„Wir meditieren, um in einer subtilen Klarheit des Geistes zu verweilen und tiefere Einsicht zu erlangen“, erklärte Lama Tendzin. Auf einem Kissen und die Beine im Lotussitz gekreuzt. Den Rücken aufrecht, die Schultern geöffnet. Die Hände ruhen auf den Oberschenkeln. Die Augen sind geöffnet. In dieser Haltung werden wir uns unseres Atems bewusst. Lama Tendzin fuhr fort: „Wir wollen uns unseres eigenen Geistes gewahr werden. Wir beobachten den Fluss unserer Gedanken, ohne sie zu verfolgen.“

Ein buddhistisches Kloster in Frankreich

Wie war ich bloß in die Ermitage von Dhagpo Kundreul Ling in der tiefsten Auvergne in Frankreich gekommen? Was hatte mich dazu bewogen, eine Auszeit von 10 Tagen zu nehmen? War das nicht einfach eine spinnerte Idee und Zeitverschwendung?

Ich ging vor einigen Jahren durch eine schwierige Phase im Leben. Geschäftlich lief alles, ich war gut ausgelastet und verhalf meinen Kunden zu Einsichten, die ihnen neue Perspektiven eröffneten. Ich unterstützte sie, ungeahnte Potenziale zu nutzen und neue Strategien aufzubauen – auch für sich ganz persönlich. Äußerlich war ich ein erfolgreicher Geschäftsmann. Das schmeichelte meinem Ego. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass etwas in meinem Inneren nicht ganz stimmig sei. Ich fühlte mich zu sehr getrieben und meine Entscheidungen waren nicht immer im Einklang mit mir selbst. Im privaten Umfeld gelang es mir nicht immer so zu reagieren, wie ich es mir wünschte. Ich wurde meinem eigenen Anspruch an mich selbst nicht gerecht. Doch mit dieser Einsicht konnte und wollte ich mich nicht zufriedengeben. Es entstand der Wunsch nach einer Abhilfe, die mich nicht nur kognitiv und intellektuell, sondern auch emotional weiterbrachte.

Über meinen Freund Alexander war ich auf das buddhistische Kloster in Frankreich aufmerksam geworden. Ich entschloss mich zu einem Retreat dort. Und natürlich schossen mir auf der langen Fahrt in die Auvergne unglaublich viele Zweifel durch den Kopf: „Zehn Tage Auszeit, will ich mir die überhaupt leisten?“ „Wird mir dort in der Pampa nicht schnell langweilig werden?“ „Bin ich für einen religiösen Ort nicht zu aufgeklärt und weltlich?“ Schon das Tempolimit auf der französischen Autobahn half mir zu entschleunigen. Die letzten 100 km gingen über die Landstraße. Schließlich erreichte ich die Ermitage. Hier war das Leben wirklich frei von Ablenkungen. Wohin der Blick reichte, Felder und Natur. Im Hintergrund die Berge des Zentralmassivs. Einzig das Läuten der Kuhglocken unterbrach die Stille dieses heiligen Ortes. Mein Zimmer in der Ermitage? Ein einfaches Bett, ein Schreibpult auf dem Boden. Eine kleine Buddha‐Statue auf einem Regal an der Wand. Trotz der anwesenden Menschen herrschte tiefe Stille in der Ermitage. Das schien hier wirklich ein Ort der inneren Einkehr zu sein …

Und nun saß ich da, mit meinem Allerwertesten auf dem Meditationskissen. Schon nach kurzer Zeit juckte es hier und zwackte es dort. Ob ich mich mal schnell kratzen sollte? Oder doch lieber sitzen bleiben und die Gedanken beobachten? Wie sollte man überhaupt still bleiben in dieser ungewohnten Haltung? Doch genau darum geht es: Keine Ablenkung, keine Reaktion auf äußere Reize, egal wie sehr der ganze Körper schmerzt! Und dann erst die Wolken am Himmel, von denen Lama Tendzin sagt, ich solle sie vorbeiziehen lassen. Das war leichter gesagt als getan, denn ich hatte das Gefühl, ein schweres Gewitter jage durch meinen Kopf. Da merkte ich erst, was so alles im Denken los ist! Verflixt, es musste doch möglich sein, den inneren Schwätzer und Beurteiler, Kritiker und Teufelsadvokaten einfach mal zum Schweigen zu bringen! Doch so sehr ich auch wollte, es war nichts zu machen. Mit purem Willen ist beim Meditieren nicht viel zu erreichen.

Mit den Tagen ausgedehnten Sitzens geschah dann das Wunderbare. Es kehrte Stück für Stück Ruhe im Geist ein. Der Strom des zwanghaften Denkens versiegte langsam und unter dem Brennglas der Achtsamkeit traten klar und deutlich positive wie negative Emotionen, geistige Muster und persönliche Motive zutage. In dieser Welt frei von äußeren Ablenkungen gelang es mir zu bemerken, was in meinem Geist passierte, ohne die Dinge zu beurteilen. Und schließlich wurde der Geist sich seiner eigenen Konzentration und damit seiner selbst gewahr. Auf einmal herrschte tiefer Friede in mir. Achtsamkeit und Fokussierung nehme ich seither mit in meinen Alltag. Täglich versenke ich mich morgens in eine kurze Meditation. Dies schärft meine Aufmerksamkeit auch im Alltag. So kann ich unterschwelliges Geschwätz einfach laufen lassen, Impulse und Auslöser früher wahrnehmen, meine Emotionen deutlicher erkennen und meine Reaktionen bewusster gestalten.

