Zusammenfassung
In dem Beitrag wird argumentiert, dass die Allgemeine Pädagogik von ihrem Beginn an das Thema der Heterogenität in den Mittelpunkt stellte, allerdings bis vor Kurzen die Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Inklusion“ der sonderpädagogischen Diskussion überließ. Diese Rezeptionssituation, die als spezifisch für den deutschsprachigen Raum ausgewiesen wird, wird als eine Dichotomisierung von Allgemeinem und Besonderen beschreiben, welche sowohl das Allgemeine als auch das Besondere verfehle. Ausgehend von diesem Befund werden drei aktuelle Arbeitsfelder der Allgemeinen Erziehungswissenschaft vorgestellt, die der Dichotomisierung entgehen oder zu entgehen suchen und die Kategorie Behinderung einbeziehen. Erstens werden historische Grenzziehungen der beiden Teildisziplinen Allgemeine Erziehungswissenschaft und Sonderpädagogik rekonstruiert und damit eine Geste des Abtrennens des Besonderen vom Allgemeinen und des Allgemeinem vom Besonderen in Erinnerung gebracht, die bis heute wirksam ist und gefordert, dass eine historische Perspektive das Besondere und das Allgemeine in ihrem Zusammenspiel untersuchen müsse. Zweitens werden anthropologische Bestimmungen von Allgemeinem und Besonderem vorgestellt und drittens synchrone, empirische Perspektiven präsentiert, welche sich der Herstellung von Allgemeinem und Besonderem im Feld widmen.
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Tervooren, A. (2017). Zum Verhältnis von Allgemeinem und Besonderem in der Allgemeinen Erziehungswissenschaft. In: Miethe, I., Tervooren, A., Ricken, N. (eds) Bildung und Teilhabe. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13771-7_1
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