Die Tätigkeiten auf dem Meer, die nicht der Beförderung von Mensch und Tier oder dem Warenaustausch von Gütern dienen, sind vielfältig. Um die Schifffahrt aufrecht zu erhalten, sind Bagger verschiedenster Bauart, Hafen‑, Hochsee‑ und Notschlepper, Tonnenleger, Eisbrecher oder auch Dienstfahrzeuge für ein breites Spektrum von Aufgaben im Einsatz. Zahlreiche Spezialschiffe, darunter Versorger, Ankerzieher, Röhrentransporter, Wohn‑ und Wachschiffe, arbeiten in der Offshore‐Industrie. Schwimmkräne, Kranschiffe, Kabel‑ und Rohrleger sowie Forschungsschiffe erledigen weitere Sonderaufgaben.

Zum Transport von Öl und Gas werden unterseeische Pipelines verlegt, für die hochspezialisierte Schiffe mit anspruchsvollen Verlegeeinrichtungen unterschiedlicher Technik entworfen werden. Aufgrund des hohen Standards gehören derartige Hightech‐Fahrzeuge zu den wenigen Schiffstypen, für die europäische Werften noch Aufträge erhalten. Ende 2014 lieferte die Lloyd Werft in Bremerhaven das 199,3 m lange und 32,3 m breite Konstruktions‑ und Rohrlegeschiff CEONA AMAZON an die Londoner Reederei Ceona ab. Infolge der nachlassenden Offshore‐Förderung blieb das 27.450 t tragende Schiff jedoch viele Monate ohne Beschäftigung, so dass die Reederei in Konkurs ging. 2017 übernahm der in der Öl‑ und Gasfördertechnologie tätige US‐Konzern McDermott das in AMAZON umbenannte und inzwischen umgerüstete Spezialfahrzeug und setzte es ab Ende des Jahres im Auftrag der weltgrößten Erdölgesellschaft Saudi Aramco in Dharan/Saudi‐Arabien auf dem Feld Zuluf vor der Golfküste Saudi‐Arabiens ein, im Februar 2018 lag es in Jebel Ali/Vereinigte Arabische Emirate, im September 2018 befand es sich auf der Reise von Kapstadt nach Galveston/US.

Auch für den neuen Offshore‐Bereich Windkraft sind zahlreiche neuartige Spezialfahrzeuge entworfen und zum Einsatz gebracht worden. Die Errichtung von Offshore‐Windparks erfordert umfangreiche Vorarbeiten, wie Boden‑ und Umweltexplorationen, für die oft aus anderen Schiffstypen umgebaute Hilfsschiffe beschäftigt sind. Nach dem wegen der widrigen Wetterbedingungen technisch anspruchsvollen Aufbau der Kraftwerke durch Installationsschiffe bleiben regelmäßige Wartungs‑ und Kontrollaufgaben, Reparaturen oder sogar der Austausch von fehlerhaften Rotoren und Generatoren auszuführen. Dafür werden Personaltransportschiffe, sogenannte Crewboats, benötigt. Allein im Bereich der Deutschen Bucht waren im Sommer 2017 zwei Dutzend derartiger Spezialschiffe stationiert, davon die meisten in Cuxhaven, auf Borkum und Helgoland. Für ihren Entwurf sind Schnelligkeit und hohe Seetauglichkeit oberste Prioritäten, Eigenschaften, die vor allem Doppelrumpf‐Schiffe aufweisen (Abb. 6.1).

Abb. 6.1
figure 1

Das Spezialschiff AMAZON ex CEONA AMAZON arbeitete 2018 auf einem Ölfeld vor der saudischen Küste. (Ralf Witthohn)

1 Rohrleger SEVEN SEAS und SEVEN OCEANS

Der AMAZON ähnliche Verlege‐Schiffe baute die niederländische Werft IHC Offshore & Marine in Krimpen an der Ijssel bereits ab 2007. Die Serie wurde von der SEVEN SEAS und SEVEN OCEANS für die britische Reederei Subsea 7 eingeleitet, 2008 von der HOS ACHIEVER und HOS IRON HORSE für die texanische Hornbeck Offshore Services und ab 2014 von der SAPURA JADE , SAPURA DIAMANTE , SAPURA TOPZIO , SAPURA ONIX , SAPURA JADE und SAPURA RUBI für die Sapura Navegacao Maritima, einem Joint Venture des malaysischen Ölkonzerns SapuraKencana und der Bohrfirma Seadrill mit Hauptsitz in London, fortgesetzt (Abb. 6.2).

Abb. 6.2
figure 2

Auf der Basis eines schiffbaulich fast gleichen Entwurfs realisierte die IHC‐Werft zwei unterschiedliche Rohrlege‑ und Konstruktionsschiffe, von denen die SEVEN OCEANS über eine Legevorrichtung am Heck verfügt. (IHC)

Bei weitgehend gleichen Hauptabmessungen und Antrieben unterscheiden sich die SEVEN SEAS und SEVEN OCEANS durch ihre ins Auge fallenden Verlegeeinrichtungen. Die SEVEN OCEANS wurde für das Legen starrer Rohre als sogenanntes Rigid reeled pipe lay‐construction vessel konzipiert und dafür am Heck mit einer justierbaren Verlege‐Rampe mit einer größten Haltekraft von 600 t ausgestattet. Die SEVEN SEAS dagegen wird als Flexible pipe‐lay‐construction vessel bezeichnet und verfügt zur Ausbringung von elastischen Rohren durch einen Moonpool über einen auf halber Schiffslänge angeordneten Verlegeturm. Auf der SEVEN OCEANS können mit Hilfe der Rampe starre Rohre mit einem Durchmesser bis 406 mm (16 Zoll) ausgebracht werden, aber auch flexible Rohre oder sogenannte Umbilicals. Beim Legevorgang wird das Rohr von der Hauptvorrats‑ und Verlegetrommel abgespult und über eine zweite Ausrichttrommel auf dem Verlegeturm am Heck des Schiffes ins Wasser geführt. Das Verlege‐System umfasst außerdem Rohrausrichter, Rollenwalze und zwei Rampen‐Elevatoren. Das A&R‐Windensystem (Abandonment and Recovery) weist Züge von 80 t bzw. 450 t auf. Die Hauptverlegetrommel hat eine Lagerkapazität von 3500 t. Ihr Nabendurchmesser beträgt 18 m, der größte Durchmesser 28 m, der Abstand der Flansche 10 m. Der Mittelpunkt der Trommel liegt 15,4 m oberhalb der Basis des Schiffes, so dass ihr Radius bis kurz über den Doppelboden des Schiffes reicht. Auf der Trommel können Rohre mit Durchmessern von 152 bis 406 mm (6 bis 16 Zoll) gelagert und abgespult werden. Eine kleinere Piggy Back‐Trommel hat einen Nabendurchmesser von 4,4 m, einen größten Durchmesser von 7,8 m und einen Flanschabstand von 5 m. Der Huisman‐Schwergutkran auf der SEVEN OCEANS hat im Offshore‐Einsatz im Double‐Fall‐Betrieb bei 13 m Ausladung eine SWL 350 t. Im Hafenbetrieb erhöht sich die Hebekraft auf 400 t bei 16,5 m (Double fall) und 200 t auf 32 m (Single fall) (Abb. 6.3).

Abb. 6.3
figure 3

Die SEVEN SEAS ist mit einer Legevorrichtung auf halber Schiffslänger ausgerüstet. (IHC)

Im Gegensatz zur SEVEN OCEANS mit ihrer Heckrampenausrüstung für starre Rohre verfügt die auch als Flexlay oder J‐Lay‐Schiff bezeichnete SEVEN SEAS über ein vertikales System zur Verlegung von flexiblen Rohren durch einen 7 × 7,5 m großen Moonpool im Schiffsboden. Der über dem Moonpool aufgestellte Verlegeturm ist mit zwei hintereinander angeordneten Spannvorrichtungen von über 400 t Zugkraft ausgerüstet. Die A&R‐Fähigkeit beträgt 125 bzw. 360 t und kann für die Verlegung von Flexrohren auf 450 t erhöht werden. Auf der SEVEN SEAS werden die Rohre unter Deck in zwei waagerecht liegenden Karussells von je 1250 t Kapazität gelagert. Es besteht die Option ein Karussell von 3000 t auf dem Achterdeck zu lagern. Im J‐Lay‐Modus kommt eine 400‐t‐Spannvorrichtung in Verbindung mit einer verstellbaren Rampe zum Einsatz. Die Rampe, deren Verlegeturm bis zu 15° geneigt werden kann, verfügt über Einrichtungen zur Lagerung, Schweißung, Beschichtung und Inspektion der Rohre. Sowohl in der Flexible‑ wie auch in der J‐Lay‐Konfiguration beträgt die maximale Rohrweite 610 mm (24 Zoll) (Abb. 6.4).

Abb. 6.4
figure 4

2009 lieferte die Merwede‐Werft das Offshore‐Konstruktionsschiff HOS IRON HORSE auf der Basis der vorangegangenen SEVEN SEAS. (Merwede)

Auf beiden Schiffen ermöglicht ein für die anspruchsvolle Offshore‐Arbeit unerlässliches dynamisches Positionierungs‐System des Typs Kongsberg SDP 22 die präzise Standortbestimmung und das korrekte Arbeiten an der vorausbestimmten Lokation. Das System umfasst zwei HiPAP‐Geräte (High Precision Acoustic Positioning), drei DGPS, Drahtmessgerät und ein Fächerstrahl‐Referenzsystem. Zur Überwachung der Arbeiten verfügen die Schiffe auch über ein umfangreiches Vermessungssystem, einschließlich Strömungsprofilmessung, Fächerecholot und Kurskontrolle. Außerdem werden die Schiffe permanent mit zwei ROVs (Remotely operated vehicles) ausgerüstet, die seitlich zu Wasser gelassen werden können und bis zu einer Tauchtiefe von 3000 m ausgelegt sind. Vorinstallierte Fundamente ermöglichen zudem die optionale Mitnahme eines dritten ROV.

Wegen des für die Rampenkonstruktion ausgebauten Hecks übertrifft die Länge ü. a. der SEVEN OCEANS von 157,3 m die der 151 m langen SEVEN SEAS . Deren Mittelschiff weist wiederum drei im Moonpool‐Bereich eingefügte Spantfelder auf. Alle anderen Hauptabmessungen der beiden Schiffe sind identisch. Die Energie für Antrieb und elektrische Versorgung erzeugen sechs für den HFO‐ und MDO‐Betrieb geeignete Hauptmaschinen des Typs Wärtsilä 12V26 mit einer Leistung von 6 × 3360 kW. Drei Azimut‐Heckpropeller haben eine Leistung von 3 × 2950 kW, zwei einziehbare Azimut‐Thruster am Bug leisten 2 × 2400 kW. Die erzielbare Geschwindigkeit der SEVEN OCEANS wird mit mehr als 13,5 kn, die der SEVEN SEAS mit 13 kn angegeben. Ein Querstrahler vorn erbringt 2200 kW, so dass sich die gesamte Thruster‐Leistung der Schiffe auf 15.850 kW beläuft.

Im Sommer 2017 schloss die SEVEN OCEANS die Verlegung der Förderpipelines des von Wintershall ausgebeuteten Maria‐Feldes vor der norwegischen Küste ab. Insgesamt wurden im Rahmen des Projektes auf der Haltenbank 100 km Pipelines nach drei Plattformen verlegt. Ab August hielt sich der Rohrleger im Wiltonhaven von Rotterdam auf. Die SEVEN SEAS war Ende des Jahres am Golf von Mexiko stationiert (Abb. 6.5).

Abb. 6.5
figure 5

Die 2015 gebaute SAPURA JADE stellt eine Weiterentwicklung des SEVEN SEAS ‐Typs dar. (Ralf Witthohn)

2 Taucherbasis‐Schiff TOISA PEGASUS

Ein Konstruktionsschiff mit spezieller Ausrüstung zur Unterstützung von Tauchern stellte die Merwede‐Werft in Hardinxfeld‐Giessendam/Niederlande 2008 im Auftrag der Toisa Ltd. in Piräus unter dem Namen TOISA PEGASUS fertig. Das 131,7 m lange, 22 m breite und 9,5 m seitenhohe Schiff kann 18 Taucher aufnehmen, die in zwei Sättigungstauchglocken bis in eine Tiefe von 300 m arbeiten. Der auf dem Achterdeck installierte Offshore‐Drehkran hebt bei einer Ausladung von 16 m 400 t. Der dieselelektrische Antrieb der TOISA PEGASUS erfolgt über zwei Azimut‐Propeller unter dem Achterschiff von je 3000 kW für eine Geschwindigkeit von 13 kn. Drei Querstrahlpropeller vorn, einer davon einziehbar, sind im Vorschiff installiert und unterstützen das dynamische Positionierungssystem. Insgesamt stehen 64 Kabinen für 99 Personen zur Verfügung, die maximale Tragfähigkeit wird auf 9440 t beziffert. Nach einem Einsatz vor der nordamerikanischen Westküste im Frühjahr 2017 ankerte die TOISA PEGASUS im September 2018 in der im August des Vorjahres angelaufenen Bucht von Eleusis/Griechenland (Abb. 6.6).