Ich habe den Autopiloten in meinem Leben abgeschaltet.

Und für die Klarheit, die seither – meistens jedenfalls – in meinem Geist herrscht, bin ich wirklich dankbar.

Im Zeitalter der Ablenkungen

Wir alle kennen mentales Gewitter: Tag für Tag schießen uns abertausende von Gedanken durch den Kopf. Einer jagt den nächsten. Kaum sind wir aufgestanden, geht das Chaos im Kopf bereits los: „Habe ich das Geld für die Klassenkasse in den Schulranzen meines Jüngsten getan?“ „So ein Mist, die Nutella ist alle.“ „Hoffentlich stehe ich nachher nicht wieder im Stau.“ Oder wir beschäftigen uns mit unwichtigen Dingen: „Ich muss unbedingt noch den Termin beim Dermatologen machen.“ „Auf dem Rückweg darf ich nicht vergessen, meine Anzüge in der Reinigung abzuholen.“ Gerne malen wir uns Katastrophenszenarien aus: „Für meine Präsentation muss ich dringend ein passendes Bild finden.“ „Ob heute Nachmittag mein Vorstand auch dabei ist?“ „Hoffentlich hatte er keinen stressigen Vormittag. Beim letzten Mal hat er sich meine Kollegin vor versammelter Runde ganz schön vorgeknöpft …“

Ein Großteil unserer Gedanken ist überflüssig.

Sie sind Wiedergänger, die wir scheinbar nicht loswerden können. Unser Verstand erweist sich als eine schier unerschöpfliche Phrasendreschmaschine, die den lieben langen Tag vor sich hersabbert. Je negativer unser Denken eingefärbt ist, desto mehr geraten wir ins Grübeln oder Grämen. Wir käuen unablässig wieder. Nicht selten fühlen wir uns unserem inneren Einflüsterer total ausgeliefert. Und da unser Verstand nichts anderes ist als eine Assoziationsmaschine, entsteht schnell ein ganzes Panoptikum möglicher Dramen, von denen die wenigsten eintreten. Wir verfolgen jeden auch noch so unwichtigen Gedanken und spinnen ihn fort. Wie zum Teufel bringen wir unseren Verstand bloß zum Schweigen? Wie können wir einen Streifen blauen Himmels am Horizont erschaffen statt dunkler Gewitterwolken? Warum ist das im Alltag bloß oft so schwer?

Eines ist klar: Digitalisierung und mobiles Internet haben die Situation für uns nicht einfacher gemacht. Wir leben im Zeitalter der fortwährenden Ablenkung und im wahrsten Sinne des Wortes in einer ver‐rückten Welt! Wir tummeln uns online in sozialen Netzwerken, das Smartphone ist zu unserem ständigen Begleiter geworden. Unsere Partner oder die nächste Affäre finden wir auf Dating‐Portalen, deren Algorithmen uns schon im Vorfeld davor bewahren, einen Korb zu bekommen. Oder wir leben den Helden oder die Prinzessin in uns in virtuellen Rollenspielen aus. Unsere Kinder können wischen, lange bevor sie einen Stift halten oder mit Messer und Gabel essen können. Das Daddeln verkürzt ihre Daumensehnen. Unsere Innenstädte sind bevölkert von Mutanten, die mit ihrem Smartphone verwachsen scheinen, den Blick starr nach unten gerichtet. Die Niederländer haben an Fußgängerampeln leuchtende Streifen im Boden eingeführt, damit auch die Handywalker mitbekommen, dass Rot ist. Und das alles nur, weil wir lieber Pokémons suchen, anstatt miteinander ins Gespräch zu kommen? Das höchste der Gefühle ist eine Partie Nerf in der Mittagspause im Büro mit „echten“ Kollegen. Sind wir keine 80 Jahre nach der Einführung des Fernsehens zu dummen, schlecht informierten Konsumenten in den Fängen globaler Konzerne geworden, die sich „zu Tode amüsieren“ [1]?

Seitdem alle Informationen jederzeit überall verfügbar sind, hindert uns auch nichts mehr daran, uns jederzeit und überall mit allem zu beschäftigen, egal wie banal es auch sein mag. Und viele halten Multitasking oder das Tanzen auf möglichst vielen Hochzeiten für eine große Errungenschaft der Moderne. Doch das Ergebnis ist eher selten ein Mehr an Lebensqualität, sondern immer öfter ein Mehr an Burnout und Stress. Und einen Großteil davon haben wir uns auch noch selbst eingebrockt. Immer neue Modekrankheiten entstehen. Haben Sie schon von „Fomo“ gehört? „Fomo“ heißt „fear of missing out“, zu Deutsch Verpassensangst. Die Möglichkeiten sind so vielfältig geworden, dass es uns schwerfällt, eine Wahl zu treffen. Also sind wir panisch, wir könnten etwas verpassen, während wir etwas anderes tun. Das ist doch irre! Aus Verpassensangst entsteht Stress. Vor lauter Ablenkung, Zerstreutheit oder Auswahlzwang übersehen wir dann eins:

Wir haben den Draht zu unserer wichtigsten App, unserem eigenen Geist, verloren.

