Im Gegensatz zur sozialen Beteiligung, die vorwiegend mit einer gewissen Distanz zur Politik stattfindet, sind mitgestaltende Formen von Bürgerbeteiligung stärker verbunden mit Planungsprozessen im Vorfeld einer politischen Entscheidung. Die Bezeichnungen als mitgestaltende, kooperative, dialogorientierte oder deliberative Beteiligungsformen werden dabei häufig synonym verwendet. Ihnen eigen ist: Sie finden im Vorfeld von politischen Entscheidungen statt und werden primär von der Verwaltung organisiert. Sie bieten den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, ihre Interessen in administrative Planungsprozesse einzubringen, um auf diese Weise Entscheidungen mit vorzubereiten oder auch Projekte in der Kommune etwa durch Runde Tische, Bürgerforen etc. stärker mitzugestalten. Die Verfahren sind in erster Linie darauf ausgerichtet, die Beteiligungslandschaft qualitativ und quantitativ zu erweitern, das gegenseitige Vertrauen der Akteure zu stärken und zudem zu einer effizienteren und effektiveren Leistungsbereitstellung beizutragen. Die Entscheidungskompetenzen verbleiben jedoch bei den gewählten Repräsentativkörperschaften.

Diese an Dialog und Mitgestaltung orientierten freiwilligen Beteiligungsformate haben sich in den letzten Jahren vor allem auf der lokalen Ebene entwickelt, finden aber zunehmend auch in überlokalen Planungs- und Entscheidungsprozessen ihren Platz.Footnote 1 Die Beteiligungsformate sind unter anderem Zukunftswerkstätten, Stadtteilforen, Runde Tische, Planungszellen oder Bürgerhaushalte (vgl. Tab. 6.1; Holtkamp et al. 2006; Städtetag Baden-Württemberg 2012; Kersting 2008; Nanz und Fritsche 2012). Adressaten der Beteiligungsformate sind einzelne Bürgerinnen und Bürger, Bürgerinitiativen, Vereine, Verbände, Verwaltungsfachleute sowie Vertreterinnen und Vertreter des Gemeinderats. Die Verfahren sind gesetzlich nicht vorgeschrieben, ihre Durchführung ist freiwillig. Dies führt dazu, dass sie häufig unregelmäßig eingesetzt werden, es in der Regel keine Verlässlichkeit darüber gibt, wann solche Beteiligungsverfahren stattfinden und was mit den Ergebnissen der Beteiligung geschieht.

Tab. 6.1 Inhalte von Bürgerbeteiligung und dafür geeignete Verfahren.

Ausgangspunkt für mitgestaltende Bürgerbeteiligungsprozesse können unterschiedliche Zielsetzungen sein, die in der Regel von der Verwaltung als initiierendem Akteur definiert werden (oder aber von der Politik, wenn diese der Auftraggeber des Verfahrens ist). Dabei können grob drei Gruppen von Zielen unterschieden werden: Erstens der gemeinsame Austausch von Informationen zwischen den Beteiligten, beispielsweise über geplante Projekte, die Ausgangsüberlegungen dazu sowie rechtliche und wirtschaftliche Hintergründe; zweitens die gemeinsame Erarbeitung oder Entwicklung von Zukunftsszenarien, Problemlösungsansätzen und/oder Planungsalternativen; drittens die Bearbeitung von Konflikten durch die Suche nach Problemlösungen.

Aus wissenschaftlicher Sicht unbefriedigend an diesen Verfahren ist, dass wir über ihre Nutzung, die Gründe für die (Nicht-)Nutzung, den tatsächlichen Ablauf der Verfahren und ihre Ergebnisse bzw. Folgen kaum etwas wissen. Das liegt daran, dass es aufgrund der Freiwilligkeit keine offizielle Meldepflicht für die Organisation und Durchführung der Verfahren gibt und auch keine Datenbanken existieren, in denen die Verfahren gesammelt und systematisch dokumentiert werden. Obgleich sie schon vielerorts ausprobiert wurden, gibt es deshalb kaum aussagekräftige, vergleichbare Untersuchungen darüber. Wissenschaftliche Studien beziehen sich in der Regel auf informative Einzelfälle (vgl. z. B. Denters/Klok 2010; Berry et al. 1993), deren Befunde aber nicht ohne weiteres verallgemeinert werden können (Ausnahmen sind z. B. Smith 2009; Fournier et al. 2011).

Die Erwartungen vieler Akteure (Bürger, Verwaltung, Politik, Wissenschaft) an mitgestaltende bzw. kooperative Bürgerbeteiligungsverfahren sind hoch. Weil das Spektrum der möglichen Verfahren sowie die jeweiligen Zielsetzungen breit sind, stellen wir stellvertretend vier Verfahren vor, um zu zeigen, welches die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der Verfahren sind. Anschließend erläutern wir, welche Gestaltungsaspekte Leitlinien für eine Verstetigung mitgestaltender Bürgerbeteiligung berücksichtigen sollten, um den frühzeitigen Einsatz dialogischer Verfahren zu unterstützen, die Nutzung für alle Beteiligten nachvollziehbar und verlässlich zu gestalten und die Wirkungskraft dialogischer Beteiligungsformate zu stärken. Abschließend gehen wir auf die Voraussetzungen ein, die aus unserer Sicht notwendig sind, um eine intensivere und kontinuierlichere Nutzung dieser Verfahren zu ermöglichen.

1 Ausgewählte Verfahren mitgestaltender Bürgerbeteiligung

Die Zahl von Beteiligungshandbüchern nimmt von Jahr zu Jahr zu. Darin werden viele unterschiedliche Verfahren dialogischer Bürgerbeteiligung beschrieben und mit Fallbeispielen unterlegt. Häufig unterscheiden sich die Verfahren nur im Namen, während sie von ihrer Zielsetzung und in ihrem Ablauf nahezu identisch sind. Dennoch gibt es mittlerweile eine nur noch schwer überschaubare Vielfalt an Beteiligungsformaten, was u. a. damit zu tun hat, dass sich neue Formate mit aufregenden Namen auf dem „Beteiligungsmarkt“ besser verkaufen lassen als Bekanntes. Im Folgenden haben wir beispielhaft vier Verfahren ausgewählt, um einen Einblick in ihre grundsätzliche Verschiedenheit, Vorzüge sowie Probleme zu geben.Footnote 2

Zukunftswerkstätten und ähnliche Verfahren (Zukunftsforen, Open-Space-Konferenzen, Kreativworkshops …)

