Zusammenfassung
Das Selbst eines Menschen ist das Konzentrat seiner Identitätsvorstellungen. Es ist ein Wert, auf den man sich selbst beruft und auf den andere sich verlassen. In Gesellschaften versuchen Individuen, sich ihrer selbst zu vergewissern, weil sich aber die Kommunikationsmuster im Kontext der Mediengesellschaft verändern, verändern sich auch die Muster der Vergewisserung. Das Selfie gilt dabei als ein Phänotypus der Vergewisserung: durch die Spiegelung über ein technisches Medium, dessen Ästhetik man im Rahmen eines standardisierten Designs bedingt zu eigenen Gunsten der Kennzeichnung und Auszeichnung seiner selbst zu nützen versucht. Das Selfie spiegelt das Selbst als einen Wert des persönlichen und sozialen Lebens, es ist das mediale frame, in dem sich das Wahrheitsmoment eines Selbst phantasieren lässt. Wenn ich mich im Spiegel betrachte, dann sehe ich nicht mich (als das wahre Objekt), sondern ich sehe (zunächst nur), wie ich mich im Spiegel betrachte. Damit rückt das Wie (die Kultur der Betrachtung) ins Zentrum, nicht das Was (das Objekt der Betrachtung).
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Bauer, T.A. (2019). Der Mensch, er selbst und sein Selbst im Universum der Medien. Zur Mediologie der Musterbildung von Werten am Beispiel des Selfies. In: Verwiebe, R. (eds) Werte und Wertebildung aus interdisziplinärer Perspektive. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21976-5_5
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