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Zur Konstitution des Gegenstandes im Politikunterricht. Ergebnisse aus der dokumentarischen Analyse von Unterrichtsgesprächen

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Empirische Forschung zur schulischen Politischen Bildung

Zusammenfassung

Aus einer praxeologisch-wissenssoziologischen Perspektive auf den Politikunterricht gerät das in gemeinsamen Erfahrungen in- und außerhalb des Unterrichts fundierte Orientierungswissen von Lehrenden und Lernenden, das die alltägliche Unterrichtspraxis (mit) strukturiert, in den Blick. Bei der Rekonstruktion der verbalen Interaktionspraxis mit der dokumentarischen Methode lassen sich differente Modi der Gegenstandskonstitution identifizieren, die in unterschiedlichem Maße durch die außerschulischen Erfahrungen der Lernenden bestimmt sind. Am Beispiel eines Unterrichtsgesprächs im Gemeinschaftskundeunterricht einer 11. Klasse zu einem islamistisch motivierten Terroranschlag in Paris wird in diesem Beitrag exemplarisch gezeigt, wie ein aktuelles Thema durch einen konventionellen, aus der empirischen Unterrichtsforschung bekannten Interaktionsmodus so bearbeitet wird, dass es für eine Entfaltung außerschulisch fundierter Orientierungen kaum Raum gibt. Die Gegenstandsverhandlung folgt hier – wie in der großen Mehrheit der rekonstruierten Unterrichtssituationen – einer ‚schulischen‘ Logik. Daran anschließend werden zwei Forschungsbedarfe aufgezeigt.

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Notes

  1. 1.

    Ein herzlicher Dank gilt den Lehrkräften, die ihren Unterricht für uns geöffnet und damit ein (fach-)didaktisches Nachdenken auf empirischer Grundlage ermöglicht haben.

  2. 2.

    Die Unterrichtsstunde fand zwei Tage nach den Anschlägen in Paris statt. An der Tafel stehen drei Zahlen: 88.000 (Polizist*innen), 12 (Opfer), 2 (Täter).

  3. 3.

    Die Personen sind anonymisiert in der Form „Sm1“ (Schüler männlich 1). Die Transkription orientiert sich am Transkriptionssystem TiQ (vgl. Bohnsack 2014, S. 253 ff.): (.) = Pause in Sekunden, (schön) = Unsicherheit in der Transkription, @(.)@ = Lachen in Sekunden, Sehr schön = Betonung.

  4. 4.

    Auch die Schülerin zuvor spricht gemeinsam mit der Lehrerin vor dem Hintergrund des Diskurses um Islamfeindlichkeit, wenn sie die Gefahr einer Verallgemeinerung von Muslimen als Islamisten thematisiert. Diese wird von der Lehrerin in aller Deutlichkeit bestätigt und im Verweis auf die Repräsentanten von Muslimen, die sich klar von den Anschlägen distanzierten, elaboriert.

  5. 5.

    Die damit einhergehenden „Homogenisierungstendenzen“ (Jahr und Hempel 2016, S. 184 ff.) sind dann als problematisch einzuschätzen, wenn nicht die Erarbeitung eines ‚festen‘ Wissens, sondern Mündigkeit als Leitziel politischer Bildung gesetzt wird, für dessen Erreichung die Aushandlung kontroverser Perspektiven ohne feststehendes Ergebnis konstitutiv ist (vgl. Autorengruppe Fachdidaktik 2016, S. 15 f.).

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Hempel, C., Jahr, D., Koop, D. (2017). Zur Konstitution des Gegenstandes im Politikunterricht. Ergebnisse aus der dokumentarischen Analyse von Unterrichtsgesprächen. In: Manzel, S., Schelle, C. (eds) Empirische Forschung zur schulischen Politischen Bildung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16293-1_14

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