Abb. 6.6
figure 6

Die TOISA PEGASUS ist eine Kombination aus Taucher‑ und Kranschiff. (Merwede)

3 Windpark statt Kohlenzeche

Nach der Entscheidung der Bundesregierung zur Abschaltung der Atomkraftwerke und der angesichts des Klimawandels zunehmend kritisierten Nutzung von fossilen Brennstoffen standen die traditionellen Energiekonzerne vor einer Neuordnung ihrer Aktivitäten. RWE Innogy sah in Offshore‐Windparks zur Gewinnung von regenerativer Energie eine Alternative. Dabei wollte der Konzern die hohen Charterkosten für Spezialschiffe zum Aufbau der Anlagen durch die Schaffung eines eigenen Schiffsparks vermeiden. Immerhin hatte es in der Vergangenheit bereits starke und bis heute anhaltende Engagements westdeutscher Industriekonzerne in der Seewirtschaft gegeben, etwa der Konzerne Thyssen, Krupp oder Stinnes. Der Betrieb von zwei aus Südkorea gelieferten Jack‐up‐Installationsschiffen für den Transport und den Aufbau von Windkraftanlagen blieb jedoch eine nur kurzzeitige Aktivität des RWE‐Konzerns. Der Zwiespalt der Energieversorger in dem zu bewältigenden Konversionsprozess von der Kohle zur erneuerbaren Energie wurde an der Nomenklatur der beiden Neubauten deutlich, die auf die Namen stillgelegter Essener Steinkohlenzechen getauft wurden.

Im Februar 2012 erreichte das erste der jeweils 100 Mio. EUR teureren deutschen Spezialschiffe, die VICTORIA MATHIAS , auf dem Deck des norwegischen Frachters EAGLE Bremerhaven. In einem aufwändigen weltweiten Ausschreibungsverfahren zwischen 40 Werften hatte RWE Innogy die Daewoo Shipbuilding and Marine Engineering (DSME) in Korea ausgewählt. Für die Neubauten lieferten deutsche Zulieferer Ausrüstung im Wert von jeweils 40 Mio. EUR . Der Auftrag über zwei Schiffe plus einer – nicht wahrgenommenen – Option wurde am 3. Dezember 2009 vergeben. Der Stahlzuschnitt des ersten Schiffes erfolgte im September 2010, die Kiellegung im Januar 2011, das Aufschwimmen im März und die Ablieferung am 18. Dezember 2011. Die ersten Platten für das Schwesterschiff FRIEDRICH ERNESTINE wurden im Oktober 2010 gebrannt, die Kiellegung fand im April 2011 statt, das Aufschwimmen im Mai und die Ablieferung am 28. Dezember 2011.

Die eigentliche Fertigung der Schiffe in weniger als 12 Monaten wurde erst durch die im koreanischen Schiffbau übliche Bauweise möglich. Die Rümpfe entstanden in jeweils drei Großsektionen, die auf einem Bauponton zusammengefügt wurden. Das Brückenhaus wurde von einem entfernten Bauplatz in weit ausgerüsteten Zustand auf einem Transportponton angeliefert, mit Hilfe eines Schwerlastsystems entladen und auf den Rumpf gesetzt. Die Fertigung des Hauptkranes und der jeweils 650 t schweren Beine in Europa erforderte die Anlieferung mit einem Schwergutfrachter. Weil das Jack‐up‐System während des Belastungstests versagte, mussten die Beine demontiert und separat per Schiff nach Europa transportiert werden. Die VICTORIA MATHIAS selbst erreichte nach einer 55tägigen Reise von 14.600 sm via Südafrika und Teneriffa an Deck des norwegischen Transportschiffes ihren Heimathafen Bremerhaven im Februar 2012. Dort erfolgte die Entladung an der Stromkaje des Containerterminals. Das Schwesterschiff FRIEDRICH ERNESTINE verließ Südkorea im 26. Dezember 2011 auf dem Deck des Transporters FALCON und traf kurz nach dem ersten Schiff ebenfalls noch im Februar 2012 in Bremerhaven ein (Abb. 6.7).

Abb. 6.7
figure 7

Nach der Mobilisierung im Kaiserhafen lud das Installationsschiff VICTORIA MATHIAS an der Bremerhavener Stromkaje Jacket‐Fundamente für den Windpark Nordsee Ost. (Ralf Witthohn)

Im Anschluss an die Mobilisierungsphase bei der Lloyd Werft in Deutschland begann die VICTORIA MATHIAS im Sommer 2012 35 km nördlich von Helgoland den zwei Jahr später beendeten Aufbau von 48 Turbinen der Firma Senvion mit 6,15 MW Leistung im Windpark Nordsee Ost. Dazu wurden zunächst 100 t schwere, einen Durchmesser von 2,5 m aufweisende Gründungsrohre für die Jacket‐Fundamente gerammt. Sie stehen in einer Wassertiefe von 22 bis 26 m auf einer Fläche von 36 km2. Um den sicheren Stand des Installationsschiffes an der Verladekaje, dem südlichen Ende des Bremerhavener Containerterminals, zu gewährleisten, wurden dort Stahlfundamente versenkt und verfüllt. Nach Verlegen der Kabel zwischen den Anlagen und dem Aufbau der Umformerplattform ging der Windpark im Mai 2015 in Betrieb, musste aber bereits im folgenden Monat nach einem Rotorbruch vorübergehend abgeschaltet werden. Die FRIEDRICH ERNESTINE errichtete vor der nordwalisischen Küste den 576‐MW‐Park Gwynt y Môr von einer Basis in Wales aus.

Betrieben wurden die beiden Schiffe zunächst von der in Hamburg gegründeten RWE Offshore Logistic Company (OLC), einer Tochtergesellschaft von RWE Innogy. Die NSB Niederelbe Schiffahrtsges. unterstützte die Bauaufsicht und wurde für fünf Jahre mit dem nautisch‐technischen Management der Schiffe betraut. Als sich die besonderen technischen Herausforderungen zeigten und die staatliche Förderung verringert wurde, traf RWE Innogy die Entscheidung, den Betrieb von Offshore‐Installationsschiffen aufzugeben. Die VICTORIA MATHIAS wurde Anfang 2015 an das Unternehmen MPI Offshore der niederländischen Vroon‐Gruppe verkauft, unter Beibehaltung des Chartervertrages für das in MPI ENTERPRISE umbenannte Schiff, das zunächst weiterhin im RWE‐Offshore‐Windpark Nordsee‐Ost tätig blieb. Das Schwesterschiff FRIEDRICH FERNESTINE wurde auf fünf Jahre an die ZPMC Profunda Wind Energy in Shanghai, ein Joint Venture der Zhenhua Shipping und der Firma Profunda Offshore Contractor in Shenzhen, verchartert und 2015 in TORBEN umbenannt.

Der Beschaffung der Neubauten lag die Absicht des Essener Stromkonzerns RWE zugrunde, die Aufstellung von Offshore‐Windparks zur Energieerzeugung unabhängig in eigener Regie durchführen zu können. Dazu wurde ein Schiff konzipiert, das die Funktionen des Transports der Windkraftanlagen wie auch des Aufstellens zu übernehmen. Wichtige Vorteile dieser als Mono‐Vessel‐Konzept bezeichneten Arbeitsweise sind die Verringerung von Wartezeiten und die Vermeidung eines Pendelverkehrs zwischen Basishafen und Hubinsel. Zuvor realisierte Installations‐Konzepte sahen eine Aufteilung der Funktionen vor, etwa den Antransport der Komponenten auf Bargen und die Aufstellung durch Schwimmkräne, Kranschiffe oder Arbeitsplattformen. Unter den zu erwartenden schwierigen Seegangsbedingungen erschien es aber ratsam, die Vorteile einer festen Plattform zu nutzen. Wegen der kurzen Anfahrtswege von den Basen in Deutschland und England war eine relativ geringe Geschwindigkeit ausreichend. Insofern stellt das Design den Kompromiss zwischen einem Transport‑ und einem Errichterschiff dar, der vor allem auf die Installationsfähigkeiten zielte.

Auf Grundlage dieser Voraussetzungen zeichnete das Entwurfsbüro Wärtsilä Ship Design in Hamburg in Kooperation mit der IMS Ingenieurgesellschaft einen Entwurf mit einem einer Barge ähnlichen Schiffskörper, bei dem wenig Wert auf eine widerstandsmindernde Rumpfform gelegt wurde. Die geringe Geschwindigkeitsforderung von 7,5 kn sowie die Notwendigkeit eines dynamischen Positionierungssystems führten zur Wahl eines dieselelektrischen Antriebssystems mit sechs einziehbaren Azimut‐Einheiten. Der pontonförmige Schiffskörper sollte die Bedingungen einer ausreichenden Transportkapazität sowohl hinsichtlich der Decksfläche als auch der Tragfähigkeit erfüllen. Andererseits durfte das Gewicht des Schiffskörpers und der Zuladung nicht die Leistungsfähigkeit des maximal etwa 17.000 t hebenden Jack‐up‐Systems überfordern. Die Tragfähigkeit des Schiffes auf dem maximalen Tiefgang von 5 m wird mit 6315 t angegeben, die maximale Zuladung mit 4500 t (Abb. 6.8).

Abb. 6.8
figure 8

Auf dem Deck des Installationsschiffe VICTORIA MATHIAS können 4500 t Windkraft‐Komponenten geladen und in die Höhe gehoben werden. (Ralf Witthohn)

Diese Rahmenbedingungen führten zu einem 100 m langen, 40 m breiten und 8 m hohen Ponton‐Rumpf, dessen Decksfläche durch das vorn angeordnete Brückenhaus, das Kranfundament und die vier Jack‐up‐Häuser an den Schiffsecken eingeschränkt wird. Somit wurden Transportkapazitäten für jeweils vier 6,3‐MW‐Windkraftanlagen von Repower oder jeweils sechs 3,6‐MW‐Siemens‐Anlagen geschaffen. Bei Ablieferung war die Klassifizierung der Stahlzylinderkomponenten noch nicht eingeschlossen, weil sich beim Jack‐up‐Test in Korea Materialfehler gezeigt hatten. Sie traten an den Augen auf, an denen die Zylinder mit den Brillen verbunden sind. Dies verzögerte die Indienststellung der Schiffe und machte die Nachrüstung mit insgesamt 96 neuen Augen in Deutschland notwendig. Die 78 m langen Hubbeine ermöglichen die Arbeit des Schiffes als Plattform bis zu einer Wassertiefe von 45 m. Die jeweils ca. 650 t schweren Standbeine wurden aus einem 100 mm dicken Spezialstahl S460 der Billinger Hütte gewalzt und in Korea von einem 3600 t hebenden Schwimmkran eingesetzt. Wesentliche Elemente des von der niederländischen Firma Muns gelieferten hydraulischen Jacking‐Systems sind jeweils zwei Brillen, eine Ober‑ und eine Unterbrille, welche die Standbeine umfassen. Sie nehmen abwechselnd die Last auf, indem sie sich in Ausnehmungen der Beine ein‑ bzw. ausklinken und jeweils 12 Hydraulikzylinder die Auf‑ oder Abwärtskraft ausüben. Der Arbeitsdruck der 12.350 kg schweren und ausgefahren 8655 mm langen Zylinder von Muns und Montanhydraulik beträgt 370 bar, die Spannkraft 9200 kN, ihr Hub 3000 mm, der äußere Durchmesser 795 mm. Die SWL (Safe Working Load) beträgt 4300 kN pro Zylinder, die Hubgeschwindigkeit 0,7 m/min.

Unter jedes der Standbeine kann im Dock oder durch einen Kran auch im schwimmenden Zustand eine Fußverbreiterung mit einer Grundfläche von 10 × 8,74 m und einer maximalen Höhe von 3 m angebracht werden. Die sogenannten Elefantenfüße (engl. spud cans) wurden nach einem Entwurf der US‐Klassifikationsgesellschaft ABS gefertigt und wiegen je etwa 130 t. Ihre Montage erfolgt mit Hilfe von 120 mm starken Bolzen. Die Durchführungen für die Hubbeine sind an jeder Schiffsecke von einem Jack House umgeben, in dem die hydraulischen Antriebe untergebracht sind.