Und so bringen wir uns, wenn wir unseren Gedanken nachhängen oder uns mit 1000 Dingen gleichzeitig beschäftigen, um das Kostbarste, was wir im Leben haben: den jeweiligen Augenblick.

Weil wir gleichzeitig überall und nirgends sein wollen, verpassen wir das Hier und Jetzt.

Traurig eigentlich, denn sobald wir uns dessen bewusst werden, ist der jetzige Augenblick schon wieder verflogen. Und er kommt nie zurück ….

Den Geist trainieren wie einen Muskel

Haben Sie sich einmal gefragt, wer der Regisseur dieses Kinos im Kopf ist? Wer darüber bestimmt, was in Ihrem Oberstübchen gedacht wird? Wer die Entscheidung trifft, sich abzulenken oder an etwas anderes zu denken, während Sie das eine tun? Wer zum Handy greift oder es liegen lässt? Ein Blick in den Spiegel genügt, um diese Fragen zu beantworten.

Für alle Aufgewühlten und Aufgerührten unter uns gibt es eine hoffnungsvolle Nachricht. Das Wiederherstellen des Drahtes zu unserem eigenen Geist ist einfacher als gedacht. Am Anfang genügen wenige Minuten Meditation am Tag. Es geht zunächst einfach nur darum, das Chaos im Kopf urteilsfrei zu beobachten. Mindfulness heißt das heutzutage. Meditation ist also nicht zwingend etwas Religiöses, Esoterisches oder Spirituelles, auch wenn wir dabei spontan an die idealistischen Weltverbesserer und Aussteiger irgendwo am Strand von Goa denken. Meditation ist tatsächlich etwas für jedefrau und jedermann. Sie findet immer stärker Eingang auch ins Business und gehört mittlerweile zum täglichen Ritual vieler Manager.

Vielleicht geht es Ihnen anfangs wie meinem Freund Tom, der nach verzweifelten Versuchen der inneren Einkehr zu dem Schluss kam: „Neulich bin ich mal in mich gegangen, aber da war auch nichts los.“ Oder Sie stellen sich jetzt als auf Effizienz getrimmte Führungskraft die Frage: „Bringt mir das überhaupt etwas? Ist das nicht Zeitverschwendung, 20 Minuten ‚nichts‘ tun?“ Meditation ist viel mehr als bloß ein müßiger Zeitvertreib. Sie erlaubt uns, in einen intensiveren Kontakt mit uns selbst zu kommen. Sie lässt unsere inneren Wurzeln wachsen und schafft ein gutes Fundament für mehr Achtsamkeit auch und gerade in unserem Alltag in einer immer schnelllebigeren Welt.

Richard Davidson ist Neurowissenschaftler und hat in den vergangenen 20 Jahren die Effekte von Meditation auf unsere Lebensqualität untersucht wie kein zweiter. Er war der Erste, der tibetische Mönche in den Magnetresonanztomographen (MRT) geschoben hat, um die Wirkung von Meditation auf das menschliche Gehirn zu untersuchen. Wissenschaft kann manchmal so himmlisch pragmatisch sein! Zu welchen Ergebnissen kam er?

Langjährig Praktizierende zeigten eine überdurchschnittliche Hirnaktivität im linken Stirnlappen. Ein solches neurologisches Erregungsmuster steht normalerweise für eine positive affektive Grundstimmung. Darüber hinaus stieg die Gamma‐Aktivität im Gehirn der Mönche während der Meditation stark an. Diese schnellen und hochfrequenten Gehirnströme waren weitaus besser strukturiert und vernetzt als bei der Vergleichsgruppe, die nicht meditierte. Gammawellen begleiten normalerweise Momente kognitiver Höchstleistungen. Und sie sorgen dafür, dass Wahrnehmungen zusammengeführt und synchronisiert werden. In ihnen liegt möglicherweise der Schlüssel fürs menschliche Bewusstsein.

Meditation hinterlässt auch über den Moment der Einkehr hinaus deutliche Spuren im Gehirn, denn die Gamma‐Aktivität der Mönche war bereits vor dem Meditieren erhöht, besonders im linken frontalen Stirnlappen. Und genau der ist für das emotionale Gleichgewicht und unsere Selbstregulation verantwortlich! Das Fazit? Meditation und mentale Disziplin führen zu Veränderungen im Gehirn, die uns erlauben mehr positive Emotionen zu empfinden. Ein geübter Geist unterscheidet sich physiologisch deutlich von einem ungeübten.

Der Geist lässt sich durch Achtsamkeit trainieren wie ein Muskel.

