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Einleitung: Grundfragen einer sinntheoretischen Organisationsforschung

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Operativität und Typik
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Zusammenfassung

In diesem Kapitel geht es um ideengeschichtliche und begriffliche Fragen zu theoretischen Anlehnungskontexten und epistemischen Grundierungen der Organisationstheorie. Die Ideenentwicklungen und Begriffsverschiebungen der verschiedenen turns in den Sozial- und Kulturwissenschaften haben auch die Organisationsforschung beeinflusst und in unterschiedlichen Graden deren epistemologische Grundstimmung geprägt. So sind es heute besonders Entwicklungen im Rahmen eines breiteren cultural turns, die die Perspektive der kommunikativen Hervorbringung und institutionellen Stabilisierung von sozialen Formen betonen. Vor diesem Hintergrund werden in diesem Kapitel entlang der Begriffe Operation, Form und Typik sinntheoretische Argumentationen innerhalb der neueren Organisationsforschung aufgezeigt. Diese Rekonstruktionen und Diskussionen machen Konvergenzgesichtspunkte verschiedener Theorien und Ansätze sichtbar, die unterschiedlich ausgeprägte Verständnisse für Operativität, Formen und Sinntypik aufweisen. Damit ist kein Theorienvergleich gemeint, sondern grundbegriffliche Spurensuche sinn-operativer Motive und kommunikationstheoretischer Anschlussfähigkeiten in der sozialkonstruktivistisch orientierten Organisationsforschung.

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Notes

  1. 1.

    Greifen wir den hier angebotenen musiktheoretischen Begriff auf, dann beruht Polyfonie auf Konsonanz und Harmonik, da die Mehrstimmigkeit auf einem harmonischen Unterbau (einheitliche Tonart, Tonleitern, Harmonien) aufsetzt. Inkommensurabilität beschreibt hingegen – übersetzt in die musiktheoretische Sprache – dissonante und disharmonische Relationen. Der Rekurs auf Begriffe und Konzepte aus der Musik-, Schwingungs- und Wellentheorie (vgl. Pretor-Pinney 2011, S. 75 ff. und S. 207 ff.) in Bezug auf menschliche Kommunikations- und soziale Koordinationsphänomene hat in den letzten Jahren zugenommen. Dabei soll es nicht um die „textliche Herstellung eines musikalisch-ästhetischen Milieus“ (Rotter 1985) gehen, sondern um grundlegende Fragen zur vorsprachlich-kommunikativen Medialität und dem koordinativen Fungieren von Klängen und musikalischen Formen. Diese Perspektive wurde in den letzten Jahren stark durch neurowissenschaftliche und anthropologische Forschungen zum Zusammenhang von Musikalität, Kognition, Emotion und Sozialität angeschoben (vgl. Levitin 2006, 2008; Sacks 2008; Spitzer 2002) und auch populärwissenschaftlich breit rezipiert (Ball 2011; Drösser 2009). Damit werden Fragen aufgegriffen und gestellt, die in der Soziologie (Casimir 1991; Drepper 1992; Fuchs 1987, 1992b; Großmann 1991; Rotter 1985) sowie Kulturgeschichte (Blanning 2008; Richter 1997) und Philosophie der Musik (Adorno 1986, 1989, 1991; Becker und Vogel 2007) bereits diskutiert wurden und noch werden.

  2. 2.

    Ortmann (2004, S. 57) hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Reflexionstheorien (vgl. Luhmann 1993) keineswegs nur neutrale Beobachter, Beschreiber, Versteher und Erklärer sind, sondern ihren Gegenstand dadurch beeinflussen, dass ihre Ideen und ihr Wissen in die Gegenstandskommunikation (z. B. organisationale Selbstbeschreibungen) mit eingehen (vgl. Ortmann 2004, S. 66).

  3. 3.

    Aktuelle Beispiele hierzu finden sich in der Managerialismus-Debatte, auf die wir später eingehen werden.

  4. 4.

