Zusammenfassung
Mit den Konzepten des neuen Homo oeconomicus und des Homo sociologicus entwickelt die Soziologie zwei Theoriesäulen, die einerseits klassische soziologische Konzeptionen integrieren, andererseits anschlussfähige Entwürfe für ökonomische Theorien anbieten. Der neue Homo oeconomicus erweitert den utilitaristischen Theoriestrang und wird zum Paradigma der Rational Choice-Theorien; mit George C. Homans’ Austauschtheorie und James Colemans Makro-Mikro-Makro-Modell werden die Grundlagen dieses Paradigmas gelegt. Der Gegenentwurf hierzu ist der Homo sociologicus von Ralf Dahrendorf. Sein Modell des Menschen als soziales Wesen erweitert und modernisiert die soziologischen Theorien des Pragmatismus, indem er sozialpsychologische Erkenntnisse einarbeitet. Für Dahrendorf ist der Mensch daher zunächst ein Homo sociologicus, zuweilen aber auch ein rationaler, utilitaristischer Homo oeconomicus. Im Gegensatz zu Parsons will Dahrendorf jedoch die Bedeutung der Interpretation für das soziale Handeln hervorheben.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Notes
- 1.
Grundlegend für diese anthropologische Annahme waren die empiristischen Theorien von Francis Bacon und John Locke, denen zufolge der Mensch ohne jegliches Wissen geboren wird und ausschließlich durch Wahrnehmungen und Erfahrungen alles Wissen über die Welt entsteht.
- 2.
Laut Erzählungen ehemaliger Studenten konnte man entweder Homans oder Parsons zu einer Party einladen, aber niemals beide gleichzeitig (vgl. Miebach 2010, S. 439).
- 3.
Den lateinischen Begriff homo oeconomicus führte Pareto zu Beginn des 20. Jahrhunderts in seinem Manuale d’economia politica ein.
- 4.
Mehrere Autoren haben dieses Beispiel schon angeführt, so auch Dimbath 2012, S. 108 f.
- 5.
Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Miebach (2010, S. 40 ff.).
- 6.
Ralf Dahrendorf war Ende der 1960er Jahre FDP-Mitglied und Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg, dann im Bundestag. In den 1980er Jahren war er Vorstandsvorsitzender der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung.
Literatur
Axelrod, R. (2009). Die Evolution der Kooperation. Berlin: Oldenbourg.
Braun, N. (2009). Rational Choice Theorie. In G. Kneer & M. Schroer (Hrsg.), Handbuch Soziologische Theorien (S. 395-418). Wiesbaden: VS.
Camerer, C. F. (1997). Taxi Drivers and Beauty Contests. Engineering & Science, 1, S. 10–19.
Coleman, J. S. (1995). Grundlagen der Sozialtheorie. München: Oldenbourg.
Dahrendorf, R. (1979). Lebenschancen. Anläufe zur sozialen und politischen Theorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Dahrendorf, R. (1994). Das Zerbrechen der Ligaturen und die Utopie der Weltbürgergesellschaft. In U. Beck & E. Beck-Gernsheim (Hrsg.), Riskante Freiheiten (S. 421 – 435). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Dahrendorf, R. (2010). Homo Sociologicus. Wiesbaden: VS Verlag.
Descamps, J.-C., & Devos, T. (1998). Regarding the relationship between social identity and personal identity. In S. Worchel (Hrsg.), Social identity – international perspectives (S. 3–12). London: SAGE.
Dimbath, O. (2012). Einführung in die Soziologie. Stuttgart: Wilhelm Fink.
Holler, M. J., & Illing, G. (2000). Einführung in die Spieltheorie. Berlin: Springer.
Homann, K. (2014). Sollen und Können. Grenzen und Bedingungen der Individualmoral. Wien: Ibera.
Homans, G. C. (1972). Elementarformen sozialen Verhaltens. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Homans, G. C. (1973). Soziales Verhalten als Austausch. In H. Hartmann (Hrsg.), Moderne amerikanische Soziologie (S. 247–263). Stuttgart: Enke.
Joas, H., & Knöbl, W. (2004). Sozialtheorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Kahneman, D., & Tversky, A. (2012). Entscheidungen, Werte und Frames. In D. Kahneman (Hrsg.), Schnelles Denken, langsames Denken (S. 545–568). München: Siedler.
Linton, R. (1973). Rolle und Status. In H. Hartmann (Hrsg.), Moderne amerikanische Soziologie (S. 310–315). Stuttgart: Enke.
Mead, G. H. (1973). Geist, Identität und Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Miebach, B. (2010). Soziologische Handlungstheorie. Wiesbaden: VS.
Rawls, J. (1979). Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Rommerskirchen, J. (2011). Prekäre Kommunikation. Wiesbaden: VS.
Schäfers, B. (1980). Einführung in die Gruppensoziologie. Wiesbaden: Quelle & Meyer.
Singer, T., & Bernhardt, B. (2012). The neural basis of empathy. Annual Review of Neuroscience, 35, S. 1–23.
Skinner, B. F. (1978). Was ist Behaviorismus? Reinbek: Rowohlt.
Tajfel, H. (1978). Differentiation between social groups. Studies in the social psychology of intergroup relations. London: Academic.
Tajfel, H., & Turner, J. (1986). The social identity theory of intergroup behaviour. In S. Worchel & W. Austin (Hrsg.), Psychology of intergroup relations (S. 7–24). Chicago: Burnham.
Tomasello, M. (2002). Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Tomasello, M. (2012). Warum wir kooperieren. Berlin: Suhrkamp.
Weber, M. (2005). Die protestanische Ethik und der Geist des Kapitalismus. In M. Weber (Hrsg.), Religion und Gesellschaft (S. 23–290). Frankfurt a. M.: Zweitausendeins.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
Copyright information
© 2017 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Rommerskirchen, J. (2017). Soziologie der ökonomischen Kommunikation. In: Soziologie & Kommunikation. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14769-3_11
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-14769-3_11
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-14768-6
Online ISBN: 978-3-658-14769-3
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)