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6. Das Beispiel und die Sprachspiele (Wittgenstein) – Das Beispiel und die Konzeptionen (Hans Lipps)

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Part of the book series: Phänomenologische Erziehungswissenschaft ((PHE,volume 5))

Zusammenfassung

Dass Beispiele jemanden auf eine Spur bringen, indem sie ihn in eine Praxis versetzen, das gilt gerade auch von den Beispielen für Begriffe. Der Rekurs auf eine Praxis hängt hier ganz offensichtlich damit zusammen, dass solche Begriffe, die man nur mit Hilfe von Beispielen verdeutlichen kann, selbst praktischer Natur sind. Von daher muss ihre „Unexaktheit“ verstanden werden.

Der Autor Herr Günther Buck ist verstorben. Dieses Werk wird von Herrn Malte Brinkmann herausgegeben.

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Notes

  1. 1.

    Auch ein dem Anschein nach so eindeutiger Begriff wie „Stuhl“ will nicht irgendwelche Gegenstände anhand von Merkmalen bestimmen. Man greift immer irgendwie daneben, wenn man mittels gegenständlicher Merkmale zu definieren versucht, was mit „Stuhl“ allgemein gemeint ist, im Unterschied etwa zu „Sessel“. Gegenständliche Momente sind hier nicht das Primäre. Weder Unterschiede im Material (etwa das Fehlen oder Überwiegen der Polsterung) noch in einzelnen Teilen (etwa Sitzplatte beim Stuhl, Fehlen oder Vorhandensein von Armlehnen usw.) sind hier ausschlaggebend. Es gibt gepolsterte Stühle, solche ohne Sitzplatte; es gibt Stühle mit Armlehnen und Sessel, die keine haben. Woraufhin man ein Sitzmöbel als „Stuhl“ oder „Sessel“ anspricht, das ist primär die Art, wie man es gebraucht, nämlich ob man „auf“ ihm (Stuhl) oder „in“ ihm (Sessel) sitzt. Nur unter Voraussetzung dieses lediglich als Eindruck fassbaren Unterschiedes kann man nachträglich versucht sein, dafür sachliche Kriterien ausfindig zu machen, wobei man freilich immer gleichsam zu spät kommt bzw. danebentrifft – es sei denn, man will ein bestimmtes Sitzmöbel aufgrund eines oder mehrerer Merkmale Stuhl oder Sessel nennen. – Vgl. dazu und zum Folgenden das Buch von Bollnow 1966.

  2. 2.

    Verständigung ist überhaupt eines der leitenden Themen der „hermeneutischen“ Logik als einer Lehre vom λόγοϛ σημαντικόϛ. Sofern die mannigfachen Arten, wie der λόγοϛ einem etwas zu verstehen gibt, Ziel der Untersuchung sind, werden solche Redeformen wie Rat, Bitte, Frage usw. (vgl. Lipps 1938, S. 15), die seit Aristoteles von der Logik ausgeschlossen sind, wieder zu deren legitimen Themen. Auch darin liegt einer der Konvergenzpunkte mit dem späten Wittgenstein. Vgl. dazu den Katalog der „Sprachspiele“ (Wittgenstein 1953, Nr. 23).

  3. 3.

    So spricht man von einer Konzeption vornehmlich als dem, was irgendeinem Werk zugrunde liegt. Die Konzeption ist das, was der Ausarbeitung eines Werks die Richtung gibt bzw. – wie bei einem Kunstwerk – dasjenige, in dessen Licht man die Teile des Werks auffassen, d. h. verstehen muss. Als ordnende Mitte eines Ganzen ist sie nicht identisch mit dem „Plan“ eines Werks. Die Unausdrücklichkeit dessen, was wir die Konzeption nennen, bezieht sich nicht so sehr auf die Vagheit des „ersten Entwurfs“ einer geistigen Schöpfung gegenüber der größeren Bestimmtheit in einem späteren Stadium als vielmehr darauf, dass die Konzeption nur in der Art und Weise ihres Am-Werk-Seins, in den konkreten Vollzügen des Werks fassbar ist.

  4. 4.

    An diesen eindeutigen, situationsneutralen, bestandhaft vorführbaren Begriffen orientiert sich die Lehre von der „idealen Einheit der Bedeutung“.

  5. 5.

