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Sexarbeit – Repräsentationen und Verhandlungen

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Gefährlich oder gefährdet?

Part of the book series: Geschlecht und Gesellschaft ((GUG,volume 66))

  • 3004 Accesses

Zusammenfassung

Dieses Kapitel betrachtet Sexarbeit aus mehreren Perspektiven. Aus einer politischen Perspektive werden die verschiedenen feministischen Debatten über Sexarbeit dargestellt. Im Anschluss daran werden Repräsentationen, die über Sexarbeit(erinnen*) existieren nachgezeichnet. Häufig handelt es sich dabei um weit zurückreichende und historische Bilder von Sexarbeiterinnen* als ‚Opfer‘ oder ‚Überträgerin* von Krankheiten‘. Abschließend wird die konkrete Situation von Sexarbeiterinnen* in Südafrika, sowohl rechtlich als auch alltäglich, vorgestellt.

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Notes

  1. 1.

    Im deutschsprachigen Raum werden Prostitutionskunden* in der Regel als ‚Freier*‘ bezeichnet. Ich präferiere jedoch die direkte Übersetzung der gebräuchlichen englischsprachigen Bezeichnung ‚client‘ und bezeichne sie als ‚Kunden*‘. Zum einen betont ‚Kunde*‘ sehr viel passender, dass es sich um ein Dienstleistungsverhältnis handelt, zum anderen ruft ‚Freier*‘ m. E. mit seinen althochdeutschen Wurzeln und deren Verständnis eines Mannes* auf ‚Brautschau‘, inadäquate Assoziationen hervor.

  2. 2.

    In jeweils einem einzigen Artikel werden eine transgender Sexarbeiterin* (Mail & Guardian, 06.01.10) und ein schwuler Sexarbeiter* (Sunday Sun, 18.04.10) angeführt. Zudem wird in einem Artikel eine Zuhälterin* erwähnt (Pretoria News, 13.09.10). Hierauf wird in der Analyse jeweils gesondert eingegangen.

  3. 3.

    Bei der Bezeichnung radikale und sex-positive Feminist*innen handelt es sich um Selbstbezeichnungen, die eine bestimmte Positionierung in der feministischen Debatte um Sexarbeit markieren.

  4. 4.

    Ausführlicher zur Selbstorganisation von Sexarbeiter*innen und zur Hurenbewegung siehe Gall (2012) und für den internationalen Kontext insbesondere Kempadoo und Doezema (1998).

  5. 5.

    In radikaler Umkehr der Opferzuschreibung wird von Einigen sogar die These vertreten, dass Sexarbeit als eine Strategie betrachtet werden könne, die dominante patriarchale Gesellschaftsstruktur zu unterwandern und damit die männliche Herrschaft von innen heraus zu destabilisieren (vgl. Alexander 1997; Pendleton 1997).

  6. 6.

    Diese verhärteten Positionen treffen aktuell bzw. nach wie vor in der Law Reform Comission (LRC) in Südafrika aufeinander. U. a. diese inkommensurablen Einschätzungen der Situation von Sexarbeiter*innen führen dazu, dass es seit deren Gründung 1998 scheinbar unmöglich zu sein scheint, zu einem konsensfähigen Gesetzesentwurf bezüglich Sexarbeit zu kommen.

  7. 7.

    So ist die Möglichkeit, sich rational für Sexarbeit entscheiden zu können und den Beruf in relativer Sicherheit vor Übergriffen ausüben zu können, nicht zuletzt eine Frage von Klassenzugehörigkeit und Aufenthaltsstatus (vgl. Mai 2009). Dennoch gibt es auch innerhalb der Sexarbeit Bereiche, die von prekarisierten Arbeitsverhältnissen weit entfernt sind und gute Verdienstmöglichkeiten bieten, wie bspw. Upper-Class Escort-Services, Edelbordelle etc.

  8. 8.

    Den Begriff der ‚Diskurssplitter‘ entlehne ich Sabine Grenz (2005, S. 32), die darauf verweist, dass Splitter historischer Diskurse um Prostitution in den heutigen Erzählungen von Kunden* der Sexarbeit nach wie vor auftauchen. Siehe hierzu auch die Erläuterungen zum Analyse-Werkzeug in Abschn. 5.2.

  9. 9.

