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Karl Popper und Viktor Kraft

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Handbuch Karl Popper
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Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht, in welchem Verhältnis Karl Popper (1902–1994) und Victor (oder Viktor) Kraft (1880–1975) zueinander standen. Dabei wird hauptsächlich auf das Frühwerk Poppers und Krafts eingegangen und auf die dabei bestehenden Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede beider philosophischer Ansichten hingewiesen. Wo es sich anbietet, werden auch unveröffentlichte Schriften hinzugezogen.

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Notes

  1. 1.

    Hier täuscht sich Popper in seinen Erinnerungen. In einem Brief wird Kraft deutlich: „Wenn Sie selbst auch nicht, wie ich glaube, zum ,Wiener Kreis‘ gerechnet werden wollen, so stehen Sie ihm doch wohl näher als jeder anderen Richtung. Darf ich Sie in diesem Sinn in meinem Buch anführen? Jedenfalls sind Sie unter denen zu nennen, die einen maßgebenden Einfluss auf ihn ausgeübt haben, wie aus Carnaps ‚Testability and Meaning‘ deutlich zu ersehen ist. Ich bin im großen Ganzen mit Ihrer ‚Logik der Forschung‘ durchaus einverstanden“ (Karl Popper-Sammlung, Klagenfurt, 316/24, Victor Kraft an Karl Popper 02.05.1946).

  2. 2.

    Diese Distanz liegt inhaltlich in Krafts Eintreten für eine realistische Position und in seinem Interesse an ethischen und Wertfragen begründet, einem Themenkomplex, der im Wiener Kreis nicht die höchste Priorität genoss und erst in jüngster Zeit umfassend erforscht wurde (Siegetsleitner 2014).

  3. 3.

    Es finden sich folgende weitere Referenzen auf Kraft: Verweis auf die hypothetisch-deduktive Auffassung einer Theorie (Popper 2006, S. 266–267, vgl. 278), die Bemerkungen in den Grundproblemen (Popper 1979) werden weiter unten ausführlich diskutiert. In der „Logik der Forschung“ finden sich nur pauschale Hinweise auf Kraft (Popper 1984, S. 6, 25). So verwundert nicht, dass Krafts Einfluss bisher kaum untersucht wurde.

  4. 4.

    Kraft an Popper, 15.11.1961. Karl Popper-Sammlung, Klagenfurt, 316/24.

  5. 5.

    Kraft hat offenbar ein weiteres Verständnis des Begriffes „logischer Empirismus“, anknüpfend an eine Denktradition, die sich spezifisch in Österreich entwickelte und die sich idealistischer Spekulationen enthielt und einen engen Anschluss an die Erfahrungswissenschaften suchte.

  6. 6.

    Historisch mag es eine Rolle spielen, dass Kraft während seines Studiums mit dem dezidiert deduktiven Ansatz der Geomorphologie William Morris Davis’ in Berührung gekommen ist (Radler 2006, S. 81, 2008).

  7. 7.

    Kraft an Popper, 21.12.1957. Karl Popper-Sammlung, Klagenfurt, 546/22. In diesem Brief führt er ebenfalls aus, dass er mit „erkenntnistheoretischer Wahrscheinlichkeit“ den „degree of confirmation“ gemeint habe. Es ist nun aber genau dieser Bestätigungsgrad, der bei Popper mit der semantischen Theorie der Wahrheit verknüpft ist. Kraft scheint hier nicht zu voller Klarheit gekommen zu sein.

  8. 8.