Hauptarbeitsmittel des Installationsschiffes ist sein auf der Steuerbordseite aufgestellter, elektro‐hydraulisch betriebener Drehkran der Firma Liebherr mit der Bezeichnung BOS35000. Der Ausleger des Krans, der weit über das Heck hinausragt und dort abgestützt wird, kann unterschiedlich konfiguriert werden. Mit einem 78 m langen Ausleger beträgt die Hebefähigkeit bei einer Ausladung von 25 m 1000 t, bei 38 m sind es 644 t. Ein 102 m langer Ausleger hebt 800 t. Der geringste Arbeitsradius beträgt 12,2 m. Als Transportfläche dient das Hauptdeck des Schiffes, das für eine Belastung von 15 t/m2 ausgelegt ist. Die Beladungszustände können durch ein Antiheeling‐System ausgeglichen werden, dessen elektrisch angetriebene Pumpe 1500 m3/h fördert. Das Schiff wurde des Weiteren mit einem Gelenkkran von Lintec ausgerüstet, der zwischen dem Hauptkran und dem Aufbau Lasten von 6 t bei 15 m Ausladung heben kann (Abb. 6.9).

Abb. 6.9
figure 9

Die sechs Azimut‐Propeller der VICTORIA MATHIAS sind mit Hilfe eines Gestelles einziehbar. (Ralf Witthohn)

Die vier unterschiedlichen, zeitlich weitgehend unabhängig voneinander auftretenden Energieanforderungen für die Fortbewegung des Schiffes, seine dynamische Positionierung, das Jacken sowie den Kraneinsatz machen den Einsatz eines dieselelektrischen Systems mit seiner besonderen Fähigkeit, die Energieerzeugung dem tatsächlichen Bedarf anzupassen, sinnvoll. Als Hauptdiesel waren zunächst fünf auf dem Doppelboden aufgestellte MTU‐Viertakter des Typs 16V4000M43 mit jeweils 2240 kW Leistung bei 1800 1/min vorgesehen. Zusätzlicher Energiebedarf aufgrund der Erhöhung des DP‐Status auf DP2 erforderte die Ausrüstung mit einem weiteren, 1680 kW leistenden Diesel des Typs 12V4000P83 auf dem Hauptdeck. Die Generatoren von Leroy Somer speisen die elektrischen ABB‐Motoren zum Antrieb der sechs 1600‐kW‐Azimut‐Propeller von Rolls‐Royce mit vier nicht verstellbaren Flügeln und einem Durchmesser von 2150 mm. Die Propeller sind hydraulisch in den Rumpf einziehbar. Sie erlauben eine Geschwindigkeit von 7,5 kn auf dem Entwurfstiefgang, und im Zusammenwirken mit dem dynamischen Positionierungssystem des Herstellers L‐3 das Halten einer exakten Position oder eine Querfahrtgeschwindigkeit von 3 kn. Für beide Schiffe wurden insgesamt zwei Reserve‐Antriebe vorgehalten. Eine besondere entwurfstechnische Herausforderung stellte die sonst üblicherweise durch Seekästen erfolgende Versorgung des Antriebssystems mit Kühlwasser bei hochgefahrener Plattform dar. Um Seekühlwasser entnehmen zu können, verfügt das Schiff über eine in einem etwa 40 m langen Rohr installierte Pumpe, die in das Meer abgesenkt werden kann.

In dem auf die Back gesetzten, sechs Decks hohen Brückenhaus finden 60 Personen Platz. Nach dem Besatzungs‐Konzept des Auftraggebers bestand die eigentliche Besatzung aus 25 Personen nautisches und technisches Personal, das im üblichen Drei‐Wachen‐System arbeiten sollte. Auf der Basis eines Crew‐Faktors von 2,5 standen für beide Schiffe insgesamt rund fünf Besatzungen bereit. Das Aufbau‐Team arbeitete im Zwei‐Schichten‐Rhythmus. In Erweiterung des ISM‐Codes gehörte der Leiter der Aufbaumannschaft dem Führungsteam aus Kapitän sowie 1. technischen und nautischem Offizier an. Der Besatzung steht am Heck neben der Hauptkran‐Stütze ein Freifall‐Rettungsboot für 60 Personen und neben dem Hauptkran ein konventionell aufgehängtes geschlossenes Rettungsboot für 80 Personen zur Verfügung. Der Besatzungswechsel kann durch Hubschrauber erfolgen. Dafür befindet sich vor dem Aufbau versetzt nach Backbord ein im Durchmesser 16,7 m großes Landedeck für Hubschrauber der Klasse Agusta 139.

3.1 Installationsschiff MPI DISCOVERY auf der Amrumbank

Nach dem Verkauf auch des dritten, 2012 gebauten deutschen Jack‐up‐Installationsschiffes INNOVATION durch den Hochtief‐Konzern an die belgische Deme‐Gruppe 2014 übernahmen ausländische Reedereien die Arbeit in den deutschen Windparks, darunter das Errichterschiff MPI DISCOVERY . Im Januar 2014 begann es, von Cuxhaven aus die maximal 670 t schweren Fundament‐Komponenten für 80 Windkraftanlagen zum Park Amrumbank West zu transportieren und sie dort mit Hilfe seines Schwerlastkrans auf die vorbestimmten Positionen zu stellen. Auf sechs 72,8 m langen statt der sonst üblichen vier Beine ist das Kranschiff in der Lage, auf Tiefen von maximal 40 m zu operieren, solange die Wellenhöhe 2,8 m, die Windstärke 14 m/s und die Strömung 2 kn nicht überschreiten. Das 138,6 m lange und 40,8 m breite Schiff hat ein Eigengewicht von 13.704 t, mit den Beinen erreicht es ein Gewicht von 17.560 t. Es kann 6000 t Ladung bei einer Geschwindigkeit von 1 m/s in die Höhe heben. Die maximale Jacking‐Last pro Bein beträgt 3750 t, die Haltelast 7500 t. Der 1000‐t‐Hauptkran ist bis Windgeschwindigkeiten von 21 m/s einsatzbereit. Die Energieversorgung für Antriebe, das Jacking‐System, den Kran und den Bordbetrieb stellen sechs Diesel des Typs Bergen C25:33L‐8 sicher. Als Hauptantriebe dienen drei Azimut‐Propeller von Rolls Royce, drei Querstrahler unterstützen das dynamische Manövrieren. Die Unterkünfte der auf der COSCO (Nantong) Shipyard im Auftrag der britischen MPI Offshore gebauten, unter niederländischer Flagge fahrenden MPI DISCOVERY bieten 112 Personen Platz (Abb. 6.10).

Abb. 6.10
figure 10

Das Jack‐up‐Schiff MPI DISCOVERY stellte die Anlagen des Windparks Amrumbank West mit Hilfe seiner sechs Beine in Position. (Ralf Witthohn)

3.2 BRAVE TERN und BOLD TERN bauen Global Tech 1

Gleichzeitig mit der MPI DISCOVERY in Cuxhaven begann das Installationsschiff BRAVE TERN im Auftrag des Hochtief‐Konzerns, in Bremerhaven mit dem eigenen Kran übernommene Türme und Gondeln zum Windpark Global Tech 1 nördlich von Helgoland zu transportieren. Der im September 2012 von der Werft Lamprell Energy in Dubai abgelieferte Neubau und sein im Februar 2013 fertig gewordenes Schwesterschiff BOLD TERN werden von der im dänischen Fredericia ansässigen Reederei Fred. Olsen Windcarrier (FOWIC) betrieben. Ihre Finanzierung übernahm ein Konsortium der Banken KfW IPEX und Danish Ship Finance, die 85 Mio. bzw. 60 Mio. EUR in das 145 Mio.‐Projekt gaben. Die staatseigene KfW begründete ihr finanzielles Engagement mit dem Einsatz der Schiffe zur umweltfreundlicheren Energiegewinnung und dem hohen Anteil deutscher Zulieferer, dabei das komplette Antriebssystem von Voith Turbo, die Generatoren und elektronischen Steuerelemente von der mit dem Hauptsitz in Zürich ansässigen ABB und Siemens nennend.

Die 131,7 m langen, 39 m breiten Schiffe sind mit einem dieselelektrischen Antriebssystem versehen, das aus Wärtsilä‐Motoren der Typen 12V32, 6L32 und 9L32 mit einer Gesamtleistung von 17.100 kW besteht. Sie erzeugen die Energie für drei achtern montierte Voith‐Schneider‐Propeller von je 1750 kW Leistung, die eine Geschwindigkeit von 12 kn erlauben, sowie für drei Wärtsilä‐Querstrahlanlagen von je 1750 kW, deren Betrieb von einem DP2‐Positonierungssystem unterstützt wird. Das Jacking‐System der niederländischen Firma GustoMSC arbeitet an vier Beinen von 81,5 m Länge und verleiht dem Schiff einen sicheren Stand auf Wassertiefen bis 40 m. Auch der Drehkran stammt von Gusto. Er hebt bei 24 m Ausladung 800 t. Die Decksfläche von 3200 m2 reicht aus, um zum Beispiel die Topsides von fünf 6‐MW‐Windkraftanlagen oder drei Jacket‐Fundamente zu transportieren. Die von Det Norske Veritas klassifizierten Schiffe verfügen über Platz für 80 Personen Besatzung und Aufbaumannschaft in 56 Kabinen. Im vierten Quartal 2016 startete die BOLD TERN die Installation von fünf Alstom‐Turbinen der 6‐MW‐Klasse in der Block Island Wind Farm, dem ersten vor Rhode Island gelegenen Offshore‐Windpark der Vereinigten Staaten (Abb. 6.11).

Abb. 6.11
figure 11

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau trug wesentlich zur Finanzierung der in Dubai für die dänische Tochtergesellschaft einer norwegischen Gruppe gebauten Installationsschiffe BRAVE TERN (Foto) und BOLD TERN bei. (Ralf Witthohn)

3.3 AEOLUS im niederländischen Gemini‐Park

Das erste in Deutschland gebaute Windkraft‐Installationsschiff lieferte die Sietas‐Werft in Hamburg an die Rotterdamer Reederei Van Oord. Im Februar 2014 wurde die 139,4 m lange und 38 m breite AEOLUS nach Bremerhaven zur Lloyd Werft geschleppt, um dort mit den vier Hubbeinen ausgerüstet zu werden. Der im Juni in Fahrt gekommene Neubau erhielt ein dieselelektrisches Antriebssystem aus vier in der vorderen Schiffshälfte aufgestellten MaK‐Hauptdieseln von je 4320 kW Leistung, vier Siemens‐Fahrmotoren mit je 2500 kW, zwei konventionellen Heckpropellern und je zwei Querstrahlpropellern vorn und hinten der Firma Wärtsilä. Damit erreicht das 5,7 m tiefgehende Schiff eine Geschwindigkeit von 12 kn und erfüllt die Voraussetzungen für ein dynamisches Positionierungssystem der Klasse DP2 von Kongsberg. Hauptarbeitsmittel des bis auf eine Wassertiefe von 45 m einsetzbaren Konstruktionsschiffes ist ein 900‐t‐Drehkran von NMF/TTS, der um das achtere Backbord‐Bein aufgestellt ist. Das Jacking‐System von IMS/Muns hebt das Schiff mit 0,67 m/min an, bei voller Beladung mit 0,4 m/min. Die Deckfläche umfasst 3300 m2, Unterkünfte sind für 74 Personen vorhanden.

Van Oord vollzog die Option auf ein Schwesterschiff der AEOLUS nicht, bestellte aber im Oktober 2013 bei der niederländischen Damen‐Gruppe den Kabelleger NEXUS , dessen Kiel bei den Damen Shipyards Galati in Rumänien gelegt wurde und der Ende 2014 zur Ablieferung gelangte. Bereits bei Auftragserteilung war die erste Beschäftigung des Schiffes gesichert, die Verlegung von Energiekabeln des Gemini‐Windparks 60 km nördlich von Schiermonnikoog. Als Mehrzweckschiff auf der Basis des Damen Offshore Carriers 7500 konzipiert, ist der 120,7 m lange und 27,5 m breite Neubau mit einem Schwerlastkran und einem Karussell ausgerüstet, das Kabel von mehr als 5000 t Gewicht aufnehmen kann. Das mit der dynamischen Positionierungsklasse DP2 versehene Schiff bietet 90 Personen Unterkunft (Abb. 6.12).