    Mir ist bewusst, dass die Verwendung von Forschungsliteratur aus dem globalen Norden um Zusammenhänge des globalen Südens zu beschreiben eine Gefahr der unreflektierten Reifizierung und Übertragung birgt. Aus diesem Grund ist die Entscheidung für die hier dargestellten diskursiven ‚Bilder‘ von Sexarbeit in engem Abgleich mit dem empirischen Material gefallen und nicht im Vorhinein festgelegt worden.

  10. 10.

    Je nachdem was hier als Ware ausgemacht wird, gestalten sich die daraus resultierenden politischen Forderungen, oder vielmehr – je nach politischer Positionierung wird etwas anderes als Tauschwert ausgemacht. So wird seitens radikal-feministischer Positionen recht häufig darauf verwiesen, Sexarbeiter*innen seien gezwungen ihre Körper oder sich selbst zu verkaufen, während aus sex-positiver Position, wie oben ausgeführt, der Dienstleistungscharakter betont wird (vgl. Bell 1994, S. 12).

  11. 11.

    Ebenso wenig verstehen sich Menschen, die in anderen Dienstleistungsbereichen arbeiten – wie bspw. Kellner*innen, Ärzt*innen, Lehrer*innen – selbst als Ware, wenn sie ihre Arbeitskraft verkaufen (vgl. Girtler 2004, S. 25). Zum Umgang mit Intimität und emotionaler Involviertheit im Bereich ‚emotionaler Arbeit‘ im Allgemeinen siehe u. a. Hochschild (1983).

  12. 12.

    Das Konzept der ‚rationalen Entscheidung‘ korrespondiert dabei mit den zahlreichen und verschiedenen Gründen, die Sexarbeiter*innen auf die Frage nennen, wie sie dazu kamen, mit Sexarbeit ihr Geld zu verdienen. Diese Entscheidung sei häufig wohlüberlegt, in einer spezifischen Situation und aus einer limitierten Auswahl an Möglichkeiten getroffen worden. Dabei kommen nicht nur Gründe wie die Gewinneffizienz in Relation zur Arbeitsdauer zum tragen, sondern auch die flexiblen Arbeitszeiten, die Unabhängigkeit von Arbeitgeber*innen und viele weitere. Siehe hierzu u. a. Carroll (2010); Chapkis (1997); Gould und Fick (2008).

  13. 13.

    Inwiefern Sexarbeiter*innen als Unternehmer*innen ihres eigenen Lebens (vgl. Bröckling 2012, S. 136) betrachtet werden können, wäre eine durchaus spannende Überlegung, der an anderer Stelle, empirisch unterfüttert, dezidierter nachgegangen werden könnte. Zum Konzept des unternehmerischen Selbst siehe Bröckling (2007), zur Diskussion dessen u. a. Künkler (2008).

  14. 14.

    Ähnlich wie die Vorstellung der Frau* als Ware wird das Bild der Sexarbeiterin* als Opfer besonders häufig von Abolitionist*innen aufgerufen.

  15. 15.

    Im deutschsprachigen Raum wird Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung häufig auch als ‚Zwangsprostitution‘ bezeichnet. Diesen Begriff verwende ich im Folgenden aus zwei Gründen nicht: zum einen gibt es diesen nicht im Englischen – hier wird in der Regel von ‚trafficking‘, also Menschenhandel, oder ‚trafficking for the purpose of prostitution‘ gesprochen – weshalb er für den hier untersuchten Diskurs keine Rolle spielt. Zum anderen ist der Begriff auch im Deutschen umstritten, da hiermit sexuelle Dienstleistungen und erzwungene sexuelle Handlungen in einen Kontext gesetzt und häufig als dasselbe betrachtet werden (vgl. Bahl und Ginal 2009, S. 26; Bundesweite AG Recht/Prostitution 2005).

  16. 16.

    Das Palermo Protokoll heißt offiziell „Protocol to Prevent, Suppress and Punish Trafficking in Persons, Especially Women and Children, supplementing the United Nations Convention against Transnational Organized Crime“ und wurde im Dezember 2000 im Kontext der ‚Convention against Transnational Organized Crime‘ von der UN verabschiedet. Vgl. hierzu: https://www.unodc.org/unodc/en/treaties/CTOC/, zuletzt geprüft am 27.07.2014.

  17. 17.

