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Assistive Kolonialisierung. Von der „Vita activa“ zur „Vita assistiva“

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Assistive Gesellschaft

Part of the book series: Öffentliche Wissenschaft und gesellschaftlicher Wandel ((OEWGW))

Zusammenfassung

Inspiriert von der politischen Philosophie Hannah Arendts untersucht dieser Beitrag die Frage, ob Assistenzphänomene als Signatur der Gegenwartsgesellschaft verstanden werden können und fragt, inwieweit sich damit die existentielle ‚Bedingtheit‘ des Menschen ändert. Dazu wird zunächst eine Heuristik zur Einordnung von Assistenzen im Wechselverhältnis von Mensch und Algorithmus vorgestellt. Assistenzen werden als vermittelnde Form zwischen Differenzierung und Integration verstanden. Im Rückgriff auf die von Habermas entwickelten System- und Lebensweltbegriffe werden dann die vorgestellten Assistenzformen mit dem Begriff der assistiven Kolonialisierung belegt und abschließend Kriterien zur Unterscheidung eines tätigen Vita Activa und eines unselbstständigen Vita Assistiva benannt.

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Notes

  1. 1.

    Im Original macht der Buchtitel – The Human Condition – vielleicht noch deutlicher, warum dieser Bezug gewählt wurde.

  2. 2.

    Vgl. zur Kritik an der Komplexitätsreduktion durch Nutzung einfacher Chiffren Nassehi (2015).

  3. 3.

    Diese Frage stellte Prof. Dr. Christiane Woopen, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, mehrfach öffentlich. Wenn ich diese Frage hier übernehme, dann ist damit ein Dank verbunden, an mehreren inspirierenden Sitzungen des Ethikrates teilnehmen zu dürfen.

  4. 4.

    Basierend auf einer notwendigen thematischen Eingrenzung und zugleich der Relevanz des zeitgenössischen Diskurses um Big Data, Künstliche Intelligenz und die Algorithmisierung der Gesellschaft bzw. die „Herrschaft der Algorithmen“ (Egger de Campo 2015, S. 192).

  5. 5.

    In den jeweils unterschiedlichsten Geschlechtskonstellationen.

  6. 6.

    Nebenbei bemerkt kommt es hierbei zu einer merkwürdigen Neuinterpretation der Sozialfigur des „Weisen“ von einer Person mit Besonderheitsindividualität hin zur Idee des „Think Tanks“.

  7. 7.

    Ein Spezialfall, auf den ich hier wegen der damit verbundenen Komplexität nicht eingehen möchte, sind Leihmütter (Hochschild 2012, S. 71 ff.).

  8. 8.

    Vgl. http://www.theatlantic.com/business/archive/2012/05/the-anxiety-economy-why-the-future-of-work-will-be-all-about-stress/256794/ (Zugegriffen 11.04.2016).

  9. 9.

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/japan-roboter-pepper-verkauft-kaffeemaschinen-fuer-nestle-13296639.html (Zugegriffen 11.04.16).

  10. 10.

    Vgl. dazu Kursbuch Nr. 171 (2012) mit dem Titel „Besser optimieren“.

  11. 11.

    Der Wahl-O-Mat ist ein Programm zur Abschätzung der eigenen politischen Präferenz und Vorbereitung einer Wahlentscheidung.

  12. 12.

    So z. B. die Warnung von Stephen Hawking und Kollegen vor Künstlicher Intelligenz, vgl. http://www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/stephen-hawking-physiker-warnt-vor-kuenstlicher-intelligenz/11067072.html (13.04.2016).

  13. 13.

    Künstlerisch wurde dieses Assistenzverhältnis im Film „Her“ umgesetzt. Der Plot handelt von einem Mann, der sich in sein sprechendes Betriebssystem mit weiblicher Stimme verliebt und dem Betriebssystem hilft, eine eigene „Persönlichkeit“ zu entwickeln.

  14. 14.

    Beispiele hierfür sind die Projekte Turkopticon und FairCrowdworkWatch.

  15. 15.

    Vgl. „Insofern ist das Aushandeln von Situationsdefinitionen ein wesentlicher Bestandteil der für kommunikatives Handeln erforderlichen Interpretationsleistungen“ (Habermas 1981, S. 189).

  16. 16.

    Der österreichische Kabarettist GUNKL bringt es so auf den Punkt: „Früher war der Markt in der Welt. Heute ist die Welt im Markt“.

  17. 17.

    Diese These wurde ausführlich entwickelt in Selke (2016a, b).

  18. 18.

    Ursprünglich bedeutete ‚adiaphoron‘: das von der Kirche für irrelevant angesehene.

  19. 19.

    Die Vorstellung des Menschen als einem „bedingten Wesen“ wird gegenwärtig z. B. durch interdisziplinäre Ansätze wie Design Thinking, Design of Change, Experimentelles Design, Environmental Design, Human-Computer-Interaction (exemplarisch Laschke et al. 2015) oder Transformative Wissenschaft (Schneidewind und Singer-Brodowski 2014) repräsentiert – Dinge gelten dabei als Optionen für ein besseres Leben und nicht bloß als Produkte.

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Selke, S. (2017). Assistive Kolonialisierung. Von der „Vita activa“ zur „Vita assistiva“. In: Biniok, P., Lettkemann, E. (eds) Assistive Gesellschaft. Öffentliche Wissenschaft und gesellschaftlicher Wandel. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13720-5_5

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