    Das Verhältnis von Theorien und Ansätzen ist wissenschaftstheoretisch erklärungsbedürftig und soll hier nicht übergangen werden. Gerade in den letzten Jahren sind in den Sozial- und Kulturwissenschaften ein starker Trend zu Ansätzen und eine Multiplikation derselben zu verzeichnen. Ansätze scheinen ihrer kognitiven Konsistenz nach niederschwelliger angesetzt zu sein als Theorien, so dass man mit ihnen tentativer, allmählicher, bescheidener und auch bürdeloser „unterwegs“ sein kann als mit „großen“ und mitunter als „beschwerend“ empfundenen Theorien. Methodologisch klingt es dann oft so, als wären Ansätze näher an der Empirie als Theorien, die aufwendiger respezifiziert werden müssen. Des Weiteren scheinen sich Ansätze auch einfacher kombinieren und schneller wechseln zu lassen. Damit wird möglicherweise das Risiko minimiert, als Forschungsindividuum auf eine Theorie festgelegt zu werden. Ansätzen zu folgen ist etwas anderes als Theorien zu vertreten. Pathetisch gesprochen, scheint es fast so, als ob die „Zeit der Theorien“ abgelaufen ist und die unterschiedlichen Ansätze im Rahmen der verschiedenen turns das wissenschaftliche Feld bestimmen. Aber das mag einer Wellen- und mitunter Mode-Logik unterliegen. Den Begriff der Mode werden wir später für die Zirkulation von Managementideen wieder aufgreifen und diskutieren.

  5. 5.

    Wissenssoziologisch ist hieran bemerkenswert, dass Kultur und Institution identitätsstiftende Semantiken aus dem Selbstbeschreibungsrepertoire der modernen Gesellschaft sind, wobei Kultur als Vergleichsbegriff und Institution als Ordnungs- und Verfassungsbegriff seine sozialstrukturelle Plausibilität gewinnt. Das wird uns in den folgenden Diskussionen wieder beschäftigen.

  6. 6.

    Für eine kommunikative (Selbst-)Konstitutionsperspektive der Organisation steht prominent die Luhmann’sche Systemtheorie (Luhmann 2000a; vgl. ausführlich Drepper 2003a, S. 95 ff.). Dazu komme ich später ausführlich.

  7. 7.

    Bachmann-Medick spricht von Forschungswenden statt Paradigmenwechseln. Das nimmt i. E. die Übertreibungen und Überhöhungen aus dem Geschehen und hängt die vermeintlichen Innovationen und Neuerungen nicht so hoch:

    Eine gemeinsame Sicht der sozialen und kulturellen Welt kann daher von den wettstreitenden Theoriepositionen oder gar Theoriegenerationen in den Kultur- und Sozialwissenschaften nicht erwartet werden. Entsprechend der Abkehr von ,großen Erzählungen‘ und ,Meisterparadigmen‘ sind die Wenden in den Kulturwissenschaften eben nicht ,kopernikanisch‘. Viel vorsichtiger und experimenteller, ja viel allmählicher verhelfen sie Schritt für Schritt neuen Sichtweisen und Herangehensweisen zum Durchbruch. (…) Niemals handelt es sich um vollständige und umfassende Kehrtwenden eines Faches, sondern eher um die Ausbildung und Profilierung einzelner Wendungen und Neufokussierungen, mit denen sich ein Fach oder ein Forschungsansatz interdisziplinäre anschlussfähig machen kann. Es kommt zum Methodenpluralismus, zu Grenzüberschreitungen, eklektizistischen Methodenübernahmen – nicht jedoch zur Herausbildung eines Paradigmas, das ein anderes, vorhergehendes vollständig ersetzt (Bachmann-Medick 2007, S. 17 f.).

  8. 8.

    Reckwitz 2000 arbeitet seine Konvergenzthese dahin gehend aus, dass die zwei Hauptzweige des kulturwissenschaftlichen Feldes, die strukturalistisch-semiotische und die phänomenologisch-hermeneutische Tradition in Praxistheorien einmünden. Dieser Fragestellung gehe ich hier nicht weiter nach.

  9. 9.

    Oder wie Bardmann es ausdrückt: „Arbeitsorganisationen lassen sich nicht über Einheit symbolisierende Konzepte abbilden. Sie lassen sich nicht mehr begreifen als Rationalitätsgebilde oder als Herrschaftszusammenhänge, ohne dass sogleich entweder die Irrationalität oder der Widerstand der Beherrschten bzw. die Ohnmacht der Herrschenden mitgedacht werden müsste“ (Bardmann 1994, S. 35).

  10. 10.