    Hiermit soll keinesfalls behauptet werden, es gebe keinen Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung. Dennoch ist es sinnvoll, die undifferenzierte Gleichsetzung beider Phänomene zu hinterfragen. Nicht zuletzt, weil dadurch die gesellschaftliche Anerkennung von Sexarbeit als Erwerbsarbeit ebenso verunmöglicht, wie die tatsächlich erlebte Gewalt der von Menschenhandel Betroffenen verharmlost wird. Vgl. hierzu ausführlicher u. a. Bahl und Ginal (2009); Koppe (2008); Zimowska (2004) und (2005).

  18. 18.

    Südafrika ist für Migrant*innen aus weiteren subsahara-afrikanischen Ländern (insbesondere aus Zimbabwe, Somalia und Nigeria) aufgrund seiner wirtschaftlich stabilen Situation ein Einwanderungsland. Vgl. http://www.statssa.gov.za/PublicationsHTML/P03022007/html/P03022007.html, zuletzt geprüft am 18.10.2014.

  19. 19.

    Es wird inzwischen zunehmend die Frage aufgeworfen, ob das Konzept ‚Menschenhandel‘ soziale Realitäten sinnvoll erfasst (zu dieser Diskussion siehe Gould und Fick 2008; Ihme 2006; Koppe 2008; O’Connell Davidson und Anderson 2003; Kempadoo et al. 2005; Zimowska 2005). Dies soll nicht die brutalen Lebensbedingungen und Zwänge, denen manche Menschen real ausgesetzt sind negieren. Vielmehr ist es als ein Aufruf zu verstehen, bewusster und kritischer mit scheinbar selbstverständlichen Begriffen umzugehen und das Vermischen von sehr unterschiedlichen Realitäten zu vermeiden.

  20. 20.

    Forscher*innen, die sich mit Menschenhandel beschäftigen stellen in unterschiedlichen Studien fest, dass restriktive Migrationsgesetze und die Illegalisierung von Sexarbeit optimale Bedingungen für das Fortbestehen von Menschenhandel schaffen (vgl. u. a. Alexander 1997; Casert und Shepard 2001; Zimowska 2005). Durch eine stärkere Abschottung der Grenzen in den Zielländern ist es für Schleuser*innen/Menschenhändler*innen ein leichtes, Frauen* Wege aufzuzeigen, dennoch über die Grenzen der Zielländer zu kommen und sie dadurch in Abhängigkeitsverhältnisse zu bringen.

  21. 21.

    Dies gilt insbesondere für Sexarbeiter*innen die auf der Straße arbeiten, die Drogen gebrauchen oder keinen sicheren Aufenthaltsstatus haben.

  22. 22.

    Siehe hierzu u. a. Bashford (2004) und Levine (1994) für den Kontext des kolonialen Indien, sowie Tuck (2005) für den des kolonialen Uganda. Ferner auch exemplarisch Walkowitz (1980) für das viktorianische England sowie Leven (1997); Sauerteig (1999); Sigusch (2008) und Sorg (2007) für den deutschsprachigen Raum im 19. und 20. Jahrhundert.

  23. 23.

    Bei ‚Geschlechtskrankheit‘ handelt es sich um eine veraltete historische Bezeichnung für Erkrankungen an den äußeren und inneren Geschlechtsorganen. Die medizinische Terminologie erfuhr hierzu in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende Präzisierung und entwickelte sich von der Bezeichnung ‚Geschlechtskrankheiten‘ zunächst zu der der ‚sexuell übertragbaren Krankheiten‘ (STDs = Sexually Transmitted Diseases), da nicht alle Krankheiten, die über sexuelle Kontakte übertragen werden, auch eine Erkrankung der Geschlechtsorgane hervorrufen. Somit ist der Begriff STD weiter gefasst als die Bezeichnung ‚Geschlechtskrankheit‘ und meint außer den meldepflichtigen, sogenannten klassischen Geschlechtskrankheiten wie Syphilis und Gonorrhö auch viral hervorgerufene Erkrankungen, Hautekzeme etc. (vgl. Pschyrembel 2004). Inzwischen ist die gängige Bezeichnung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Infektionen und Krankheiten, die durch sexuelle Kontakte übertragen werden, STI, was für Sexually Transmitted Infections steht. Der Verweis, dass es sich um sexuell übertragbare Infektionen handelt, trägt der Tatsache Rechnung, dass nicht jede Infektion – wie bspw. HIV – auch zu einer Erkrankung führt. Ich verwende im Folgenden den Begriff ‚Geschlechtskrankheiten‘, wenn ich mich auf historische Diskurse und das Akronym STIs, wenn ich mich auf aktuelle Debatten beziehe.

