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Worüber Soziologinnen und Soziologen nachdenken

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Soziologisch denken

Part of the book series: Studientexte zur Soziologie ((STSO))

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Zusammenfassung

Mit dem bisher Gesagten wird impliziert, dass geselliges Kaffee-Trinken zum Gegenstandsbereich der Soziologie gehört, womit eine erste Annäherung an eine Definition des Gegenstandes der Soziologie verbunden ist. Denn die Frage, warum und wie die Soziologie das gesellige Kaffee-Trinken thematisieren sollte, leitet über zu einer wichtigen Grundlage soziologischen Denkens, der Definition des spezifischen Gegenstandes der Soziologie, der, wie zu zeigen sein wird, zu einer besonderen, sich von anderen wissenschaftlichen Denkweisen unterscheidenden Betrachtungsweise zwingt. Soll dieser Gegenstand in seiner absoluten Allgemeinheit bestimmt werden, kann zunächst folgende Definition von Rolf Eickelpasch angeführt werden: „Gegenstand der Soziologie ist ‚das Soziale‘, d. h. die mehr oder weniger dauerhaften Gewebe und Netzwerke aus immer wiederkehrenden Verhaltensmustern, die aus dem zwischenmenschlichen Handeln hervorgehen und auf dieses zurückwirken.“ Dieser Gegenstand, das, was Eickelpasch als das Soziale bezeichnet und ich im Folgenden mit dem Begriff Sozialität, ist also offensichtlich mit dem Tun der Menschen verbunden, obwohl es dieses Tun allein eben nicht ist, was die Sozialität ausmacht.

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Notes

  1. 1.

    Als soziologischer Systemtheoretiker hebt Armin Nassehi (vgl. 2010, S. 15 ff., 27) in seiner Einführung in die Soziologie als erstes Problem ihrer Gegenstandsbestimmung hervor, dass die Soziologie, weil sie ja auch Sozialität ist, selbst in ihrem Gegenstandsbereich vorkommt. Dies ist eine wichtige Reflexionsebene, auf die ich zurückkomme, nachdem ich die Schwierigkeit des Gegenstandsbereiches der Soziologie, dass für seine Bestimmung immer mit neuen und überraschenden Weltdeutungen der Einzelnen zu rechnen ist, erörtert habe, die ich als erstes sehe und aus einer eher praxissoziologischen Perspektive für wichtiger halte als die Beobachtungsparadoxie, welche die Systemtheorie immer zuerst thematisiert. Wie hier sichtbar wird, macht es durchaus einen Unterschied, aus welcher theoretischen Perspektive eine Einführung in die soziologische Denkweise verfasst wird.

  2. 2.

    „Das Apriori des empirischen Lebens ist, dass das Leben nicht ganz sozial ist, wir formen unsere Wechselbeziehungen nicht nur unter der negativen Reserve eines in sie nicht eintretenden Teils unserer Persönlichkeit; dieser Teil wirkt nicht nur durch allgemeine psychologische Verknüpfungen auf die sozialen Vorgänge in der Seele ein, sondern gerade die formale Tatsache, dass er außerhalb der letzteren steht, bestimmt die Art dieser Entwicklung.“ (Simmel 1992, S. 53).

  3. 3.

    Im „Leviathan“ von Thomas Hobbes klingt dieser von Rousseau in aufklärerischer Absicht neu formulierte Gedanke des Staatsvertrages etwa einhundert Jahre früher noch so: „Die Absicht und Ursache, warum die Menschen bei all ihrem natürlichen Hang zur Freiheit und Herrschaft sich dennoch entschließen konnten, sich gewissen Anordnungen, welche die bürgerliche Gesellschaft trifft, zu unterwerfen, lag in dem Verlangen, sich selbst zu erhalten und ein bequemeres Leben zu führen; oder mit anderen Worten, aus dem elenden Zustand eines Krieges aller gegen alle gerettet zu werden.“ (Hobbes 1992, S. 151).

  4. 4.

    Durkheim schreibt an dieser Stelle, dem Ende seines Buches über die soziale Arbeitsteilung: „Unsere erste Pflicht besteht heute darin, uns eine neue Moral zu bilden. Ein derartiges Werk kann nicht an der Stille der Studierstube ersonnen werden; es muss aus sich selbst entstehen, nach und nach, unter dem Druck innerer und notwendiger Ursachen. Die Reflexion allenfalls kann und muss dazu dienen, das Ziel, das erreicht werden muss, zu verdeutlichen. Genau dies haben wir zu tun versucht.“ (Durkheim 1992, S. 480; Hervorh. F.H.).

  5. 5.

    Geschichtswissenschaftliche Forschungsarbeiten weisen immer wieder darauf hin, dass das 19. Jahrhundert als so etwas wie die Sattelzeit der „Moderne“ angesehen werden kann. Ausführlich begründet findet sich diese These in den Studien von Christopher Bayly (2008) und Jürgen Osterhammel (2009), die beide als geschichtswissenschaftliche Erzählungen der Geburtsgeschichte der „modernen“ Welt angesehen werden können. In soziologischer Perspektive geht es mir hier nicht um einen ästhetischen Begriff der Modernität, sondern um seine Verwendung als zentralen Begriff einer Zeitdiagnose der Gesellschaft. Dabei wird nicht übersehen, dass sich insbesondere frühe Versionen der soziologischen Diagnose der Modernität nicht selten auf ästhetische Begriffsfassungen beziehen. Schließlich trägt in der zweiten Hälfte des 19ten Jahrhunderts vor allem der Dichter Charles Baudelaire zur Popularisierung des Begriffs bei, indem er ihn in alltagsästhetischer Weise verwendet (vgl. vor allem Baudelaire 1989, S. 225 ff.). Unter anderen Georg Simmel und später Walter Benjamin – in seinem Passagen-Werk – beziehen sich explizit auf diese Begriffsverwendung Baudelaires, um das „moderne“ Leben soziologisch zu beschreiben (vgl. hierzu Frisby 1984, S. 10 f.).

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Hillebrandt, F. (2018). Worüber Soziologinnen und Soziologen nachdenken. In: Soziologisch denken. Studientexte zur Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21048-9_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-21048-9_3

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-21047-2

  • Online ISBN: 978-3-658-21048-9

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