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Werte, Wertebildung und ihre interdisziplinäre Deutung

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Zusammenfassung

Werte und Wertebildung sind in verschiedenen Disziplinen Gegenstand aktueller Diskussionen. Der abschließende Beitrag des Sammelbands zielt darauf ab, die genuinen „Werte-Perspektiven“ der Philosophie, Soziologie, praktischen Theologie, Kommunikationswissenschaften, Literaturwissenschaften, Politikwissenschaften und Erziehungswissenschaften noch einmal zusammenzufassen und Querverbindungen zwischen unterschiedlichen Disziplinen zu benennen. Im ersten Abschnitt des Beitrags wird dies mit Blick auf theoretische Schlüsselargumente geleistet. Der zweite Abschnitt verknüpft die empirischen Befunde zu Werten und Wertebildung, die in den einzelnen Beiträgen des Sammelbands herausgearbeitet wurden. Im Ergebnis liefert diese systematisierende Analyse der Kernpositionen verschiedener Disziplinen mehr Gemeinsamkeiten, als dies bisher in der Literatur häufig postuliert wird. Der Beitrag verdeutlicht somit die PotenzialePotentiale einer Nutzbarmachung unterschiedlicher Wissensvorräte zur Erforschung von Werten und Wertebildung.

Wir danken Corinna Hölzl für ihr kritisches Feedback zu diesem Kapitel. Erste Ideen zu diesem Beitrag entstanden in einem gemeinsamen Kolloquium des Forschungsverbunds „Interdisziplinäre Werteforschung“ der Universität Wien im Frühsommer 2018, welches von Christian Friesl organisiert wurde.

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Notes

  1. 1.

    Welches Potenzial die Verknüpfung von theoretischen und empirischen Argumenten hat, zeigen z. B. die Arbeiten im Kontext des von Schwartz entwickelten Forschungsparadigmas (u. a. Davidov et al. 2008; Piurko et al. 2011; Schwartz 1992, 2012).

  2. 2.

    Allen genannten Sozialwissenschaften ist auch gemein, dass sie eine Abgrenzung zwischen Werten und Normen vornehmen.

  3. 3.

    Als Beispiele nennt Thome Objekte wie ein Instrument, eine Münze, eine Universität, Denkmäler oder die Nationalflagge, die in unterschiedlicher Weise eine symbolische Bedeutung zugeschrieben bekommen und dadurch zu sozialen Werten werden.

  4. 4.

    Es kann aus unserer Sicht argumentiert werden, dass die hier angesprochene Differenzlinie zwischen sozialen Werten und Werten als Konzepte des Wünschenswerten komplementäre Eigenschaften des Wertebegriffs und seiner Anwendung beschreibt.

  5. 5.

    Diese moralischen und ethischen Konzepte werden in den großen Weltreligionen als Regeln, Vorschriften, Prinzipien und Geboten gelebt, die durch die Bibel, die Tora, den Koran vermittelt werden. Diese werden jedoch nicht (ausschließlich) als Resultate autonomer Vernunft verstanden, sondern maßgeblich als heteronome Vorgaben, die sich einer göttlichen Autorität verdanken.

  6. 6.

    Es ist zu erwähnen, dass die Theologie eine kritische Gegenposition zu (ökonomischen) Ansätzen einnimmt, in denen Werte als messbare und relative Größen verstanden werden. Wenn die Werte der Menschen auf einen solchen Begriff verkürzt werden, fürchtet Polak und verweist auf Hanna Arendt (1986, S. 26 f.), könnten auch Menschen verrechenbare Größen werden, und ihr Wert würde zum Preis und könnte nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage durch die Schätzung anderer festgestellt werden. Es gäbe dann keinen absoluten Horizont mehr, auf den sich moralische und ethische Konzeptionen beziehen könnten. Eine Ökonomisierung von Werten sowie deren Relativierung stehen im Widerspruch zum ethischen Selbstverständnis, insbesondere der monotheistischen Religionen.

  7. 7.

    Diesbezüglich besteht eine Gemeinsamkeit zu philosophischen und theologischen Positionen, denn auch Bauer geht von der begründeten Existenz der autonom verstandenen menschlichen Vernunft aus. Er schreibt dazu: „Man [muss] in Rechnung stellen, (…) dass der Mensch zunächst mit nichts mehr beschäftigt zu sein scheint als mit sich selbst (…), wenn auch (…) im Spiegel des möglichen Anderen. (…) Einzeln zu benennende Werte (wie Authentizität, Transparenz, Identität etc.) [weisen] immer die Signatur von Kommunikation (als dem konstruktionslogischen Charakter von Sinn), von Menschlichkeit (als dem existenzlogischen Charakter von Kommunikation) und von Vernunft (als dem gesellschaftslogischen Charakter von Sinnverständigung) auf.“

  8. 8.

    Dies illustriert Bauer am Beispiel des Selfie, dessen Gebrauch und Symbolik typisch, transformativ und zugleich höchst ambivalent ist: „Die menschliche Kenntlichmachung des Selbst materialisiert sich auch dort, wo man über sich im Bild wörtlich spricht (…) in der mitunter peinlichen Pose des Selfies (…). In diesem Sinne ist das Selfie eine sprechende Ikone der Ambivalenz der medialen Transformation: einerseits der strukturellen De-Elitisierung von Aufmerksamkeit und Prominenz, andererseits der kulturellen Trivialisierung von Wettbewerb und Vorsprung. Auf dem Spiel steht das kulturelle Verständnis von der Würde des Menschen, in diesem Zusammenhang der medialen Zeichnung der Würde von Menschlichkeit“ (Bauer 2017, S. 129).

  9. 9.

    Dies ist z. B. erkennbar an der Präferenz des Wortes „Bildung“ gegenüber „Erziehung“, die Bambauer als Referenz auf die Herausbildung moralischer Urteilskraft versteht.

  10. 10.

    Wurde Wertebildung früher als Querschnitt in allen Schulfächern verortet, so Schubarth, werden zunehmend spezielle Fächer entwickelt, die Werte in den Mittelpunkt stellen, wie z. B. Ethik, Philosophie oder Fächer zur sozialen Lebensgestaltung.

  11. 11.

    Schubarth nennt etwa die UN-Menschenrechtskonvention oder Prinzipien wie das Gleichbehandlungsgebot, die in der Verfassung verankert sind.

  12. 12.

    Im Grunde könnte man dies auch als eine Form der Ökonomisierung der Wertedebatte verstehen, denn diese Vereinfachungen implizieren, dass bestimmte Vorstellungen, Kulturen und Gruppierungen auf- und andere abgewertet werden.

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Verwiebe, R., Wolf, M., Seewann, L. (2019). Werte, Wertebildung und ihre interdisziplinäre Deutung. In: Verwiebe, R. (eds) Werte und Wertebildung aus interdisziplinärer Perspektive. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21976-5_13

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

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