  24. 24.

    Die folgende Darstellung fokussiert – aus sprachlichen Gründen – auf die geschichtswissenschaftliche Literatur aus Großbritannien und Deutschland. Damit sollen diese beiden Länder keinesfalls mit Europa gleichgesetzt werden. Die jeweiligen Regulierungspolitiken der Prostitution variierten in den verschiedenen europäischen Ländern, dennoch ähneln sie sich meist in ihrer zentralen Ausrichtung von Regulierung und Kontrolle der Prostitution. Der Verweis auf europäische Diskurse erfolgt hier in Abgrenzung zu den (britischen) Kolonien, um auf die wechselseitige Beeinflussung von Kolonien und Kolonialmächten zu verweisen.

  25. 25.

    Diese Ausführungen decken sich mit denen von Levine (2003, S. 178), die ebenfalls feststellt, dass die Regulierung von Sexarbeit in den Kolonien in erster Linie dem Schutz der Prostitutionskunden* diente. In der imperialen Arena funktionierte Regulierung dabei auch als Etablierung der Idee rassisierter Machtstrukturen, die zur Aufrechterhaltung des Kolonialismus als notwendig erachtet wurden. Bezugspunkt der Sorge war in den Kolonialstaaten die weiße, männliche Sexualität, die vermeintlich durch das wärmere Klima und das als sexuell freizügiger wahrgenommene Verhalten der lokalen Bevölkerung, angekurbelt werde.

  26. 26.

    Zur weiteren Kritik am Begriff der ‚Risikogruppe‘ siehe u. a. Brunnett und Jagow (2001); Hydra (1991) und Küppers (2007).

  27. 27.

    Selbstverständlich sind Sexarbeiterinnen* dem Risiko einer HIV-Infektion real ausgesetzt. Hier ist es dennoch wichtig zu berücksichtigen, dass dieses Risiko nicht prinzipiell mit ihrer Arbeit zu tun hat, sondern häufiger andere Faktoren eine Rolle spielen, wie bspw. ungeschützte Sexualkontakte mit ihren Partnern* oder sexualisierte Gewalt. Das Risiko einer HIV-Infektion ist daher für Sexarbeiterinnen* nicht erheblich viel höher als für andere Frauen* desselben sozioökonomischen Status. Das heißt, die Sexarbeiterinnen* mit den schlechtesten und unsichersten Arbeitsbedingungen sind in der Regel auch dem höchsten Infektionsrisiko ausgesetzt (vgl. Alexander 1997, S. 89 f.).

  28. 28.

    Die Queer-Theoretikerin* und ehemalige Stripperin* Vicky Funari (1997, S. 20) stellt hierzu die Frage: „What is the difference between jobs within work systems that hypocritically deny the importance of sex to their smooth operation as opposed to those that exploit it as their very reason for operating? If capitalism was structuring my work experiences, and if sexism was structuring roles within capitalism, what had I to lose by facing overt rather than covert realities? I certainly had a choice of not doing this particular work, but I never had a choice of not dealing with its existence.“

  29. 29.

    Zu ausführlicheren Erklärungsansätzen siehe u. a. die Freier-Studie von Dieter Kleiber und Doris Velten (1994) zu sozialen und psychologischen Charakteristika von Prostitutionskunden* und die Studie von Sabine Grenz (2005) zur historischen Kontextualisierung des Konsums sexueller Dienstleistungen.

  30. 30.

    Dass es sich bei dem immer wieder beschriebenen starken Sexualtrieb von Männern* um ein historisches Phänomen handelt beschreibt u. a. Claudia Honegger (1978, S. 75), die darauf verweist, dass im Mittelalter Frauen* als dem Geschlechtstrieb zugeneigter angesehen wurden. Die Vorstellung, dass der männliche Sexualtrieb im Kontrast zum weiblichen stärker ausgeprägt sei, ist eine Erscheinung des 19. bzw. beginnenden 20. Jahrhunderts (vgl. hierzu ausführlicher Honegger 1992; Laqueur 1992; Sarasin 2001).

