Zusammenfassung
Georg Simmel (1858–1918) versteht in seinem Essay Die Religion die Entstehung von ausdifferenzierter Religion aus sozialen Prozessen heraus, nämlich qua Analogiebildung. Religion bildet sich dort, wo sich die Spannung zwischen Vergesellschaftung und personaler Individuation, oder abstrakt gesprochen: zwischen Teil und Ganzem, zeigt. Die religiöse Kategorie gewinnt Gestalt an sozialen Prozessen, deren Transzendierung und Objektivierung die Welt der Religion entstehen lässt. Als ausdifferenzierter Bereich kann Religion auf die sozialen Prozesse als Ermöglichung der gleichzeitigen Vergesellschaftung und personalen Individuation zurückwirken. Indem Simmel zwischen religiösen Halbprodukten innerhalb sozialer Prozesse und der aus dem Bereich des Sozialen (im formalen, gesellschaftsstrukturellen Sinn) herausdifferenzierten Religion als einer eigenständigen Form unterscheidet, kann Religion als ein innergesellschaftlicher Sachverhalt begriffen und sie zugleich von anderen Vergesellschaftungsprozessen unterschieden werden.
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Dieser Möglichkeit einer synthetisierenden Lesart neben anderen steht Lichtblau (2011) skeptisch gegenüber.
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Krech, V. (2019). Georg Simmel: Die Religion (1906/1912). In: Gärtner, C., Pickel, G. (eds) Schlüsselwerke der Religionssoziologie. Veröffentlichungen der Sektion Religionssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15250-5_14
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