Zusammenfassung
Biographisches Erzählen als eine Art der Sinnproduktion, die sich einerseits der Typisierung und Strukturierung durch vorhandene Wissensbestände bedient und andererseits der Organisationstätigkeit des Individuums zugeschrieben ist, wird durchweg als Konstruktion, als Erzeugtes und Hergestelltes begriffen, und so ist es zunächst überraschend, dass der Konstruktivismus in der Biographieforschung keine ausgearbeitete Bezugstheorie darstellt. Der Beitrag diskutiert ausgewählte Ansätze konstruktivistischen Denkens und deren jeweiligen Erkenntnisgewinn für die Biographieforschung und schlägt eine Lesart des Konstruktivismus als Meta-Perspektive auf Biographie(forschung) als diskursives Format und institutionalisierte Praxis vor. Konstruktivismus heißt, so wird gezeigt, mikrosoziologisch zu analysieren, wie Biographie als strukturell verankertes Muster/Bericht/Format praktisch hergestellt wird und den Gesellschaftsmitgliedern als Faktum gegenübertritt.
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Liebsch, K. (2018). Konstruktivismus und Biographieforschung. In: Lutz, H., Schiebel, M., Tuider, E. (eds) Handbuch Biographieforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18171-0_4
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