    In einer hochinteressanten Postkarte vom 22.11.1960 bedankt sich Kraft für die „fast ausschließliche Zustimmung und Anerkennung“. Höchstwahrscheinlich ist die Erkenntnislehre von 1960 gemeint. In der Postkarte erwähnt Kraft ein „Stanford-Paper“, welches dann in „Vermutungen und Widerlegungen“ (Popper 2000, S. 312–365) abgedruckt wurde. Kraft teile den „Tenor“ von Poppers Ausführungen und hat mit einer „angenehmen Überraschung ersehen, dass die von mir angenommenen Differenzen hinsichtlich der empirischen Komponenten der Realerkenntnis nicht bestehen“ (vgl. Popper 2000, S. 353–354). Kraft gibt zu, dass er die Ausführungen in seiner Erkenntnislehre (1960, S. 254) nun berichtigen müsste, da er seinen Einwand beseitigt sieht (Karl Popper-Sammlung, Klagenfurt, 316/24, Kraft an Popper 22.11.1960). Noch im Sommer hat Kraft behauptet, dass er dem „kritischen Rationalismus“ nicht zustimmen kann, denn dieser komme auf „die mittelalterliche Methode des Raisonnements“ hinaus, wenn die wahrnehmbaren Tatsachen ausgeklammert werden. (Karl Popper-Sammlung, Klagenfurt, 316/24, Kraft an Popper 27.07.1960).

  9. 9.

    Hier wird in der Regel – auch von Popper – der Einwand erhoben, dass die Beobachtung stets theoriegeladen sei. Aber eine genaue Analyse, die Abstufungen der Theoriegeladenheit erlaubt, ist durchaus damit verträglich. Selbstverständlich widerspricht der Umstand, dass Beobachtungen theoriegeladen sind, in keiner Weise dem Umstand, dass man Phänomene beobachten kann. Die Auffassung, dass es Abstufungen der Theoriegeladenheit gibt, findet sich bei Egon Brunswik, einem Schüler Karl Bühlers. Im Übrigen geht Brunswik in seinen Experimenten zur Wahrnehmung davon aus, dass es ein „introspektives Minimum“ geben würde. Sowohl Bühler als auch seine Schüler Brunswik und Popper gehen von der Intentionalität der Wahrnehmung aus. Krafts „konstruktiver Empirismus“ ist damit kompatibel, denn die für ihn grundlegenden und erklärungsbedürftigen immanenten Wahrnehmungsregelmäßigkeiten müssen keinesfalls bedeuten, dass darunter intentionslose Erlebnisse zu verstehen sind. Kraft hat sich immer dezidiert gegen einen Sensualismus ausgesprochen. Seine ins Normative gewendete Erkenntnistheorie muss schließlich auch so etwas wie Erkenntnisziele, Zwecke – kurz: einen (intentionalen) Gegenstand annehmen.

  10. 10.

    Ein schwieriges Problem für Kraft sei hier erwähnt. Die Wahrheit kommt Aussagen (Propositionen) zu, nicht Sätzen. Letztere sind linguistische Gebilde und können als solche erforscht werden, während erstere Gegenstand semantisch-logischer Analysen sind. Dies erkennt Kraft an, und es stellt sich somit die Frage, ob hiermit nicht doch eine „Welt 3“ mit ins Spiel kommt. Kraft könnte entgegnen, dass man die Existenz von Theorien in der Welt 3 nicht postulieren muss, sondern Propositionen annimmt, um überhaupt sprachphilosophische Analyse zu betreiben. In diesem Sinne wären es Annahmen, Vermutungen, die sich bewährt haben – was wiederum ein abduktives Argumentationsmuster ist, welches Kraft an anderer Stelle bereits vertrat (s. o.).

  11. 11.

    Erwähnt sei an dieser Stelle lediglich der Brief Poppers an Kraft (Karl Popper-Sammlung, Klagenfurt, 316/24) vom 06.08.1968 und Krafts Antwortschreiben (Karl Popper-Sammlung, Klagenfurt, 316/24) vom 14.08.1968. Popper kritisiert Kraft dafür, dass sein Rekurs auf eine menschliche Gattungsgleichheit Rassisten Tür und Tor öffnen würde. Popper legt seinen Finger auf den wunden Punkt in Krafts Argumentation (zu letzterer siehe Siegetsleitner 2014, S. 385).

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Radler, J. (2019). Karl Popper und Viktor Kraft. In: Franco, G. (eds) Handbuch Karl Popper. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16239-9_13

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