Wir können also dank Achtsamkeit die Neuroplastizität unseres Gehirns zu unserem Vorteil nutzen und auch im Berufsalltag zur Anwendung bringen. Davidson untersuchte in Zusammenarbeit mit dem MIT‐Professor John Kabat‐Zinn in einer weiteren Studie Achtsamkeit im Berufsleben. Den beiden Forscher gelang es nachzuweisen, dass bei Angestellten einer Biotechnologiefirma bereits nach acht Wochen des Achtsamkeitstrainings der Angst‑ und Stresslevel signifikant gesunken war. Und zur Überraschung der Forscher war auch das Immunsystem der Beteiligten stärker geworden als das der Vergleichsgruppe [2]!

Achtsamkeit in den beruflichen Alltag hineintragen

Die Erkenntnisse aus Davidsons Studien eröffnen für jeden von uns ungeahnte Perspektiven: Trainieren wir unseren Geist mithilfe von Achtsamkeitsübungen – ganz ähnlich wie viele von uns bereits heute ihren Körper im Fitnessstudio regelmäßig trainieren – so können wir unsere Gedanken und Gefühle sowie unser Handeln gleichsam von einer dritten Perspektive aus beobachten.

Ein klarer Geist ermöglicht inneren Abstand und eine urteilsfreie Wahrnehmung.

Der Geist ist ganz ähnlich einem Gefäß, das mit dreckigem Wasser gefüllt ist. Ist unser Geist aufgewühlt, erinnert er an das trübe Wasser, wenn das Glas geschüttelt wird. Lässt man es hingegen ruhen, setzen sich langsam die Sedimente am Boden des Gefäßes ab und das Wasser wird klar. So klar wird unser Geist in Achtsamkeit. Wir können eine hochauflösende Wahrnehmung erreichen, die uns im Alltag unsere Gedanken und Emotionen besser erkennen lässt. Dies ermöglicht ein vollkommen neues Handeln und alternative Reaktionsmuster auf unsere Umgebung.

Doch wie können wir Achtsamkeit gezielt in unseren beruflichen Alltag hineintragen? Wir alle können uns bewusster über unser Denkmuster, unser Verhalten und unsere Einstellungen und den mit ihnen einhergehenden Konsequenzen werden. Ein Beispiel aus dem täglichen Leben. Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Sie planen den nächsten Sommerurlaub. In den vergangenen zwei Jahren waren Sie auf Sardinien, wohin Sie auch in diesem Jahr gerne wieder reisen würden. Ihre bessere Hälfte hingegen bevorzugt den Wechsel und schlägt Korfu vor. Sie schauen sich unterschiedliche Destinationen im Internet an, wägen ab und entscheiden sich schließlich für Korfu. Dort angekommen müssen Sie feststellen, dass der Sand weniger weiß, das Wasser weniger türkis und die Buchten weniger malerisch sind. Wie reagieren Sie?

Sie wissen, worauf ich hinaus möchte! Sagen Sie jetzt, was Ihnen durch den Kopf schießt („Sardinien hat mir aber viel besser gefallen.“ „Wir sind nur wegen dir hier.“ „Es ist deine Schuld.“ „Du wolltest ja schließlich hierher!“) und verderben damit sich und Ihrem Umfeld den Tag, die Woche oder gar den gesamten Urlaub? Oder gelingt es Ihnen, einfach mal den Mund zu halten? Einen Gedanken, der uns durch den Kopf schießt, nicht zu äußern, ist viel schwieriger, als unser Umfeld unmittelbar mit allem zu konfrontieren, was in unserem Denken gerade passiert. Manchmal sollten wir unsere Enttäuschung, unseren Groll und unsere Wut besser für uns behalten. Denn eine Entscheidung, zu der wir selbst ja gesagt haben, im Nachhinein zu verteufeln und die Verantwortung dafür dem Anderen in die Schuhe zu schieben, ist schlicht unfair. Es wird vom Anderen zurecht als nachkarten empfunden und verdirbt unsere Beziehung für eine Weile. Dennoch passiert es uns im Alltag immer wieder, dass wir unsere spontanen Gedanken zu schnell aussprechen.

Geistesgegenwärtige Meetings

Im beruflichen Alltag führen solche oder ähnliche Situationen oft zu unproduktiven Gesprächen darüber, wer einen Fehler oder einen Verzug zu verantworten hat. Doch es geht auch anders. Wir könnten auch bewusster miteinander umgehen, indem zum Beispiel die Protagonisten eines Meetings sich die Zeit zum Durchatmen gestatten würden. Und wenn sie die Hürde nähmen, sich nicht mit den Geschehnissen zu identifizieren. Dann lässt sich auch manche brenzlige Situation elegant entschärfen.

