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Diskursanalytisch Forschen – Kritische Diskursanalyse als methodologischer Rahmen

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Gefährlich oder gefährdet?

Part of the book series: Geschlecht und Gesellschaft ((GUG,volume 66))

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Zusammenfassung

Eine Adaption der Kritischen Diskursanalyse, erweitert um Anleihen aus der Critical Discourse Analysis und der Wissenssoziologischen Diskursanalyse, stellt den methodologischen Rahmen dar für die Analyse medialer Diskurse über Sexarbeit zur Fußball-WM der Männer in Südafrika. Aus der offen angelegten Fragestellung scheint – in Verknüpfung mit den für diese Arbeit angelegten queeren, postkolonialen und intersektionalen Überlegungen – ein diskursanalytischer Zugang, der qualitativ-interpretativ Diskurse rekonstruiert, angemessen. Ziel dieses Kapitels ist es, den Diskurs(analyse)-Begriff der vorliegenden Arbeit zu klären und aus diversen diskursanalytischen Werkzeugkisten ein kohärentes Begriffsinstrumentarium für die empirische Analyse zu entwickeln.

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Notes

  1. 1.

    Foucaults Machtbegriff ist höchst komplex und in seinem Gesamtwerk auch durchaus widersprüchlich. In „Sexualität und Wahrheit“ (1983, S. 100) schreibt Foucault folgendes über das Verhältnis von Diskursen und Macht: „Die Diskurse ebensowenig wie das Schweigen sind ein für allemal der Macht unterworfen oder gegen sie gerichtet. Es handelt sich um ein komplexes und wechselhaftes Spiel, in dem der Diskurs gleichzeitig Machtinstrument und -effekt sein kann, aber auch Hindernis, Gegenlager, Widerstandspunkt und Ausgangspunkt für eine entgegengesetzte Strategie. Der Diskurs befördert und produziert Macht; er verstärkt sie, aber er unterminiert sie auch, er setzt sie aufs Spiel, macht sie zerbrechlich und aufhaltsam. Desgleichen sichern das Schweigen und das Geheimnis die Macht und ihre Untersagungen; aber sie lockern auch ihre Zugriffe und schaffen mehr oder weniger dunkle Spielräume.“ Für die vorliegende Analyse des Sexarbeitsdiskurses zur WM ist insbesondere der Aspekt relevant, dass der Diskurs zugleich Machtinstrument und -effekt sein kann und dass es in dieser Vorstellung von Macht keine ausübenden Personen oder unmittelbar damit verbundene Institutionen gibt. Macht „erscheint vielmehr als ein Spiel von Kräften, die ein Gebiet in einer Gesellschaft besetzen und dort Systeme entstehen lassen“ (Ruoff 2007, S. 17).

  2. 2.

    Er benennt jedoch zwei unterschiedliche diskursanalytische Strategien: die Archäologie und die Genealogie. Mit der Archäologie geht es Foucault um die Analyse der immanenten Regeln des Diskurses wohingegen er mit der Genealogie Diskurse gesellschaftlich und historisch kontextualisiert, sodass sie nicht mehr isoliert erscheinen, sondern in ihrer empirischen Verflechtung mit sozialen Praktiken analysiert werden können (vgl. Ruoff 1981, S. 198).

  3. 3.

    Ausführlicher zur CDA vgl. Lazar (2005), Fairclough (1995, 2003), Fairclough und Wodak (1997), Wodak (2001).

  4. 4.

    Der Ansatz der KDA unterscheidet sich durch die theoretische Fundierung von der CDA, die sich auf „marxistische Philosophietraditionen – vor allem das Ideologiekonzept von Louis Althusser und den Hegemonie-Begriff von Antonio Gramsci“ (Keller 2011, S. 28) bezieht. Auch wenn ich Anleihen aus der CDA übernehme, insbesondere was den Kritik-Begriff betrifft, orientiere ich mich in den Begrifflichkeiten meiner Analyse vorrangig an der KDA.

  5. 5.

