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Zusammenfassung

Es zeigt sich, dass die erste Zeit in Deutschland für die Geflüchteten von einer grundlegenden Orientierungslosigkeit geprägt ist. Sie müssen sich in der neuen Umgebung erst zurecht finden, was nicht ohne Erfahrungen tiefgreifender Irritationen vonstattengeht. Sie sind in der Zeit ihres Ankommens Fremde, die einen ausgeprägten Kulturschock durchlaufen.

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Notes

  1. 1.

    Alle Transkripte (Anhänge 5–10) sind mit den Namen der jeweils interviewten Person betitelt. Innerhalb der Transkripte sind die einzelnen Sprechbeiträge mit Absatznummern versehen. Das Zitieren aus den Transkripten erfolgt unter der Angabe des Titels und der jeweiligen Absatznummern.

  2. 2.

    Schütz (1972: 66) verwendet die Situation zwischen „Bahnbeamter“ und „Passagier“ als klassisches Beispiel für die Illustration seiner Theorie.

  3. 3.

    „Carls Englisch war eindeutig besser als das meine. Er argumentierte außerdem durchgehend auf hohem Reflexions- und Abstraktionsniveau. Generell machte er dabei einen sehr ambitionierten und gebildeten Eindruck. Ich würde ihn als überdurchschnittlich intelligent einschätzen .… Immer wieder geriet Carl an einigen Stellen auffallend stark ins Stottern. Gleichzeitig fing seine Stimme dabei etwas an zu zittern. Zu dieser Art von Aufregung kam es immer dann, wenn Rassismus thematisiert wurde und an Stellen, die eine starke persönliche Bedeutung für ihn zu besitzen schienen. Außerdem fühlte ich mich des Öfteren als Weißer von ihm angesprochen, der nicht über das gleiche Wissen über Rassismus verfügte, als Mitglieder der afrikanischen Community“ (Feldnotiz: 25.11.2015).

  4. 4.

    Geradezu umgekehrt verhält es sich als Mitglied einer dominanten Mehrheitsgruppe. Die Sichtbarkeit und Identifikation mit selbiger ist oft nur sehr gering. Die Gruppe Weißer heterosexueller Männer in einer Gesellschaft, in der Weiße zahlenmäßig überlegen und privilegiert sind, Heterosexualität die Norm darstellt und Männer keinem Sexismus ausgesetzt sind, ist daher kaum sichtbar (Hurtado 1997; Phinney 1990).

  5. 5.

    Als confirmation bias ist in diesem Zusammenhang eine kognitive Verzerrung gemeint.

  6. 6.

    Hierin spiegelt sich auch ein Aspekt der Figur Black make problems (3.2.2) wider.

  7. 7.

    Es sei auch nochmals zurück an Carl erinnert, der als Schwarzer aufgerufen wird, aber Intelligenz für sich beanspruchen möchte (3.2.2).

  8. 8.

    Das Ehrenamtliche Helfen erscheint vor diesem Hintergrund zumindest als ein zweischneidiges Schwert. Zwar ist es auf der einen Seite moralisch hoch zu bewerten, dort zu helfen, wo es der Staat nicht tut. Auf der anderen Seite wäre aber auch immer zu beachten, dass es Geflüchtete teils in eine passive Rolle von bloßen Empfänger_innen drängt, die ihrer Selbstbestimmung eher im Weg steht.

  9. 9.

    Ein entsprechender Anti-Immigration Bias ist in der Sozialpsychologie breit erforscht (Wagner, Christ & Heitmeyer 2013).

  10. 10.

    Goffman (1967: 56) unterteilt in Stigma der „Diskreditierten,“ bei denen das Stigma direkt sichtbar ist, und dem Stigma der „Diskreditierbaren.“ Für sie ist es möglich, ihr Stigma vorerst zu verbergen. Im letzteren Fall ergeben sich dann Möglichkeiten der Informationskontrolle über ihr Stigma gegenüber der sozialen Umwelt. So hält Patrick die Information, dass er ein Geflüchteter ist, zunächst zurück. Sobald er sich „offenbart,“ gerät jedoch das Stigma umgehend in Anwendung.

  11. 11.

    Die rechtlichen Grundlagen zur Ausübung einer Erwerbsarbeit von Asylbewerber_innen sind im Asylgesetz (AsylG) und Aufenthaltsgesetz (AufenthaltG) festgelegt. Nach AsylG § 61 Abs. 1 ist es Asylbewerber_innen während ihres Pflichtaufenthalts in einer Aufnahmeeinrichtung nicht erlaubt zu arbeiten. Nach Verlassen der Einrichtung und mindestens 3 Monate nach Stellung des Asylgesuchs haben sie einen nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nach AufenthG § 39 Abs. 1 kann ihnen eine Arbeitserlaubnis dann unter dem Umstand erteilt werden, dass keine vorrangig zu berücksichtigenden deutschen und privilegierten ausländischen Arbeitnehmer_innen zur Verfügung stehen – was jedoch nur äußerst selten eintritt, da meist die entsprechenden Personen zur Stellenbesetzung vorhanden sind. Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis steht immer unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit und der zuständigen Ausländerbehörde (AsylG § 61 Abs. 2). Menschen, bei denen aufenthaltsbeendende Maßnahmen anstehen und die sich im Status der Duldung befinden, ist die Ausübung von Erwerbsarbeit nicht erlaubt (AufenthG §60a Abs. 6).

  12. 12.