Frank arbeitet bei einem großen europäischen Dienstleistungsunternehmen und sah sich im Meeting mit einem seiner wichtigsten Kunden dem Vorwurf ausgesetzt, seine Mitarbeiter hätten die Prozesse nicht unter Kontrolle und seien überfordert. Konkret griff ihn sein Gegenüber mit den folgenden Worten an: „Deine Mitarbeiterin hat mich angerufen und am Telefon darüber geklagt, dass sie selbst nicht mehr genau weiß, wie sie was tut und dass sie gestresst ist. Kein Wunder, dass das bei euch so ein Chaos ist. Denn schon deine eigenen Leute sind überfordert.“ Das war eine glatte Lüge vor versammelter Mannschaft gewesen. Wie reagierte Frank auf diese Verleumdung? Er atmete tief durch und reagierte besonnen. Er fasste zusammen: „Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du mir gerade, dass meine Mitarbeiterin dich anrief und sagte, sie wisse nicht, was sie tue und dass sie gestresst sei. Das wundert mich. Denn wenn das zuträfe, hätte meine Mitarbeiterin sicherlich als erstes mit mir darüber gesprochen, bevor sie mit euch als Kunden darüber redet.“ Die Mitarbeiterin des Kunden ruderte daraufhin zurück und relativierte ihre Aussage, ohne dass Frank sie hätte der Lüge bezichtigen müssen. Mehr noch, es eröffnete sich im Nachgang des Meetings ein überaus produktives Gespräch mit der Verantwortlichen beim Kunden, die die Chefin der „Querulantin“ war. Im Verlauf dieses Gespräches gelang es Frank, seine Kundin dafür zu sensibilisieren, dass das Bild über die Leistung seines Teams in ihrem Team ungerechtfertigt schlecht war. So machte er sie sich zur Verbündeten, denn bereits im nächsten Meeting beäugte sie ihr Team mehr als genau und sorgte dafür, dass keine verallgemeinernden Kommentare mehr über die Performance von Franks Team aufs Tapet kamen. So einfach kann es sein, Angriffe ins Positive umzuwandeln. Unter einer Voraussetzung: Frank hatte kurz innegehalten statt emotional zu reagieren, was sicherlich zu einer Eskalation geführt hätte.

Überflüssige E‐Mail‐Flut

Die tägliche elektronische Datenflut macht uns ein achtsames Miteinander im Job nicht immer leicht. Wie viel Zeit verbringen Sie pro Tag mit überflüssigen E‐Mails? Die Unternehmensberatung Bain hat ausgerechnet, dass Mitarbeiter in Konzernen durchschnittlich acht Stunden pro Woche mit überflüssigen E‐Mails oder in unnötigen Konferenzen vergeuden. Das macht 60 Mio. US‐Dollar pro Jahr, die ein Konzern mit durchschnittlich 10.000 Mitarbeitern dadurch verliert [3]. Jede nicht versendete E‐Mail ist also bares Geld wert. Hierzulande gibt es einige ermutigende Ansätze, beispielsweise von VW: Dort werden E‐Mails nach 19 Uhr und am Wochenende nicht mehr vom Server auf die Handys der Mitarbeiter weitergeleitet. Bei Daimler verweist eine Abwesenheitsnotiz bei Urlaub von Mitarbeitern darauf, wer der zuständige Vertreter ist und dass die soeben eingetrudelte Nachricht gelöscht wurde. Die Telekom hingegen setzt auf das Prinzip, vermeidbare E‐Mails gar nicht erst zu schreiben. Dort haben sich leitende Angestellte verpflichtet, nach Feierabend, am Wochenende oder in der Urlaubszeit keine E‐Mails mehr zu versenden.

Bewusst zuhören

Die menschlichste Art und Weise, unserem Gegenüber mit Achtsamkeit zu begegnen, ist sicherlich, aufrichtiges Interesse für ihn zu zeigen. Das geht in der Hektik des Alltags viel zu oft unter. Dabei könnte es so einfach sein. Ehrliches Interesse für den Anderen beginnt mit aktivem und empathischem Zuhören. Es ist das größte Geschenk, das wir unserem Gesprächspartner machen können. Und es kostet uns keinen einzigen Cent. Wie oft erwischen Sie sich dabei, dass Sie beim Zuhören nebenher schon mit anderen Dingen beschäftigt sind? Oder dass Sie den Satz Ihres Gegenübers bereits zu Ende gedacht haben? Sie oder ihn vielleicht sogar unterbrechen, weil Sie ja bereits wissen, was kommt? Schließlich kennen wir den anderen ja besser als er sich selbst! Das geht dann im Geschäftsalltag so weit, dass wir nicht mehr hören, was der Andere gesagt hat, sondern nur noch das, was wir selbst zu der Aufgabenstellung denken.

Vorprogrammierte Taubheit ist eine weit verbreitete Krankheit.

Manager unterliegen ihr gern beim Delegieren von Aufgaben an Mitarbeiter. Die Lösung des Mitarbeiters interessiert uns nicht, weil wir schon eine vermeintlich bessere im Kopf haben. Wozu dann noch zuhören? Die Folge ihres Desinteresses machen sich viele Führungskräfte zu wenig klar: Menschen, die sich weder gehört noch berücksichtigt fühlen, lassen den Chef beim nächsten Mal direkt selbst machen. Es entsteht der altbekannte Teufelskreis: Mangelndes Interesse des Chefs zerstört bereits vorhandenes Engagement und intrinsische Motivation. Wo dann vom Mitarbeiter keine Vorschläge mehr kommen, entsteht beim Chef Frust und die Neigung, selbst reinzugrätschen. Weil der Mitarbeiter sich jetzt durch seinen Vorgesetzten übermäßig kontrolliert fühlt, macht er nur noch Dienst nach Vorschrift. Willkommen in der Welt der sich selbst erfüllenden Prophezeiung!

