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Weder „Killer“ noch Helden – Veteranen als Kriegserfahrene mit Friedensverpflichtung

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Gewaltfreie Männlichkeitsideale

Part of the book series: Politische Psychologie ((POLPSY))

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Zusammenfassung

Die Initiative für Friedensaufbau und Kooperation IZMIR (Inicijativa izgradnje mira i suradnje) setzte in Kroatien Dialogveranstaltungen in den Jahren 2004 bis 2007 um. Daran beteiligten sich führende Mitglieder von Veteranen- und Opfervereinigungen sowie von Friedens- und Menschenrechtsorganisationen. Diese Gruppen nehmen vor Ort diametral entgegen gesetzte Positionen zur Rolle Kroatiens in den Zerfallskriegen Jugoslawiens ein. Ziel des Dialogs war eine Annäherung und ein gemeinsames Engagement für die Friedensentwicklung innerhalb Kroatiens und in der Region. Im Verlauf des Austausches erarbeiteten die Veteran_innen eine Positionierung jenseits der polarisierten Männlichkeitsbilder des Helden auf der einen Seite und des „Killers“, der um des Töten willens in den Krieg gezogen sei, auf der anderen. Sie positionierten sich als Kriegserfahrene mit Friedensverpflichtung. Diese Positionierung stand Frauen offen, zugleich stabilisierte die Betonung der Kampferfahrung Männlichkeit und, was in diesem Kontext wichtiger war, ihre Militärzugehörigkeit und somit ihre Loyalität zu den eigenen Reihen. Dabei behielten viele der beteiligten Veteran_innen ihre Sichtweise auf den Krieg als reinen Verteidigungskrieg weitgehend bei. Dies war offenbar notwendig, um den Rückhalt in den eigenen Reihen zu wahren.

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Notes

  1. 1.

    Eine frühere Fassung dieses Kapitels ist in dem von Bettina Engels und Corinna Gayer herausgegebenen Sammelband „Geschlechterverhältnisse, Frieden und Konflikt. Feministische Denkanstöße für die Friedens- und Konfliktforschung“ veröffentlicht (Schroer-Hippel 2011a).

  2. 2.

    Auf der Ebene der Beteiligten spreche ich von Veteran_innen, wenn die gesamte Gruppe gemeint ist, die aus Männern und einer Frau bestand, von Veteranen, wenn nur Männer gemeint sind. Auf der Ebene der Bilder verwende ich die männliche Form, wenn es um die Konstruktion von Männlichkeiten geht oder politische Diskurse zitiert werden, z. B. zur Rolle von Verteidigern.

  3. 3.

    Wie im Theoriekapitel erläutert, ist mit militarisierten Männlichkeiten die intensivierte Kopplung von idealisierten Männlichkeitskonstruktionen mit variierenden militärischen Attributen gemeint, militärische Männlichkeit hingegen bezieht sich auf eine Positionierung, die die Zugehörigkeit zu den jeweiligen Streitkräften betont (siehe Abschn. 2.4.1).

  4. 4.

    Ich unterscheide hier nicht die Begriffe Intern Vertriebene und Flüchtlinge, wie es in der kroatischen Gesetzgebung der Fall ist. Die Definition hat Konsequenzen für die schwierige Klärung der Eigentumsverhältnisse (Djuric 2010, S. 1641).

  5. 5.

    Dies ist vor allem auf die Flucht kroatischer Serb_innen zurückzuführen, von denen ein Teil nicht nach Kroatien zurückkehrte.

  6. 6.

    Die anfängliche Koalition aus HDZ und Demokratischem Zentrum (DC) wurde nach der Absetzung der Justizministerin (DC) zu einem Einparteienkabinett der HDZ, das sich durch Absprachen mit weiteren Fraktionen Mehrheiten im Parlament sicherte (Zakošek 2008).

  7. 7.

    Premierminister Sanader, unter Tuđman Leiter des Präsidialamtes, hatte sich in der Oppositionszeit (2000 bis 2003) innerhalb der HDZ gegenüber rechtsgerichteteren Konkurrenten durchgesetzt (Pavlaković 2010, S. 1723).

  8. 8.

    Führende Parteimitglieder beteiligten sich in den 2000er Jahren an umstrittenen Gedenkveranstaltungen für die kroatischen Ustasha-Einheiten im österreichischen Bleiburg. Dort hatte die jugoslawische Volksbefreiungsarmee 1945 Massentötungen an Mitgliedern der mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbündeten Ustasha-Truppen verübt.

  9. 9.

