Zusammenfassung
Die Frage nach der Bedeutung des Körpers in der Adoleszenz ist bisher eher ein Randthema von Jugend- und Jugendkulturtheorien. Im Beitrag wird das Verhältnis von Körperlichkeit und Adolszenz am Beispiel der jugendlichen Praxis des Schminkens in zwei Hinsichten diskutiert: Zum einen wird die intersektionale Dimension dieser speziellen Körpertechnik und damit das partikulare Moment von (Körper-)Repäsentationen in historischen und zeitgenössischen Körperhegemonien herausgestellt. Zum anderen wird mit Bourdieu das eher als anthropologisch zu verstehende Motiv der Habitualisierung je spezifischer kultureller Repräsentationstechniken mit dem Begriff der illusio erarbeitet. Damit wird das Spannungsfeld zwischen hegemonialen Repräsentationen und ihren Spielarten als Raum jenseits von gesellschaftlicher Determination und individueller Kontrolle konzipiert. Adoleszente Körperkulturen werden dann weniger im Mangel-Status des noch-Nicht thematisch, vielmehr konstituieren sie Räume der Arbeit mit dem Erleben dieser Spannungen.
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Notes
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Hagedorn benennt ebenfalls ein zentrales Moment des spannungsvollen Verhältnisses von Forscher*innen, Erziehungswissenschaft, ‚Erwachsenen‘, kurz jenen, die Jugend zum Gegenstand von Untersuchungen, Befragungen oder erzieherischem Handeln machen, in der Schwierigkeit, jugendliche Praktiken in Hinsicht auf andere Bedeutungssysteme (verstehend) zu vereinnahmen.
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Geschlecht wird deduktiv als gesellschaftliches „Organisationsprinzip“ Becker-Schmidt und Knapp 1995, S. 18) respektive „Strukturkategorie“ (Walgenbach 2014, S. 75) vorausgesetzt, was die historische Gewordenheit von Geschlechterkonstrukten und -verhältnissen in ihrer Relevanz als Ordnungskriterium moderner – kapitalistischer – Gesellschaften zu berücksichtigen sucht. Induktivistisch jedoch geht es im intersektionalen Paradigma zentral darum, empirisch nachzuvollziehen, in welcher Weise Geschlecht als Kategorie im Feld relevant gemacht, aufgerufen, (re)signifiziert wird und dabei in Wechselwirkung mit anderen Kategorien (wie etwa Generationalität oder Ethnizität) steht. In dieser Perspektive wird bedeutsam, in welcher Weise die Kategorien aufeinander rückwirken, ihre Bestimmung zuallererst aus dem Zusammenschalten mit anderen Kategorien gewinnen oder verschieben, um „zu komplexeren Vorstellungen von Kategorien zu gelangen“ (Hornscheidt 2007, S. 83). Damit wäre zugleich festgehalten, dass diese aus sich heraus keine Bestimmung generieren können und der Begriff der Kategorie nur vorläufige Fixierungen und Grenzziehungen möglich macht.
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http://confessionsofafemaledragqueen.blogspot.de/2013/02/winter-lipstick.html, 18.03.2013. Eintrag in einem Blog, in dem sich eine New Yorkerin Anfang 20 mit Mode und Kosmetik befasst. Der Eintrag ironisiert das Thema, aber nimmt es dennoch ernst genug, um ihm Platz einzuräumen = Bettet es ein in das Setting Alltag (Life), der Begriff der Mühen (tribulations) dramatisiert = Ringen um die Anrufungen der Lebenswelt und die Möglichkeit ästhetischen Urteils in welchen sich Deutungen des Selbst ermöglichen und verschieben. Eine erste Befremdung: Matte oder feuchte Lippen? Beschreibung trifft den Charakter der Oberfläche dieses Gesichtsbereichs, nimmt eine Unterscheidung vor und stellt diese in den Zusammenhang zur winterlichen Jahreszeit.
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Wie gesundheitswissenschaftliche Studien (etwa Bauer 2005) vergegenwärtigen, hängen Ideen und Praktiken von Gesundheit stets am Status sozialer Herkunft. Hier lässt sich auch Bezug nehmen auf Elias, der insbesondere für sich zuvor im Mittelalter entwickelnde, auf den Körper bezogene Praxen (etwa die Übernahme von Gabeln zur Distanzierung von Essen und Körper) herausarbeitete, inwiefern diese zur Distinktion der Klassen dienten.
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Vgl. zur Analyse von Weiblichkeitsbildern in der frühen Moderne Schmid (1995).
