarkeit der Entwürfe auf andere Beschäftigtengruppen, Qualifikationsstufen, ältere Beschäftigte usw. erfolgen oftmals unreflektiert.
- 2.
In der aktuellen Phase des Informatisierungsprozesses (grundlegend zur Informatisierung: Schmiede 1996) entsteht ein Informationsraum (Baukrowitz und Boes 1996). Dieser konstituiert sich durch das Handeln von Menschen und ist nicht für bestimmte Zwecke vorstrukturiert, sondern verändert sich in der Praxis. Er ist ein Handlungsraum und nicht nur eine Infrastruktur, wie z. B. im Kontext von „Cyberspace“ diskutiert.
- 3.
Dissertationsprojekt „WiA – Wissensarbeit in der Automobilindustrie“ zum Wandel der Natur der Arbeit von IngenieurInnen im Kontext des Spannungsfeldes von Informatisierung, Globalisierung und Standardisierung (DFG 2006‒2010; 3 Fallstudien, 41 qualitative Interviews) und Forschungsprojekt „TRUST Teamwork“ (BMBF 2009‒2013; 6 Fallstudien, 44 qualitative Interviews).
- 4.
Dissertation zu Kreativität und Kompetenzentwicklung von IngenieurInnen im Rahmen eines Stipendiums der Hans-Böckler-Stiftung (2010‒2014; 2 Fallstudien, 25 qualitative Interviews).
- 5.
An dieser Stelle eine kurze Anmerkung zum Begriff der Plattformarbeit: Grundsätzlich handelt es sich hier um Arbeit, die über eine Onlineplattform vermittelt stattfindet. Zu unterscheiden sind ortsgebundene, körperliche Tätigkeiten wie Reinigung, Lieferung von Essen o. Ä. und Arbeit, die digital direkt online erbracht werden kann, ohne dass die ErbringerInnen persönlich vor Ort anwesend sind.
- 6.
ClickworkerInnen ordnen z. B. Schlagworte für die Produktsuche bei Onlinehandelsplattformen auf der Grundlage von Produktbildern (u. a. Farbe, Passform, Material) zu.
- 7.
Hier ließe sich auch die Rolle von Frauen im Kontext von unbezahlter, aber wertproduzierender Onlinetätigkeiten aufarbeiten (Carstensen 2019).
- 8.
Hier führt Elke Holst (2012) bspw. das Ehegattensplitting, die abgeleitete soziale Sicherung über Ehepartner oder das Betreuungsgeld an.
- 9.
Selbstverständlich sind von der strukturellen Benachteiligung auch Frauen ohne familiäre Verpflichtungen betroffen. Wir fokussieren hier auf jene Gruppe mit Sorgearbeit (Kinder oder Pflege), die auf weitere Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit angewiesen ist.
- 10.
Dies wird auch unter den Umständen angenommen, dass es eine Korrektur in der statistischen Erfassung von Teil- und Vollzeit durch die ArbeitgeberInnen vorgenommen wurde (BfA 2019, S. 10).
- 11.
Auf die anderen Intentionen, die in solchen Regelungen liegen, soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.
- 12.
Alle Fallunternehmen in der Automobilindustrie waren tarifgebunden, drei im Flächentarifvertrag der IG Metall und eines mit einem Haustarifvertrag, der abweichend von der 35-h-Woche das Gehalt auf Basis einer 40-h-Regelarbeitswoche berechnet. Die beiden großen Automobilhersteller sowie der größere der beiden Zulieferer (eine AG) befinden sich mit ihren deutschen Entwicklungsstandorten in Universitäts- und Hochschulregionen und hatten bisher nur selten Schwierigkeiten in der Rekrutierung von neuen Beschäftigten. Das zweite Zulieferunternehmen, ein mittelständischer Familienbetrieb, ist im ländlichen Raum beheimatet und steckt einigen Aufwand in die Rekrutierung. MedSys verfügt über einen Haustarifvertrag, angelehnt an den IG-Metall-Tarifvertrag, allerdings mit einer Regelarbeitszeit von 40 h. Der Standort liegt in einer wirtschaftlich und industriell prosperierenden Region. Für MedSys ist das jedoch problematisch, weil es eher zu den kleineren Unternehmen dort gehört und die größeren Firmen das Personal anziehen.
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Will-Zocholl, M., Clasen, E. (2020). IngenieurInnen@work: Geschlechterperspektiven auf die Digitalisierung von Wissensarbeit im Engineering. In: Becker, K., Binner, K., Décieux, F. (eds) Gespannte Arbeits- und Geschlechterverhältnisse im Marktkapitalismus. Geschlecht und Gesellschaft, vol 72. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22315-1_6
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