Wollen wir dem Anderen hingegen wirklich mit Respekt begegnen, so werden wir mit jeder Faser und mit unserem ganzen Herzen hinhören müssen – auch und gerade bei Themen, die uns von Haus aus weniger interessieren, bei Standpunkten, die wir nicht teilen oder bei Ideen, die aus unserer Sicht idiotisch sind. Wir sollten uns selbst dazu zwingen, sie zuerst wertfrei anzuhören, bevor wir sie bewerten. Das erfordert unendliche Geduld und unsere ganze Offenheit für andere Sichtweisen. Und das ist eine Frage unserer inneren Haltung. Manchmal werden wir dann zur Belohnung positiv überrascht und wir hören eine Idee, die besser ist als unsere eigene.

Gute Leader sind bereit, eigene Ideen zugunsten einer besseren Lösung stecken zu lassen.

SAP: Was bringt Mindfulness wirtschaftlich?

Meditieren ist mittlerweile salonfähig geworden. Nicht nur Hollywoodstars und Popgrößen outen sich als Achtsamkeitsanhänger, sondern auch viele Vorstände singen das hohe Lied der Mindfulness. Spätestens seitdem Meditationsguru und MIT‐Professor John Kabat‐Zinn im Januar 2016 mit Teilnehmern des Weltwirtschaftsforums in Davos meditierte, gilt innere Einkehr auch in den Top‐Etagen der Wirtschaft als höchst wirksam. Heutzutage ist es ein Zeichen von Smartness, regelmäßig zur Ruhe zu kommen und seine Achtsamkeit zu trainieren.

Denn ohne Achtsamkeit wird’s schwierig mit der Selbstbeherrschung.

Und ohne Selbstbeherrschung lassen sich Menschen viel weniger leicht mitnehmen. Doch was bringt Mindfulness in wirtschaftlicher Hinsicht für Unternehmen?

Niemand könnte diese Frage besser beantworten als Peter Bostelmann von SAP. Der „Director Global Mindfulness Practice“ implementiert das von Google entwickelte Programm „Search Inside Yourself“ beim deutschen DAX‐Konzern. Es ist schon eine Ironie des Schicksals, das ausgerechnet der Konzern Google, der wie kein anderer mit dafür verantwortlich ist, dass unser aller Leben komplexer und hektischer geworden ist, seine Mitarbeiter meditieren lässt. Die Idee dahinter ist simpel: Mit einem durch Achtsamkeit beruhigten Geist lässt sich unsere emotionale Intelligenz steigern und wir können neue Gewohnheiten im Denken und Handeln schaffen. So steigert sich unser Selbstbewusstsein, unsere Motivation und Frustrationstoleranz nehmen zu. Darüber hinaus führen Wohlwollen und Empathie anderen Menschen gegenüber zu mehr Vertrauen und besseren Resultaten in der Teamarbeit und mehr Demut in der Führung [4].

Das von Chade‐Meng Tan entwickelte Programm ist eine Mischung aus Achtsamkeitstraining und angewandter emotionaler Intelligenz. Die Grundlage allen Achtsamkeitstrainings ist die Meditation auf den eigenen Atem. Die Achtsamkeit wird auf den Körper und die Emotionen ausgedehnt. Es geht darum, negative Emotionen bereits in ihrem Entstehen zu erkennen und seine eigenen „Monster“ nicht weiter zu füttern. Die Teilnehmer meditieren über Fehlschläge, eigene Werte und ihren Lebenszweck. Und sie trainieren gezielt ihr Mitgefühl anderen Menschen gegenüber. Man steht seinem Partner gegenüber und schaut sich gegenseitig tief in die Augen. Dazu macht man sich bewusst, dass der Andere genauso ein Mensch ist wie man selbst, mit Gedanken, Gefühlen, Wünschen, Enttäuschungen, Leiden und dem Streben nach Glück. Abschließend wünscht man dem Anderen dieses Glück von ganzem Herzen.

Was sich anhört wie eine spirituelle Praxis aus einem Bhagwan‐Ashram der Achtzigerjahre, dient tatsächlich dem positiven Einfluss auf sich selbst, Mitarbeiter, Kollegen und Kunden. Verständlicherweise schlug Peter Bostelmann zu Beginn bei SAP eine Menge Skepsis entgegen, nach dem Motto: „Das mit dem Meditieren mag ja im Silicon Valley ganz nett sein. Aber bei uns in Deutschland funktioniert das nicht.“ Um der Skepsis der Ingenieure zu begegnen, verwies Bostelmann auf die wissenschaftlichen Hintergründe und nannte das Programm „ein wissenschaftlich basiertes Training für mentale Stärke.“ Erste Messungen zeigen einen spürbar positiven Einfluss auf das Engagement der Mitarbeiter, das Vertrauen in die Führungskräfte und die Anzahl der Fehltage. Der Return on Invest des Programms liegt bei plus 200 %. 3500 Mitarbeiter haben das Achtsamkeitsprogramm weltweit absolviert, etliche Ambassadoren sorgen vor Ort für dessen Nachhaltigkeit. Auf Bostelmanns Warteliste stehen weitere 5000 Mitarbeiter. Wer hätte mit einem solchen Erfolg gerechnet? Bei SAP ist das Programm zu einem mächtigen Trend geworden. Und bei anderen Konzernen wie z. B. Siemens ist Bostelmann mittlerweile gefragter Gast.