  31. 31.

    Die Datenerhebung für die vorliegende Arbeit fand während eines achtmonatigen Feldaufenthalts in Kapstadt und Johannesburg statt. In dieser Zeit arbeitete ich ehrenamtlich für die Sex Workers Education and Advocacy Taskforce, eine NGO in Kapstadt (vgl. Abschn. 4.3.3). In diesem Rahmen führte ich Interviews mit Sexarbeiter*innen, Bordellmanager*innen und Mitarbeiter*innen von NGOs vor Ort. Dieses Material habe ich schlussendlich für die vorliegende Arbeit nicht systematisch ausgewertet. Dennoch hat der Aufenthalt in Südafrika und meine Arbeit mit Sexarbeiter*innen meine Analyse-Perspektive entscheidend geprägt und ein Kontextwissen geschaffen, das sich allein aus Zeitungsartikeln nicht gewinnen ließe. Wenn dieses Wissen als Erfahrungswissen in die Darstellung der Situation vor Ort einfließt, wird dies als solches kenntlich gemacht.

  32. 32.

    Das südafrikanische Crime Institute erhob, dass 91 % der im Jahr 2000 gemeldeten 4390 Verstöße gegen den Sexual Offences Act, die vor Gericht verhandelt wurden, mit einer Verurteilungs-Quote von 33 %, wohingegen nur 2,3 % aller Fälle von Autoraub zur Verurteilung kamen. Vgl. http://www.crimeinstitute.ac.za, zuletzt geprüft am 14.02.2014.

  33. 33.

    Alle weiteren Paragrafen des ‚Immorality Act‘ sind in der neuen Verfassung selbstredend abgeschafft worden. Dennoch ist es bemerkenswert, dass Sexarbeit und sexuelle Handlungen zwischen verschiedenen ‚race‘-Gruppen während der Apartheid unter demselben Gesetz geahndet und auf eine Stufe von Amoral gestellt wurden.

  34. 34.

    Siehe hierzu: http://salawreform.justice.gov.za/media/2010*wwmp*adultpros.html und http://www.justice.gov.za/salrc/objects.htm, zuletzt geprüft am 24.08.2016.

  35. 35.

    Am 01. Juli 2017 trat ergänzend hierzu das sogenannte Prostituierten-Schutz-Gesetz (ProstSchGes) in Kraft, das angeblich die rechtliche Situation von Sexarbeiter*innen verbessern soll. Es sieht u.a. die Kondompflicht, eine Registrierungspflicht, und verpflichtende regelmäßige Gesundheitsberatungen vor. Viele Sexarbeiter*innen-Organisationen und -Beratungsstellen haben gegen die Implementierung dieses Gesetzes protestiert. Auch die Deutschen Aidshilfe, der Deutsche Frauenrat, der Deutsche Juristinnenbund und einigen weiteren Organisationen haben Stellungnahmen abgegeben, aus denen hervorgeht, dass das Gesetz keine Maßnahme enthält, die die Lebensbedingungen von Sexarbeiter*innen verbessert, was seine Einführung jedoch nicht verhindern konnte. Zur Diskussion um das ProstSchGes siehe u.a. https://berufsverband-sexarbeit.de/prostschg/, zuletzt geprüft am 28.07.2017.

  36. 36.

    Ausführlicher zur neuseeländischen Gesetzgebung zu Sexarbeit siehe Abel et al. (2010), Laverack und Whipple (2010) und Harcourt et al. (2010).

  37. 37.

    In ihrem „Gender Paper“ von 2012 positionierte sich die ANC Women’s League erstmalig zugunsten einer Entkriminalisierung von Sexarbeit. Trotz dieser politischen Unterstützung stagniert die Gesetzesreform des Sexual Offences Act bis heute, was von Sexarbeiter*innen-Organisationen wie SWEAT als untragbar für die in der Sexarbeit tätigen Menschen kritisiert wird. Vgl. hierzu http://www.sweat.org.za/sexworkiswork/, zuletzt geprüft am 28.07.2017.

  38. 38.

    Der durchschnittliche Verdienst von Frauen* mit Grundschulbildung liegt in offiziellen Jobs bei R 693, in der Sexarbeit bei R 3771 pro Monat, also 5.4 mal mehr. Mit High School Bildung liegt der Durchschnittsverdienst in offiziellen Jobs bei R 1279, womit die Verdienstmöglichkeit in der Sexarbeit immer noch dreimal so hoch ist (vgl. Gould und Fick 2008, S. 23 f.).