    Diskurse operieren auf verschiedenen diskursiven Ebenen, wie bspw. Wissenschaft, Politik oder Medien. Jäger (2006, S. 101) bezeichnet Diskursebenen als soziale Orte, von denen aus jeweils gesprochen wird. Hierbei stehen die verschiedenen Diskursebenen in wechselseitigen Bezug zueinander. So können in Medien Diskursfragmente aus wissenschaftlichen Spezialdiskursen oder aus dem Alltagsdiskurs auftauchen und umgekehrt. Auf diese Weise beeinflussen Medien das Alltagsdenken und nehmen teilweise auch Einfluss auf die jeweils machbare und gemachte Politik (vgl. Jäger 2006, S. 101). Zudem nehmen Jäger zufolge auch renommierte Leitmedien Informationen und Inhalte auf, die bereits in anderen Medien aufgetaucht sind. Für diese Arbeit ist dies deshalb relevant, da der mediale Diskurs den primären empirischen Zugang darstellt.

  6. 6.

    Die KDA bezieht sich in ihrem Hegemonie-Begriff ebenfalls auf Gramsci. Vgl. hierzu FN 37 in Abschn. 3.3.

  7. 7.

    Als einen weiteren Punkt des kritischen Potenzials der KDA nennt Jäger (1999, S. 228), dass die jeweiligen Analysen an begründete moralische Überlegungen gekoppelt werden sollten. Dies halte ich von daher für problematisch, als es keine ‚universelle‘ Moral gibt, die hier als Referenz dienen kann. Je nach sozio-historischem Kontext variieren Moralvorstellungen und sind daher stets als gesellschaftsimmanent zu analysieren. Aus meiner Perspektive als westlicher Wissenschaftlerin*, Moralvorstellungen für den südafrikanischen Diskurs anzulegen, würde damit der postkolonialen Ausrichtung dieser Arbeit widersprechen.

  8. 8.

    Es erschienen flankierend auch einige weitere Anleihen aus der WDA sinnvoll, um manchen Begriffen die notwendige Trennschärfe für die Verwendung in dieser Arbeit zu verleihen. Insbesondere auf der Akteur*innen-Ebene sind die Begrifflichkeiten der WDA hilfreich, um die Beziehung zwischen den politischen Positionen der Diskurs-Akteur*innen und den Subjektpositionen der Diskurs-Protagonist*innen herauszuarbeiten. Dies wird an den jeweiligen Stellen kenntlich gemacht.

  9. 9.

    Hier sind diskursive Verschränkung und Diskursverschränkung zu unterscheiden. Ersteres meint, dass zwei Ereignisse auf diskursiver Ebene miteinander verschränkt werden. Diskursverschränkung meint die Verschränkung von zwei Diskursen oder Diskurssträngen, also wenn ein Diskurs oder Diskursstrang in Verschränkung mit einem oder mehreren Diskursen/Diskurssträngen thematisiert wird.

  10. 10.

    Als anschauliches Beispiel nennt Jäger (1999, S. 162) die Atom-GAUs von Harrisburg und Tschernobyl, die in etwa ähnlich folgenschwer waren, was die radioaktive Belastung angeht, ersterer wurde jedoch medial wenig aufgegriffen, während der zweite zu einem medial-diskursiven Großereignis wurde und die gesamte Weltpolitik beeinflusste.

  11. 11.

    Die Zeitungsartikel erscheinen zwar auf den ersten Blick als Produkte einzelner Autor*innen. In der KDA geht es jedoch nicht darum, solche sprachlichen Produkte als individuelle Leistungen zu betrachten, sondern als Bestandteile eines (gesellschaftlichen) Diskurses: „Da der Diskurs aber immer nur in Gestalt individueller Produkte in Erscheinung tritt, kann die Analyse solcher Produkte auch nicht umhin, sie zunächst als solche ernst zu nehmen. So kann z. B. von der Wirkungsabsicht eines Autors die Rede sein. Ihre Erfassung dient aber nicht der Bestimmung der Autorintention, sondern ausschließlich dem Zweck, Wirkungen des Diskurses insgesamt zu erfassen“ (Jäger 1999, S. 173).

  12. 12.