Abb. 6.12
figure 12

Arbeitsmittel der AEOLUS ist ein 900‐t‐Kran. (Ralf Witthohn)

3.4 Brückenbau‐Kran im Offshore‐Einsatz

Im August 2014 nimmt auch einer der stärksten Schwimmkräne der Welt an der Errichtung eines deutschen Offshore‐Windparks teil. In Cuxhaven wird der Kran SVANEN für Arbeiten im Windpark Amrumbank West vorbereitet. Dort rammt der Kran einrohrige Fundamente, so genannte Monopiles, in den Meeresgrund. Die bis zu 70 m langen Monopiles haben einen Durchmesser von 5 m und sind bis zu 800 t schwer. Sie werden zu dem im Windpark arbeitenden Schwimmkran transportiert und mit seiner Hilfe aufgestellt. Um den Auftrag des Energiekonzerns E.ON ausführen zu können, lässt das niederländische Unternehmen Ballast Nedam zwischen den Katamaran‐Rümpfen der SVANEN einen neuen Hydro‐Hammer der Firma IHC Merwede installieren. Das alte Gerät ist zuvor ausgetauscht und zur Reparatur nach Holland transportiert worden.

Als einer der stärksten Schwimmkräne der Welt kann der 103 m lange und 72 m breite SVANEN 8700 t schwere Teile bis in 76 m Höhe heben. Wegen seiner Bauform SVANEN genannt war er ursprünglich eigens für die Montage der Belt‑ und Öresund‐Brücken entworfen worden. Später arbeitete er in Ostsee‐Windparks, wo er mehrere hundert Fundamente aufstellte. Der Kran verfügt über einen Eigenantrieb für 7 kn (Abb. 6.13).

Abb. 6.13
figure 13

Der Schwimmkran SVANEN erhielt für die Arbeit im Offshore‐Windpark Amrumbank West einen neuen Hammer zum Aufstellen der Fundamente. (Ralf Witthohn)

3.5 Trassen für die Windenergie

Im April 2015 bringt das Offshore‐Schiff HAVILA PHOENIX erstmals seine Spezialausrüstung zum Verlegen der Energiekabel auf dem deutschen Windfeld Global Tech I 55 sm nordwestlich von Helgoland in der südlichen Nordsee zum Einsatz. Das 2009 von der Havyard in Leirvik als dieselelektrisch angetriebenes Offshore‐Konstruktionsschiff an die Havila Shipping im norwegischen Fosnavaag abgelieferte Fahrzeug ist im Frühjahr 2014 für eine langfristige Charter durch die norwegische Offshore‐Installationsfirma Deepocean auf der Bauwerft für die neue Spezialaufgabe umgebaut worden. Um Platz für die zusätzliche Ausrüstung zu schaffen, wurde das Schiff um 17,4 auf 127,4 m verlängert. Zum neuen Equipment gehört ein 250 t tragender A‐Rahmen auf dem Heck, der in Verbindung mit dem vorhandenen Offshore‐Kran die weltgrößte selbstangetriebene Fräse zum Graben von Kabeltrassen ins Wasser heben kann. Das 2350 kW leistende Gerät arbeitet dabei mechanisch und mit Hilfe eines Wasserstrahls. Ein weiteres, seitlich hinabgelassenes Jet‐Grabesystem bedient sich eines ROV, von dem die HAVILA PHOENIX zwei an Bord hat. Bei dem Umbau gelangte auch die Kabellegevorrichtung zum Einbau, einschließlich einer horizontal aufgestellten Kabeltrommel mit einer Kapazität von 2000 t (Abb. 6.14).

Abb. 6.14
figure 14

Das Offshore‐Schiff HAVILA PHOENIX wurde für das Verlegen von Energiekabeln umgerüstet. (Ralf Witthohn)

3.6 Kabel für den Walney‐Windpark

Zehn Tage lang lädt der niederländische Flachwasser‐Kabelleger STEMAT SPIRIT der Rotterdamer Stemat‐Reederei an der Kaje der Norddeutschen Seekabelwerke (NSW) in Nordenham ein für den Walney‐Windpark vor der britischen Küste bestimmtes Energiekabel. Ein Hafenkran wird benötigt, damit das Kabel in dem Drehteller auf dem Hauptdeck des Kabellegers aufgeschossen werden kann. Nach dem Ende der Beladung nimmt das Spezialschiff Kurs auf die Irische See, wo es sieben Tage später bei dem östlich von der Isle of Man errichteten Offshore‐Feld eintrifft und bei einer Geschwindigkeit von 0,3 bis 0,5 kn mit den Verlegearbeiten beginnt (Abb. 6.15).

Abb. 6.15
figure 15

Der niederländische Flachwasserkabelleger STEMAT SPIRIT kann aufgrund seiner Bauweise Kabel bis ans Ufer verlegen. (Ralf Witthohn)

Die 2010 gebaute STEMA SPIRIT hat bereits ihren ersten Einsatz nach der Indienststellung im Walney‐Windpark gehabt. Die besondere Fähigkeit des Schiffes besteht darin, dass es an der Küste trockenfallen kann, um die Verbindung des Seekabels mit dem Landkabel herzustellen. Dazu wurde der in China von der Taizhou Xingang‐Werft gefertigte Rumpf mit einem flachen Boden konstruiert. Zudem verfügt das Schiff über besondere Manövrierhilfen. Vier Azimut‐Einheiten, zwei davon am Heck und zwei einziehbare vorn, sowie ein Querstrahlruder sind Komponenten eines dynamischen Positionierungssystems der Klasse DP2, das die Positionsgenauigkeit gewährleistet. Bei Hochwasser fährt der Kabelleger so nah wie möglich ans Ufer und wird durch Anker über ein Sechs‐Punkt‐Mooring‐System auf der gewünschten Position gehalten. Bei einsetzendem Niedrigwasser fällt das Schiff mit einem minimalen Tiefgang von 1,9 m trocken und dient als feste Arbeitsplattform für das Ausbringen des Kabels, das von einer am Ufer aufgebauten Winde über Rollen an Land gezogen wird. Nach dem Aufschwimmen während der Tide‐Periode kann das Schiff beginnen, seine eigentliche Verlegearbeit im Meer durchzuführen. Dabei kommt ein Spezialpflug zum Einsatz, der das Kabel im Meeresboden eingräbt. Auf diese Weise schuf die STEMAT SPIRIT im Juni 2010 die Verbindung von Heysham in der ostenglischen Morecambe Bay zu dem 27 sm westlich davon durch das Firmen DONG Energy und Scottish and Southern Energy verwirklichten Walney‐Projekt. Den Antrieb des 90 m langen und mit 28 m sehr breiten, 6,5 m seitenhohen Kabellegers besorgen zwei Caterpillar‐Motoren mit einer Gesamtleistung von 2610 kW, die eine Geschwindigkeit von 10 kn erlauben. Das vorn angeordnete Brückenhaus bietet 60 Personen Platz. Die STEMAT SPIRIT wird von der Firma Stemat in Rotterdam betrieben. Neben dem Kabelleger verfügt sie über sechs Arbeits‐Bargen von bis zu 80 m Länge und 14 Arbeitsfahrzeuge, die für die verschiedensten Aufgaben verwendet werden.

Das Laden der hochwertigen Kommunikations‑ oder Energiekabel direkt an der Kaje der 1899 gegründeten Norddeutschen Seekabelwerke hat eine lange Geschichte. Bereits im Jahre 1903 holten die firmeneigenen Kabelleger STEPHAN und VON PODBIELSKI interkontinental zu legende Kabel in Nordenham ab. Damals sorgte das Unternehmen für Aufsehen, als es eine Telekommunikationsleitung von Borkum nach New York verlegte.

3.7 Nordenhamer Seekabel für Baltic II

Im Oktober 2012 übernimmt der eigens dafür umgebaute finnische Kabelleger AURA bei den Seekabelwerken in Nordenham erstmals Energiekabel, die den Ostsee‐Windpark Baltic II mit dem Festland verbinden sollen. Die AURA der Reederei Meriaura in Turku ist zu diesem Zweck innerhalb von knapp drei Monaten auf der zum koreanischen STX‐Konzern gehörenden finnischen Rauma‐Werft von einem reinen Deck‐Transportschiff für Windanlagen‐Komponenten zum Kabelleger umgestaltet worden. Die Arbeiten schlossen eine Verbreiterung des Schiffes auf einer Länge von 70 m zur Erhöhung seiner Stabilität und zur Aufnahme eines Drehtisches ein, der alle Arten von Energieseekabeln aufnehmen kann. Nach dem Umbau bietet die AURA eine ausreichend große Plattform für die Hilfsstromversorgung und die Geräte zur Kabelinstallation. Dazu gehören das Verlegegerät, ein sogenannter Heavy‐Duty‐Trencher mit einer Leistung von 1600 kW, ein seegangsunabhängig arbeitender Kran und ein Drehtisch. Um die Verlege‐Aufgaben mit der nötigen Präzision erfüllen zu können, wurde das Schiff nachträglich mit einem dynamischen Positionierungssystem der Klasse DP2 ausgestattet. Dazu erhielt die AURA einen zweiten und dritten Querstrahlpropeller, die von zwei zusätzlich eingebauten Dieselaggregaten elektrisch betrieben werden. In einem hinter dem ursprünglichen Aufbau aufgesetzten Wohnhaus finden 36 Personen der Verlege‐Mannschaft Platz. Auch wurden das Ruderhaus vergrößert und zwei Ballasttanks zu Brennstofftanks umgerüstet.

Der Umbau basierte auf einem Langzeitchartervertrag, den die Norddeutsche Seekabelwerke (NSW) in Nordenham im März 2012 mit der finnischen Gesellschaft Meriaura geschlossen hatte, um das unter finnischer Flagge und mit finnischer Besatzung fahrende Schiff zur Verlegung von Energieseekabeln in Nord‑ und Ostsee einzusetzen. NSW verfügte damit neben der 2009 in Dienst gestellten Verlege‐Barge NOSTAG 10 über ein zweites Installationsfahrzeug. Bei der von den Firmen Ludwig Freytag/Oldenburg, NSW und Hans Schramm/Brunsbüttel betriebenen Barge handelte es sich um ein lediglich mit einer Manövriereinheit ausgerüstetes, ansonsten von Schleppern bewegtes 92,9 m langes und 27,5 m breites Fahrzeug mit einer Tragfähigkeit von 6364 t, dessen Ponton in China und dessen vorn angeordnete Aufbauten von der BVT Brenn‑ und Verformtechnik in Bremen produziert wurden.

Nach der Indienststellung verlegte das Gerät ein 53 km langes Energiekabel vom bis dahin von Dieselgeneratoren abhängigen Helgoland nach St. Peter‐Ording. Weitere Einsätze der NOSTAG 10, die nachträglich ein erhöhtes Backdeck zur Verbesserung der Seefähigkeit erhielt, schlossen Verlegungen zum Windpark Alpha Ventus vor Borkum und zum dänischen Park Rodsand II ein. Im Dezember 2017 wurde der bis Tiefen von 50 m arbeitende Kabelleger auf der Reede von Wilhelmshaven auf das halbtauchende Schwerlastschiff TRIUMPH der niederländischen Reederei Dockwise verladen und nach Amamapare/Indonesien transportiert. Dort sollen im Rahmen des bis 2019 zu vollendenden Palapa Ring‐Projektes etwa 11.000 km Glasfaserkabel verlegt werden. Dafür hatte die NOSTAG 10 zuvor 850 km Kabel bei den Norddeutschen Seekabelwerken in Nordenham geladen (Abb. 6.16).

Abb. 6.16
figure 16

Der antriebslose Kabelleger NOSTAG 10 ist für den Einsatz in Küstengewässern geeignet. (Ralf Witthohn)

3.8 Ersatzkabel für Borwin 1

Im Herbst 2012 wird der Kabelleger ATALANTI zur Herstellung einer Ersatzverbindung zwischen dem Offshore‐Windpark Globaltech 1 und der Umformerplattform Borwin Alpha des Feldes Borwin 1 herangezogen. Eigentlich sollte der Windpark Globaltech 1 mit der Plattform Borwin Beta verbunden werden. Da sich die Fertigstellung dieser in Wismar bei den Nordic Yards in Bau befindlichen Plattform aber verzögert, schafft die ATALANTI eine 30 km lange Ersatz‐Seekabelverbindung. Das 97 m lange Spezialschiff einer griechischen Reederei kommt beim Kabellegen mit einer kleinen Antriebsleistung aus und ist entsprechend schwach motorisiert. Bei den Überführungsfahrten wird es deshalb unterstützend von dem Schlepper ANTEUS gezogen (Abb. 6.17).

