Zusammenfassung
Nach der Darlegung der theoretischen Vorgaben dieser Arbeit im letzten Kapitel beschreibt dieses Kapitel in einer ersten inhaltlichen Analyse die Entstehung des Begriffs Unfall im späten 19. Jahrhundert: Die Unterscheidung zwischen Unfall und Zufall markiert eine Differenz in der Repräsentation industrieller und vorindustrieller Katastrophen, die im Vergleich von Erdbeben und Eisenbahnunfall deutlich wird. Technische Unfälle sind keine gottgegebenen Schicksalsschläge mehr, sondern von Menschen verursacht. Die komplexen, anonymen Ursachen von technischen Unfällen können jedoch aufgrund ihrer “Unsichtbarkeit” nur schwer “wahrgenommen” und dargestellt werden, so daß die Eisenbahn als “Ensemble” (Bloch) durch eine organische Metaphorik in ein Quasi-Subjekt verwandelt wird, genauer gesagt als gefährliches, gefräßiges Monstrum repräsentiert wird, das aufgrund einer ihm innewohnenden Gefährlichkeit droht, den menschlichen Körper zu zerstückeln und zu verschlingen. Auf diese Art und Weise werden jedoch nicht nur die neue Technologie der Eisenbahn dargestellt, sondern auch die “gefährlichen” Außenseiter der Gesellschaft, die in der Kriminalliteratur1 des späten 19. Jahrhundert als “tierhafte Verbrecher”, als “menschenfressende Raubthiere” beschrieben werden. Diese literarischen und publizistischen Darstellungen von Verbrechen, die den Unfall in eine eigentümliche Nähe zum Verbrechen rücken, lassen eine Kontiguität zwischen Unfall und Verbrechen entstehen, die die metonymische Verschiebung der kaum über greifbare Anhaltspunkte verfügenden beziehungsweise ‘vergessenen’ Angst vor dem Eisenbahnunfall auf die Angst vor dem Verbrechen (auf der Eisenbahn) ermöglicht.
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Andriopoulos, S. (1996). Die metonymische Beziehung von Unfall und Verbrechen. In: Unfall und Verbrechen. Hamburger Studien zur Kriminologie, vol 21. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14545-3_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-14545-3_3
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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Online ISBN: 978-3-658-14545-3
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