Was wirklich glücklich macht

Mindfulness verhilft Unternehmen und ihren Mitarbeitern nicht nur zu wirtschaftlichen Vorteilen, es gibt auch handfeste Hinweise darauf, dass Meditation in Verbindung mit Mitgefühl unser persönliches Glücksempfinden und unsere Zufriedenheit steigert, während wir gleichzeitig anderen Menschen Gutes tun. Zu den ersten Mönchen, die Davidson in den MRT schob, gehörte Matthieu Ricard. Der 71‐jährige Franzose ist ausgebildeter Molekularbiologe und hat sich nach seiner Promotion für eine Karriere als buddhistischer Mönch entschieden. Seither trifft man ihn in tibetischen Roben, er verbringt sein Leben mit Meditation und Wohltätigkeit und er ist der französische Übersetzer des Dalai Lama. Derzeit lebt er im Kloster Senchen in Nepal.

Als Matthieu Ricard sein Gehirn im MRT scannen ließ, hatte er Jahrzehnte meditativer Praxis hinter sich. Welchen Unterschied sollte das machen? Seine Gehirnströme wurden während der Meditation untersucht und vor allem bei der Meditation auf Mitgefühl trat eine dramatische Steigerung der Aktivität in einem bestimmten Teil des linken Stirnlappen auf. Bereits zuvor hatte Davidson herausgefunden, dass dieses Hirnareal besonders aktiv ist bei Menschen, die von Gefühlen des Glücks, der Erfüllung, Freude und Wachheit berichten. Größere Aktivität im rechten vorderen Stirnlappen hingegen wurde eher bei Menschen beobachtet, die von Gefühlen der Sorge, Traurigkeit oder sogar Depression berichteten. Was macht Ricard nun zum „glücklichsten Menschen der Welt“? Er ist fähig, mithilfe von Meditation und Achtsamkeit genau jenes Verhältnis zwischen rechter und linker Gehirnhälfte herzustellen, das unserem Glücksgefühl zuträglich ist. Die Ausgewogenheit zwischen beiden Hirnarealen bestimmt unseren emotionalen Fixpunkt, also unser emotionales Grundrauschen, mit dem wir durch den Tag gehen.Footnote 1

Bemerkenswert ist, dass Ricards linke Gehirnhälfte genau dann am aktivsten war, wenn er über Mitgefühl meditierte.

Die aufrichtige Sorge für andere Menschen scheint das eigene Wohlbefinden zu steigern.

Das ist eine These, die der Dalai Lama bereits seit langem vertreten hatte: Nämlich, dass Meditierende selbst von ihrem Wohlwollen für andere profitieren. Und Meditation steigert unsere Empathiefähigkeit. In Zusammenarbeit mit Paul Ekman, dem Spezialisten für das Erkennen von Emotionen in unserer Mimik, fanden die Forscher heraus: Mathieu und seine Mönchskollegen erzielten höhere Ergebnisse im schnellen Erkennen dieser oft unbewusst wahrgenommenen Mikroemotionen als 5000 Probanden der Vergleichsgruppe. Sie erkannten Emotionen in Gesichtern besser als Polizisten, Anwälte, Psychiater, Zollbeamte oder sogar Geheimagenten, also Personen, die von Berufs wegen darauf angewiesen und trainiert sind, in den Zügen anderer Menschen zu lesen. Das Erkennen von Emotionen in anderen wiederum ist eine wichtige Grundlage für unsere Empathiefähigkeit [6]. Durch Meditation können wir also die positiven Emotionen sowohl in uns als auch anderen Menschen gegenüber steigern. Dies führt zu mehr positiven Erlebnissen in unserem Alltag, was unser Mindset auf den Weg in die bereits erwähnte psychologische Aufwärtsspirale schickt.

Wer hätte gedacht, dass Meditation in Verbindung mit Mitgefühl zum echten Happiness‐Booster wird? Je wohlwollender und mitfühlender wir anderen Menschen gegenüber sind, desto besser geht es uns selbst. Die Wurzeln des Glücks liegen also weniger im Verwirklichen äußerer Gegebenheiten, als vielmehr in uns.

Wie Sie zur besseren Version Ihrer Selbst werden

Meditierende Softwareingenieure, tibetische Mönche im MRT, innere Einkehr auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, der glücklichste Mensch der Welt: Könnte es sein, dass Meditation nicht nur unsere Konzentration und unsere Aufmerksamkeit steigert, sondern uns auch dabei verhelfen kann, zur besseren Version unserer Selbst und zu glücklicheren Menschen zu werden?