Das Ziel von Beteiligungsformaten wie Zukunftswerkstätten, Zukunftsforen u. ä. ist es, durch die Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Vertretern der Verwaltung (gegebenenfalls auch der politischen Parteien) Zukunftsvisionen zu entwickeln wie z. B. Leitbilder für das künftige Zusammenleben in einer Kommune oder künftige Entwicklungen in bestimmten Politikfeldern. Bei diesen Verfahren werden die Teilnehmenden von Moderatorinnen und Moderatoren angeleitet, in verschiedenen Gruppenzusammensetzungen zu diskutieren und neue Ideen zu entwickeln. Sie starten in der Regel mit einer Reflexion der aktuellen Ausgangsbedingungen zum jeweiligen Thema, gefolgt von einer kreativen Phase der Ideenentwicklung und abschließend einer Phase, in der gemeinsam über Umsetzungsaspekte und -schwerpunkte nachgedacht wird. Während der Veranstaltungen werden die Gesprächsformate in der Regel wiederholt verändert. Es wird abgewechselt zwischen Kleingruppengesprächen, Bewertungsphasen und Plenumsdiskussionen. Außerdem können die Gruppen immer wieder neu zusammengesetzt werden, sodass es zu einem vielfältigen Austausch zwischen den Teilnehmenden kommt. Schließlich können die Veranstaltungen in einem gewissen zeitlichen Abstand wiederholt werden, um die Visionen in den Köpfen der Menschen „wachzuhalten“ und ihre Fortschreibung bzw. Neujustierung zu gewährleisten. Die Verfahren können zwischen einem Tag und drei Tagen dauern. Sie können in der Teilnehmerzahl variieren, was durch eine jeweils unterschiedliche Organisation des Ablaufs und der verwendeten Methoden abgefangen werden muss. Die Teilnehmenden an Zukunftswerkstätten und ähnlichen Beteiligungsformaten können gezielt eingeladen werden, wenn es in der Kommune beispielsweise bereits Bürgergruppen zu Themen gibt, über die diskutiert werden soll, wenn bereits früher entsprechende Verfahren stattgefunden haben und die damaligen Teilnehmenden erneut eingeladen werden sollen oder wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen, die sich von sich aus nicht beteiligen würden, explizit zur Teilnahme gebeten werden. Darüber hinaus sollten möglichst auch all jene Bürgerinnen und Bürger an den Verfahren teilnehmen können, die sich für das Thema interessieren. Das bedeutet, dass die Teilnehmenden an diesen Verfahren nicht repräsentativ für die Stadtgemeinschaft sind, was per se aber kein Problem ist. Ergänzend können Experten hinzugezogen werden, um Anregungen zum jeweiligen Thema zu geben. Die Anwesenheit von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten sowie Verwaltungsmitarbeiterinnen bzw. Verwaltungsmitarbeitern ist in der Regel sinnvoll, um das Einbringen der Ideen und Diskussionen in die Politik und die Verwaltungsarbeit zu unterstützen und deutlich zu machen, dass deren Vertreterinnen und Vertreter ein Interesse daran haben, den Bürgerinnen und Bürgern zuzuhören (für mehr Informationen siehe z. B. Nanz und Fritsche 2012, S. 81–83; Burow 2008).

Ein Beispiel: Im Herbst und Winter 2010 wurde in der Stadt Lörrach ein Leitbildprozess zur nachhaltigen Stadtentwicklung fortgeführt („Leitbild Lörrach 2020 – Nachhaltige Stadtentwicklung im trinationalen Eurodistrict Basel“). Bereits in den 1990er-Jahren war mit etwa 400 Bürgerinnen und Bürgern ein Leitbild erarbeitet worden, das mit jedem neuen Gemeinderat an die aktuellen Entwicklungen angepasst wurde. Das neue Leitbild Lörrach 2020 mit über 200 Ideen wurde an moderierten Bürgertischen sowie in einer Zukunftswerkstatt erarbeitet, an der die Verwaltung, der Gemeinderat und rund 100 Bürgerinnen und Bürger beteiligt waren. Die Themen deckten verschiedene Bereiche ab wie „Energie und Umwelt“, „Wirtschaftsstandort und Tourismus“, „Mobilität und Lebensraum“, „Bildung und gesellschaftliche Entwicklung“ sowie „Kultur und Sport“. Das Leitbild wurde vom Gemeinderat im Frühjahr 2011 beschlossen. Es ist eine Richtschnur für das Handeln des Gemeinderats und der Verwaltung, die für die Umsetzung der Ziele und Projekte einen Großteil der Verantwortung tragen.

Bürgerpanel

Bei einem Bürgerpanel handelt es sich im Gegensatz dazu um repräsentative Befragungen von Bürgerinnen und Bürgern, die einmal oder wiederholt durchgeführt werden, um auf diese Weise herauszufinden, was verschiedene Gruppen in der Bürgerschaft zu einem oder zu verschiedenen Themen der Kommunalpolitik denken und vor allem, wie sich dieses Denken über die Zeit hinweg verändert. Das Besondere an einer Panelbefragung ist erstens seine Repräsentativität. Zweitens ist besonders, dass dieselben Personen, die für die erste Befragung zufällig ausgewählt wurden, wiederholt befragt werden, sodass individuelle Veränderungen von Einstellungen beobachtet werden können. Das ist bei zwei oder mehr aufeinander folgenden Querschnittsbefragungen mit unterschiedlichen Befragten nicht möglich. Aus diesem Grund ist ein Panel eine deutlich informativere Art der Befragung. Gleichzeitig ist es methodisch aber auch anspruchsvoller und teurer, weil die jeweiligen Stichproben sorgfältig „gepflegt“ und die Rücklaufquoten im Auge behalten werden müssen.

Bei der Befragung selbst kann es sich um generelle Fragen der Lebenszufriedenheit in einer Stadt handeln, um Wohnungs- oder Betreuungsfragen, Meinungen zum ÖPNV u. v. m. Es kann aber auch gezielt um die Beurteilung einer konkret anstehenden Frage von größerer Bedeutung in der Kommune gehen, beispielsweise den Bau eines neuen Krankenhauses oder den Bau einer Ortsdurchfahrung. Dabei sind häufig verschiedene Alternativen in der Diskussion. Die repräsentative Meinungsverteilung innerhalb der Bürgerschaft zu diesen Alternativen zu kennen, kann sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Planungsämtern als auch für die Mitglieder des Gemeinderats hilfreich sein. Sie bekommen auf diese Weise ein Gefühl dafür, inwieweit ihre Positionen oder Entscheidungen mit den Wünschen der Bürgerschaft in Einklang stehen bzw. an welchen Stellen Diskussionsbedarf besteht und die eigene Position erklärt bzw. begründet werden sollte, ohne dass lautstarke Minderheiten den Gesamteindruck von der Meinung in der Bevölkerung überdecken. Umgekehrt kann das Instrument des Bürgerpanels auch dadurch, dass es verschiedene Präferenzen innerhalb der Bevölkerung sichtbar macht, einzelnen Bürgergruppen verdeutlichen, dass ihre Sichtweise nicht zwangsläufig die dominante Meinung innerhalb der Bürgerschaft ist.

Die Durchführung eines Bürgerpanels wird in der Regel von der Politik beschlossen. Anschließend erarbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, gegebenenfalls unter Einbeziehung von Bürgerinnen, Bürgern und Experten, einen Fragebogen. Um die Beteiligungsbereitschaft in der Kommune zu erhöhen, muss parallel dazu an eine effektive Öffentlichkeitsarbeit gedacht werden, beispielsweise durch den frühzeitigen Einbezug der lokalen Presse in das Projekt, entsprechende Veröffentlichungen im Amtsblatt oder ein direktes Anschreiben des (Ober-)Bürgermeisters an alle Haushalte. Die Auswahl der zu Befragenden erfolgt in der Regel durch eine zufällige Ziehung von Adressen oder Namen aus der Einwohnermeldedatei. Auch hier gilt, dass sich weniger politikaffine Bürgerinnen und Bürger häufig nicht beteiligen. Man muss gegebenenfalls darauf achten, dass diese Gruppe bei der Auswahl überproportional vertreten ist, um zumindest einen gewissen Rücklauf an Antworten zu gewährleisten. Die Auswertung der „quantitativen“ Daten nimmt nur wenig Zeit in Anspruch, sodass Politik und Verwaltung die Ergebnisse schnell diskutieren und die Öffentlichkeit zeitnah über die Ergebnisse informiert können, um auf diese Weise den Dialog zwischen der Politik, der Verwaltung und der Bürgerschaft zu ermöglichen.