  39. 39.

    Ubuntu ist ein philosophisch-ethisches Konzept aus dem südlichen Afrika. Grundlegend sind gegenseitiger Respekt und ein kollektives Miteinander, sowohl was einen friedlichen Umgang als auch das Teilen von Gütern angeht (vgl. Bennett 2011; Tutu 1999). Ausführlicher hierzu siehe den Eintrag im Glossar.

  40. 40.

    Kommerzielle Sexarbeit ist – im Gegensatz zu transaktionalem Sex (ukuphanda), also dem Austausch von materiellen Gütern oder Obdach gegen sexuelle Gefälligkeiten (vgl. Abschn. 2.2) –, stigmatisiert und es wird in der Regel verheimlicht, durch welche Art der Tätigkeit die Familie versorgt wird (vgl. Jewkes et al. 2012). Inwiefern es sich auch bei ukuphanda um Sexarbeit handelt, wird kontrovers diskutiert (vgl. Gardner 2009, S. 335; Wojcicki 2002, S. 339 f.).

  41. 41.

    Demografisch stellt sich die geschlechtliche Verteilung Gould und Fick (2008, S. 27 f.) zufolge als 90 % weiblich, 10 % männlich und 0 % transgender für den indoors-Sektor dar. Bezüglich der ‚race-categories‘ sind 31 % Schwarz, 54 % ‚coloured‘, 14 % weiß und 1 % ‚indian‘. 5 % kommen aus dem Ausland und das Durchschnittsalter liegt bei 29 Jahren. Da sich diese Demografie auf die Untersuchung in Kapstadt bezieht, können die Daten nicht auf das restliche Südafrika übertragen werden. Die ethnische Verteilung entspricht hier in etwa der Bevölkerungsverteilung im Western Cape, wo insgesamt ein sehr viel höherer Anteil an ‚Coloureds‘ lebt als im restlichen Südafrika.

  42. 42.

    Das Durchschnittsalter liegt ebenso wie bei den indoors-Sexarbeiterinnen* bei 29 Jahren, jedoch haben 22 % lediglich Grundschulbildung und weitere 56 % keinen High-School-Abschluss (vgl. Gould und Fick 2008, S. 24).

  43. 43.

    Meist handelt es sich hier um Male-to-Female Sexarbeiterinnen*, deren Erfahrungen, je nachdem ob sie auf dem Männer*- oder dem Frauen*strich tätig sind, variieren; auf dem Frauen*strich sind Transgender-Sexarbeiterinnen* bei ‚Entdeckung‘ häufig gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt.

  44. 44.

    So berichten Sexarbeiterinnen* von Verhaftungen auf dem Weg zum Einkaufen oder während sie auf den Bus warten. Die eventuell vorgebrachten Anklagepunkte der südafrikanischen Polizei betreffen jedoch selten Prostitution als vielmehr Ordnungsdelikte wie die Erregung öffentlichen Ärgernisses oder ‚Herumlungern‘ (loitering) (vgl. Fick 2005, S. 4 ff.; Fick 2006, S. 13 ff.).

  45. 45.

    Auch Vergewaltigungen durch die Polizei sind keine Seltenheit. 12 % der 245 von Gould und Fick (2008, S. 56) befragten Sexarbeiter*innen gaben an, bereits mindestens einmal von einem Polizisten* vergewaltigt worden zu sein.

  46. 46.

    Hillbrow hat den Ruf, das „sex & crime“-Viertel Johannesburgs zu sein und ist bekannt für seine Bevölkerungsdichte, eine hohe Arbeitslosenquote und hohe Mordraten. Hier befindet sich ein beachtlicher Teil der Sexindustrie Johannesburgs. Zu Zeiten der Apartheid war Hillbrow zwar offiziell als ein ‚whites only‘-Stadtteil deklariert, wurde aber zu einer Grauzone, in der Menschen verschiedener ethnischer Kategorien zusammenlebten. Dadurch entstand ein progressives Klima, weshalb Hillbrow nach dem Ende der Apartheid die erste Anlaufstelle vieler Heimkehrer*innen war. Diesem raschen Bevölkerungsanstieg konnte die schlecht geplante Infrastruktur nicht standhalten. Aufgrund fehlender Investitionen, dem zunehmenden Verfall der größeren Gebäude und dem zunehmenden Wegzug der Mittelschicht entstand ein innerstädtischer Slum, der erst seit kurzem durch diverse architektonische Veränderungen aufgewertet wird (vgl. hierzu ausführlicher Conway 2009; Gordimer 1995; Morris 1999).