    Am Deutlichsten hat Niklas Luhmann die sinnlogische Differenzialität einer Einheit in der Unterscheidung von „Zweck- und Systemrationalität“ (Luhmann 1968, S. 55 ff.) zum Ausdruck gebracht, die das gleichzeitige Wirken unterschiedlicher Rationalitätstypen als Sinnlogiken in einer Einheit ausdrückt. Das späte Luhmann’sche Konzept der paradoxalen Konstitution und der dadurch ausgelösten Eigenbeweglichkeit von Sinneinheiten (vgl. Luhmann 1997, 2000a) denkt diese Idee konsequent weiter (vgl. ausführlich Drepper 2003a, S. 67 ff.). Im Rahmen neuerer organisationstheoretischer Ansätze noch verbreiteter ist sicherlich Nils Brunssons Unterscheidung von „Rationalität und Irrationalität“ (vgl. Brunsson 1985). Diese Konzeption geht ebenfalls über die Idee struktureller Mehrdimensionalität hinaus und nimmt eine sinnlogische Konstitutionsdifferenz in den Blick, da Rationalität und Irrationalität verschiedene Sinnlogiken und nicht nur Strukturaspekte meinen. Die weitere Brunsson’sche Konzeptionierung von talk, decision und action vertieft diese Richtung, indem die operative Ebene bzw. die operativen Modi des Hervorbringens dieser Sinnlogiken benannt werden. Wir werden das im weiteren Verlauf des Textes wieder aufgreifen.

  11. 11.

    Die Nichtbegründung der Einführung der drei Sinndimensionen und die Ablehnung des Raumes als vierte Sinndimension finden sich in Luhmann (2002, S. 238 f.). Dem kann man dogmatisch verpflichtet folgen. Oder man geht genauso experimentell damit um wie Luhmann selbst. Für diese Option entscheide ich mich in diesem Text.

  12. 12.

    Oder wie Günter (1994, S. 326) das für die Hochphase der Industrialisierung in Deutschland ausdrückt: „Die Modernisierungen geschehen in einer Mischung von Erfahrung und Berechnung. Im Modernisierungs-Schub um 1900 entwickelt sich ein Verbund von Produktion und Wissenschaft. Eisen und Stahl regen den Ausbau der Technischen Hochschulen an (…). Die Hochschulen bilden qualifizierte Ingenieure aus und forschen im Verbund mit der Industrie.“

  13. 13.

    Pfeffer (1997, S. 2) macht mit der methodologischen Ausgangsunterscheidung individuals vs. situations deutlich, welchen Unterschied es organisationstheoretisch macht, ob man Organisationselemente über Substanzeinheiten oder temporalisierte Einheiten (Ereignisse) bestimmt. Pfeffer (1997, S. 4) macht dabei auf die lange Tradition und Dominanz des Verhaltensbegriffes innerhalb der Organisationstheorie aufmerksam und führt die Attraktivität des Topos Organizational Behavior auf dessen hohe Anschlussfähigkeit im Schnittfeld zwischen Soziologie und Sozialpsychologie zurück. Gleichzeitig ist das Theorie- und Forschungsfeld des Organizational Behavior Pfeffer zufolge durch die hohe Anschlussfähigkeit und interdisziplinäre Strahlkraft, aber auch gleichzeitige Vagheit, Diffusität und Durchlässigkeit des Sammel- und Bündelungsbegriffes „Verhalten“ (vgl. Starbuck 2003, S. 144) sehr breit und unüberschaubar geworden. Pfeffer (1997, S. 42 ff.). weist ebenfalls darauf hin, dass Verhalten und Handlung grundbegrifflich oftmals nicht auseinandergehalten werden. Baecker (1999, S. 137) versucht bereits die frühen subkutanen Umbauten der Grundbegrifflichkeiten nachzuweisen: „Die Entscheidungstheorien von Simon und March und Simon sind in einem strengen Sinne bereits Kommunikationstheorien der Organisation, selbst wenn sie noch als Handlungs- oder Verhaltenstheorien formuliert werden“ (Baecker 1999, S. 137).

  14. 14.

