Zusammenfassung
Bildungsphilosophie wird in diesem Beitrag als ein Reflexionsstil verstanden, der in Distanz tritt zu vermeintlich selbstverständlichen Annahmen pädagogischer Theorie und Praxis. Das lädt dazu ein, die Rede von Gefühl/ Emotion philosophiegeschichtlich zu kontextualisieren, aber auch, „klassische“ pädagogische Denkfiguren selbstkritisch zu analysieren; dies wird exemplarisch an der Rede von „Pädagogischer Liebe“ (Seichter) und der „Bildung der Gefühle“ (Milde) durchgeführt. Der Beitrag kommt zu der Einsicht, dass Emotionen als vorsprachliche Vorgänge dazu Anlass geben können, anthropologische Annahmen, z.B. bzgl. der Souveränität des Subjekts, zu revidieren und Grenzen des rationalen Weltzugangs zu akzeptieren. Er wendet sich insofern auch gegen eine pädagogische Vereinnahmung der Gefühle im Duktus der heute dominierenden poietischen Selbst- und Weltdeutungen.
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Breinbauer, I.M. (2018). Emotionen in der Bildungsphilosophie. In: Huber, M., Krause, S. (eds) Bildung und Emotion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18589-3_3
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