Zusammenfassung
Die Reflexion von Privilegien (wie Weißsein, Männlichkeit, Heteronormativität, körperlicher Befähigung und Bildungsprivilegien) als auch die Abwehrmechanismen dieser Reflexion in der pädagogischen Arbeit zu erfassen, bedeutet, den Blick schweifen zu lassen: neben der Betrachtung der Heterogenität der pädagogisch begleiteten Menschen rücken nun auch die Positionierungen und Handlungsweisen pädagogischer Fachkräfte ins Zentrum des Interesses. Dabei liegt der Fokus auf polydimensionalen Machtdifferenzen und Diskriminierungslinien. Es werden Privilegien in Bezug auf die sozialen Kategorien Gender, Klasse, ‚Rasse‘ und körperliche Befähigung erläutert. Daran anschließend werden Forschungsergebnisse vorgestellt, die Einblicke in die Abwehr der Privilegienreflexion geben (vgl. Walgenbach/Reher, The Review of Education, Pedagogy, and Cultural Studies, S 189–210, 2016). Es geht um die Frage, mit welchen Strategien Privilegierte verhindern, dass ihre strukturelle Bevorzugung benannt wird. Anschließend wird die Privilegienreflexion in der pädagogischen Praxis thematisiert und es werden Impulse für ein solidarisches und diskriminierungskritisches Handeln gegeben.
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Notes
- 1.
Zur Schreibweise siehe Eggers/Kilomba/Piesche/Arndt 2009, S. 13.
- 2.
Zur Schreibweise siehe ebd.
- 3.
Cis bedeutet ‚diesseits‘ und wird als Pendant zu ‚Trans*‘ verwendet. Einer Cis-Frau wurde bei der Geburt das Geschlecht ‚Frau‘ zugewiesen, sie soll gesellschaftlich als Frau leben und will das auch.
- 4.
Diese Übung erfreut sich gegenwärtig einer weiten Verbreitung in der Antidiskriminierungspädagogik und politischen Bildungsarbeit sowie mannigfaltiger Weiterentwicklungen. Der hier vorgestellte Ablauf und die vorgestellten Fragen entsprechen einer von vielen Varianten (zu anderen Weiterentwicklungen siehe beispielsweise die Übung „Wie im richtigen Leben“ (DGB-Bildungswerk Thüringen 2008) sowie „Ein Schritt nach vorne“ (Anti-Bias-Werkstatt/GLADT e. V., 2010).
- 5.
Wenn keine geschlechtliche Selbstverortung von den Teilnehmenden im Verlauf der Gespräche vollzogen wird, werden sie genderneutral als ‚Teilnehmer*in‘ benannt. Bei geschlechtlicher Selbstverortung wird in der Analyse das von den Teilnehmenden genannte Geschlecht wiedergegeben.
- 6.
Teilnehmer*in 25 (Gespräch A, Zeile 6–14).
- 7.
Teilnehmer*in 26 (Gespräch A, Zeile 431–436).
- 8.
Teilnehmer 7 (Gespräch A, Zeile 1057–1076).
- 9.
Teilnehmer 3 (Gespräch C, Zeile 33–40).
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Reher, F. (2018). „Als ob uns was geschenkt worden wäre …“. In: Mai, H., Merl, T., Mohseni, M. (eds) Pädagogik in Differenz- und Ungleichheitsverhältnissen. Interkulturelle Studien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21833-1_7
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