    Vgl. Tacke und Drepper (2017, S. 42 ff.) zur begriffsgeschichtlichen Relevanz und Entwicklung des Systembegriffes vom „Conceptual Scheme“ zum Gegenstandsbegriff in der Geschichte der Organisationsforschung. Als Vorläuferkonzept muss der Organismusbegriff im Rahmen einer „Organologie der Organisation“ genannt werden (vgl. Türk et al. 2002, S. 93 ff.).

  15. 15.

    In der Evolutionstheorie und Populationsökologie der Organisation findet sich ebenfalls die Verbindung von Zeit- und Sozialperspektive im Organisationsbegriff. Hier wird die Frage nach sozialer Typisierung über den Populationsbegriff und die Zeitperspektive über Lebenszyklenmodelle begriffen (vgl. Kieser und Woywode 2006).

  16. 16.

    Der Kommunikationsbegriff wurde innerhalb der Organisationstheorie lange nicht als operativer Leitbegriff in Betracht gezogen, obwohl schon früh mit Chester Barnard und später mit Lee Thayer Kommunikationstheorien der Organisation vorliegen. In Marchs wegweisendem „Handbook of Organizations“ (1965) findet sich interessanterweise ein Artikel zu „Communication“, nicht aber zu Action. Kommunikation wird hierin als ein Aktivitätsmodus in Organisationen verstanden, aber noch nicht als einheitskonstituierende Operation diskutiert.

  17. 17.

    Hannan et al. 2007, S. 12 weisen ebenfalls auf die Breite und Spezifikationsbedürftigkeit, aber gleichzeitig auch auf die Relevanz des Operationsbegriffes als „fuzzy category“ im Organisationskontext hin. Insgesamt ist die Abhandlung von Hannan et al. ein wichtiger Beitrag zum Zusammenhang von sprachlicher Operativität und der Produktion von Typik, hier autologisch bezogen auf die Produktion verschiedener Typiken der Organisationstheorie. Die Entwicklung einer allgemeinen Theorie der Organisation schlagen sie durch die Übersetzung von natürlicher in formalisierte Sprache vor, durch „translation from natural to formal language“ (9). Durch formale Übersetzung können kommunikative Alltagsbeobachtungen und -beschreibungen zu Organisationen ihrer Meinung nach zu theoretischen Propositionen verallgemeinert werden. Dem gehe ich hier nicht nach, ich finde nur den Zusammenhang von Sprache, Übersetzung und Produktion von Typik bemerkenswert. Dieser Zusammenhang wird uns im Text wieder begegnen. Insgesamt stellt die Populationsökologie der Organisation im Rahmen einer allgemeinen Evolutionstheorie des Sozialen (vgl. Wortmann 2010, S. 111 ff.) einen sehr wichtigen Ansatz zum Zusammenhang von Form und Typik dar.

  18. 18.

    Mit der Unterscheidung von „Aktualität“ und „Potentialität“ wird hier auf einen phänomenologischen Sinnbegriff Bezug genommen (vgl. Luhmann 1971a, 1997, S. 44 ff.). Wir kommen darauf im zweiten Abschn. 2.4 ausführlich zurück.

  19. 19.

    Die Unterscheidung von Informations- und Materialitätsparadigma lässt sich genauer bestimmen, wenn man weitere Begriffe aus dem jeweiligen semantischen Feld hinzuzieht. Das semantische Feld des Informationsparadigmas umfasst Begriffe wie Sinn, Ereignis, Information, Wissen, Rezeption, Konstruktion, Prozessierung, Kommunikation und Selektivität, das semantische Feld des Materialitätsparadigmas Begriffe wie Materialität, Substanz, Ressourcen, Arbeit, Produktion, Allokation, Distribution. Die epistemologische Vorstellung des ersten Falles ist eine ereignishaft-relationale Wirklichkeitskonstruktion, die der zweiten Perspektive eine Ontologie produzier-, akkumulier-, entwickel- und transferierbarer Partikel und Objekte.

  20. 20.

    Es lassen sich disziplinäre Strategien des Umgangs mit dem Kommunikationsbegriff beobachten, sozusagen kognitive Ausdifferenzierungen, die auf den Begriff reagieren und einen unterschiedlichem Theoretisierungs- und Systematisierungsgrad erreichen: Kommunikation als Thema, Gegenstand und Sachverhalt, Anlass für Subdisziplinierung (Institutionalisierung von Subdisziplinen in Fachgesellschaften) und Theoretisierung (Grundbegriff).

  21. 21.

