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Positions- und Kursbestimmung für eine neue Kunst des Humanen

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Kunsttheorie

Part of the book series: essentials ((ESSENT))

  • 1793 Accesses

Zusammenfassung

Alle schöpferischen, ökonomischen, politischen, technologischen und gestalterischen Bewegungen kommen also in der stasis-Mitte der Kunst (zwischen Kunst und Design, Kunst und Politik, Kunst und Kult) zum Stillstand, während dieser Ort (chōra) in der weltweiten Stadt (polis) zugleich den universellen Bürgerkrieg bedeutet. So markiert heute der oikos (das Haus, die Heimat, die Familie) einer global und national gestalteten Polis einerseits den Konflikt als den permanenten Ausnahmezustand. Andererseits aber den wirklichen Widerstand der Kunst als echten Widerstandsakt, gegen die Kunst des universellen Unwelt-Schöpfers.

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Notes

  1. 1.

    Die politische Gegenaktion meint daher nicht die göttliche Entsetzung der mythischen Setzung, wie es einmal Benjamin in der „Kritik der Gewalt“ in „unblutig“ (göttlich) und „blutig“ (mythisch) zu unterscheiden versuchte, und die Derrida dann zu der irritierenden These verleitete, dass Benjamin bereits 1921 die Möglichkeit der nazistischen „Endlösung“ vorweggenommen hat; im Text sei die unerträgliche Möglichkeit vorgegeben, den Holocaust als „Manifestation der göttlichen Gewalt zu denken“. „Wenn man an die Gaskammern und die Brennöfen denkt, läßt einen diese Anspielung auf eine Vernichtung, die entsühnend sein soll, weil sie unblutig ist, erschaudern. Die Vorstellung, daß man den Holocaust als Entsühnung und unentzifferbare Signatur eines gerechten und gewaltsamen göttlichen Zorns deuten könnte, versetzt uns in Angst und Schrecken“ (Derrida 1991, S. 123 f). Wenn dieser „unblutige göttlicher Zorn“ nicht abstrakt bleiben soll, dann gilt es ihn heute konkret zu lesen: als Zorn des weltumspannenden Kapitalgottes, sodass dieser körperlose Kapitalgott überall außer sich (vermittelt) und zugleich überall bei sich ist (das Vermittelte als unmittelbare Verkörperung), während der blutige Mythos auf die Nationalstaaten überging, die jenen einen, monarchischen Kapitalgott eine polyarchische Fassung verleihen.

  2. 2.

    Eine Leere und ein Nichts, das einmal Lyotard in Barnett Newmans Bild Be als den Imperativ der Postmoderne diagnostizierte: „Das Sein kündigt sich imperativisch an. (…) Man muß immer wieder den Zufall bezeugen, indem man ihn Zufall sein läßt. (…) Das Werk erhebt sich im Augenblick, aber der Blitz des Augenblicks entlädt sich auf es wie ein minimaler Befehl: Sei“ (Lyotard 1986, S. 22 f.). Dieser Imperativ ist hier strategisch als postmoderne Vielfalt gegen die moderne Einheit gesetzt: „es gibt keine einheitliche große Erzählung der Emanzipation mehr, vervielfachen wir also die Mikrologien“ (Lyotard 1982, S. 7). Er möchte Malerei wie Musik „verflüssigt“ sehen, um „sie in eine Art Zufallsproduktion im Sinne von John Cage zu überführen“ (S. 54). Gegen den „Fürst der Töne“ und den Fürst der „Repräsentation“ setzt er die Vielheit der Differenz. Aber gerade dies sollte das Gesetz der neuen rhizomatisch-vernetzten Welt sein. Eine schöpferische Kraft, die sich gänzlich von einer substanziellen Einheit emanzipiert und restlos in subjektlosen Praxisformen auflöst, während so gerade der symbolische Ort der imperativen Mächte in vollem Glanz erscheint. Deswegen sollte der postmoderne Imperativ als Gegenimperativ gelesen werden, als jene Operation, die das technisch-ontologische, okonomisch-theologische Dispositiv (in seiner Komplementarität mit den neomythischen Dispositiven) deaktivert und außer Kraft setzt.

  3. 3.

    Es hilft dann auch nicht die Beschreibung der Kunst als Reflexionssystem. So erlaubt, nach Bertram, die Unterscheidung der menschlichen Praxis als eine zugleich bestimmte und unbestimmte eine angemessene Verortung der Kunst in der menschlichen Praxis. Dergestalt, dass die Kunst als eine Reflexionspraxis immer zugleich auf sonstige Praktiken bezogen bleibt, ohne direkt mit ihnen identifiziert zu werden (Vgl. Bertram 2014). Dass menschliche Praxis konstitutiv mit Unbestimmtheit verbunden ist verweist aber die ontische Sphäre der Praxis (Ist, Werden, Prozess, Geschehen) nicht nur auf ihren eigenen ontologischen Status (Sein). Vielmehr steht diese praktische, ontisch-ontologische Maschine (Ist, Werden, Sein) zugleich im Dienst der Imperative (Sollen). Damit wird die einmal von Gott und den Göttern geschaffene Welt eins mit der Welt des universellen Unwelt-Schöpfers, als eine Welt ohne Gott und Götter. Kontingenz und Notwendigkeit, Freiheit und Knechtschaft beginnen hier zu verschwimmen, sodass das glorreiche Zentrum der Maschine des universellen Unwelt-Schöpfers heute in vollem Licht erscheint.

  4. 4.

    „Die Gabe“, so Derrida, „darf nicht zirkulieren, sie darf nicht getauscht werden, auf gar keinen Fall darf sie sich, als Gabe, verschleißen lassen im Prozess des Tausches, in der kreisförmigen Zirkulationsbewegung einer Rückkehr zum Ausgangspunkt. Wenn die Figur des Kreises für die Ökonomie wesentlich ist, muß die Gabe anökonomisch bleiben“ (Derrida 1993, S. 17). Hier hilft allerdings nicht mehr der Dualismus von Ökonomie und Gabe. Denn die universelle Kapitalmaschine meint nicht die autonome, ökonomische Figur, gegen die dann eine Anökonomie, eine Heteronomie der Gabe dagegen gehalten wird. Denn die ökonomische Figur geht über die instrumentelle Vernunft und mythische Kreisfigur weit hinaus; sie ist immer zugleich eine der unendlichen Spekulation und Fiktion und erfüllt darin eine doxologische und kultische Funktion. Während die Heteronomie und die „anökonomische Gabe“ nicht etwa der Widerstand gegen Autonomie und Ökonomie sind, sondern das Gesetz der beiden Imperative aus Kapitale und A-Kapitale bilden. Es ist, so denkt hingegen Derrida seine kryptoontologische Gabe, die „Entscheidung des anderen. In mir. Des absolut anderen in mir, des anderen als des Absoluten, das in mir über mich entscheidet“ (Ebd.) Genauso ist es. Was aber über mich entscheidet, ist eben die Vormacht des Allgemeinen, womit in der Autonomie selbst ein imperativ-heteronomer, ontisch-ontologischer Kern drin steckt.

  5. 5.

    Ausführlich hierzu: Arabatzis 2017.

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Arabatzis, S. (2018). Positions- und Kursbestimmung für eine neue Kunst des Humanen. In: Kunsttheorie. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19589-2_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-19589-2_7

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-19588-5

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