Zusammenfassung
Computerspiele sind als Unterhaltungsmedien ebenso wichtig geworden wie Fernsehen oder Musik hören. Entsprechend prägt die Musik in Computerspielen unsere Musikerfahrung und damit unseren Musikgeschmack wesentlich mit – und dies keineswegs nur beim Spielen. Denn Computerspielmusik begegnet uns auch in vielen anderen Kontexten – im Kino, im Konzert, in der Werbung oder im Club. Gerade zu Beginn der Spielemusik-Geschichte sahen sich die Programmierer/Komponisten auf unterschiedlichen Ebenen mit erheblichen Limitierungen konfrontiert, auf die sie mit kreativen Strategien reagierten. Heutzutage stehen den Komponisten alle Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, um geeignete musikalische Lösungen für unterschiedlichste Spielsituationen bereitzustellen. In diesem Zuge ist eine klangliche Annäherung der Spielemusik an die Filmmusik zu beobachten. Neben allen Parallelen zwischen Spiele- und Filmmusik zeigen sich aber auch Unterschiede: So gehört etwa zu den Spezifika der Musikgestaltung in Computerspielen die Möglichkeit, auf das individuelle Spielverhalten adäquat zu reagieren, indem etwa situationsbezogen auf modulare Kompositionsbausteine zurückgegriffen wird. Derartige non-lineare Kompositionsgebilde bergen erhebliches Innovationspotenzial. Denn wenn die Nutzer den Verlauf und Charakter der Musik spielerisch beeinflussen können, werden sie im besten Fall zu einer Art „Co-Arrangeur“ der Komposition. Eine solche Stellung dürfte die Einbindung in die Spielewelt – im Sinne von Involvement und Immersion – verstärken.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Notes
- 1.
https://www.game.de/marktdaten/nutzer-digitaler-spiele-in-deutschland-2016-und-2017/. Zugegriffen am 12.05.2018.
- 2.
So etwa in einem Werbespot von Honda aus dem Jahr 2006, in der der geräumige Kofferraum eines japanischen Kleinwagens zur Musik von „Tetris“ (Alexei Paschitnow; 1984) befüllt wird.
- 3.
Zu den Wechselwirkungen zwischen Spielemusik und Filmmusik der „Silent Hill“-Reihe siehe Mundhenke 2013, S. 107–124.
- 4.
Eine ausführliche Darstellung der historischen Entwicklung von Musik in Computerspielen bietet Fritsch 2013, S. 11–40.
- 5.
Dies schließt natürlich nicht aus, dass die Spieler in den öffentlichen Spielhäusern (Arcades) – unabhängig vom jeweiligen Spiel – eine musikalische Beschallung vorfanden.
- 6.
Die Beschreibung des Patents „US5315057 (A) – Method and apparatus for dynamically composing music and sound effects using a computer entertainment system“ vom 24. Mai 1994 ist abrufbar unter: worldwide.espacenet.com/publicationDetails/biblio?CC=US&NR=5315057&KC=&FT=E&locale=en_EP. Zugegriffen am 20.05.2018.
- 7.
Wie sich die klanglichen Gestaltungsmöglichkeiten seit den 1980er-Jahren weiterentwickelt haben, lässt sich beispielhaft an rund 80 Games nachvollziehen, die in Folge des zweiten Films der „Star-Wars“-Reihe, „The Empire Strikes Back“ (1980) veröffentlicht wurden. Den Anfang machte 1982 das gleichnamige Atari-Spiel.
- 8.
Eine ausführliche Darstellung der Funktionen von Musik und Geräuschen im Film findet sich bei Keutzer et al. 2014, S. 122–133.
- 9.
Gerade bei einem Spielverhalten, das von dem zu erwartenden abweicht, zeigt sich die Qualität der kompositorischen Gesamtkonzeption.
- 10.
Es ist schon ein merkwürdiger Umstand, dass die Gamer bis heute bei zahlreichen Spielen wählen können, ob sie diese mit oder ohne Musik bestreiten wollen. Man stelle sich eine solche Option einmal für den Film vor. Diese Tatsache zeigt aber sehr deutlich, dass der Musik im Computerspiel oftmals noch ein eher geringer Stellenwert beigemessen wird; dies zeigt sich auch im Prozess der Produktion.
- 11.