Bürgerpanel haben verschiedene positive Aspekte, auch wenn es am Ende nicht zu einem direkten Kontakt zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Politik und Verwaltung kommen muss: Sie sind relativ einfach einzusetzen und können mehrmals im Jahr ein Meinungsbild innerhalb der Bevölkerung liefern. Mithilfe eines Bürgerpanels können auch Veränderungen des Meinungsbildes verfolgt werden und ein wiederholtes Reagieren von Politik und Verwaltung auf die Interessenlage der Bürgerschaft ist möglich. Bürgerpanel sind repräsentative Verfahren. Das heißt, alle Bürgerinnen und Bürger haben dieselbe Chance, sich an der Befragung zu beteiligen und es kann mehr oder weniger sichergestellt werden, dass nicht nur ausgewählte Meinungen der Stadtbevölkerung „gehört“ werden. Darüber hinaus können weitere Zugangswege zur Teilnahme für besonders interessierte Bürgerinnen und Bürger geöffnet werden, indem Onlineangebote gemacht werden oder über die Stichprobe hinaus Fragebögen an Einzelne oder an Haushalte verteilt werden, die dann gesondert erfasst und ausgewertet werden (ausführlicher zum Bürgerpanel siehe Klages und Masser 2010; Nanz und Fritsche 2012, S. 49 f.).

Planungszellen und ähnliche Verfahren (Bürgergutachten, Bürgerräte, Citizen Juries, Citizen Assemblies)

Planungszellen (bzw. Citizen Juries oder Citizen Assemblies) stellen den Versuch dar, Planungen oder Konzepte über mehrere Tage hinweg zu entwickeln. Beteiligt an diesem Austausch sind Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Experten bzw. Verwaltungsfachleute, damit sich Alltags- und Expertenwissen in einem gemeinsamen Diskussionsprozess gegenseitig ergänzen (ausführlicher zur Planungszelle vgl. Dienel 1978; Leyenaar 2008; Smith und Wales 2000). Dabei soll darauf geachtet werden, dass möglichst alle Meinungen aus der Bevölkerung in der Planungszelle vertreten sind und somit eine möglichst repräsentative Meinungsvielfalt die Grundlage für die Diskussion bildet. Um dies zu gewährleisten, werden durch Zufallsstichproben aus der Einwohnermeldedatei Adressen von Bürgerinnen und Bürgern gewonnen, die dann zur Teilnahme eingeladen werden. Um die Teilnahmebereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen und eine möglichst große Repräsentativität sicherzustellen, werden die Teilnehmenden im Idealfall von ihren Arbeitgebern für die Zeit der Beratschlagung freigestellt und erhalten von den Auftraggebern der Planungszelle (in der Regel die lokale Politik) einen Einkommensersatz.

Die eingeladenen Teilnehmenden diskutieren auf Basis ihres Alltagswissens – unterstützt durch Moderatorinnen und Moderatoren und einführende Referate zu den relevanten Rahmenbedingungen – mit verschiedenen Expertinnen und Experten alternative Entwürfe, um am Ende eine Empfehlung zu einem bestimmten Thema abzugeben („Bürgergutachten“). Die Diskussionen können in sich ändernden Kleingruppen oder in der gesamten Gruppe erfolgen. Das Ergebnis wird abschließend an die politischen Gremien zur Entscheidung weitergeleitet, ohne für die Entscheidungsträger bindend zu sein, wenngleich ein solches Verfahren natürlich einen gewissen Druck auf diese zur Annahme ausübt. Aufgrund der Repräsentativität der Zusammensetzung und der ausführlichen Diskussionen verschiedener Gesichtspunkte ist davon auszugehen, dass viele verschiedene Argumente in die Abschlussüberlegungen einfließen und keine artikulationsstarke Gruppe das Ergebnis dominiert. Insofern wird der Planungszelle zugute gehalten, dass eine solche Empfehlung auch eine breite Akzeptanz sowohl in der Politik als auch in der Bürgerschaft finden sollte.

Problematisch an Planungszellen ist jedoch, dass sich der theoretische Anspruch der Repräsentativität in der Praxis schwer einlösen lässt. Selbst wenn die Auswahl der möglichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zufällig erfolgt, kann die Beteiligung nicht erzwungen werden. Das heißt, es findet auch hier eine Selbstselektion der Beteiligten statt, die dazu führt, dass in der Regel jene gesellschaftlichen Gruppen überproportional beteiligt sind, die beruflich abkömmlich sind oder aus anderen Gründen über genügend Zeit zur Teilnahme verfügen. Oder aber die Teilnehmenden haben von vornherein ein besonderes Interesse für die jeweiligen Themen. Schriftlich dokumentierte Belege hierfür gibt es kaum. Eine der wenigen Studien, die offen mit diesem Thema umgeht, beschreibt vergleichend drei Citizen Juries in Kanada (British Columbia und Ontario) und den Niederlanden. Citizen Juries folgen dem Format der Planungszelle. Sie sind jedoch größer angelegt (beispielsweise für ein ganzes Land), haben eine größere Zahl an Teilnehmenden und dauern länger. In British Columbia, Ontario und den Niederlanden sollten Bürgerinnen und Bürger jeweils über die Einführung eines neuen Wahlrechts beratschlagen, weil diese – anders als die politischen Parteien – kein Eigeninteresse an einer bestimmten Art von Abstimmung/Auszählung haben und sich somit weniger eigennützig für ein aus ihrer Sicht „besseres“ Wahlrecht entscheiden dürften (vgl. Fournier et al. 2011, S. 31; 51 ff.). Die Selektionsprozesse bei diesen drei Verfahren waren zweistufig. Zunächst wurden aus den jeweiligen Wahlregistern zufällig Adressen gezogen. Die Adressatinnen und Adressaten wurden mit einem persönlichen Brief angeschrieben, über die Wichtigkeit der Verfahren aufgeklärt und um Antwort gebeten, um an einer weiteren Zufallsauswahl teilzunehmen – sofern sie die Möglichkeit und das Interesse hätten, an der jeweiligen Citizen Jury teilzunehmen. Bei dieser zweiten Zufallsauswahl wurden die endgültig Teilnehmenden ausgewählt werden. In allen drei Fällen antworteten lediglich zwischen fünf und sieben Prozent der angeschriebenen Personen auf den ersten Einladungsbrief. „So the vast majority of people invited were not interested and/or available“ (Fournier et al. 2011, S. 32). Die Annahme liegt auf der Hand, dass die abschließend Teilnehmenden ein ausgeprägtes Interesse an politischen und gesellschaftlichen Fragen hatten. Ob die Qualität der endgültigen Empfehlungen der Juries an der selektiven Auswahl der Teilnehmenden gelitten hat, lässt sich mit guten Argumenten bezweifeln. Sie zeigt aber, dass das Repräsentativitätsargument in der Regel überbewertet wird und sich in der Praxis nur schwer halten lässt.

