Zusammenfassung
Der Ansatz des wissenschaftlichen Weltzugangs von Matthes ist ein wissenssoziologischer. Er beruht auf der Einsicht, dass bei allen sozialwissenschaftlichen Beobachtungen auch die positionelle bzw. kulturelle Verflechtung des Beobachtenden mit seinen Objekten sowohl theoretisch reflektiert als auch forschungspraktisch realisiert werden muss. Entsprechend kann sich nach seiner Überzeugung „Religion“ immer nur kulturell je spezifisch eingebettet ereignen. Damit hat eine Religions-Soziologie das ‚Religiöse‘ als Resultat eines gesellschaftlichen Diskursprozesses zu begreifen und die Gebundenheit der Reflexion des Religiösen an einen jeweiligen Kulturkreis stets präsent zu halten. In seinem Verständnis steht daher für ihn das Wort „Religion“ für eine „kulturelle Programmatik“, die einen „Möglichkeitsraum“ absteckt. Das ist eine Absage an einen universalistisch-transkulturell verstandenen Religionsbegriff. In dem von ihm geprägten Begriff der „Unbestimmtheit“, verstanden als Signatur der Selbstwahrnehmung der im westlich-christlichen Kulturraum verwurzelten Menschen im Blick auf ‚Religion‘, erfasst er funktional jenes Diskurs-Element innerhalb des „Möglichkeitsraums“ einer „kulturellen Programmatik“, das sich – eben als „Programmatik“ und nicht als „Programm“ (!) – kirchlich-institutionell nicht komplett verrechnen und auch nicht theologisch-dogmatisch fixieren lasse.
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Feige, A. (2019). Joachim Matthes: Religion und Gesellschaft. Einführung in die Religionssoziologie, Bd. I (1967)/Kirche und Gesellschaft. Einführung in die Religionssoziologie, Bd. II (1969). In: Gärtner, C., Pickel, G. (eds) Schlüsselwerke der Religionssoziologie. Veröffentlichungen der Sektion Religionssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15250-5_31
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