    In einem Zeitungs-Artikel werden in der Regel verschiedene Themen angesprochen und es finden sich Anleihen aus unterschiedlichen Diskurssträngen. Sie sind somit Ansammlungen von verschiedenen Diskursfragmenten, die stets nur einen Ausschnitt des Sozialen repräsentieren können (vgl. Jäger 1999, S. 205). Diese gilt es – durch analytische Verfahren – zu sortieren, zu Diskurssträngen zusammenzusetzen, und sie so in ihren sozialen Kontext insgesamt einzubetten.

  13. 13.

    Auch hierzu gibt es verschiedene theoretische Überlegungen. Lakoff und Johnson (2002, S. 11) stellen beispielsweise fest, dass Metaphern nicht nur unsere Sprache, sondern auch unser Alltagsleben durchdringen, und damit auch unser Denken und Handeln. In dieser Konzeptionalisierung strukturieren Metaphern unsere alltäglichen Wahrnehmungen und Handlungen bzw. „wer auch immer denkt, strukturiert den Kosmos seines Bedeutungsuniversums durch Metaphern“ (Buchholz 2002, S. 7). In dieser Arbeit wird ob ihrer diskursanalytischen Ausrichtung dennoch auf die sprachbildliche Form von Metaphern, also einen Sachverhalt im Lichte eines anderen Sachverhalts verstehbar zu machen (vgl. Lakoff und Johnson 2002, S. 47), fokussiert und herausgearbeitet, welche Metaphern auch als Kollektivsymboliken dienen und inwiefern sie eine Fährenfunktion erfüllen.

  14. 14.

    Häufig handelt es sich hierbei um klar abgegrenzte Akteur*innen wie bspw. bestimmte Träger, im hier vorliegenden Diskurs häufig NGOs wie SWEAT, Molo Songololo oder die Embrace Dignity Campaign die verschiedene, widerstreitende Diskurspositionen formulieren und mit diesen in unterschiedlichen Diskurssträngen präsent sind, diese aber auch gestalten.

  15. 15.

    Hegemoniale Diskurspositionen können dabei entweder über eine quantitative Häufung oder die besondere Wirkmächtigkeit bestimmter Diskursfragmente und Deutungsmuster ausgemacht werden.

  16. 16.

    Wie in der Einleitung ausgeführt richtete sich die mediale Aufmerksamkeit – trotz der Adressierung von Fußball-Fans als potenziellen Prostitutionskunden* – vorrangig auf Sexarbeiterinnen* und ihre Kunden* bleiben eher schemenhaft.

  17. 17.

    Subjekt versteht Villa, Butler (2001, S. 15) folgend, als „sprachliche Kategorie, […] [und] in Formierung begriffene Struktur“ bzw. als „sozial bewohnbare Zonen, die durch diskursive Semantiken geschaffen werden“ (Villa 2013, S. 66).

  18. 18.

    In der deutschen Übersetzung von Psyche der Macht wird ‚subjection‘ mit dem deutschen Neologismus ‚Subjektivation‘ übersetzt (vgl. Butler 2001, S. 187). In Texten, die sich stärker an Foucault (in Referenz auf dessen Begriff des „assujettissement“) orientieren, ist hingegen der Begriff der Subjektivierung geläufiger (vgl. Rose 2012, S. 12 f.). Da ‚Subjektivierung‘ anschlussfähiger an das hier dargelegte Verständnis von Diskursanalyse ist, werde ich im Folgenden diesen Begriff verwenden.

  19. 19.

    Auf den komplexen Prozess der Subjektivierung und die damit einhergehenden Machtwirkungen und Ausschlüsse kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, da sich diese Arbeit auf der Ebene medialer Diskurse bewegt, aus denen Rückschlüsse auf Praktiken der Subjektivierung nur schwer möglich sind. Ausführlicher hierzu siehe u. a. Butler (2001), Kocyba (2003), Rose (2012), Villa (2010, 2013).

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Küppers, C. (2018). Diskursanalytisch Forschen – Kritische Diskursanalyse als methodologischer Rahmen. In: Gefährlich oder gefährdet?. Geschlecht und Gesellschaft, vol 66. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15122-5_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-15122-5_5

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

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