Mediation oder ähnliche Verfahren (Schlichtung, Runde Tische)

Im Unterschied zu den o. g. Varianten der Planungszelle geht es bei Mediationen, Schlichtungen oder Runden Tischen nicht um die Entwicklung und Bewertung einer neuen Problemlösung (Bürgergutachten). Vielmehr soll bei einer strittigen Frage eine gemeinsame Position herausgearbeitet werden. Durch die Verfahren sollen latente oder bereits bestehende Konflikte unter Leitung eines von allen Seiten akzeptierten „Schlichters“ oder Moderators strukturiert bearbeitet werden (vgl. Nanz und Fritsche 2012, SS.  63–66; Geis 2008). Es soll in diesen freiwilligen Verfahren nach einer dauerhaften Lösung gesucht werden, die von allen Seiten getragen wird. Ob dabei am Ende eine für alle Konfliktparteien akzeptable Lösung tatsächlich erarbeitet werden kann, ist offen. Zumindest aber können durch diese Verfahren die Argumente der verschiedenen Seiten einander gegenübergestellt werden. Eine stark emotionale Situation kann (wie beispielsweise bei Stuttgart 21) „rationalisiert“ werden, indem bestehende Argumente auf ihren Gehalt hin überprüft werden. Je weiter fortgeschritten und je stärker der Konflikt ist, umso unwahrscheinlicher wird es, dass am Ende eine gemeinsame Lösung gefunden wird. Selbst die Teilnahme der Konfliktparteien an solchen Verfahren ist bereits von der Stärke der Konflikte abhängig. Das heißt, eine Einigung kann überhaupt nur dann erzielt werden, wenn die Konfliktparteien einen Verhandlungs- und Einigungswillen haben und es noch einen Gestaltungsfreiraum gibt, in dem die Konfliktparteien nach einer gemeinsamen Lösung suchen können. Unterstützt wird dieser Verhandlungswille gegebenenfalls durch einen äußeren Handlungsdruck wie beispielsweise eine nahende Katastrophe. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg solcher Konfliktverhandlungen ist aber auch, dass die Verhandlungspartner die gefundenen Lösungen in ihren eigenen Gruppen durchsetzen können, dass sichergestellt werden kann, dass das Ergebnis Verbindlichkeit hat und dass keine Gruppe im Nachhinein umgangen wird.Footnote 3

Ähnlich verläuft das Verfahren bei Runden Tischen, die bereits in weniger konfliktbehafteten Situationen eingesetzt werden. Auch hier geht es um die Erarbeitung einer möglichst auf Konsens ausgerichteten Lösung zwischen unterschiedlichen Interessengruppen unter der Leitung eines Moderators oder einer Moderatorin. Runde Tische symbolisieren die Gleichberechtigung der Beteiligten an den Dialogen. Im Unterschied zur Mediation oder Schlichtung ist der Konflikt bei Runden Tischen in der Regel aber weniger ausgeprägt. Wie bei anderen Verfahren muss auch bei Runden Tischen nicht der gesamte Diskussionsprozess an einem Tisch mit derselben Zusammensetzung erfolgen. Vielmehr können auch hier abwechselnd kleinere Diskussionsgruppen mit unterschiedlichen Teilnehmenden gebildet werden. Wichtig ist, dass alle relevanten und betroffenen Interessen an dem Dialog beteiligt sind und damit eine breite Inklusion gewährleistet wird, um nachfolgend eine möglichst breite gesellschaftliche und politische Akzeptanz zu erzielen. Priorität hat deshalb, dass zu Beginn alle relevanten Akteure identifiziert werden. Dies bedarf langjähriger Erfahrung und Beschäftigung mit lokalen Beteiligungsprozessen und einer guten Kenntnis der Stadtgesellschaft. Wichtig ist auch, dass von Beginn an der vorhandene Gestaltungsspielraum abgesteckt wird, damit es im Nachhinein nicht zu Frustration kommt. Ebenso muss von Beginn an klargestellt werden, welche Verbindlichkeit die Ergebnisse für die weiteren formalen Entscheidungsprozesse haben: Sind sie für die politischen Entscheidungsträger in den Gemeinderäten bindend oder nicht? Zum Ablauf der Runden Tische gibt es darüber hinaus keine festen Verfahrensabläufe. Zusammenfassend kann man festhalten, dass sich die dargestellten Verfahren in ihrer Zielsetzung unterscheiden, aber auch im Hinblick auf die Konflikthaftigkeit, mit der sie umgehen müssen, sowie in der mehr oder weniger repräsentativen Auswahl der Teilnehmenden, die mit den beiden ersten Unterscheidungskriterien zusammenhängt (vgl. Tab. 6.2).

Tab. 6.2 Dialogorientierte Beteiligungsverfahren im Vergleich.

2 Leitlinien zur Verstetigung dialog-orientierter Bürgerbeteiligung

Ein Problem mitgestaltender oder kooperativer Bürgerbeteiligung ist ihre Freiwilligkeit und die damit verbundenen Unsicherheiten hinsichtlich des Stattfindens solcher Prozesse, der Verlässlichkeit des Verfahrensablaufes und der Verwendung der Ergebnisse. Aus diesem Grund haben sich mittlerweile einige Städte dazu entschlossen, Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung zu verabschieden, mit deren Hilfe dialogorientierte Bürgerbeteiligungsprozesse auf lokaler Ebene verstetigt werden sollen, um mehr Berechenbarkeit zu gewährleisten, die wiederum eine notwendige Voraussetzung zur Entwicklung von Vertrauen ist bezogen auf die Zusammenarbeit zwischen Bürgerinnen und Bürgern, der Politik und der Verwaltung. Eine der ersten Städte auf diesem Weg war Heidelberg. Der Heidelberger Gemeinderat beschloss auf Initiative des Oberbürgermeisters 2011 ein „trialogisches“ Gremium einzurichten aus Bürgervertreterinnen und -vertretern, Gemeinderatsmitgliedern und Verwaltungsangehörigen, um gemeinsam „Leitlinien“ für eine verbindliche Bürgerbeteiligung zu entwickeln. Der Prozess wurde wissenschaftlich begleitet und von einem professionellen Moderator unterstützt.Footnote 4 Um eine solche Verstetigung zu gewährleisten, sind sechs Aspekte von Bedeutung, deren erster bereits die Formulierung entsprechender Leitlinien darstellt (vgl. Vetter et al. 2013; ausführlich Klages und Vetter 2013):

Verlässlichkeit bezüglich der Durchführung und des Ablaufs von Bürgerbeteiligung

Um zum Aufbau von gegenseitigem Vertrauen beizutragen, muss dialogische Bürgerbeteiligung, ein „natürlicher“ bzw. fester Bestandteil lokaler Planungs- und Entscheidungsprozesse werden. Dies bedarf der Institutionalisierung von Regeln dialogischer Bürgerbeteiligung, auf die sich die Beteiligten und Nicht-Beteiligten verlassen können. Verbindlichkeit wird dadurch gewährleistet, dass Bürgerbeteiligung möglichst niederschwellig von verschiedenen Seiten aus angeregt werden kann, z. B. vonseiten der Verwaltung, der Gemeinderäte, Bezirksbeiräte, Bürgergruppen, Interessenvereinigungen oder von Vereinen. Verbindlichkeit im Hinblick auf die Geltung bestimmter Abläufe kann durch die Ausformulierung von Verfahrensregeln sichergestellt werden. Diese müssen der Öffentlichkeit bekannt sein und ihre Einhaltung muss nachverfolgt werden können. Sie sollten einen möglichst umfassenden Geltungsbereich haben, unabhängig davon, ob einzelne Projekte zum Zuständigkeitsbereich des Gemeinderats oder des Oberbürgermeisters bzw. der Oberbürgermeisterin gehören – soweit es sich nicht um weisungsgebundene Aufgaben handelt. Unterstützt werden kann die Verbindlichkeit bezüglich des Stattfindens von Bürgerbeteiligung durch die Verabschiedung einer Beteiligungssatzung bzw. einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift, die die Unterstützung des Beteiligungsvorhabens durch den Gemeinderat einfordert und die Verwaltung bindet.