Meditation eröffnet uns einen guten Zugang zu den emotionalen und geistigen Dimensionen unserer Persönlichkeit. Wir Menschen sind weder mit unseren Gefühlen, noch mit unseren Gedanken identisch. Im Moment des achtsamen Gewahrseins eröffnet sich ein neues Erfahrungsfeld: Unser Geist wird sich seiner selbst bewusst und ermöglicht uns, unsere Gefühle und Gedanken zu beobachten. Unsere Achtsamkeit wird geschärft, wir erlangen mehr Klarheit über uns selbst und einen besseren Zugang zu unserer Intuition. Mit einem wachen und klaren Geist sind wir tatsächlich in der Lage, unser eigenes Denken und Fühlen zu beobachten. Wir können uns eines jeden unserer Gedanken im Moment seines Entstehens bewusst werden, ohne uns durch die damit einhergehenden Emotionen aus der Ruhe bringen zu lassen. Ein wachsamer Geist nimmt besser emotionale Regungen wahr. Für ihn sind kognitive und emotionale Zustände nicht länger ein Grund zur Besorgnis, sondern er erkennt sie als Ursachen für bestimmte Reaktionsmuster. Und damit erlaubt er uns, bewusster mit ihnen umgehen, indem wir die Lücke zwischen Auslöser und unserer unmittelbaren Reaktion geschickt nutzen. Wir können persönlich weiter wachsen, indem wir unsere Verhaltensweisen erkennen und akzeptieren und dann für uns selbst bessere Handlungsoptionen aufbauen. Unsere Sichtweise auf andere Menschen verändert sich und mit ihr unser Verhalten ihnen gegenüber. Wir erfahren in der Folge andere Reaktionen und unsere innere Einstellung erfährt einen – manchmal radikalen – Wandel. Dies alles können wir wie beim Sport trainieren und neue Gewohnheiten entstehen lassen. Es ist wie mit frischen Spuren im Schnee. Zunächst sehen wir nur einzelne Fußstapfen. Doch je mehr Menschen diesen folgen, desto schneller entsteht ein Pfad. Und irgendwann nimmt niemand mehr den alten Weg, der inzwischen mit frischem Schnee bedeckt ist.

Regelmäßige Kontemplation und Reflexion sind auf diesem Weg wichtige Hilfsmittel. Am Ende des Tages, der Woche, des Monats oder des Jahres. Die jahrhundertealten Bräuche am Wochenende oder die Gewohnheiten zum Jahreswechsel gibt es nicht ohne Grund. Und auch das Sabbatjahr ist keine neue Erfindung. Diese kostbaren Momente im Leben müssen wir uns nehmen. Erlauben sie uns doch innezuhalten, Revue passieren zu lassen und die Vergangenheit einzupacken, um sie für die Zukunft zu nutzen. Ich selbst lasse mir jeden Tag eine Erinnerung zukommen, in der steht „Habe ich heute mein Bestes gegeben?“ Wir haben bereits gesehen, wie viel Disziplin für die Weiterentwicklung unserer Einstellung notwendig ist. Es schadet also nicht, sich selbst jeden Tag zu erinnern und sich mit einem Trick selbst zu überlisten. Übrigens habe ich auch davon gehört, dass das gute alte Tagebuch für viele Menschen längst noch nicht ausgedient haben soll. Kehren Sie innerlich ein, nehmen Sie sich die Zeit für tägliche Geistesruhe und Reflexion am Ende des Tages. Kommen Sie zu sich selbst.

Die Sichtweise bis hierher

Wir leben im Zeitalter der Zerstreuung. Das mobile Internet und der technische Fortschritt sorgen für jede Menge Ablenkung im Alltag. Diese äußere Unruhe spiegelt sich in unserer hektischen Gedankenwelt wider.

Innere Einkehr und Meditation können uns helfen, unsere Achtsamkeit auch im Alltag zu steigern. Wir werden sensibler für unsere eigenen Gedanken und Emotionen und können unsere Reaktions‑ und Verhaltensmuster bewusster gestalten. Dies führt zu neuen physiologischen Gegebenheiten in unserem Gehirn, die wiederum neue Gewohnheiten schaffen. Dank der Neuroplastizität unserer Nervenzellen bleiben wir bis ins hohe Alter lern‑ und entwicklungsfähig.

Mindfulness ist in den Führungsetagen angekommen. Es gibt handfeste Beweise dafür, dass sich ein höheres Maß an Achtsamkeit, als Basis für höhere emotionale Intelligenz auch wirtschaftlich auszahlt. Doch damit nicht genug, regelmäßige Meditation steigert unser individuelles Glücksempfinden. Vor allem dann, wenn wir beim Meditieren Mitgefühl für andere Menschen empfinden.

Uns selbst Gutes tun, indem wir anderen Menschen positiv und wohlwollend begegnen? Die Voraussetzungen für unser eigenes Glück liegen in uns. Wachsen wir weiter, ändert sich der Blick auf unsere Mitmenschen und die Welt. Hierin liegen immense Chancen für wahrhaftig gemeinschaftliche Formen des Zusammenlebens und Wirtschaftens.

Strategie 5: Geh in dich, auch wenn dort scheinbar nichts los ist!