    Vgl. Lipps 1958, S. 31. Dazu auch Wittgenstein: „Ist das unscharfe [sc. Bild] nicht oft gerade das, was wir brauchen?“ (Wittgenstein 1953, Nr. 71). – Karl Bühler versucht in seinen den „synchytischen Begriffen“ gewidmeten Ausführungen (Bühler 1934, § 14, Abschn. 2, S. 221–223) zu zeigen, dass die sprachliche Begriffsbildung sich zumeist mit der extensionalen Begriffsbestimmung begnügt und dass, wie K. Heger (Heger 1964, S. 486–516) die Bühlers Theorie von den „synchytischen“ Begriffen zugrunde liegende Vorstellung treffend charakterisiert, „dabei vorzugsweise gleichzeitig mehrere, nicht auf einen gemeinsamen Nenner reduzierbare Subsumierungsrelationen gelten läßt“, sodass der „sprachliche, vorwissenschaftliche Allgemeinbegriff“ zwar ein hohes Maß von Flexibilität aufweist, jede eindeutige intentionale Begriffsbestimmung jedoch unmöglich ist (Heger 1964, S. 498). Die Voraussetzung ist dabei: diese Begriffe sind als „vorwissenschaftliche“, d. h. hier: lediglich noch nicht zur Wissenschaftlichkeit gediehene ihrer Absicht nach Begriffe, unter die subsumiert wird. Sie besitzen diesen immanenten Maßstab. Sie bleiben nur bei der Erfüllung ihres eigenen Anspruchs auf halbem Weg stecken. Was hier behauptet wird, ist aber ein Widersinn. Ein Subsumtionsbegriff, der gleichzeitig mehrere disparate Subsumierungsrelationen gelten lässt, ist eine contradictio in adjecto, sofern subsumieren heißt: etwas unter Zugrundelegung eines eindeutigen Maßstabes verrechnen. Dieser Widersinn verschwindet, sobald man das Vielbefassende der Begriffe des alltäglichen Lebens nicht mehr von „Subsumierungsrelationen“ her zu verstehen versucht.

  6. 6.

    So Szilasi 1945, S. 29. – Szilasis Buch enthält S. 26 ff. eine ausgezeichnete Charakteristik der jeweiligen Arten der Antizipation, je nachdem, ob es sich um praktisches oder theoretisches Weltverständnis handelt.

  7. 7.

    Lipps 1938, S. 57. Auch die Eigenschaften der Dinge sind zunächst solche „Seiten“, nicht aber „Merkmale“ als Handhabung der Bestimmung von etwas. Manche Konzeptionen sind durch den Hinblick auf bestimmte Eigenschaften zwar fixiert, so z. B. ist die weiße Farbe etwas, das „ein Pferd zum Schimmel geradezu macht“ (Lipps 1938, S. 55, Anm.). Aber solche ausschlaggebende Eigenschaften sind nicht dasselbe wie die Merkmale, deren sich die wissenschaftliche Bestimmung bedient, um etwas als Fall eines Begriffs zu beurteilen. Eigenschaften werden hier zu Merkmalen, an denen man etwas nur eben merkt. „Was man nur eben merkt, nämlich irgendworan, also an etwas Anderem, ist etwas, was sich insofern selbst gerade nicht zeigt (…) Bestimmung benutzt Merkmale, sofern die Zuordnung zu einer Einteilung bzw. die systematische Stelle von etwas nicht an ihm selbst gegeben ist. Nach Symptomen richtet sich die Diagnose. Wobei sie die Zuordnung bestimmter Symptome zu bestimmten Krankheiten nicht zu verstehen, sondern nur zu wissen braucht.“ (Lipps 1938, S. 54).

  8. 8.

    Lipps 1938, S. 92. – Das letzte erinnert an Wittgensteins Charakteristik des komplizierten Netzes von einander übergreifenden und kreuzenden Ähnlichkeiten dessen, was man alles als „Spiel“ versteht, als „Familienähnlichkeit“. Die verschiedenen Verwendungen von „Spiel“ haben gleichsam alle „dasselbe“ Familiengesicht (vgl. Wittgenstein 1953, Nr. 66, Nr. 67). Ganz entsprechend verweist Lipps hinsichtlich der Konzeptionen verschiedentlich auf die Art, wie man ein Gesicht in Wandlungen als dasselbe sieht (Lipps 1938, S. 58) oder wie bei der Familienähnlichkeit von Gesichtern sich das Gesicht des Einzelnen „allererst durch Ähnlichkeit mit anderen Gliedern der Familie“ bestimmt (Lipps 1938, S. 104). Man erfasst hier eine „Mitte, die unnennbar bleibt“ (Lipps 1938, S. 63).

  9. 9.

    Lipps 1938 – Der Ausweis der objektiven Realität ergänzt bei Kant den Begriff als Möglichkeit zur wirklichen Erkenntnis, aber erfüllt ihn nicht eigentlich. Er ist insofern ein Analogon der alten ontologischen Lehre von der Existenz als einem „complementum possibilitatis“.

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Buck, G., Brinkmann, M. (2019). 6. Das Beispiel und die Sprachspiele (Wittgenstein) – Das Beispiel und die Konzeptionen (Hans Lipps). In: Brinkmann, M. (eds) Lernen und Erfahrung. Epagogik. Phänomenologische Erziehungswissenschaft, vol 5. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17098-1_13

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-17097-4

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