Abb. 6.17
figure 17

Der griechische Kabelleger ATALANTI legte eine Ersatzleitung zwischen Windpark und Umformer‐Plattform. (Ralf Witthohn)

Die ATALANTI war zuvor bei der Netzanbindung des Offshore‐Windparks Borwin 2 tätig. Von den Arbeiten, die das Verlegen eines 125 km langen Kabels auf dem Meeresgrund über Norderney nach Hilgenriedersiel in Ostfriesland und von 75 km an Land einschließen, übernahm der Kabelleger den seewärtigen Anteil. Der 2008 in China gebaute und 2010 in Griechenland fertig gestellte Kabelleger wurde dazu von der Firma Prysmian gechartert, die gemeinsam mit der Firma Siemens von dem niederländischen Netzbetreiber Tennet den Auftrag zu Herstellung der Verbindung erhalten hatte. Das Staatsunternehmen ist für die Verlegung von Energiekabeln zwischen den neu entstehenden Offshore‐Windparks und dem deutschen Festland verantwortlich und erteilt Unternehmen die Aufträge zur technischen Abwicklung der Projekte. Die Verlegung verzögerte sich aufgrund von ungeklärten Haftungsfragen und Finanzierungsproblemen (Abb. 6.18).

Abb. 6.18
figure 18

Der Kran der OLEG STRASHNOV kann 5000 t heben. (GustoMSC)

3.9 Umformer‐Plattform für Meerwind Ost

Von Freeport auf den Bahamas kommend trifft das Kranschiff OLEG STRASHNOV der im niederländischen Zoetermeer ansässigen Seaway Heavy Lifting im April 2014 in der Deutschen Bucht ein und nimmt mit 11 kn Kurs auf den Windpark Meerwind Ost, um dort eine in den vorangegangenen Monaten in Bremerhaven gebaute Umformerplattform aufzustellen. Das Bauwerk ist am Tag zuvor auf einem Ponton liegend von dem italienischen Hochseeschleppers CARLO MAGNO zum Standort 23 km nördlich von Helgoland gebracht worden. Bremerhavener Schlepper haben das auf dem Transportponton WAGENBORG BARGE 7 liegende Umspannwerk aus dem Fischereihafen vor die Doppelschleuse gebracht, wo der Hochseeschlepper den Ponton übernommen hat. Das Kranschiff wird benötigt, um die rund 3500 t schwere Plattform auf das vorbereitete Fundament zu setzen. Dazu sind ideale Bedingungen mit geringen Windstärken und wenig Seegang abgewartet worden. Die Umspann‐Station wird in der Mitte zwischen den Windparks Meerwind Süd/Ost positioniert, um beiden Parks zu dienen.

Der Anfang 2012 an ein Konsortium aus dem Stahlbauunternehmen Weserwind und dem französischen Anlagenbauer Alstom Grid erteilte Auftrag der in Bremerhaven ansässigen WindMW schließt die Stahlkonstruktion der Plattform ein, in der die komplette Umspann‐Station untergebracht ist. Das warngelb gestrichene, im Grundriss 31 × 46 m messende, 12 m hohe Topside verfügt über drei Vollgeschosse mit Substation und ein Hubschrauberlandedeck darüber. Die Maße für das 950 t schwere, bereits an Ort und Stelle befindliche Jacket‐Fundament der Plattform lauten 28 × 28 × 47 m. Für die beiden, sich über 42 m2 erstreckenden, zusammen 1,2 Mrd. EUR teuren Windparks sind Komponenten im Gewicht von insgesamt etwa 90.000 t verarbeitet. Die niederländische Firma Tennet verlegt die Stromkabel für die Parks. Gesellschafter des 288‐MW‐Windparks mit 80 Anlagen sowie von WindMW sind die Investoren Blackstone und Windland Energieerzeugung mit Anteilen von 80 und 20 %. Die Finanzierung des auf Kosten von 1,2 Mrd. EUR veranschlagten Windparks erfolgt mit 820 Mio. EUR durch ein Bankenkonsortium und 360 Mio. EUR durch Anlage‐Kapital. Zum Bankenkonsortium unter Führung der staatlichen deutschen KfW‐Ipex‐Bank zählen insgesamt acht Institute, darunter die Hessische Landesbank, Lloyds und Santander (Abb. 6.19).

Abb. 6.19
figure 19

Die große Krankapazität der OLEG STRASHNOV ist bei Offshore‐Arbeiten aller Art gefragt, hier bei der Aufstellung von Fundamenten für Windkraftanlagen. (Ralf Witthohn)

3.10 Arbeiten und Wohnen im Windpark

Die Offshore‐Arbeit verlangt nach neuen technischen Lösungen bei dem Transfer der Arbeiter an ihren Arbeitsplatz und bei der Bereitstellung von Unterkünften. Dafür kam eine große Zahl von Spezialbauten, vor allem von Crew‐Booten, in Fahrt. Besonders der Ausrüstung mit komplexen Gangway‐Systemen für ein sicheres Übersteigen vom Tender oder vom Wohn‑ und Mutterschiff auf die Windkraftwerke gilt ein besonderes Augenmerk. Einer der ersten die Aufgaben von Unterkunft und Transport der Arbeiter vereinenden Neubauten ist das im August 2017 von der niederländischen Damen‐Gruppe an die britische Reederei Bibby Marine Services abgelieferte Accommodation Vessel BIBBY WAVEMASTER 1.

Herausragende Komponente der Spezialausrüstung des Schiffes ist ein auf dem Achterdeck installiertes Transfersystem mit einem 2 t aufnehmenden, auf sechs Ebenen haltenden Lift, von dem aus Personen über eine variable Gangway mit höhenverstellbarem Podest und dreidimensionalem Bewegungsausgleich auf die Windkraftanlage gelangen können. Der Transfer kann auch in einem 11 m langen Tochterboot der BIBBY WAVEMASTER 1 erfolgen. Ein dynamisches Positionierungssystem der Klasse DP2 in Verbindung mit zwei Schottel‐Antrieben von je 2150 kW unter dem Achterschiff und drei Querstrahlpropellern von je 860 kW vorn – davon einer einziehbar – sorgen für exakte Positionierungsmöglichkeiten des 13 kn schnellen Schiffes. Es verfügt zudem über einen Gelenkkran mit maximal 5 t SWL, ein Landedeck für Hubschrauber bis 12 t Gewicht und eine Bunkerstation für schnelle Personentransporter, sogenannte CTV (Crew Transfer Vessel). Die Unterkünfte des Schiffes bieten Platz für 20 Besatzungsmitglieder und 45 Arbeiter, bei Doppelbelegung 30 zusätzliche Betten. An Räumlichkeiten sind außerdem sechs Büros, fünf Konferenz‑ und drei Erholungsräume mit Fitness‑ und Sauna‐Einrichtungen vorhanden. Im Oktober 2017 war die BIBBY WAVEMASTER 1 vor der Ostküste Englands im Einsatz (Abb. 6.20).

Abb. 6.20
figure 20

Wichtigstes Arbeitsmittel der BIBBY WAVEMASTER 1 ist ihre hochtechnisierte Gangway. (Damen)

3.11 Fähr‑ zu Wohnschiffen

Als Hotelschiff für die Arbeiter der Offshore‐Industrie wird zudem eine Reihe älterer Fährschiffe verwendet, die nach ihrer Ausmusterung in einem fahrtüchtigen Zustand gehalten wurden. Eins der größten ist die 145 m lange und 25 m breite ehemalige Ostseefähre REGINA BALTICA . Das 1980 als VIKING SONG in Turku gebaute und später in BRAEMAR , BALTIKA , ANNA KARENINA und ANNA K. umbenannte 18345‐BRZ‐Schiff wurde von 2012 bis 2014 auf seine neue Aufgabe vorbereitet. Es verfügt über 300 Einzelkabinen, wurde mit einer Bunkerstation für Crewboote und für schnelle Personalwechsel mit einem Hubschrauberlandedeck über dem Vorschiff ausgerüstet. Die von der italienischen Gesellschaft RINA wie ein Fährschiff als „Ro‐ro passenger ship“ klassifizierte REGINA BALTICA wechselte 2012 zur Bereederung unter lettischer Flagge an die SWE Offshore in Vastra Frolunda, die außerdem 2015 die 1978 in Aalborg als DANA ANGLIA gebaute MOBY CORSE mit 250 Einzelkabinen und die 1991 als Passagierfähre STENA TRAVELLER in Landskrona auf Kiel gelegte PATRIA SEAWAYS mit Platz für 100 Arbeiter übernahm. SWE Offshore stellte für die Windparks Sheringham Shoal, BARD Offshore 1, Borkum Riffgrund, Butendiek und Gode Wind sowie das schottische Projekt Petrofac Lerwick schwimmende Unterkünfte bereit (Abb. 6.21).

Abb. 6.21
figure 21

Die ehemalige Ostseefähre REGINA BALTICA führt den Personalwechsel im Hafen durch, kann aber von den Offshore‐Arbeitern auch per Hubschrauber erreicht werden. (Ralf Witthohn)

Einen ähnlichen Verwendungswechsel erfuhren die als Passagier‑ und Autofähre entstandenen WIND AMBITION und WIND SOLUTION der Firma C‐bed im niederländischen Hoofddorp 2010 bzw. 2008. Bei der 13.336 BRZ großen, für 150 Plätze eingerichteten WIND AMBITION handelt es sich um die 1969 von der Aalborg Vaerft gebaute Passagierfähre PRINSESSAN BIRGITTA , bei der 8893 BRZ großen WIND SOLUTION mit 100 Kabinen um die gleich alte PRINSESSAN CHRISTINA . Die mit 7880 BRZ vermessene WIND INNOVATION von C‐bed dagegen ist ein ehemaliges Offshore‐Versorgungsschiff des Baujahres 1999, das 2016 nachträglich mit Passagieraufbauten für 80 Kabinen und einem Heli‐Deck achtern ausgerüstet wurde (Abb. 6.22).

Abb. 6.22
figure 22

1969 als Fährschiffe PRINSESSAN BIRGITTA und PRINSESSAN CHRISTINA getauft fungierten die WIND AMBITION und WIND SOLUTION ab 2010 und 2008 als Wohnschiffe für Offshore‐Arbeiter. (Ralf Witthohn)

3.12 Fracht‑ zu Personentransportern

Trotz seiner Ausrüstung mit Unterkünften als „General Cargo Ship“ klassifiziert ist der ehemalige Mehrzweckfrachter AMSTELGRACHT der niederländischen Reederei Spliethoff, der 2015 im Auftrag der schweizerischen Gruppe Allseas‐Gruppe umgebaut wurde. Eine ähnliche, allerdings von vornherein konzipierte Ausstattung mit einem zwei Deck hohen Wohnaufbau für 90 Wissenschaftler erhielt 1984 der von der Heinrich Brand Schiffswerft in Oldenburg an die Hamburger Reederei Günter Schulz gelieferte und an die australische Regierung vercharterte Antarktisversorger ICEBIRD , der ebenfalls keine Klassifizierung als Passagierschiff erfuhr. Ein besonderes Beispiel für ein in der Öl‑ und Gasförderung eingesetztes Wohnschiff ist das im September 2016 von Hijos de Barreras in Vigo abgelieferte 21.383‐BRZ‐Schiff REFORMA PEMEX der mexikanischen Öl‐Gesellschaft PMI Norteamerica. Das Schiff hat Einrichtungen für 699 Personen und ist mit entsprechenden Rettungseinrichtungen, insgesamt acht Booten und zwei Evakuierungssystemen, ausgerüstet (Abb. 6.23).

Abb. 6.23
figure 23

Das in Spanien gebaute Wohnschiff REFORMA PEMEX hat Platz für 699 Personen. (Barreras)

3.13 Hybrid‐Antrieb auf der GEO FOCUS

Beim Aufbau der Windparks ist neben den großen Errichterschiffen eine ganze Reihe von Spezialschiffen aktiv, um verschiedenste Sonderfunktionen wahrzunehmen. Sie reichen von wissenschaftlichen Explorationen etwa des Meeresgrundes oder Forschungen zu ökologischen Fragestellungen über den schnellen Personaltransport bis hin zu Wach‑ und Schleppaufgaben und werden zum Teil von vorhandenen Offshore‑ oder umgebauten Schiffen übernommen, aber auch von neu entworfenen, innovativen Schiffstypen. Eins der Fahrzeuge, die mit vorbereitenden Arbeiten für Offshore‐Windparks beschäftigt sind, ist das Vermessungsschiff GEO FOCUS der niederländischen Reederei Geo Plus. Unter den international durchgeführten Offshore‐Erkundungen des 34,5 m langen Spezialschiffes Erkundungen waren Arbeiten für den schwedischen Windpark Karehamn und für die Installation der Konverter‐Plattformen Dolwin, Helwin und Sylwin im deutschen Nordsee‐Sektor. Im Auftrag der belgischen Firma G‐tec untersuchte die GEO FOCUS die geplante Kabel‐Trasse, durch welche die Windparks des ELIA‐Konzerns vor der belgischen Küste mit der Landstation bei Zeebrügge verbunden wurden (Abb. 6.24).

