Zusammenfassung
Mit dem Radio erlangt Musik erstmals eine massenmediale Verbreitung in der ganzen Bevölkerung. Während in den USA das Radio schnell als Werbeplattform für Musiktonträger entdeckt wird und sich die Musikprogramme im freien Markt zielgruppenorientiert ausdifferenzieren, verläuft die Entwicklung in Deutschland zunächst zögerlich, unter staatlichem Einfluss und mit Blick auf die musikalische Gestaltung der Radioprogramme wenig kreativ. Während sich die 1920er- und 1930er-Jahre in den USA zum „Goldenen Zeitalter“ des Radios entwickeln, werden im Dritten Reich die Radioindustrie und somit auch die Musikprogramme gleichgeschaltet und für Propaganda genutzt. Ab den 1940er-Jahren erzwingt in den USA die neue mediale Konkurrenz – das Fernsehen – eine noch stärkere Formatierung sowie die Gestaltung von massenattraktiven Musikprogrammen. In Anlehnung an die Jukebox entsteht das Top-40-Format, das sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland – einhergehend mit Beatkultur und neuer Jugendbewegung – als Motor der Entwicklung neuer Musikformate im Radio erweisen wird. Mit Einführung des Dualen Rundfunksystems wird der freie Radiomarkt auch in Deutschland eingeläutet – und damit die Absicherung von Programmentscheidungen durch empirische Hörerforschung bzw. Musiktests, die seit mittlerweile 35 Jahren nahezu unverändert beibehalten werden. Die aktuelle Lage der Radiosender sowie die Konkurrenz durch Webradios und Streamingdienste erfordern nun ein Umdenken sowie eine kritische Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Musikformatierung im terrestrischen Radiobereich.
Schlüsselwörter
Radiogeschichte Musikprogramme im Radio Formate Hörerforschung ProgrammgestaltungLiteratur
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