Kooperation der relevanten Akteure im Planungs- und Beteiligungsprozess

Ein auf Dauer angelegtes, systematisches Bürgerbeteiligungskonzept muss gleichzeitig von allen relevanten Akteuren unterstützt werden, um eingeführt und umgesetzt werden zu können. Zu den relevanten Akteuren gehören die Bürgerschaft, die gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, gegebenenfalls auch Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft oder Wissenschaft. Um diese breite Unterstützung zu gewährleisten, sollte bereits die Entwicklung der Beteiligungsregeln in Form eines kooperativen Dialogs zwischen den relevanten Akteuren erfolgen, um die Sichtweisen und Bedarfe verschiedener Gruppen einzubringen und eine Basis für gegenseitiges Vertrauen zu schaffen. Darüber hinaus muss der Gemeinderat, soweit möglich, in die einzelnen Beteiligungsschritte eines umfassenden Beteiligungsprozesses involviert werden. Er muss gegebenenfalls auch als „Ermöglicher“ von Bürgerbeteiligung auftreten. Das heißt, er soll in Entscheidungen wie „Findet Beteiligung statt?“, „Wer wird beteiligt?“, „Wie wird beteiligt?“ und „Wann wird beteiligt?“ einbezogen und in die Verantwortung genommen werden, um die Chancen der Verstetigung von Bürgerbeteiligung zu erhöhen. In der Stadt Heidelberg ist diese Verzahnung zwischen Bürgerschaft, Verwaltung und Politik institutionalisiert, dass der Gemeinderat in allen Phasen integriert ist – von der Information der Bürgerschaft über die Anregung von Beteiligungsprozessen bis hin zur Entscheidung über die Art und Weise der Prozesse und die Entscheidung über die Ergebnisse – auch wenn die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Bürgerschaft im Beteiligungsprozess selbst der dominantere Aktionsrahmen ist (vgl. Abb. 6.1).

Abb. 6.1
figure 1

(Quelle: Stadt Heidelberg)

Die Rolle des Gemeinderats in verschiedenen Phasen des Beteiligungsprozesses.

Frühzeitige und umfassende Information der Öffentlichkeit

Bürger und Bürgerinnen fordern Beteiligung häufig erst dann von sich aus ein, wenn Projekte konkret werden oder zur Umsetzung kommen. Dann bestehen aber kaum mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Deshalb steht an erster Stelle die frühzeitige Information der Bürgerschaft (vgl. auch Kropp 2013, S. 484; Birk 2011). Bürgerbeteiligung in Form des Informationsaustauschs zwischen der Verwaltung, der Politik und der Bürgerschaft muss bereits in frühen Planungsphasen eines Projektes stattfinden, wenn die Einflussmöglichkeiten auf die Projektgestaltung noch groß sind. Nur dann ist genug Zeit, damit sich in der Öffentlichkeit Interessen entwickeln und artikulieren können, um diese „rechtzeitig“ in die entsprechenden Planungsprozesse zu integrieren. Dann ist auch die Frage des „Ob“ noch diskutierbar.

Die frühzeitige Information der Bevölkerung kann unterschiedlich erfolgen. In der Stadt Heidelberg wurde dazu das Instrument der „Vorhabenliste“ entwickelt. Sie wird vor der Beschäftigung des Gemeinderats mit einem Thema von der Verwaltung erstellt, vom Gemeinderat verabschiedet, breit veröffentlicht und fortlaufend aktualisiert. Die Vorhabenliste führt alle beabsichtigten gesamtstädtischen oder stadtteilbezogenen Vorhaben auf, bei denen für das Interesse einer Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern zu erwarten ist. Außerdem wird festgehalten, ob Bürgerbeteiligung bereits von der Verwaltung vorgesehen ist, wie sie stattfinden wird und wie der aktuelle Bearbeitungsstand des Projekts in den städtischen Gremien ist.

Kooperative Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung der Prozesse

Problemstellungen und darauf bezogene Projekte variieren von Fall zu Fall. Deshalb muss die konkrete Ausgestaltung von Bürgerbeteiligung in Abhängigkeit von der jeweiligen Problemstellung immer wieder neu entschieden werden. Regeln für eine systematische Bürgerbeteiligung müssen folglich Spielräume für situationsangemessene Entscheidungen über die folgenden Fragen eröffnen: Worüber wird mit welchem Entscheidungsspielraum diskutiert bzw. was ist der Beteiligungsgegenstand? Mit der Vorabklärung des Beteiligungsgegenstandes werden die gemeinsamen Erwartungen an den Beteiligungsprozess festgelegt und mögliche spätere Enttäuschungen vermieden. Die nächste Frage ist: Wer sind die zu Beteiligenden? Welche Personen oder Gruppen beteiligt werden sollen, ist eine der schwierigsten Fragen im Zusammenhang mit der Verstetigung von Bürgerbeteiligung. Grundsätzlich sollten möglichst alle „relevanten“ Akteure – zumindest über entsprechende Vertreterinnen und Vertreter – beteiligt sein, die Interesse an dem Projekt haben. Gleichzeitig muss verhindert werden, dass Beteiligungsprozesse von „üblichen Verdächtigen“ dominiert werden. Hierbei können nicht-selbstselektive Auswahlmethoden helfen. Sie basieren beispielsweise auf der Annahme über bestimmte Eigenschaften der zu beteiligenden Personen (Betroffenheit, Kenntnisse, Kompetenzen oder Funktionen), auf einem Bewerbungsverfahren und der anschließenden Auswahl „per Los“ oder auf einer Zufallsauswahl. Wichtig ist in jedem Fall, dass auch Bevölkerungsgruppen, die sich selten beteiligen, bei der Auswahl der zu Beteiligenden berücksichtigt werden. Die dritte zu klärende Frage ist: Welches Verfahren wird eingesetzt? Vorab muss geklärt werden, welche Beteiligungsverfahren und welche Entscheidungsregeln im Rahmen des Beteiligungsprozesses gelten. Entscheidungskriterium für die Methodenwahl sollte die Übereinstimmung zwischen den Leistungsanforderungen in der jeweiligen Situation einerseits sowie den Leistungsprofilen der einzelnen Methoden andererseits sein. So eignen sich für die frühzeitige Ermittlung von Bevölkerungsinteressen zur Information der Verwaltung und des Gemeinderats andere Beteiligungsformate als beispielsweise für die Lösung von Konflikten (vgl. Abschn. 7.1). Darüber hinaus sind schließlich Kosten-Nutzen-Überlegungen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des Beteiligungsprozesses angebracht.

