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Die veränderte Wahrnehmung von Wehrmacht-Deserteuren in den 1980er Jahren: Der Beginn eines Meinungswandels

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Part of the book series: essentials ((ESSENT))

Zusammenfassung

Im Rahmen der Friedensbewegung der 1980er Jahre setzte sich dieser Meinungswandel fort. Als Reaktion auf den NATO-Doppelbeschluss suchten die damaligen Akteure aus dem antimilitaristischen Spektrum der Friedensbewegung – oftmals Kriegsdienst verweigernde Reservisten, Gruppen der DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen) oder grün-alternative Initiativen – abseits des antizipierten soldatischen Heldentodes im Atomkrieg nach neuen, erinnernswerten Idealen, die eher zu ihrer pazifistischen Orientierung passten. Diese entdeckten sie in den Deserteuren des Zweiten Weltkrieges.

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Notes

  1. 1.

    Für eine Charakterisierung der verschiedenen Spektren siehe Leif 1990, S. 32–52.

  2. 2.

    Nach dem Ende der Friedensbewegung hielten diese Gruppen ihre Forderungen aufrecht, sodass in den letzten drei Jahrzehnten bundesweit rund 50 Deserteur-Denkmäler entstanden. Die Denkmalsdebatten können hierbei als Indikator für den gesellschaftlichen Stellenwert des Militärischen angesehen werden, die steigende Zustimmung ist ein Beleg für den soziokulturellen Meinungswandel (vgl. Müller 2007, S. 268).

  3. 3.

    Für eine generationelle Deutung der Auseinandersetzung um Deserteur-Denkmäler siehe Dräger 2014, S. 87−99.

  4. 4.

    Siehe hierfür exemplarisch Abendroth 1989, Venhaus und Venhaus 1989, S. 34–38 und Ausländer 1990.

  5. 5.

    Folgende Motive für Desertionen hat die Forschung bislang herausgearbeitet: Politischer oder religiös motivierter Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Kriegsmüdigkeit bzw. Überlebenswille, Angst vor Verwundung oder Tod, Angst vor der Versetzung (vor allem an die Ostfront), schlechte Behandlung in der Truppe, Angst vor Bestrafung wegen anderer Vergehen, Desertion aus militärischem Strafvollzug, persönliche oder familiäre Gründe wie Heimweh, Sorge um Familienangehörige oder Liebesbeziehungen, Zweifel am Kriegsausgang, Pazifismus, Antimilitarismus sowie Abscheu vor deutschen Gräueltaten und Kriegsverbrechen. Zur Erforschung der Motive von Wehrmacht-Deserteuren siehe auch Dräger 2017b, S. 489−517.

  6. 6.

    Der Widerstandsaspekt wurde von den Deserteur-Initiativen aus ihrer zeitgenössischen Situation meist ganz unreflektiert und selbstverständlich in die historische Perspektive übertragen. Er fand seinen Ausdruck in der Verwendung eines Zitats aus Anderschs „Die Kirschen der Freiheit“: „Mein ganz kleiner privater 20. Juli [1944, M. D.] fand bereits am 6. Juni statt.“ Anderschs bis dato kaum bzw. schlecht rezipiertes Buch erlebte ein Revival, es avancierte zum „Kultbuch“ der Deserteur-Initiativen. Denn Elemente aus Anderschs Darstellung, nämlich Isolation des Einzelnen, Absage an Militär und kriegerische Gewalt sowie individuelle Entscheidungsfreiheit, waren rund 40 Jahre später anknüpfungsfähig für die jungen Friedensbewegten: „Hier erkannten junge Pazifisten und Anhänger der Friedensbewegung von heute verwandte Motive. Und sie fanden Umrisse einer provokativen, politisch-emotional ausstrahlungsfähigen Gegenfigur, die beides enthielt: die radikale Absage an das verbrecherische Regime der Vergangenheit und zugleich an die Kriegs- und Rüstungsmaschinerie von heute. Historische Sensibilisierung und das Gefühl existentieller Bedrohung in der Gegenwart verbinden sich in der Hinwendung zu dieser Gegenfigur.“ (Zitate aus Kammler 1990, S. 153 und 158, vgl. zu dieser Sichtweise auch Haase 1990, S. 130–156).

    Einen sehr guten und pointierten Überblick über den Forschungsstand sowie zugleich einen Ausblick auf Desiderate und neue Forschungsperspektiven bietet Ziemann 1999, S. 589−613.

  7. 7.

    Zu den Motiven und ihrer quantitativen Verteilung siehe die einschlägigen Studien von Haase 1987, S. 24–27, Seidler 1993, S. 311–318, Knippschild 1998, S. 229–237, Ziemann 1999, S. 601–603, Koch 2008, S. 33, 374–378 und Koch 2010, S. 152–154. Einen Höchstwert von 38 % ermittelte Gerhard Paul, allerdings an einem relativ geringen Sample von 67 saarländischen Soldaten (Paul 1994, S. 40–41).

  8. 8.

    Zur Gründung der Vereinigung siehe die Schilderungen von Ludwig Baumann, der seit 1990 als ihr Vorsitzender amtiert: Baumann 1993, S. 15–18, Baumann 2010, S. 19−31 und Baumann 2011, S. 325–336.

  9. 9.

    Aleida Assmann meint, dass es der gesellschaftlichen Anerkennung sowie der Etablierung dieses historischen Themas im kollektiven Gedächtnis zuträglich ist, wenn die Opfer ihr Schweigen beenden und sich solidarisch in einer Gemeinschaft bzw. einer Opfervereinigung organisieren und selbst bereits „generationenübergreifende Formen der Kommemoration“ entwickeln (Assmann 2007, S. 75).

  10. 10.

    Sie war ohnehin gering und betrug gemäß dem Gesetz von 1998 gerade einmal eine Einmalzahlung in Höhe von 7500 DM. Ferner bestand die Möglichkeit, eine monatliche Opferrente zu beantragen, deren Gewährung jedoch äußerst restriktiv gehandhabt wurde.

  11. 11.

    Zu Geschichte und Funktion von Gegendenkmälern siehe Springer 1989, S. 92–102, Young 1992, S. 267–296, Tomberger 2007, Springer 2009a, S. 297–314, 2009b, S. 329–333 und Wijsenbeek 2010.

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Dräger, M. (2018). Die veränderte Wahrnehmung von Wehrmacht-Deserteuren in den 1980er Jahren: Der Beginn eines Meinungswandels. In: Denkmäler für Deserteure. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18398-1_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18398-1_5

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-18397-4

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