    Das Grimmsche Wörterbuch der deutschen Sprache gibt für „unheimlich“ u. a. folgende Bedeutungen an: ungemütlich, unruhevoll, beunruhigend, nicht vertraut, die Ordnung störend, ungewöhnlich, unbequem, bedenklich und gefährlich (vgl. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Bd. 24, Sp. 1056–1058). Unheimliches hat aber auch immer etwas Anziehendes, Reizvolles und Spannendes an sich. So eine Spannung zwischen Ablehnung und Anziehung scheint für die Soziologie mitunter vom Kommunikationsbegriff auszugehen.

  22. 22.

    Der Begriff der „mutualistischen Konstitution“ wird in der Luhmannschen Theorie allerdings nicht eindeutig gehandhabt. Im Kapitel „Doppelte Kontingenz“ (Luhmann 1984, S. 157 ff.) verweist Luhmann auf eine Definition auf den vorderen Seiten von „Soziale Systeme“ (Luhmann 1984, S. 65). An ausgewiesener Stelle findet sich hingegen der Begriff der „multiplen Konstitution“. Welcher Begriff nun vorgängig ist, oder ob beide in eins zu setzen sind, kann hier nicht geklärt werden. Dass Luhmann mit mutualistischer Konstitution in etwa das meint, was Schütz als „mutual knowledge“ bezeichnet, drängt sich auf. Obwohl Luhmann in dem Kapitel über Doppelte Kontingenz versucht, die soziale Situation doppelter Kontingenz durch die an ihr beteiligten Einheiten zu prozeduralisieren und keine vorgängigen Struktur, Werte- oder Symbolsysteme als Möglichkeitsbedingung mehr anzunehmen – hier gegen die parsonianische These des „shared symbolic systems“ –, gelingt dies nicht so ganz, wie das nachfolgende Zitat aus Luhmann (1984, S. 154 f.) zeigt: „Situationen mit doppelter Kontingenz erfordern gewiß, um Kommunikation überhaupt in Gang bringen zu können, ein Mindestmaß wechselseitiger Beobachtung und ein Mindestmaß an auf Kenntnissen gegründeter Erwartungen“ Vgl. Ortmann (1995, S. 78). zum Zusammenhang von mutualistischer Konstitution und doppelter Kontingenz.

  23. 23.

    Für Parsons (1968, S. 43 ff.) stand die Frage nach der Mehrkomponenteneinheit des Handlungsaktes ebenfalls im Vordergrund. Und der Begriff, der für die Angabe der Komponentenhaftigkeit zur Verfügung stand, war der Systembegriff als „conceptual scheme“ (vgl. Tacke und Drepper 2017, S. 42 ff.). So ist auch Parsons Diktum zu verstehen: „Action is system“! Die analytische Dekomposition des „unit acts“ in seine konstituierenden Komponenten zeigte dann Zwecke, Bedingungen, Normen und Aktoren auf. In diesem Zusammenhang begründet Parsons auch die Nachrangigkeit der Raumkategorie für die Handlungstheorie

    While the phenomena of action are inherently temporal, that is, involve processes in time, they are not in the same sense spatial. That is to say, relations in space are not as such relevant to systems of action analytically considered. For the analytical purposes of this theory, acts are not primarily but only secondarily located in space. Or to put it somewhat differently, spatial relations constitute only conditions, and so far as they are controllable, means of action. (…) For it is safe to say there is no empirical phenomenon, no thing or event, known to human experience, which is not in one aspect physical in the sense of being capable of location is space. There is certainly no empirical ‚self‘ known which is not an ‚aspect of‘ or ‚associated with‘ a living biological organism (vgl. Parsons 1968, S. 45, Fn. 1).

    Möglicherweise hat Luhmann sich bei der Bestimmung der drei Sinndimensionen hieran orientiert und es bei der Einordnung des Raumes in die Sachdimension („means of action“) belassen (vgl. Fn. 11 in diesem Text).

  24. 24.

    „Keywords“ sind sozialstrukturell bedeutsame und verweisungsreiche Wörter, die historisch relevante Themen und Probleme adressieren (vgl. Williams 1976, S. 17).

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Drepper, T. (2017). Einleitung: Grundfragen einer sinntheoretischen Organisationsforschung. In: Operativität und Typik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17649-5_1

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