Die Klärung dieser Fragen muss frühzeitig und transparent erfolgen, damit Konfliktpotenziale möglichst nicht entstehen oder reduziert werden. Die Entscheidungen können durch ausgewählte Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerschaft getroffen werden, durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachverwaltungen oder die jeweiligen Beteiligungsbeauftragten der Verwaltung, durch „unabhängige Dritte“ oder Methodenfachleute, gegebenenfalls auch unter Einbezug von Investoren. Bei größeren Projekten bietet sich die Bildung eines „kleinen, arbeitsfähigen Vorbereitungsgremiums für Bürgerbeteiligung“ an, das nicht mit der eigentlichen Bürgerbeteiligung verwechselt werden darf.

Mehrphasige und integrierte Projekt- und Beteiligungsplanung

Planungs- und Entscheidungsprozesse sind vor allem bei größeren Projekten mehrstufig. Dasselbe muss für Bürgerbeteiligungsprozesse gelten. Das heißt, Beteiligung sollte ein Projekt über verschiedene Bearbeitungsphasen hinweg „prozesshaft“ begleiten. Dabei können mindestens sechs Phasen eines typischen Verwaltungs-, Beratungs- und Entscheidungsverfahrens ausgemacht werden, unabhängig von der jeweiligen Aufgabenstellung. In der Entdeckungsphase (1) wird versucht, Projekte mit Bürgerbeteiligung auf die politische oder die administrative Agenda der Kommunen zu setzen. Die Entdeckung eines Projektes kann durch die Verwaltung erfolgen, was häufig der Fall ist. Sie kann sich aber auch aus einer aktiven Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft ergeben. Oder aber es kann die Bürgerschaft sein, die einen Beteiligungswunsch an die Politik oder die Verwaltung heranträgt. In engem Zusammenhang mit dieser Phase steht die Vorbereitungsphase (2), in der die rechtlichen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eines möglichen Projektes vorab geklärt bzw. Informationen hierzu zusammengetragen werden. Noch wurde von der jeweils verantwortlichen Stelle nicht über die tatsächliche Durchführung des Projektes entschieden. Dennoch können bereits in dieser Phase Fragen zum möglicherweise folgenden Bürgerbeteiligungsprozess geklärt werden. Darüber hinaus ist bereits zu diesem Zeitpunkt der Einbezug der Bürgerschaft in Form der Information über das anstehende Projekt, bestehende Ideen sowie die gesellschaftlichen, juristischen und ökonomischen Rahmenbedingungen wichtig. Der Beschluss über einen darüber hinausgehenden Beteiligungsplan sollte dann jedoch von den jeweils Verantwortlichen, d. h. dem Gemeinderat oder dem (Ober-) Bürgermeister bzw. der (Ober-) Bürgermeisterin, getroffen werden.

Auf Basis dieser ersten Projektentscheidung beginnt dann die Phase der Alternativenentwicklung und -diskussion (3). Dabei geht es um die Herausarbeitung von Interessen, Bedarfen, Zielvorstellungen, Bewertungskriterien und Alternativen. Wurden in Phase 2 bereits Teile der Bevölkerung zum Projekt kontaktiert und Interessen eingeholt, sollten diese Informationen nun in den Planungsprozess einfließen. In der Regel steht am Schluss dieser Phase die Herausarbeitung einer Vorzugsvariante. Die Frage nach der geeigneten Beteiligungsmethode hängt auch hier wieder von der Aufgabenstellung (dem Beteiligungsgegenstand) ab. Sie sollte – ebenso wie die Frage nach den zu Beteiligenden – bereits zu Projektbeginn (gegebenenfalls von der Vorbereitungsgruppe) geklärt worden sein. In Phase 4 geht es um die Konkretisierung und Detailplanung der Vorzugsvariante. Sie wird abschließend in Form einer Verwaltungsvorlage dem Gemeinderat zur Entscheidung über die endgültige Umsetzung vorgelegt. In dieser Phase sind die Interessen der beteiligten Akteure bereits bekannt und die wesentlichen Projektentscheidungen festgelegt. Hier kann Bürgerbeteiligung vor allem in Form der Einholung eines breiten Meinungsbildes in der Bevölkerung erfolgen, das im Zuge der abschließenden Beratung im Gemeinderat als Entscheidungsgrundlage dient und auf Basis dessen der Gemeinderat in Form einer nachvollziehbaren „Rechenschaftslegung“ der Öffentlichkeit gegenüber seine Entscheidung begründet. In der Umsetzungsphase (5) kann Bürgerbeteiligung in Form einer direkten Beteiligung von betroffenen, interessierten oder engagierten Bürgerinnen und Bürgern an der Erstellung des jeweiligen „Produktes“ stattfinden. Abgeschlossen wird das Projekt schließlich mit einer Evaluationsphase (6), für die die entsprechenden Kriterien bereits möglichst zu Beginn der Projekt- und Beteiligungsplanung festgelegt worden sind und deren Ergebnisse in eine Gesamtevaluation der Beteiligungsregeln regelmäßig einfließen sollten.

Gewährleistung der Verbindlichkeit von Beteiligungsergebnissen

Verbindlichkeit muss schließlich auch für die Ergebnisse von Bürgerbeteiligung sichergestellt sein. Dieser Punkt ist wichtig, gerade wenn wesentliche Entscheidungen über ein Projekt sowie über die Durchführung von Bürgerbeteiligung weiterhin von den gewählten Vertreterinnen und Vertretern in den Räten getroffen werden. Beteiligungsergebnisse müssen dabei nicht zwangsläufig bindend für die Entscheidungsträger sein. Für diese Position sprechen mehrere Gründe: Bürgerbeteiligung ist kein „Konsensbeschaffer“. Interessenkonflikte sind in der pluralistischen Demokratie „Normalität“. Daher ist die Erwartung unangemessen, durch Bürgerbeteiligung könnten Konflikte „wegdiskutiert“ werden. Das Mehrheitsprinzip bleibt folglich weiterhin die zentrale und an letzter Stelle notwendige demokratische Entscheidungsregel – verbunden allerdings mit dem Ziel von Bürgerbeteiligung, die Breite der unterstützenden Mehrheit zu vergrößern. Diese Mehrheitsmeinung kann sehr gut innerhalb der jeweiligen Vertretungskörperschaften zutage gefördert werden, ohne dass jedes Mal die Bürgerinnen und Bürger an die Urne gerufen werden müssen. Darüber hinaus sprechen für das „freie Mandat“ der Entscheidungsträger aus demokratietheoretischer Perspektive verschiedene Gründe: Die Repräsentantinnen und Repräsentanten stellen in ihrer Gesamtheit ein vergleichsweise ausgewogenes Abbild der Bevölkerungsinteressen dar. Deshalb kann durch sie eine repräsentative Mehrheitsentscheidung für die lokale Gemeinschaft insgesamt erwartet werden. Außerdem sollten sich Repräsentantinnen und Repräsentanten eine eigene Meinung bilden, um Interessen gegeneinander abwägen zu können. Sie müssen vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Interessen die aus ihrer Sicht „beste“ Entscheidung treffen können. Anschließend tragen sie die Verantwortung für ihre Entscheidung und können gegebenenfalls von der Bürgerschaft abgewählt werden. Auf diese Weise wird Transparenz sichergestellt und die politische Verantwortlichkeit für bestimmte Entscheidungen wird offenkundig. Gleichzeitig wird den oben beschriebenen Nachteilen partizipatorischen Regierens vorgebeugt. Die Bindung der Mandatsträger an das Ergebnis eines Bürgerbeteiligungsverfahrens ist demokratietheoretisch folglich nicht zwingend sinnvoll. Selbstverständlich aber müssen die Ergebnisse von Beteiligungsprozessen von den politischen Entscheidungsträgern ernst genommen werden, damit Bürgerbeteiligung nicht von vornherein zur Farce wird. Die gewählten Vertreterinnen und Vertreter müssen transparent und nachvollziehbar „Rechenschaft“ über ihre Entscheidung ablegen, vor allem wenn die Entscheidungen von den Beteiligungsergebnissen abweichen.

