Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden auf Basis der Speyerer Werteforschung nach Klages die zeitliche Entwicklung der Zustimmung zu drei grundlegenden Wertedimensionen bei Jugendlichen dargestellt: die traditionellen Werte „Pflicht und Konvention“, die eher selbstfokussierten Werte „Hedonismus und Materialismus“, die Selbstentfaltungswerte „Kreativität und Engagement“. In empirischen Analysen nutzen wir Daten der seit dem Jahr 2000 in Münster, Bocholt und Duisburg durchgeführten Längsschnittstudie „Kriminalität in der modernen Stadt“, deren Ergebnisse wir vor dem Hintergrund der als Referenz dienenden Shell-Jugendstudie diskutieren. Als Ergebnis unserer Analysen zeigt sich, dass die aus der Speyerer Werteforschung bekannte dreidimensionale Struktur des Werteraums auch mit dem hier verwendeten alternativen Messinstrument bestätigt werden kann. Die Zustimmung zu traditionellen Pflicht- und Konventionswerten ist weit verbreitet und zeitlich konstant. Hedonistisch-materialistische Werte sowie Werte des öffentlichen Engagements sind deutlich weniger weit verbreitet und die Zustimmung zu diesen Werten nimmt im Laufe des Erhebungszeitraums und dem fortschreitenden Alter der Probanden spürbar ab. Der Kohortenvergleich legt nahe, dass die leichten Schwankungen im Bereich der Pflicht- und Konventionswerte eher von Zeitgeist-Effekten beeinflusst sind, im Bereich der beiden anderen Wertedimensionen hingegen eher mit altersbedingten Reifungsprozessen in Zusammenhang stehen.
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Pöge, A., Reinecke, J. (2018). Jugendliche Werte und Soziodemographie aus längsschnittlicher Perspektive. In: Giesselmann, M., Golsch, K., Lohmann, H., Schmidt-Catran, A. (eds) Lebensbedingungen in Deutschland in der Längsschnittperspektive. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19206-8_6
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