Verfassungspolitologie des demokratischen „Verfassungsrealismus“: Von Lassalle über Kelsen zu Loewenstein

Zusammenfassung

Loewensteins Bewunderung für den britischen Parlamentarismus und sein engagierter Einsatz als „Herzensrepublikaner“ machten ihn zur Weimarer Zeit in der ganz überwiegend konservativ-deutschnationalen Staatsrechtslehre zum Außenseiter, der wie Hans Kelsen, Hermann Heller und Ernst Fraenkel durch den Nationalsozialismus vertrieben wurde. Eine Auseinandersetzung mit seiner Verfassungslehre als einem zugleich politikwissenschaftlichen „Schlüsselwerk“ bleibt über historische Bezüge hinaus für die grundständige Beschäftigung mit dem „Staat“ von Interesse: Loewensteins positivistische Politologie der Verfassung, von Fraenkel als „Verfassungsrealismus“ bezeichnet, ist in mehrfacher Hinsicht exzeptionell – zumal gemessen an der deutschen Lehre vom „Staat“, dessen Ende auch Carl Schmitt selbst schon heraufziehen sah. Trauer angesichts des Untergangs des „Staats“ aber war Loewenstein völlig fremd.

Grundlage sind meine Aufsätze: Ein moderner Klassiker der Verfassungstheorie: Karl Loewenstein, in: Zeitschrift für Politik (ZfP) 2004, S. 68 ff.; Politics, Staatsrecht und die demokratische Kontrolle der Macht im Spiegel totalitärer Erfahrung; Verfassungsrealismus als sozial-liberal-demokratisches Projekt, beide in: Ders. (Hg.). Verfassungsrealismus. Das Staatsverständnis von Karl Loewenstein, Baden-Baden 2007, S. 13 ff. bzw. S. 103 ff. Eine ausführlichere Fassung des Aufsatzes wird in einem von Detlef Lehnert geplanten Sammelband („Verfassungsdenker“) erscheinen.

Bzgl. Loewenstein sind außerdem die Arbeiten von Markus Lang zu nennen, insb. seine Monografie über den „transatlantischen Denker“ (Karl Loewenstein, Stuttgart 2007), sowie aktuell Oliver Lepsius, Karl Loewenstein (1891–1973); in: Peter Häberle u. a. (Hg.), Staatsrechtslehrer des 20. Jahrhunderts, Berlin 2015, S. 411 ff.