3 Rahmenbedingungen für die Implementierung eines längerfristigen Beteiligungskonzeptes

Die genannten Gestaltungselemente sollen die Verstetigung, die Transparenz und die Wirksamkeit dialogischer Beteiligungsverfahren gewährleisten. Mit einem Regelwerk ist es allerdings nicht getan. Vielmehr müssen Regeln auch angewendet und umgesetzt werden. Dem stehen jedoch einige Widerstände bzw. Probleme gegenüber. Außerdem müssen auch die Grenzen dialogischer Beteiligung im Blick behalten werden.

Bürgerbeteiligung braucht Unterstützung von vielen Seiten

Mehr Bürgerbeteiligung bedeutet, dass Entscheidungskompetenzen verschoben werden. Dabei kommt es zwangsläufig zu Widerständen vonseiten der Politik, der Verwaltung, möglicherweise auch vonseiten der Bürgerinnen und Bürger oder von Investoren. Um diese Widerstände zu überwinden, müssen die Bürgerinnen und Bürger, die Verwaltung, die Politik und gegebenenfalls Investoren vom Nutzen der Bürgerbeteiligung überzeugt sein: Die Verwaltung kann durch Bürgerbeteiligung Planungssicherheit und Bürgerzufriedenheit gewinnen. Allerdings bedeutet dies auch mehr Einsatz für sie. Deshalb müssen vor allem die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen Bürgerbeteiligung unterstützen. Sie müssen die Wichtigkeit des Themas innerhalb der Verwaltung glaubwürdig vertreten und für die Unterstützung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sorgen. Die Politik muss Bürgerbeteiligung als Informationsgewinn verstehen im Hinblick auf die Entscheidungen, die sie zu treffen hat. Mehr Bürgerbeteiligung kann die Legitimation und die Akzeptanz ihres Handelns stärken und dadurch die Verbindung zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Politik festigen. Mehr Bürgerbeteiligung heißt nicht zwangsläufig, dass Entscheidungskompetenzen von den Räten und Rätinnen weg verlagert werden. Vielmehr werden Entscheidungen durch mehr Bürgerbeteiligung in ihrem Bezug zur Bürgerschaft deutlicher. Die Bürgerinnen und Bürger müssen erkennen, dass sie ernst genommen werden und ihre Interessen in die Planungs- und Entscheidungsprozesse einfließen. Allerdings müssen sie sich auch aus ihrer Beobachterrolle herausbegeben und aktiv mit Fragen der politischen Gemeinschaft auseinandersetzen. Dies bedeutet auch, dass sie lernen müssen, dass die eigene Meinung sich nicht immer durchsetzt. Investoren schließlich können von einer größeren Akzeptanz und Unterstützung ihrer Projekte profitieren, was letztlich zu einer effizienteren Realisierung der Projekte beiträgt. Mitunter können Planungen durch die Anregungen aus der Bürgerschaft verbessert werden. Erwartet wird im Gegenzug aber eine frühzeitige Information über neue Planungen und eine entsprechende Offenheit gegenüber den Interessen der Gemeinschaft.

Inwieweit diese theoretischen „Gewinne“ für einzelne Akteure tatsächlich durch dialogische Beteiligungsprozesse realisiert werden können, ist eine bislang offene Frage. Insofern bleibt die Schwierigkeit bestehen, einzelne Akteure vom Zusatznutzen der Bürgerbeteiligung zu überzeugen und damit ihre Unterstützung zu erwirken bzw. ihren Widerstand dagegen abzubauen.

Verantwortlichkeit für Bürgerbeteiligung innerhalb der Verwaltung

Wo und wie die Verantwortung für Bürgerbeteiligung innerhalb einer Kommunalverwaltung organisiert wird, ist eine weitere relevante Frage für die Verstetigung dialogischer Bürgerbeteiligung. Die Verantwortung für Bürgerbeteiligung kann zentral organisiert sein. Die jeweiligen Fachämter greifen dann von Fall zu Fall auf die Kompetenz der Bürgerbeteiligungsstelle zu. Oder aber die Verantwortung ebenso wie die Planungskompetenzen für Bürgerbeteiligung sind in den jeweiligen Fachämtern angesiedelt. Das letztere Modell dürfte leistungsfähiger sein, weil Bürgerbeteiligung dann von jedem Fachamt als eigenes Thema verstanden werden muss. Allerdings sollte unabhängig davon eine sichtbare Ansprechstelle für Bürgerbeteiligung eingerichtet werden, um für die Öffentlichkeit, aber auch verwaltungsintern, Bürgerbeteiligung „ein Gesicht“ zu geben. Außerdem sollte mit bedacht werden, dass unüberlegt oder inkompetent durchgeführte Beteiligungsprozesse negative Eindrücke auf vielen Seiten hinterlassen, die sich auf weitere Projekte auswirken oder das Thema „Bürgerbeteiligung“ insgesamt diskreditieren können. Deshalb sollte im Zusammenhang mit der Frage nach mehr Bürgerbeteiligung Besonnenheit vor operativer Hektik walten und professioneller Beratung eine wichtige Rolle zugeschrieben werden. Inwieweit Verwaltungen es sich leisten wollen und können, ein entsprechendes „Kompetenzzentrum“ für Bürgerbeteiligung einzurichten, ist eine zweite offene Frage.

Bürgerbeteiligung führt nicht immer zu Konsens

Moderne Demokratien beruhen auf dem Grundgedanken, dass es in einer Gesellschaft eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen gibt. Interessenkonflikte sind deshalb durchaus normal. Aus diesem Grund ist die Erwartung unangemessen, substanzielle Konflikte durch dialogische Bürgerbeteiligung „wegzudiskutieren“. Entsprechend führt dialogische Bürgerbeteiligung nicht in allen Fällen zur Akzeptanz einer inhaltlichen Position bei allen Beteiligten. Noch immer ist in Konfliktfällen das Mehrheitsprinzip am Ende eines ausführlichen und transparenten Diskussionsprozesses der vermutlich einzige Weg, über den der Konflikt gelöst werden kann. Bürgerbeteiligung dient also nicht der Konsensbeschaffung. Sie kann zwar die Breite der jeweiligen Mehrheiten vergrößern; dennoch muss klar sein, dass es gegebenenfalls auch Entscheidungen gegen die eigene Position gibt, die dann zwar nicht inhaltlich übernommen, aber als Entscheidung akzeptiert werden müssen. Diese Einsicht zu vermitteln und damit die Erwartungen an Bürgerbeteiligung in diesem Punkt zu dämpfen, ist ein dritter Punkt, der im Zusammenhang mit der Verstetigung dialogischer Bürgerbeteiligungsprozesse erwähnt werden muss.