Abb. 6.24
figure 24

Auf dem Hightech‐Schiff GEO FOCUS ist das Arbeitsdeck gut durch hintere Brückenhausfenster einsehbar. (De Haas)

Das im Juli 2012 von der Werft De Haas in Maassluis abgelieferte Schiff erreicht nach Angaben der Reederei durch den installierten Hybrid‐Antrieb Brennstoffeinsparungen von 75 %. Die beiden zusammen 1300 kW leistenden Caterpillar‐Dieselmotoren C‐18 wirken über ein Reintjes‐Getriebe des Typs 344 RHS auf zwei Propeller und sorgen für eine Geschwindigkeit von maximal 15 kn. Das mit einem Elektromotor ausgestattete Hybrid‐Getriebe ermöglicht als PTI den elektrischen Antrieb des Schiffes, indem es die Leistung von zwei John Deere‐Dieselmotoren mit je 209 kW einspeist. In diesem Antriebsmodus werden 9 kn erreicht. Alternativ erfüllt das Getriebe die Funktion eines PTO. Das von Lloyd’s Register als Workboat klassifizierte Schiff ist mit zwei Voith‐Inline‐Querstrahlern und ein dynamisches Positionierungssystem der Klasse DP1 ausgerüstet. Ein Heckgalgen erlaubt den Einsatz von ferngelenkten Unterwasserfahrzeugen. Um die vielfältigen Untersuchungen durchzuführen, verfügt die GEO FOCUS über umfangreiches wissenschaftliches Equipment, wie Multibeam‐Echolot und HiPAP. Für 18 Personen gibt es Kabinenplätze, die Besatzung besteht aus fünf Personen.

3.14 Crewboat GESA für den Personaltransfer ab Helgoland

Mit 24 Offshore‐Arbeitern an Bord legt das Crew Transport Vessel (CTV) GESA vom Kai des Cuxhavener Fischereihafens ab, wird durchgeschleust und steigert nach Erreichen des Elbfahrwassers seine Geschwindigkeit schnell auf über 20 kn. Ziel ist Helgoland, das sich zu einer Logistik‐Zentrale für den Aufbau von Offshore‐Windparks vor der deutschen Nordseeküste entwickelt hat. Von hier aus bringt das Crewboat Service‐Personal zu den etwa 40 min von Helgoland entfernten 80 Windkraftwerken der Offshore‐Windparks Meerwind Süd und Meerwind Ost. Dazu wurde es von dem Bremerhavener Unternehmen WindMW gechartert, der Realisierungs‑ und Betreibergesellschaft für den Bau und die Inbetriebnahme der Anlagen (Abb. 6.25).

Abb. 6.25
figure 25

Die Erfordernisse des Personaltransports bei widrigen Wetterverhältnissen bestimmte die Wahl des SWATH‐Prinzips für das Crewboat GESA. (Ralf Witthohn)

Das 29,5 m lange und 9,5 m breite Doppelrumpfschiff GESA ist speziell zur Ausführung derartiger Personaltransporte von der Maløy Verft im norwegischen Deknepollen entwickelt worden. Der Schnellkatamaran mit der Bezeichnung S‐Cat wurde nach dem SWATH‐Prinzip (Small Waterplane Area Twin Hull) entwickelt. Dabei lagen der Konstruktionsweise des aus GFK gefertigten und damit bei einem maximalen Schiffsgewicht von 160 t sehr leichten Neubaus zwei schiffstheoretische Überlegungen zugrunde: zum einen der Stabilitätsvorteil, der Schiffen mit zwei relativ weit auseinander liegenden Rümpfen zu eigen ist, zum anderen die Auslegung der beiden röhrenförmigen, nach vorne zum Wulstbug sich verjüngenden Rümpfe. Durch Beballastung und entsprechende Tiefgangsveränderungen lassen sich die hydrodynamischen Eigenschaften des Schiffes an die jeweiligen Einsatzbedingungen anpassen. Bei ruhiger See und ohne Ballast wird die Eintauchung und damit der Widerstand verringert, der Leistungsbedarf ist geringer. Bei starkem Wellengang dagegen sorgt ein größerer Tiefgang für ein besseres Seeverhalten, insbesondere das Slamming wird verringert. Unter diesen Bedingungen kann der S‑Cat Wellenhöhen bis 4,7 m bewältigen. In jedem der beiden Rümpfe befinden sich zwei Ballasttanks mit einer Gesamtkapazität von 60 t. Das Ballastwassersystem, das von der Brücke ferngesteuert wird, umfasst vier Pumpen mit einer Leistung von jeweils 90 m3/h. Das dynamische Stabilisierungssystem umfasst vier Interzeptoren der Firma Humphree und zwei Flügel von Servo Gear. In der Transitfahrt wird ein Tiefgang von 1,6 m mit entsprechend geringeren Widerstandswerten angestrebt. Dann erreicht das Schiff eine Dienstgeschwindigkeit von 22,5 kn. Auf den Probefahrten wurden 24 kn erzielt. In jedem der beiden nur wenig Platz bietenden Verdrängungskörper befindet sich im hinteren Bereich ein Viertakt‐Antriebsmotor des Typs MTU10V2000M72, der vom Auftraggeber gewählt wurde. Die bei 2250 1/min jeweils 900 kW leistenden Common Rail‐Diesel wirken über Untersetzungsgetriebe auf Verstellpropeller. Der Verbrauch wird mit 4 t in 12 h angegeben, die Bunkerkapazität beläuft sich auf 10 t. An Ladung – vor allem Ersatzteile – können 10 t auf dem Vor‑ und Achterdeck mit einer Gesamtfläche von 70 m2 transportiert werden. Auf einem Tiefgang von 2,2 m erreicht der mit 194 BRZ vermessene Neubau eine Tragfähigkeit von 55 t. Das Schiff entstand als Passagierschiff unter der Aufsicht der Klassifikationsgesellschaft Det Norske Veritas.

Die Schiffsführung arbeitet in einem cockpitähnlichen Ruderhaus mit zwei nebeneinander befindlichen Sitzen. Für das Offshore‐Personal sind im hinteren Bereich des Aufbaus 24 Sitzplätze an Tischen vorhanden. Der Transfer des Personals erfolgt am Schiffsbug oder am Heck. Dafür steht eine hydraulisch betätigte Plattform zur Verfügung. Speziell angefertigte Gummifender vorn und hinten sowie ein Standard‐Fender an den Seiten federn die An‑ und Ablegemanöver ab.

3.15 Schnellschiff mit Soft‐Bug

Die für die Windkraftindustrie entwickelten Schnelltransporter entstanden mit Ausnahme des 2016 in Cuxhaven gebauten Katamarans OFFSHORE TAXI ONE außerhalb Deutschlands auf niederländischen, britischen und skandinavischen Werften. Die Reederei World Marine Offshore in Esbjerg erhielt 2013 von der norwegischen Fjellstrand‐Werft vier schnelle Personal‑ und Materialtransporter des Typs WORLD SCIROCCO , die die Eigenschaften eines Trimarans mit denen eines SWATH‐Schiffes verbinden. Mit Hilfe von Ballastwasser kann der Transit‐Tiefgang von 2,2 m während des Überstiegs des Personals auf die Windkraftanlagen zur Verbesserung der Seeeigenschaften auf 2,6 m vergrößert werden. Für eine ruhigere Fahrt sorgen auch ein Tragflügel am Bug sowie Schlingerkiele. In den Rumpf ist ein „weicher“ Steven in Form eines automatisch arbeitenden hydraulischen Fenders eingebaut, wie er von Eisenbahnen bekannt ist. Dadurch können Kollisionskräfte, die zur Kontrolle aufgezeichnet werden, um 50 % reduziert werden.

Die 23,2 m langen Crewboats sind in der Lage, 12 Personen in einer Lounge und drei Einzelkabinen sowie auf dem Backdeck einen 20‐Fuß‐Container aufzunehmen. Sie sind mit vier Scania DI 13‐Hauptmaschinen für 20 kn ausgerüstet, so dass auch bei Ausfall eines Antriebes der Betrieb weitergeführt werden kann. Die Seeausdauer beträgt vier Tage. Neben Transportaufgaben – auch für gefährliche Ladung – können die Schiffe für Inspektions‑, Rettungs‑ und Tauchoperationen verwendet werden. Größer sind die 30 m langen und 13 m breiten WORLD BORA und WORLD CALIMA . 2014 übernahm World Marine Offshore die 40 kn schnellen Luftkissenboote UMOE FIRMUS und UMOE RAPID für 24 Passagiere von der norwegischen Umoe‐Werft sowie die beiden Katamarane WORLD SEAGULL und SEA COMFORT .

Um ein weiteres Hightech‐Crewboat unter dänischer Flagge handelt es sich bei dem SWATH‐Schiff SEA GALE , das ebenfalls von Cuxhaven aus im Meerwind‐Feld zum Einsatz kam, diesen aber im Februar 2014 nach Beschädigung beider Wellenanlagen durch ein schwimmendes Objekt unterbrechen und zur Reparatur von Kränen auf eine Kaje des Cuxhavener Fischereihafens gehoben werden musste. Das von A2SEA betriebene Schiff gehört zu einer Serie von vier aus Karbonfaser gefertigten Neubauten, die auf den Danish Yards in Skagen auf Kiel gelegt wurden. Die SEA GALE kann 24 Passagiere aufnehmen und hat eine Seeausdauer von mehreren Tagen. Zwei über Untersetzungsgetriebe auf Verstellpropeller wirkende MTU 10V2000‐Common Rail‐Motoren sorgen für eine Geschwindigkeit von 22 kn. Insgesamt vier Sleipner‐Querstrahler an Bug und Heck der beiden Rümpfe erhöhen das Manövriervermögen. Im Februar 2018 war die SEA GALE in der Irischen See mit Barrow‐in‐Furness als Basishafen beschäftigt (Abb. 6.26).

Abb. 6.26
figure 26

Der Soft‐Bug des Trimarans WORLD SCIROCCO erleichtert die Anlegemanöver an den Windkrafttürmen. (Ralf Witthohn)

3.16 Olsens Highspeed‐Flotte

Seit 2011 hat auch die im dänischen Fredericia ansässige Reederei Fred. Olsen Windcarrier (FOWIC) eine Flotte von Katamaranen mit den Namen BAYARD 1 bis BAYARD 7 aufgebaut, die in Zusammenarbeit mit der Werft Batservice Mandal entwickelt wurden. Auch diese Schiffe verfügen über Ballasttanks, mit denen der Tiefgang vergrößert und somit die Seeeigenschaften verbessert werden können. Ein besonderes Charakteristikum ist die Heck‐Konfiguration, die ebenfalls die Bewegungen und das Driften verringern soll. Die BAYARD‐Schiffe werden von zwei MAN‐Motoren von je 749 kW Leistung auf eine Geschwindigkeit von 25 kn beschleunigt. Bei ökonomischer Geschwindigkeit von 22 kn verbraucht das beladene Schiff 186 l/h, bei maximaler Geschwindigkeit von 30 kn 350 l. Die Decksfläche von 51 m2 bietet Stauraum für drei 20‐Fuß‐Container. Neben Crew‐Transporten, wie sie die BAYARD 3 , BAYARD 4 und BAYARD 6 für den Windpark Meerwind Süd/Ost erledigten, assistierte die BAYARD 3 auch dem Kabelleger NORMAND FLOWER bei seinen Arbeiten (Abb. 6.27).

Abb. 6.27
figure 27

Die besondere Heckform der BAYARD 6 soll Seetauglichkeit und Manövriereigenschaften verbessern. (Erich Müller)

3.17 Waterjet‐Antriebe für hohe Geschwindigkeiten

Im September 2013 traf der Katamaran‐Neubau WATERLINES der niederländischen Reederei Royal Wagenborg von seinem Heimathafen Delfzijl kommend im Bremerhavener Nordhafen eine Charter der RWE Innogy an, um Personentransporte zu dem in Bau befindlichen Windpark Nordsee Ost durchzuführen. RWE Innogy richtete auf Helgoland einen Servicestützpunkt ein, von dem der Windpark angelaufen werden kann. Das zunächst unter dem Namen WHALE OF THE WAVES fertiggestellte Crewboat war der erste in einer Serie von Neubauten der niederländischen VEKA‐Gruppe und im April 2013 an die Reederei Wagenborg übergeben worden. Das 19,4 m lange und 7 m breite Schiff kann 12 Passagiere aufnehmen. Das Achterdeck bietet Platz für drei 10‐Fuß‐Container. Die von drei Personen gefahrene WATERLINES erreicht mit Hilfe von zwei Hamilton‐Waterjets eine Höchstgeschwindigkeit von 27 kn, die Reisegeschwindigkeit beträgt 23 kn. Die Wasserstrahlpumpen werden von zwei MTU‐Dieseln des Typs 8V2000 M72 mit je 720 kW Leistung angetrieben.