    So konnten bosnisch-kroatische Veteran_innen, die in Bosnien zumeist eine geringe Rente erhielten, eine Aufstockung aus kroatischen Mitteln erhalten, sofern sie einen kroatischen Pass hatten.

  10. 10.

    Den Jahrestag der Operation „Sturm“, die international wegen der anschließenden Vertreibungen der serbischen Bevölkerung kritisiert wird, beging die HDZ-geführte Regierung seit 2004 symbolträchtig wieder auf der Knin (Pavlaković 2010, S. 1721).

  11. 11.

    Auch der Katholizismus spielte bei der Konstruktion Kroatiens als europäisch und westlich eine wichtige Rolle (Schäuble ebenda und Rivera 2008, S. 621).

  12. 12.

    Die mögliche Veröffentlichung der Namen der Kriegsteilnehmer_innen wurde in Kroatien überaus kontrovers diskutiert. Gegner_innen argumentieren mit dem Datenschutz und möglichen Racheakten der serbischen Seite, Befürworter_innen wollten unberechtigte Zahlungsempfänger_innen aufdecken. 2010 wurde eine inoffizielle Liste mit mehr als 500.000 Pensionsempfänger_innen ins Internet gestellt. 2012 veröffentlichte die SDP-geführte Regierung ein bereinigtes, offizielles Register mit einer ähnlich hohen Zahl. Dies entlarvte auch hochrangige Politiker als „falsche Veteranen“.

  13. 13.

    Ein Belastungssyndrom besteht aus dem zeitgleichen Auftreten mehrerer Symptome über einen bestimmten Zeitraum. Die Zahl der Veteran_innen mit einzelnen Symptomen liegt daher höher.

  14. 14.

    Das Zentrum für Kriegstrauma in Novi Sad, Serbien, gehört zu den ersten in der Region, das traumatisierte Kriegsveteranen behandelt. Der Therapeut Vladan Beara berichtet von großen Schwierigkeiten, Gelder für traumatisierte Männer, insbesondere Veteranen, zu erhalten, dies werde von vielen Geberorganisationen als Gefahr für ihren guten Ruf betrachtet.

  15. 15.

    Im Jahr 2012 kursierten höhere Zahlen unaufgeklärter Fälle. Das offizielle Handbuch vom Roten Kreuz und der Kroatischen Regierung gab die Zahl der Vermissten 2012 mit 1.868 an (Ministarstvo branitelja [Ministerium der Verteidiger] 2012), Amnesty Internation sprach im gleichen Jahr von 2.300, von denen 1.735 kroatische Staatsbürger_innen waren (Amnesty International 2012).

  16. 16.

    Sie haben ihre Wurzeln in den 1920er Jahren, wobei sich in den 1970ern in Jugoslawien eines der aktivsten feministischen Netzwerke Osteuropas entwickelt hatte, der Vereinnahmung der „Frauenfrage“ durch die sozialistische Gleichstellungspolitik zum Trotz (Bilić 2011b, S. 103). Zu den Vorläufern zählten zudem oppositionelle Kreise in den Hauptstädten, die sich in den späten 1980ern insbesondere im slowenischen Ljubljana auch zu Friedens- und Umweltthemen gegründet hatten.

  17. 17.

    Dies zeigt Bilic am Beispiel feministischer Aktivistinnen, die sich bei Gesprächen in (neutralen) Drittländern in ethnisierte Rollen hineingedrängt sahen (Bilić 2011b, S. 108).

  18. 18.

    Quaker Peace and Social Witness (QPSW) ist Teil der christlichen Dachorganisation der Quaker in Großbritannien. Sie unterstützt seit 1991 Friedensgruppen in Kroatien und fördert seit 2003 einzelne Friedensarbeiter_innen in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien (Scotto 2005, S. 131).

  19. 19.

    Andere Mitglieder vertreten laut einer Veröffentlichung der kroatischen Regierung Bereiche wie Jugend, Bildung, Kultur und Sport (Regierung der Republik Kroatien 2009).

  20. 20.

    www.zamirzine.net, Zugriff am 01. 07. 2014.

  21. 21.

    Die Zahl 2 in runden Klammern steht für eine Pause von 2 s. Die gesamten Transkriptionsrichtlinien sind Abschn. 10.1 zu entnehmen.

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© 2017 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Schroer-Hippel, M. (2017). Weder „Killer“ noch Helden – Veteranen als Kriegserfahrene mit Friedensverpflichtung. In: Gewaltfreie Männlichkeitsideale. Politische Psychologie. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-12998-9_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-12998-9_6

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  • Publisher Name: Springer, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-12997-2

  • Online ISBN: 978-3-658-12998-9

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