Zusammenfassung
Die Lebenserwartung streut gruppenspezifisch. Die Gesundheit sowie die Erwerbsintegration nimmt bei Vielen schon vor dem Rentenalter deutlich ab. Dies erfordert neben verhaltenspräventiven Maßnahmen auch Verhältnisprävention in den Betrieben. Zwar nimmt der Anteil Älterer in den Belegschaften zu, von einem stärkeren oder zunehmenden Engagement der Betriebe für altersgerechte Arbeitsbedingungen kann aber nicht gesprochen werden. Obwohl der Anteil der Beschäftigten, die nicht daran glauben, in ihrer Tätigkeit das Regelrentenalter erreichen zu können, in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat, sind immer noch gut ein Drittel diesbezüglich pessimistisch. Das betrifft insbesondere Beschäftigte, die aktuell bzw. schon lange unter belastenden Arbeitsbedingungen tätig sind. Dabei nehmen psychische Belastungen deutlich zu, während sich umgekehrt bei physischen Belastungen keine deutliche Abnahme feststellen lässt. Unter Beschäftigten zwischen 40 und 65 Jahren haben sich zeitliche und nervliche sowie körperliche Belastungen in den letzten Jahren erhöht. Ein anderer Befund belegt eine Verschiebung von Belastungen und Beanspruchungen durch körperlich schwere Arbeit hin zu älteren Beschäftigten. Zudem hat sich im Gegensatz zu den ab 65-Jährigen die funktionale Gesundheit der 40- bis 65-Jährigen in den letzten Jahren verschlechtert. Dies könnte Ausdruck einer gestiegenen Belastung von Älteren durch das Privat- und Berufsleben sein, z. B. durch den vollzogenen Abbau von frühzeitigen Austrittswegen aus dem Erwerbsleben. Dies verdeutlicht, dass die Erhöhung des Renteneintrittsalters mit dem Ziel eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit im höheren Alter zu erreichen, allein zu kurz greift.
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Notes
- 1.
Zu beachten ist, dass die Ergebnisse des IAB-Betriebspanels auf einer repräsentativen Befragung von Betrieben mit mindestens einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis beruhen. Weiterhin ist zu beachten – insbesondere auch im Hinblick auf die nachfolgenden Angaben zu Altersstrukturen –, dass im IAB-Betriebspanel auch tätige Inhaber bzw. Vorstände als Beschäftigte gezählt werden. Außerdem ist zu beachten, dass selbst in einer so großen Unternehmensbefragung wie dem Betriebspanel auf Landesebene bei einer starken Differenzierung von filtergeführten Fragen (Nachfragen an nur einen Teil derjenigen Betriebe, die auf eine zuvor gestellte Frage in einer bestimmten Weise geantwortet haben) die Fallzahlen recht schnell zu klein für statistisch gesicherte Aussagen werden. Dies gilt insbesondere auf der Regierungsbezirksebene.
- 2.
Auf Regierungsbezirksebene ist die Nachfrage im Betriebspanel nach den Gründen für die Nichtbesetzung freier Stellen mit Älteren bei den entsprechenden Betrieben und Dienststellen wegen zu geringer Fallzahlen nicht auswertbar. In der Tendenz gilt das (vgl. INIFES 2016. S. 78) sogar für die Landesebene. Aus der Liste von Antwortvorgaben haben 62 % der entsprechenden Betriebe und Dienststellen in Westdeutschland angegeben, dass die Bewerber nicht die richtige Qualifikation gehabt hätten. 29 % dieser Betriebe berichten davon, dass sie von einer Einstellung der älteren Bewerber abgesehen haben, weil diese von ihrer Persönlichkeit her nicht in den Betrieb gepasst hätten. Bei 23 % der entsprechenden Betriebe wurde als Grund eine zu hohe Lohnvorstellung angegeben.
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Kistler, E., Holler, M., Schneider, D. (2019). Alter(n)sgrechte Arbeitsbedingungen und Lebenslagen – Fiktionen und Fakten. In: Schneider, W., Stadelbacher, S. (eds) Der Altersübergang als Neuarrangement von Arbeit und Leben . Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21974-1_5
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