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Peiss legt dar, inwieweit sich etwa in Kosmetik-Werbung im Übergang in das 20. Jahrhundert, welche speziell People of Color, Schwarze und Afroamerikaner*innen adressiert, Rassismus, Klassismus und Kolonialismus in eindrücklicher Weise vermischen: „Plough, for instance, shamelessly invoked racist imagery and the memory of slavery in its early advertising: ‚Bleach Your Dark Skin; Race Men and Women Protect Your Future. Be attractive! Throw off the chains that have held you back from the prosperity and happiness that belong to you‘“ (Peiss 2011, S. 213). Die Aufforderung, sich um bzw. für die Zukunft vorzusorgen, das Glück gewissermaßen in die eigene Hand zu nehmen, indem man seinen Körper im Sinne einer rassistischen Norm zurichtet, markiert und negiert zugleich strukturelle Bedingungen ‚ethnisierter‘ Armut. Während sich Werbung für das Bleichen der Haut aus rassismuskritischer wie auch aus subjektivierungstheoretischer Perspektive kritisch markieren lässt, erscheint es hingegen sehr viel schwieriger, wie mit Davis zuvor gezeigt wurde, die Praxis des Hautbleichens konkreter Personen unabhängig von konkreten empirischen Bedingungen zu problematisieren, ohne eine starke Reduktion vorzunehmen.
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http://mami.erdbeerlounge.de/forum/12-Jaehrige-schminkt-sich-total-_t141381 (24.09.14). Im öffentlichen Diskurs westlicher Gesellschaften – insbesondere beobachtbar im US-amerikanischen Raum – artikuliert sich die Frage nach den Töchtern im Topos der Sorge. „Cinderella ate my Daughter“ lamentiert entsprechend der Titel eines Buches der amerikanischen Journalistin Peggy Orenstein (Orenstein 2012). Sie berichtet vom Prozess der „Pinkifizierung“ (Sundermeyer 2014, S. 30) des Lebens ihrer Tochter, etwa durch die endlose Reihe von – fast ausschließlich weißen – Disney-Prinzessinnen, die ihre ersten Medienerlebnisse begleiten und artikuliert ihre Besorgnis hinsichtlich scheinbar immer früher einsetzender Sexualisierung von jungen Mädchen. Darüber hinaus jedoch schildert sie in eindrücklicher Weise das Hineinwachsen ihrer Tochter in eine Welt, welche Mädchen als „Sissy“ (ebd., S. 150), „Bitch“ (ebd., S. 151), „Ugly. Fat. Slut. Whore“ (ebd., S. 167) oder „Victims“ (ebd., S. 170) betrachtet, sowie ihre elterliche Ratlosigkeit angesichts der Unmöglichkeit einer eindeutigen pädagogischen Kontur.
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Hier lassen sich verschiedene Figuren ausmachen, die zu problematisieren sind: In diesen Diskursivierungen des Körpers scheint, so lässt sich mit Butler konstatieren, gewissermaßen eine „Metaphysik der Substanz“ (Butler 1991, S. 28) hindurch, mit der der Körper chiffriert wird. Zugleich lassen sich die genannten Beispiele erzieherischer Aussagen einerseits so interpretieren, dass hier ein unbearbeiteter Körper vorausgesetzt wird, und andererseits so, dass die Bearbeitung dieses Körpers fraglos gewissen Regeln zu gehorchen habe. Ebenfalls fraglos erscheint implizit die Annahme, die Steuerung der Körpertechniken obliege pädagogischen Beziehungspersonen. Aus einer spezifischen Anerkennungsperspektive ließen sich diese Figuren auch als Missachtungspraxis lesen, was die Frage nahelegt, wie ein achtsames Anerkennungsverhältnis in der Arena der Körper ausgestaltet werden könnte.
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Hier ist anzumerken, dass Douglas davon ausgeht, dass ‚Körper‘ immer schon symbolisch überformt sind und nur in dieser Form sozial relevant werden. Ursprünglichkeit erscheint dabei selbst als symbolische Überformung des Körpers.
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„Soziale Klassifizierungen [… werden] in der körperlichen hexis, in den wie unauslöschliche Tätowierungen eingebrannten Dispositionen in Naturgegebenheiten“ (Bourdieu 2001) verwandelt „und somit auch die kollektiven Prinzipien der […] Ordnung“ (ebd.). In der Fußnote bitte nicht ebd. Verwenden, sondern direkt zitieren. Aber braucht es die Zitate überhaupt?
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Hoffarth, B. (2019). Dekorierte Körper in der weiblichen Adoleszenz Prozesse der Inkorporierung als Illusio. In: Böder, T., Eisewicht, P., Mey, G., Pfaff, N. (eds) Stilbildungen und Zugehörigkeit. Erlebniswelten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21661-0_10
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