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Vom Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen

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Zusammenfassung

Aus dem neunten Gesang meiner Odyssee werde ich Euch erzählen, was Odysseus den Phäaken über sich selbst und seine Irrfahrt, seine Kämpfe und Erlebnisse berichtet – und wie er sie damit fesselt. Zehn Jahre lang irrte er geplagt und verfolgt über das Meer. Seine Irrfahrt begann mit einem Überfall auf das Volk der Kikonen an der Küste Thrakiens. Schwere Seestürme trieben danach die Flotte weit weg von den Küsten Griechenlands. Zuerst erreichten sie das Land der Lotophagen, wo ausgesandte Gefährten die Blüten und Früchte einer betäubenden Pflanze aßen und in einen Zustand der Gleichgültigkeit gerieten. Nachdem sie der Betäubungsgefahr schließlich entfliehen konnten, landeten sie im Land der wilden Kyklopen, wo Odysseus mit zwölf Kameraden das Land erkundete. Eingeschlossen in der Höhle des Kyklopen Polyphemos waren sie ihm ausgeliefert; einen nach dem anderen begann er, die Kameraden zu verschlingen. Mit List konnten Odysseus und seine Gefährten den Kyklopen blenden und ihm so entfliehen. Nach Gelingen der Flucht verriet Odysseus prahlend seine wahre Identität, die er vorher mit einer List verschleiert hatte. Damit konnte der Kyklop seinen Vater Poseidon bitten, Odysseus zu verfolgen und dessen Kameraden zu vernichten.

Und die uns begleitende Seele wird dabei geflügelte Worte von immerwährender Gültigkeit singen, wie etwa über die Tatsache, dass das Nicht-Wahrnehmen von Unglück kein Glück ist, über das Ablegen von Kultur und Zivilisation, das keine Befreiung darstellt, über die Macht der Neugier, die fatal sein kann. Über die Vorteile des Sich-klein-machen-könnens sowie den Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, und schließlich über den Fall, der der Hybris folgt. Wie auch über manches andere.

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Notes

  1. 1.

    Natürlich konnte ein großer Kämpfer und Dulder wie Odysseus, der seinen Weg zum Glück aktiv und kämpferisch gestaltete, die stumpfe Glückseligkeit nicht akzeptieren. Dies stellten Eure Philosophen Max Horkheimer und Theodor Adorno fest, und zwar in ihrem Buch „Dialektik der Aufklärung“ (2013), dessen Schreiben ich teilweise und – wie ich gestehen muss – mit wechselnder Intensität supervidierte, mal aktiv, mal bloß passiv beobachtend.

  2. 2.

    Der Poet der Alten Zeit war mein römischer Kollege Horaz, der – meine Ilias und Odyssee in seiner ersten Epistel seines zweiten Epistelbuches kommentierend – das berühmte „sapere aude“ aussprach: „Wage es, weise zu sein!“ – Was übrigens das Motto dieser neuartigen Erzählung meiner Odyssee ist, wie Ihr sicherlich schon bemerkt habt. Der Philosoph der Neuzeit war Immanuel Kant, den ich beim Schreiben seines Zeitschriftbeitrages von 1784 „Was ist Aufklärung?“ von hier oben beobachtete.

  3. 3.

    Oder man kann es auch so formulieren, wie ich es den beiden uns bekannten Philosophen Max Horkheimer und Theodor Adorno in ihrem wiederholt zitierten Werk als Alternative empfohlen habe, als ich ihr schon zitiertes Werk supervidierte. Sie haben meine Empfehlung wie folgt umgesetzt: „Die Freunde suchen ihn vor der Dummheit zu bewahren, als gescheit sich zu bekennen, aber es gelingt ihnen nicht, und mit genauer Not entgeht er den Felsblöcken, während die Nennung seines Namens wahrscheinlich den Hass des Poseidon – der kaum als allwissend vorgestellt ist – auf ihn lenkt. Die List, die darin besteht, dass der Kluge die Gestalt der Dummheit annimmt, schlägt in Dummheit um, sobald er diese Gestalt aufgibt. Das ist die Dialektik der Beredsamkeit“.

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Marneros, A. (2017). Vom Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen. In: Homers Odyssee psychologisch erzählt. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13848-6_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-13848-6_7

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  • Publisher Name: Springer, Wiesbaden

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