Der am häufigsten realisierte Entwurf eines Crew‐Transporters wird durch den Typ Fast Crewboat Supplier FCS 2610 der niederländischen Damen‐Gruppe repräsentiert. Beispiele sind die nach Bestellung im September 2013 Anfang 2014 an die britische Reederei Sure Wind Marine übergebenen Neubauten SURE STAR und SURE SWIFT . Unter den Anfang 2018 neun Schiffen der Reederei, die vielfach auch für deutsche Charterer fahren, befindet sich zudem eine dritte FCS 2610‐Einheit, der Prototyp SHAMAL unter dem Namen SURE SHAMAL . Die aus einer Aluminium‐Legierung gefertigten Crewboote stammen von den Damen Shipyards Singapore, wo sie ab Juni 2010 in großen Stückzahlen auf Vorrat gebaut und anschließend verkauft wurden. Die 26 kn erreichenden Katamarane mit einer Reichweite von 1200 sm haben einen sogenannten Twin Axe Bow und operieren unter dem Workboat Code der Kategorie 1. Bei 26 m Länge und 10 m Breite offerieren sie Einrichtungen für vier Crew‐Mitglieder und 12 Passagiere. Ein Deckskran mit einer SWL von 20 tm steht für den Umschlag von zwei 10‐Fuß‐ oder einem 20‐Fuß‐Container zur Verfügung. Damen hat außerdem den kleineren Twin Axe‐Typ FCS 2008 im Angebot.

Um ein Monohull‐Schiff handelt es sich bei der im Mai 2013 von der Neptune Shipyards in Aalst/Niederlande an die Reederei Stemat in Rotterdam abgelieferten LIZ V , das in den folgenden Monaten Mannschaftstransporte von Cuxhaven und Helgoland zum Windpark Meerwind Süd/Ost durchführte. Drei Rolls Royce‐Waterjets von je 970 kW Leistung verleihen dem 31,3 m langen Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 32 kn. Vom Bureau Veritas klassifiziert kann es vier Stunden von einem sicheren Hafen operieren. Auch die LIZ V ist an ihrem senkrechten Steven mit einem Spezialfender für das Anlegen an Offshore‐Konstruktionen ausgerüstet. Der Tender hat Platz für 24 Passagiere, an Deck für einen 20‐Fuß‐Container (Abb. 6.28).

Abb. 6.28
figure 28

Das Monohull‐Schiff LIZ V wird von drei Waterjets angetrieben. (Ralf Witthohn)

4 Sechs Seismik‐Schiffe Typ WG COLUMBUS

Aufgrund der aufwändigen Technik ist die Intensität der Offshore‐Ölförderung stark von den Energiepreisen abhängig. Zu Zeiten hoher Preise entstanden große Flotten von Spezialschiffen, die bei einem sich schwächer entwickelnden Markt unter niedrigen Raten und Unterbeschäftigung litten. Für die Suche nach Öl und Gas wurden neben zahlreichen Umbauten aus Heckfängern moderne seismographische Forschungsschiffe entwickelt. Nach einem auf dem Offshore‐Typ SX124 basierenden Design der norwegischen Ulstein‐Gruppe baute die Werft Hijos de J. Barreras in Vigo der britischen Western Geco, einer Gesellschaft der US‐amerikanischen Schlumberger‐Gruppe, 2009/10 vier und die Drydocks World Dubai zwei Seismik‐Schiffe mit den Namen WG COLUMBUS , WG MAGELLAN , WG AMUNDSEN , WG TASMAN , WG VESPUCCI und WG COOK .

Die mit einem X‐Bow konstruierten Spezialschiffe verfügen über drei Hochdruckkompressoren, die mit Hilfe von sogenannten Airguns Schallwellen auf dem Meeresboden auslösen. Hinter dem Schiff an langen Kabeln geschleppte Hydrophone zeichnen die Reflexionen auf, anhand derer Rückschlüsse auf die Geologie des Meeresbodens und das Vorkommen von Kohlenwasserstoffen gezogen werden können. Auf dem Achterschiff der WG COLUMBUS sind 12 Trommeln aufgestellt, von denen die Kabel über das von einem großen Hubschrauberlandedeck überdachten Heck ins Wasser gelassen werden. Die notwendige hohe Schleppkraft erbringen zwei dieselelektrisch angetriebene Azimut‐Propeller von 2 × 3000 kW Leistung, die von sechs Hauptgeneratoren mit je 1800 kW bereitgestellt wird. Ein einziehbarer Azimut‐Propeller unter dem Vorschiff leistet 850 kW. Das mit einem dynamischen Positionierungssystem der Klasse DP2 ausgerüstete, 88,8 m lange und 19 m breite Schiff erreicht eine Freifahrtgeschwindigkeit von 15 kn. Es bietet 69 Personen der Besatzung und der Seismik‐Crew Platz. Seine erste Aufgabe führte die WG COLUMBUS in den US‐Golf (Abb. 6.29).

Abb. 6.29
figure 29

Neben zahlreichen Umbauten aus Heckfängern entstanden moderne seismographische Forschungsschiffe für die Suche nach Öl und Gas wie die 2009 von Hijos de J. Barreras in Vigo für die britische Reederei Western Geco nach einem Ulstein‐Entwurf gebaute WG COLUMBUS. (Barreras)

4.1 Russisches Gas durch das Schwarze Meer

Für die einmonatige Reise nach Novorossisk, eine der längsten, die Hamburger Hafenschlepper je gemacht haben, nehmen die BUGSIER 20 und BUGSIER 21 im April 2017 reichlich Proviant. Nach 14 Tagen machen sie Zwischenstation in Valetta auf Malta. Dort wird die für den Zwei‐Wachen‐Betrieb von drei auf sechs Mann vergrößerte Besatzung ausgetauscht. Der erste Arbeitsort der durch ihre beiden Voith‐Schneider‐Antriebe besonders wendigen Assistenzschlepper liegt vor der Schwarzmeerküste bei Anapa. Die in der Schlepp‑, Bergungs‑ und Offshore‐Schifffahrt traditionsreiche Hamburger Bugsier‐Reederei ist Unterauftragnehmer für Assistenz‐Dienste bei Verlegearbeiten. Beteiligt daran sind außerdem das norwegische Offshore‐Schiff SIEM SPEARFISH , der niederländische Schlepper BARRACUDA und der niederländische Frachter EGMONDGRACHT .

Bei Anapa verlassen die Rohre der TurkStream Pipeline das Festland und werden ins Schwarze Meer geführt. Die zwei parallel verlaufenden Rohrstränge des Offshore‐Abschnittes der Pipeline durchqueren auf einer Strecke von 930 km den Grund des Schwarzen Meeres und erreichen 100 km westlich von Istanbul in der Nähe des Ortes Kiyikoy wieder Land. Die Pipeline wird russisches Gas in das türkische Gasnetz einspeisen und eine Verbindung nach Südosteuropa zum Luleburgaz‐Netz herstellen. Ihre Jahreskapazität wird auf 31,5 Bio. m3 Erdgas beziffert. Die erste 32‐Zoll‐Pipeline, zusammengesetzt aus 12 m langen Rohrsegmenten, stellt eine besondere Herausforderung dar, weil sie auf Wassertiefen bis 2200 m verlegt wird, bisher nur übertroffen von einer Pipeline in Golf von Mexiko. Die Rohrstücke werden zum weltgrößten Verlegeschiff PIONEERING SPIRIT der niederländischen Reederei Allseas verschifft. Die Verlegung selbst überwachen Unterwasser‐Fahrzeuge, die Verschweißung der Rohre wird von innen kontrolliert (Abb. 6.30).

Abb. 6.30
figure 30

Das weltgrößte Verlegeschiff PIONEERING SPIRIT passiert den Bosporus auf seinem Weg zur russischen Schwarzmeer‐Küste. (TurkStream)

Hauptauftraggeber für den Pipeline‐Bau ist der russische Energiekonzern Gazprom, der es nach Aufgabe des SouthStream‐Projektes von der in Amsterdam ansässigen Tochtergesellschaft South Stream Transport realisieren lässt. Sieben Wochen nach dem Eintreffen der beiden Bugsier‐Schlepper vor Anapa startete der russische Präsident Vladimir Putin das Bauprojekt an Bord des Verlegeschiffes, das drei Wochen zuvor den Bosporus passiert hatte. Die PIONEERING SPIRIT hatte im Vormonat bei der Demontage der 24.000 t schweren Förderplattform Brent Delta des Shell‐Konzerns in der Nordsee einen besonderen Kraftakt absolviert. In den folgenden 40 Jahren wird der Abbau von mehreren hundert Offshore‐Bauwerken in der Nordsee erforderlich.

4.2 Höhere Ausbeute durch Stimulation

Um den Ertrag von Öl‑ und Gasquellen besser ausnutzen zu können, sind Spezialschiffe im Einsatz, die im Englischen als Well Stimulation Vessel bezeichnet werden. Sie verfügen über eine hochtechnisierte Ausrüstung, die mit Hilfe unterschiedlicher Methoden die Quellen besser ausbeutet, etwa durch das Pumpen säurehaltiger Flüssigkeiten in ein verstopftes Bohrloch. Während eines zweijährigen Umbaus rüstete die Lloyd Werft in Bremerhaven 2013/14 die nach einem Standarddesign gebauten Offshore‐Versorgungsschiffe ISLAND CENTURION und ISLAND CAPTAIN im Auftrag der norwegischen Reederei Island Offshore für derartige, große Erfahrung und besondere Kenntnisse der Besatzung erfordernde Sonderaufgaben um.

Die beiden 2012 von der norwegischen Brevik‐Werft gebauten Schiffe gehörten zu einem von der norwegischen Ulstein‐Gruppe entworfenen Einheitstyp mit der Bezeichnung UT 776 CD, der sonst Ladung für Plattformen auf dem 1000 m2 großen Achterdeck sowie flüssige Ladung in Tanks transportiert. Er ist aber auch für Standby‐Aufgaben an Plattformen ausgerüstet und verfügt über ein dynamisches Positionierungssystem der Klasse DP2. Während des Umbaus wurden die Schiffe umfangreich umgestaltet und mit Spezialgerät ausgestattet. Dazu zählten Hochdruckpumpen mit einer Gesamtleistung von 20.000 HHP (Hydraulische PS) sowie große Kabelrollen am Heck und auf dem Deck. Die 93 m langen ISLAND CENTURION und ISLAND CAPTAIN wurden nach dem Umbau auf sieben Jahre von der US‐Gruppe Schlumberger gechartert und arbeiten für einen Ölkonzern in der Nordsee (Abb. 6.31).

Abb. 6.31
figure 31

Der Offshore‐Versorger ISLAND CENTURION des Ulstein‐Standardtyps UT 776 CD nach dem Umbau in ein Well Stimulation‐Schiff. (Ralf Witthohn)

4.3 ISLAND CONSTRUCTOR im Ölförder‐Einsatz

Einer der außergewöhnlichsten Neubauten für Assistenzaufgaben bei der Suche und Ausbeutung von Kohlenwasserstoffvorkommen ist das in Polen und Norwegen realisierte Spezialschiff ISLAND CONSTRUCTOR der norwegischen Reederei Island Offshore. Nach einem Entwurf des norwegischen Design‐Büros Ulstein unter der Bezeichnung SX121 mit patentiertem X‐Bug gebaut kann es weltweit verschiedene Spezialaufgaben erfüllen, darunter in erster Linie die Arbeit an Öl‑ oder Gasquellen als sogenanntes Well Intervention Vessel.

Der 120,2 m lange, 25 m breite und 10 m seitenhohe Rumpf der ISLAND CONSTRUCTOR wurde von der Maritim Shipyard in Danzig erstellt und zur Ausrüstung nach Ulsteinvik geschleppt. Nach abschließenden Arbeiten an der Werft trat das im Norwegischen Internationalen Register eingetragene und in Aalesund beheimatete Spezialschiff 2008 eine Beschäftigung zum Verschließen von Ölquellen im Auftrag der britischen Acteon‐Gruppe an, bevor es eine Langzeitcharter bei der BP aufnahm.

Das vielfältige Anforderungsprofil umfasst das Errichten und die Ausrüstung von Unterwasserinstallationen, deren Inspektion, Wartung und Reparatur sowie die Arbeit mit ferngesteuerten, als ROV (Remotely operated vehicle) bezeichneten Unterwasserfahrzeugen. Auch ist der Neubau in der Lage, Flüssigladung, wie Brennstoff, Frischwasser, Sole, Schlamm und Chemikalien, in schiffseigenen Tanks sowie bis zu 5600 t Ladung auf 800 m2 des Achterdecks zu transportieren. Im vorderen Schiffsteil stehen zudem Unterkünfte für maximal 90 Personen zur Verfügung. Die von Ulstein entworfene X‐Bow‐Konfiguration des Vorschiffs verspricht dabei ein besseres Seegangsverhalten bei geringerem Treibstoffverbrauch. Wesentliche Ausrüstungskomponenten des hochtechnisierten Schiffes sind seine umfangreichen Arbeitsmittel.