  47. 47.

    Aufgrund der spezifischen Geschichte Südafrikas hat sich eine spezielle, anhand ethnischer und regionaler Linien segmentierte Drogenszene entwickelt. Die meist verbreiteten Drogen unter Sexarbeiter*innen sind ‚Tik‘ (südafrikanischer Slang für Methamphetamine, auch bekannt als „Meth“ oder „Crystal“) und ‚dagga‘ (Cannabis). Dies sind zugleich die Drogen, die hauptsächlich von ‚Couloureds‘ und Schwarzen konsumiert werden. Ausführlicher zu diesem Zusammenhang siehe Leggett (2001, S. 15 ff.).

  48. 48.

    Die HIV-Rate unter südafrikanischen Sexarbeiter*innen ist recht hoch, auch wenn die vorhandenen Zahlen stark variieren. So wurden in Rustenburg, einer Minenstadt im Nordosten 25 % der Sexarbeiter*innen HIV-positiv getestet, in einer Studie der Stadtteile Hillbrow und Joubert Park in Johannesburg waren es sogar 50 % (vgl. Wojcicki und Malala 2001, S. 100).

  49. 49.

    Die hohe Rate an sexualisierter Gewalt, die Sexarbeiter*innen in ihrem Arbeitsalltag erleben, korreliert mit der hohen Rate von Vergewaltigungen und Übergriffen gegenüber Frauen* in Südafrika im Allgemeinen (vgl. Wojcicki und Malala 2001, S. 116).

  50. 50.

    Eine Liste weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen und staatlicher Institutionen findet sich im Glossar im Anhang.

  51. 51.

    Für SWEAT war ich während meines Feldaufenthaltes in Südafrika ehrenamtlich tätig, wodurch ich sowohl die Arbeit der Organisation näher kennenlernen konnte, als auch Einblicke in die Organisation der Sexarbeit in Kapstadt und die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen erhielt.

  52. 52.

    Die Peer-Educators von SWEAT sind aktive und ehemalige Sexarbeiter*innen, die über die NGO diverse Schulungen zu HIV-Prävention und Beratungstechniken erhalten haben. Ausführlicher zum Ansatz der Peer-Education siehe Glossar.

  53. 53.

    Zur weiteren Information siehe: http://www.sweat.org.za/index.php/about-sweat, zuletzt geprüft am 25.07.2017.

  54. 54.

    Zur weiteren Information siehe: http://www.nswp.org/members/africa/african-sexworkers-alliance-aswa und http://africansexworkeralliance.org, zuletzt geprüft am 26.03.2014.

  55. 55.

    Zur weiteren Information siehe: http://www.nswp.org/members/africa/sisonke, zuletzt geprüft am 17.10.2014.

  56. 56.

    Zur weiteren Information siehe: http://embracedignity.org.za/site/?page*id=554, zuletzt geprüft am 25.07.2014.

  57. 57.

    Zur weiteren Information siehe: http://www.wlce.co.za/index.php/about-us/2013-04-30-11-59-51 und http://www.shukumisa.org.za/index.php/wlc/, zuletzt geprüft am 25.07.2014.

  58. 58.

    Zur weiteren Information siehe: http://www.molosongololo.com/who-we-are/history/, zuletzt geprüft am 25.07.2014.

  59. 59.

    Zur weiteren Information siehe: http://www.capetown.gov.za/en/MediaReleases/Pages/CitysViceSquadrenewseffortstocurbvicerelatedcrime.aspx, zuletzt geprüft am 26.03.2014.

  60. 60.

    Zur weiteren Information siehe: http://www.dsd.gov.za/cda/, zuletzt geprüft am 17.10.2014.

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Küppers, C. (2018). Sexarbeit – Repräsentationen und Verhandlungen. In: Gefährlich oder gefährdet?. Geschlecht und Gesellschaft, vol 66. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15122-5_4

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