Das nonlineare Denken sollte sich auch auf Seiten der Kompositionssoftware widerspiegeln. Derzeit überwiegen linear-orientierte Oberflächen. Eine Ausnahme bildet etwa „Abelton live“.
- 12.
- 13.
Im vorliegenden Fall ist der Interpret vergleichbar mit dem Spieler als Co-Arrangeur.
- 14.
Für diesen Hinweis bin ich Frank Hentschel dankbar.
Literatur
Belinkie, M. (1999). Video game music: Not just kid stuff. http://www.vgmusic.com/vgpaper.shtml. Zugegriffen am 20.05.2018.
Collins, K. (2008a). Game sound. An introduction to the history, theory, and practice of video game music and sound design. Cambridge, MA: The MIT Press.
Collins, K. (2008b). In the loop: Creativity and contraint in 8-bit video game audio. Twentieth Century Music, 4/2, 209–227. https://doi.org/10.1017/S1478572208000510. Zugegriffen am 20.05.2018.
d’Escriván, J. (2017). Electronic music and the moving image. In N. Collins & J. d’Escriván (Hrsg.), The Cambridge companion to electronic music (S. 154–184). Cambridge: Cambridge University Press.
Dittbrenner, N. (2005). Soundchip-Musik. Computer- und Videospielmusik von 1977–1994. Magisterarbeit, Universität Lüneburg.
Ehman, C. (2013). Reimagining faust in postmodern opera. Ph.D. Dissertation. Rochester: Eastman School of Music, University of Rochester.
Fritsch, M. (2013). History of video game music. In P. Moormann (Hrsg.), Music and game. Perspectives on a popular alliance (S. 11–40). Wiesbaden: Springer VS.
Geelen, T. van. (2008). Realizing groundbreaking adaptive music. In K. Collins (Hrsg.), From Pac-Man to pop music. Interactive audio in games and new media (S. 93–102). Aldershot: Ashgate.
Harbinson, W. G. (1989). Performer indeterminacy and Boulez’s Third Sonata. Tempo, 169, 16–20.
Haupenthal, G. (1994). Geschichte der Würfelmusik in Beispielen (2 Bände). Saarbrücken: Eigenverlag.
Henck, H. (1976). Karlheinz Stockhausens Klavierstück IX: Eine analytische Betrachtung. In G. Schnitzler (Hrsg.), Musik und Zahl. Interdisziplinäre Beiträge zum Grenzbereich zwischen Musik und Mathematik (Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik, Bd. 17, S. 171–200). Bonn-Bad Godesberg: Verlag für Systematische Musikwissenschaft.
Herzfeld, G. (2013). Atmospheres at play: Aesthetical conciderations of game music. In P. Moormann (Hrsg.), Music and game. Perspectives on a popular alliance (S. 147–158). Wiesbaden: Springer VS.
Keutzer, O., Lauritz, S., Mehlinger, C., & Moormann, P. (2014). Filmanalyse. Wiesbaden: Springer VS.
Leenders, M. J. (2012). Sound für Videospiele: besondere Kriterien und Techniken bei der Ton- und Musikproduktion für Computer- und Videospiele (Marburger Schriften zur Medienforschung, Bd. 38). Marburg: Schüren.
Marks, A. (2009). The complete guide to game audio for composers, musicians, sound designers, and game developers. Amsterdam: Focal Press.
Marks, A., & Novak, J. (2008). Game development essentials: Game audio development. Clifton Park: Delmar Cengage Learning.
Mundhenke, F. (2013). Resourceful frames and sensory functions – Musical transformations from game to film in ‚Silent Hill‘. In P. Moormann (Hrsg.), Music and game. Perspectives on a popular alliance (S. 107–124). Wiesbaden: Springer VS.
Pasdzierny, M. (2013). Geeks on stage? Investigations in the world of (live) chipmusic. In P. Moormann (Hrsg.), Music and game. Perspectives on a popular alliance (S. 171–190). Wiesbaden: Springer VS.
Paul, L. J. (2013). Droppin’ science: Video game audio breakdown. In P. Moormann (Hrsg.), Music and game. Perspectives on a popular alliance (S. 63–80). Wiesbaden: Springer VS.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2019 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Moormann, P. (2019). Musik in Computerspielen. In: Schramm, H. (eds) Handbuch Musik und Medien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21899-7_8
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-21899-7_8
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-21898-0
Online ISBN: 978-3-658-21899-7
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)