Dazu zählt ein 8 × 8 m großer Moonpool, über den auf dem Hauptdeck ein 32,3 m hoher Arbeitsturm für die Well‐Intervention‐Aufgaben aufgestellt ist. Der aus Aluminium gefertigte, als Module Handling Tower (MHT) bezeichnete Turm ist für die Verlegemethode nach dem Coil Tubing‐System eingerichtet. Haupthievdraht und ‑haken sind für die Arbeit in der Well‐Intervention für eine sichere Arbeitslast von 100 t ausgelegt, für Bohrarbeiten über zwei Falle für maximal 200 t. Das 100‐t‐AHC‐Windensystem verfügt über eine Kran‐Kontrolle, die vier unterschiedliche Funktionsmodi ermöglicht. Der 1100 m lange, 66 mm starke Draht der Winde wird mit Hilfe eines hydraulischen Motors im AHC‐Modus (Active Heave Compensation) mit einer Geschwindigkeit von maximal 165 m/min gezogen, im normalen Modus mit bis zu 30 m/min. Der Arbeitsturm ist für eine SWL von 300 t ausgelegt, die Statik der AHC‐Winde erlaubt jedoch nur eine maximale SWL von 200 t. Die unter Überdruck setzbare Turmkabine bietet drei Sitzgelegenheiten zum Bedienen der Turmfunktionen.

Auf dem insgesamt 1470 m2 großen, für eine maximale Flächenlast von 10 t/m2 ausgelegten Achterdeck steht zum sicheren und effizienten Transport der Unterwassergeräte über das Deck des Schiffes zum und vom Moonpool ein spezielles Schiebesystem zur Verfügung. Neben auf das Deck geschweißten Schiebebalken besteht es aus zwei Druck‐Zug‐Einheiten, sechs Gerätepaletten von insgesamt 60 t SWL hinter dem Moonpool, zwei Gerätepaletten von 100 t SWL vor dem Moonpool und zwei Kontrollständen. Sie bewältigen die horizontale Bewegung der Gerätschaften, während mit Hilfe des Turms selbst die vertikale Verbringung zum Meeresboden erfolgt. Für diesen Vorgang steht ein besonderes Läufer‑ und Windensystem bereit. Das Läufersystem hat den Zweck, die sichere Arbeit mit den Gerätschaften auch im Seegang zu gewährleisten. Ein aus Drähten bestehendes Lenksystem, das der Führung der Unterwassergeräte zwischen Meeresboden und Schiff, jedoch nicht dem Hieven dient, umfasst vier elektrisch betriebene Winden von 5 t SWL. Sie erlauben Geschwindigkeiten bis 186 m/min im AHC‐Modus, während im Normalbetrieb maximal 75 m/min möglich sind. Ein aus vier Armen bestehende, drahtgestützte Haltevorrichtung mit einer SWL von 0,7 t dient dazu, die vier Winden in das Lenksystem der Unterwassermodule ein‑ oder auszuklinken. Sie arbeitet in einem horizontalen Sektor von 70° und in einem vertikalen von 60° in Verein mit den Lenkwinden, dem Arbeitsturm und der Moonpool‐Klappe. Der Umbilical‐Kompensator mit einer Hievkraft von 10 t und einer Haltekraft von 17 t ist dazu ausgelegt, Bewegungen von ±3,5 m und einer Amplitude von 2 m/s auszugleichen, während der mit seiner Ober‑ und Unterrolle im Turm integrierte Draht‐Kompensator Takte bis zu 4 m und Drehungen um 80° egalisiert. Für den Hievvorgang beträgt die statische Last 10 t.

Vier unterhalb des Hauptdecks angeordnete, passiv wirkende Tanks – davon je einer im Vor‑ und Achterschiff sowie zwei im mittleren Schiffsbereich – dienen der Verbesserung des Rollverhaltens des Schiffes. Darüber hinaus kommt ein aktives Antikrängungssystem zum Einsatz, das über eine Schnittstelle mit dem Hauptkran des Schiffes verfügt. Es arbeitet automatisch oder kann manuell vom Kran oder der Brücke fernbetätigt werden. Das System besteht aus vier Flügeltanks von jeweils 190 m3 und zwei elektrisch betriebenen Pumpen. Der sowohl dem Ladungsumschlag wie dem Offshore‐Einsatz dienende Hauptkran ist ein Gelenkkran und speziell für den Schiffsbetrieb eingerichtet. Er hat eine SWL von 250 t bei 12 m Ausladung. Seine maximale SWL bis auf 500 m Wassertiefe beträgt 140 t bei 10 m Ausladung. Bis 2500 m trägt er eine Last von 94 t.

Der Doppel‐Hangar für die ferngelenkten Unterwasser‐Arbeitsgeräte (ROVs) ist in den hinteren Teil der Aufbauten integriert. Ein Teil des mittleren Abschnittes ist als separater Raum ausgebaut. Auf jeder Schiffsseite hat der Hangar in der Außenhaut ein Tor von 5 × 10 m Größe. Ein Tor von 5 × 8 m bietet außerdem eine rückwärtige Zugangsmöglichkeit. Das Zuwasserlassen und die Bergung der ROVs erfolgt mit Hilfe zweier nach dem Gantry‐Prinzip arbeitender Aussetzsysteme (LARS), von denen sich jeweils eins auf jeder Schiffsseite befindet. Das oberhalb des Ruderhauses befindliche Hubschrauberlandedeck mit Zugang zum D‐Deck ist nach den Vorschriften für Helikopter des Typs EH101 entworfen und ausgerüstet worden.

Nach den Erfordernissen der Dynamischen Positionierungs‐Klasse DP 3 sind Hauptmotoren, Antriebseinheiten und Querstrahler in separaten Räumen untergebracht. Ihr Betrieb ist durch die Trennung in zwei unabhängig voneinander arbeitende Systeme abgesichert. Die Energie für den dieselelektrischen Hauptantrieb liefern insgesamt vier Dieselmotoren, zwei des Typs B32:40L9 und zwei des Typs B32:40L6 von Rolls Royce Bergen. Bei einer Drehzahl von 720 1/min erzeugen die Neunzylindermotoren eine Leistung von 2 × 4145 ekW, die Sechszylinder von 2 × 2765 ekW. Damit ergibt sich eine Gesamtleistung der vier Dieselgeneratoren von 13.820 ekW. Sie dient in erster Linie der Versorgung der beiden bis 1200 Umdrehungen erzielenden elektrischen Fahrmotoren mit einer Leistung von 2 × 3500 ekW. Diese treiben die beiden als Hauptantrieb fungierenden, unter dem Achterschiff angebrachten 360°‐Azimut‐Propeller des Typs AZP 120 von Rolls‐Royce.

Die Hauptgeneratoren liefern auch die Energie für insgesamt vier Manövrierhilfen, von denen sich drei im Vorschiff und eine im Hinterschiff befinden. Vorn installiert sind zwei im Quertunnel angeordnete Propeller des Typ TT 2650 DPN CP von Rolls‐Royce mit einer Leistung von 2 × 1800 kW bei 900 1/min. Deren Drehzahl und Steigung sind variabel, der Propellerdurchmesser beträgt 2650 mm. Ebenfalls im Vorschiff angebracht ist eine einziehbare Manövriereinheit des Typs TCNS 92/62‐220 mit einem Propellerdurchmesser von 2200 mm und ebenfalls variabler Geschwindigkeit sowie Steigung. Ihre Leistung beträgt 1500 kW bei 1800 1/min. Eine Manövriereinheit desselben Rolls‐Royce‐Typs ist unter dem Achterschiff installiert. Als Hilfsdiesel fungiert ein MTU‐Motor des Typs 12V2000, der bei 1800 1/min 550 ekW leistet, der Notdiesel des Typs Scania DI12 liefert 318 ekW bei 1800 1/min. Das dynamische Positionierungssystem der Klasse DYNPOS‐AUTRO IMO Class III verfügt über drei Bedienstationen. Seine Funktion beruht auf der Auswertung von Daten, die von jeweils drei Wind‑ und Bewegungssensoren, zwei hydro‐akustischen, in Abhängigkeit der Wassertiefe arbeitenden Systemen, einem Radarscan‐System und zwei DGPS‐Systemen ermittelt werden. Schnittstellen bestehen mit dem Kreiselkompass sowie den beiden Hauptantriebs‑ und vier Manövriereinheiten des Schiffes. Der Status des DP‐Systems wird unter anderem auf der Kommandobrücke, dem Maschinenkontrollraum, dem ROV‐Kontrollraum, dem ROV‐Hangar, auf dem Hauptdeck, in der Kapitänskammer, der Arbeitsturmkabine und im ROV‐Hangar angezeigt. Auf einem Tiefgang von 7,5 m erfüllt das Schiff die Klassifikationsanforderungen für das Einhalten der Position entsprechend den Vorgaben einer ERN (Environmental Regularity Number) von 99, 99, 99. Das Schiff ist mit einem Joystick‐System ausgerüstet, das die Bedienung der beiden Antriebs‑ und vier Manövrierpropeller in einem Fahrhebel integriert.

4.4 Deutsches Öl von der Mittelplate

Kurz nach Mitternacht startet das Versorgungsschiff COASTAL LIBERTY von Cuxhaven zur einzigen deutschen Offshore‐Ölquelle vor der schleswig‐holsteinischen Küste. Die Tide bestimmt den Fahrplan zu der vor dem Kaiser‐Wilhelm‐Koog im sensiblen Nationalpark Wattenmeer liegenden künstlichen Insel. Gut vier Stunden später, noch vor Tagesanbruch, ist die COASTAL LIBERTY am Helgoländer Kai zurück. Der 200 t tragende Versorger gehört zur Flotte der niederländischen Acta Marine, die in Cuxhaven auch das Schwesterschiff COASTAL LEGEND und die COASTAL EXPLORER stationiert hat. Außerdem fahren die SARA MAATJE IV und SARA MAATJE VII im Personentransport vom Cuxhavener Amerika‐Hafen zur Mittelplate.

Die kleine Flotte der Reederei Acta fährt im Auftrag der RWE Dea, dem Betreiber und mit dem Partner Wintershall Anteilseigner des größten deutschen Ölfeldes mit einer Förderleistung von jährlich etwa 1,4 Mio. t. Zu dessen seit 1987 laufender Ausbeutung wurde die Förderinsel Mittelplate errichtet. Bis 2005 wurde das Erdöl mit von Schleppern gedrückten Leichtern zum Ölhafen von Brunsbüttel transportiert. Seitdem gelangt das Öl durch eine 10 km lange Pipeline zum Förderbetrieb bei Friedrichskoog und wird dann weiter nach Brunsbüttel oder der Erdölraffinerie in Hemmingstedt gepumpt (Abb. 6.32).

Abb. 6.32
figure 32

Die niederländischen Deckstransporter COASTAL LIBERTY und COASTAL LEGEND versorgen die einzige deutsche Ölbohrinsel Mittelplate von Cuxhaven aus. (Ralf Witthohn)

4.5 Ölproduktionsschiff PETROJARL I

Auf eine Fünfjahres‐Charter durch die brasilianische Öl‑ und Gasförderfirma Queiroz Galvao Exploracao e Producao (QGEP) wurde das Ölproduktionsschiff PETROJARL I der an der New Yorker Börse notierten, von Vancouver operierenden Teekay‐Gruppe 2016 bei der Damen‐Reparaturwerft in Rotterdam vorbereitet. Das 1986 von der japanischen Werft Nippon Kokan in Tsurumi gebaute, im Englischen als Floating Production Storage and Offloading Unit (FPSO) bezeichnete Schiff kann täglich 30.000 t Öl fördern. Dazu verfügt es über ein Turret Mooring‐System, das unabhängig von Bewegungen des Schiffes bis zu neun am Meeresboden verankerte Förderleitungen trägt. Der Antrieb des 215,3 m langen und 32 m breiten 31.473‐tdw Schiffes erfolgt diesel‑ und gasturbinenelektrisch auf zwei Antriebswellen für eine Geschwindigkeit von 10 kn. Im vorn positionierten Aufbau befinden sich Unterkünfte für 68 Besatzungsmitglieder. Ende 2017 befand sich das Schiff auf der Reise von Haugesund zum Atlanta‐Feld im Santos‐Becken 185 km vor der brasilianischen Küste. Die QGEP schätzt das in 1500 m Wassertiefe zu erschließende Vorkommen auf 260 Mio. Barrel Öl (Abb. 6.33).

Abb. 6.33
figure 33

Das Produktionsschiff PETROJARL I kann täglich 30.000 t Öl fördern. (Ralf Witthohn)