    Insbesondere möchte ich nicht in eine Art Diagnose verfallen. Es lässt sich nicht sagen, ob Paul eine Depression bereits aus Kamerun „mitgebracht“ hat. Es ist aber auf jeden Fall von einer Verschlechterung seiner allgemeinen psychischen Lage durch die Arbeitslosigkeit auszugehen. Dafür spricht allein die Tatsache, wie eng verwoben Paul hier beide Themen – Arbeitslosigkeit und psychische Belastung – miteinander diskutiert. Außerdem weist die Literatur (1.2.3) daraufhin, dass die Herausforderungen im Exil größeren Einfluss auf die psychische Gesamtsituation haben können als traumatische Erfahrungen im Heimatland oder auf der Flucht (Carsewell et al. 2011; Lindencrona et al. 2008; Miller et al. 2002; Schweitzer et al. 2011).

  13. 13.

    Damit ist ein Muster von Attribuierungsprozessen gemeint. Die Gründe für die Nichtkontrollierbarkeit der Situation werden von Betroffenen entlang der Dimensionen internal–external, global–spezifisch und stabil–variabel erklärt (Abramson, Seligman & Teasdale 1978). Nur bezüglich der ersten Dimension kann Paul nicht abschließend eingeordnet werden. Er scheint in jedem Fall aber auch externale Begründungsmuster heranzuziehen, wie das Nicht-Verstehen und das Sich-nicht-fair-behandelt-Fühlen suggerieren.

  14. 14.

    Die gesamte Interviewdynamik kommt einem Hineinreden in die Depression gleich. Augenscheinlich besitzt diese Stelle für Paul eine starke Triggerfunktion seiner psychischen Gesamtsituation. Ein langes Nachgespräch wurde zur Klärung darauf verwendet, dieses gemeinsam aufzuarbeiten. Ich stand Paul auf seinen Wunsch hin auch darüber hinaus als Zuhörer seiner Geschichte zur Verfügung. Teilweise entstand dabei der Eindruck, als stelle sich eine Art „therapeutisches Setting“ ein, welches nicht unüblich in Interviews mit Geflüchteten ist (Thielen 2009). Ich begleitete und unterstützte Paul in seiner Situation auch nach dem Interview. Ein späteres Telefonat mit Paul bestätigte mich in der Annahme, dass seine psychisch sehr belastende Situation fortbesteht: „Paul fühlt sich sehr schlecht, er berichtet, er habe Schmerzen. Er lehnt ab, sich gemeinsam mit mir zu treffen, weil er nicht rausgehen möchte. Er macht insgesamt einen sehr antriebslosen und schlechten Eindruck auf mich“ (Feldnotiz: 28.08.2015).

  15. 15.

    Kennzeichnend dafür ist auch die Art und Weise, wie er Rassismus addressiert (3.2.5): „The racist thing is none of my business. Ya, it’s none of my business. Because people have been in it and they have accept it. So it’s none of my business“ (Carl: 218).

  16. 16.

    In Kamerun wird Homosexualität mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe geahndet. In den Nachgesprächen berichteten mir die Menschen außerdem oft ausführlich von der Unfreiheit, die sie dort insbesondere aufgrund der grassierenden Korruption erleben mussten. Samuel: „Many people in Cameroon them do go school, them get many diplom but them can’t work. They no fit work, because the people way there up. Yes, the people way there up. Na them di do everything. We we don’t get anything. Political problem too much“ (166). Jacques berichtete mir vom Mord an seinen Freunden und der konkreten Bedrohung seines Lebens aufgrund der Zugehörigkeit zur politischen Oppositionsbewegung. Staatsoberhaupt Paul Biya ist seit 34 Jahren in Kamerun durchgängig an der Macht. In mehreren EU Ländern wird Kamerun als ein „sicheres Herkunftsland“ geführt. In Deutschland bisher nicht, Abschiebungen bei abgelehntem Asylantrag werden jedoch durchgeführt (Pro Asyl 2015).

  17. 17.

    Die Duldung ist die Aussetzung der Abschiebung. Paul versucht, sie regelmäßig zu verlängern. Sein Asylverfahren ist allerdings einmalig abgelehnt: „Ich bekomme jede sechs Monate/ ja ich bekomm ein Aufenthalt für sechs Monate und nach sechs Monate muss ich verlängern“ (Paul: 46).

  18. 18.

    Als Zuständigkeitsverfahren wird das Dublin-Verfahren vor der eigentlichen Prüfung des Asylverfahrens durchgeführt. Die entsprechenden Bestimmungen sind festglegt in der Dublin Verordnung III (Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013).

  19. 19.

    Menschen mit einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung stehen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu. Eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 erklärte die zu geringe Höhe der festgelegten Leistungen für verfassungswidrig. Seitdem sind die Leistungen für Asylbewerber_innen denen der Hartz IV Sätze angenähert worden, liegen aber weiterhin etwa 10% darunter. Die jeweiligen Grundleistungssätze zwischen 284€ und 354€ sind in § 3 Abs. 1 und 2 AsylG festgelegt.

  20. 20.

    Es bleibt ansonsten einzig, dem erzwungenen Warten und Sinnverlust mit Ablenkung und sozialen Aktivitäten entgegen zu wirken (Goffman 1973: 74). Diese stehen jedoch wiederum nur denjenigen offen, die sich dazu in der Lage sehen und die Möglichkeit haben, wie Patrick (120): „You have to be interactive, you have to make maybe sport, you have to go with your friend. Depend äh how/ what you want to do. If you don’t do that, you will have very very big stress.“ Sehr oft stehen den Menschen nur solche Formen des emotionsregulierenden Copings (Lazarus 1966) zur Verfügung. Die Auslöser des eigentlichen Problems bleiben dabei jeweils weiterhin bestehen.

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Zalewski, I. (2017). Ergebnisse. In: Exklusionserfahrungen geflüchteter Menschen aus Kamerun. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17806-2_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-17806-2_3

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  • Publisher Name: Springer, Wiesbaden

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