Ungleiche Stärke von Interessen und deren Berücksichtigung

In der Regel hängt die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern von deren Ressourcenausstattung und Artikulationsstärke ab. Entsprechende Gruppen sind aufgrund dieser Fähigkeiten durchsetzungsfähiger in der Vermeidung von Nachteilen bzw. im Erreichen eigener Vorteile. Dieses Phänomen darf auch im Rahmen einer verstetigten mitgestaltenden Bürgerbeteiligung nicht aus dem Auge verloren werden. Deshalb muss bei der Auswahl der Beteiligten besonders darüber nachgedacht werden, wie artikulationsschwächere Bevölkerungsgruppen zur Beteiligung motiviert werden können und eine Überrepräsentanz der „üblichen Verdächtigen“ im politischen Entscheidungsprozess vermieden werden kann. Auch dies ist ein zu bedenkender Punkt im Rahmen der Verstetigung mitgestaltender Bürgerbeteiligung.

Einbettung in eine umfassendere Beteiligungskultur

Regeln allein tragen nicht automatisch zu einer Veränderung des Verhaltens bei. Deshalb muss die Verstetigung von Bürgerbeteiligung langfristig und mit einer sich parallel dazu entwickelnden „Beteiligungskultur“ zusammen gedacht werden. Das heißt, Bürgerbeteiligung muss von allen Beteiligten „gelernt“ und als Wert internalisiert werden. Dabei ist es – wie bereits erwähnt – wichtig, dass die beteiligten Akteure vom Nutzen der Beteiligung überzeugt sind. Das Lernen über Bürgerbeteiligung kann innerhalb der Verwaltung vor allem durch positive Erfahrungen erfolgen, aber auch durch entsprechende Schulungen, die sowohl Techniken vermitteln als auch Ängste vor ausufernden und ziellosen Diskussionen mit Bürgerinnen und Bürgern abbauen. Schwieriger dürfte sich der Lernprozess in der Politik gestalten. Entscheidungsträger müssen davon überzeugt werden, dass Bürgerbeteiligung keine Machteinbuße, sondern einen Legitimitätsgewinn bedeuten kann. Auch hier dürften positive Erfahrungen den besten Weg des Lernens darstellen. Zu guter Letzt müssen auch die Bürgerinnen und Bürger an Bürgerbeteiligung, die damit verbundenen Chancen und Aufgaben herangeführt werden. Denn zur Kultur der Bürgerbeteiligung gehört auch die notwendige Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich zu informieren, Zeit und Energie einzusetzen und gegebenenfalls diesbezüglich „Opfer“ zu erbringen, um an wichtigen Planungen und Entscheidungen der Kommune teilzunehmen. Dies ist allerdings nicht selbstverständlich: Verschiedene Umfragen haben in letzter Zeit zwar ein verstärktes Beteiligungsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger belegt.Footnote 5 Andere Befunde zeigen aber, dass die tatsächliche Bereitschaft, sich außer an Wahlen politisch zu beteiligen, gering ist (z. B. Informationsaufwand, Freizeiteinbußen u. a.). Eine Veränderung der politischen Beteiligung muss aus diesem Grund mit einer Veränderung der Einstellungen zu Beteiligung einhergehen. Hilfreich hierfür dürfte eine breitere öffentliche Kommunikationskultur sein. Sie muss dazu beitragen, dass Bürgerinnen und Bürger, die nicht unmittelbar in Bürgerbeteiligungsprojekten engagiert sind, in die Diskussionsprozesse einbezogen werden. Dasselbe gilt für junge Menschen und Randgruppen, um die Identifikation der gesamten Bürgerschaft mit ihrer Stadt zu stärken. Eine öffentliche Kommunikationskultur wächst langsam. Sie kann auf verschiedenen Wegen vorangebracht werden, z. B. durch auf Dauer angelegte, regelmäßige (institutionalisierte) Gesprächsveranstaltungen zwischen politischen Entscheidungsträgern, Verwaltung und Bürgerschaft, bei denen städtische Themen – auch jenseits konkreter Bürgerbeteiligungsverfahren – gemeinsam diskutiert werden, durch Schulbesuche mit Informationen und Diskussionen zu Fragen von Stadtpolitik und Bürgerbeteiligung oder durch die Kontaktpflege mit verschiedenen Netzwerken bürgerschaftlichen Engagements. Diese Aktivitäten vonseiten der Verwaltung dürften vermutlich aber nicht ausreichen. Eine Stärkung der Beteiligungskultur erfordert auch die Unterstützung der lokalen Medien. Inwieweit lokale Medien jedoch bereit sind, sich an der Entwicklung einer lokalen Beteiligungskultur zu beteiligen, ist bislang eine kaum behandelte Frage.

4 Zusammenfassung

Formen dialogischer, kooperativer oder mitgestaltender Bürgerbeteiligung finden in den letzten Jahren vor allem in der kommunalen Politikpraxis statt. Organisiert werden sie zumeist von der Verwaltung im Vorfeld von politischen Entscheidungen. Sie sind freiwillig, d. h. in aller Regel handelt es sich um informelle Beteiligungsverfahren. Bürgerinnen und Bürgern treffen dabei keine politischen Entscheidungen. Diese Aufgabe verbleibt weiterhin bei den gewählten Repräsentativkörperschaften. Sie können ihre Interessen und Ideen jedoch in administrative Planungsprozesse einbringen, um auf diese Weise politische Entscheidungen mit vorzubereiten und mitzugestalten. Häufig angewandte Formate sind dabei Runde Tische, Bürgerforen etc. Die Verfahren sind in erster Linie darauf ausgerichtet, ergänzende Ideen in die Planungsprozesse einzubinden, durch verstärkte Kommunikation das gegenseitige Vertrauen der Akteure zueinander zu stärken und zu einer effizienteren und effektiveren Leistungsbereitstellung beizutragen. Wichtig ist dabei, angesichts ihres informellen Charakters, feste Rahmenbedingungen zu schaffen, innerhalb derer dialogische Beteiligungsformen von den verschiedenen Akteuren „gelernt“ werden können. Gleichzeitig müssen aber auch die Grenzen der Verfahren im Blick behalten werden.

Die oben aufgeführten Punkte zeigen, dass eine stärker dialogorientierte Zusammenarbeit zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung viele Chancen in sich birgt. Gleichzeitig stehen einer breiten Nutzung dialogischer Beteiligungsinstrumente aber auch Widerstände gegenüber, die nicht leicht zu überwinden sind. Verbunden mit der Tatsache, dass bislang keine belastbaren verallgemeinerbaren Daten über die Nutzung, die Ursachen und die Wirkungen dieser Beteiligungsverfahren in der Breite vorhanden sind, sollten überhöhte Erwartungen vermieden werden.

Lernfragen

  1. 1.

    Welche drei Zielsetzungen dialogischer Bürgerbeteiligung lassen sich unterscheiden und welche Verfahren sind geeignet, um diese Ziele zu erreichen?

  2. 2.

    Warum haben dialogische Beteiligungsverfahren nur einen ergänzenden Charakter und welche Probleme können sich daraus ergeben?

  3. 3.

    Wie lassen sich diese Probleme überwinden?

  4. 4.

    Worauf ist bei dialogischer Beteiligung bzw. deren Planung zu achten?

  5. 5.

    Wo liegen Grenzen dialogischer Beteiligung?