Zusammenfassung
Der Balken ist zu krumm, die Tür zu niedrig, das Bett zu schmal, das Leben zu kurz. Wir sind im Unzulänglichen zu Hause. Desto dringlicher beschäftigt uns die Sorge, dass etwas zulangt. Notfalls behelfen wir uns, indem wir unsere Wünsche reduzieren. Wir verlangen Bescheidenheit und stilisieren diese Tugend. Wir beugen uns und entfernen alles Überflüssige und kratzen das Redundante von den Gegenständen, bis sie im häufigen Gebrauch fast unsichtbar werden. Ein Gefühl von Freiheit entsteht, solange wir und die Dinge funktionieren. Doch „was gestern funktional war, kann zum Gegenteil werden“, kommentierte Adorno Architektur und Design der sechziger Jahre. Denn wenn wir Zusätzliches verlangen, wenn Wünsche entstehen, die Nutzung sich ändert, dann produziert das reduzierte Gerät, die minimal ausgestattete Umgebung das Gefühl von Widersinn, Enge oder Trostlosigkeit.
Das Unzureichende der reinen Zweckformen ist zutage gekommen, ein Eintöniges, Dürftiges, borniert Praktisches.
Theodor W. Adorno, 1965
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Notes
- 1.
Theodor W. Adorno, Funktionalismus heute. In: Ohne Leitbild, Frankfurt 1967, S. 114.
- 2.
ebd., S. 106.
- 3.
Theodor Fontane, Effi Briest, Frankfurt 1997, S. 34.
- 4.
Hans-Georg Gadamer, Der Mensch und seine Hand im heutigen Zivilisationsprozess. In: Lob der Theorie, Frankfurt 1983, S. 146.
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Jonak, U. (2018). Störung im Regelmaß. In: Essays zur Architektur. Springer Vieweg, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19129-0_21
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