Zusammenfassung
Wenn wir den Lösungsprozess als Landkarte konzeptualisieren (wie er sich ja auch räumlich in den Patientenbildern darstellt), dann kommt dem Therapeuten im Wesentlichen die Rolle eines „Reise-Führers“ zu, der die Räume und Stationen der Lösungsgeschichte mit ihren charakteristischen Eigenschaften kennt und der dem Patienten so eine Ahnung über seine Position darin und v. a. über die Chancen und Risiken des weiteren Weges vermitteln kann. Der weitere Verlauf der Therapie orientiert sich am Ausgangspunkt des jeweiligen Patienten. Je nach seiner Position ist es dabei etwa erforderlich, ihn zu stabilisieren (beim ersten Eintritt in die Rätselzone), eine Veränderungsbereitschaft herzustellen, bzw. Sehnsucht nach dem ursprünglichen Paradies zu wecken (in der Diaspora), oder das Thema seiner Geschichte und deren „natürliches Ende“ zu erfassen. Es wird vorgeschlagen, die Therapieplanung an diesem „natürlichen Ende“ auszurichten, durchaus in Abgrenzung von den offiziellen Therapierichtlinien und den Vorgaben der Krankenkassen. Zur Vermittlung des entsprechenden Therapeutenwissens erweisen sich wiederum Beispiele aus Filmen und Romanen als hilfreich.
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In Gutachtensanträgen für die Genehmigung einer Psychotherapie beschreibe ich diese Hektik oft als „gesteigerten, aber wenig zielgerichteten Antrieb“ um die Richtungslosigkeit zu veranschaulichen.
- 2.
Je nachdem, ob es sich um eine Therapie-, eine Coaching- oder eine Selbsterfahrungsgruppe handelt, findet sich eine unterschiedliche Verteilung der Bilder in diesem Lösungskreislauf.
- 3.
Diese Analyse sollte im Übrigen nicht aus der Intuition, aus einem Bauchgefühlt heraus erfolgen, weil die Intuition auf früheren Erfahrungen basiert, die aber jetzt, angesichts des neuartigen Charakters der Bedrohung, nicht mehr gültig sind.
- 4.
Ich persönlich profitiere dabei von dem größeren Spektrum an Gegensätzen aus der Literatur- und Filmgeschichte und empfinde die Festlegung auf die wenigen Kernkonflikte der Psychoanalyse als Einschränkung der therapeutischen Perspektive.
- 5.
Was man an diesem Roman auch gut sehen kann, ist die Tatsache, dass sich Konflikte oft nicht einfach auflösen lassen. Sie werden transformiert in andere Konflikte und gerade Romane und Filme sind ein gutes Beispiel dafür, wie das geschieht. In Anna Karenina wird dieser Konflikt zwischen Liebe und Treue zum Beispiel plötzlich zu einem zwischen „sich selbst treu bleiben“ und der „Anpassung an die Gesellschaft“. Und mit der gesellschaftlichen Meinung im 19. Jahrhundert, dass außereheliche Beziehungen niemals offiziell toleriert werden dürfen, steht die Heldin plötzlich vor einer unüberwindbaren Mauer und kann sich nur noch in den Selbstmord flüchten.
Literatur
Franz, N. P. (2009). Stalker. Protokoll des Films in der Original- und der deutschen Synchronfassung. Potsdam: Universitätsverlag.
Gräf, D., Grossmann, S., Klimczak, P., Krah, H., & Wagner, M. (2014). Filmsemiotik. Eine Einführung in die Analyse audiovisueller Formate (2. Aufl.). Marburg: Schüren.
Lotman, J. M. (1993). Die Struktur literarischer Texte (6. Aufl.). Paderborn: Wilhelm Fink.
McKee, R. (2010). Story: Die Prinzipien des Drehbuchschreibens. Berlin: Alexander.
OPD Arbeitskreis. (Hrsg.). (2004). Operationalisierte psychodynamische Diagnostik – OPD (4. Aufl.). Bern: Huber.
Tobias, R. (1993). 20 Masterplots and how to build them. Cincinnati: Writerʼs Digest Books.
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Mayer, C. (2017). Die therapeutische Aufgabe. In: Wie in der Psychotherapie Lösungen entstehen. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13865-3_13
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