Beide Größen treten gemeinsam (als resultierende Kräfte) nur bei der Umströmung von Körpern auf. Bei Durchströmungen kommt es naturgemäß nur zu Strömungswiderständen, die sich in Form von Gesamtdruckverlusten quantifizieren lassen. Deshalb sollten Umströmungen und Durchströmungen getrennt betrachtet werden. Footnote 1

1 Widerstand und Auftrieb bei umströmten Körpern

Im Zusammenhang mit (13.20) war bereits der Auftrieb eines umströmten Körpers erwähnt worden, im Illustrierenden Beispiel IB- 13.5 war gezeigt worden, dass reibungsfrei umströmte Körper unter bestimmten Umständen keinen Strömungswiderstand aufweisen. Beide Größen sind die resultierenden Kräfte auf Körper, die von der Strömung durch Normal- und Tangentialspannungen an der Körperoberfläche übertragen werden.

DEFINITION: Auftrieb, Widerstand, Beiwerte

Als (aerodynamischer) Auftrieb F A wird die senkrecht zur Anströmung wirkende Komponente der Gesamtkraft bezeichnet, die eine Strömung auf einen umströmten Körper ausübt. Der (aerodynamische) Widerstand F W ist die in Richtung der Anströmung wirkende Komponente der Gesamtkraft.

Für eine homogene Anströmung mit der Geschwindigkeit \(u_{\infty}\) und der Dichte \(\varrho\) gelten die Beiwerte

$$\mathrm{c_{A}} =\displaystyle\frac{F_{A}}{\frac{\varrho}{2}u_{\infty}^{2}A_{c}} \text{(Auftriebsbeiwert)}$$
(17.1)
$$\mathrm{c_{W}} =\displaystyle\frac{F_{W}}{\frac{\varrho}{2}u_{\infty}^{2}A_{c}} \text{(Widerstandsbeiwert)}$$
(17.2)
\(F_{A},\,F_{W}\) :

Kräfte [\(\mathrm{N}\)]

\(\mathrm{c_{A}},\,\mathrm{c_{W}}\) :

Beiwerte [–]

\(\varrho\) :

Fluiddichte [\(\mathrm{kg}/\mathrm{m}^{3}\)]

\(u_{\infty}\) :

Anströmgeschwindigkeit [\(\mathrm{m}/\mathrm{s}\)]

A c :

charakteristische Fläche [\(\mathrm{m}^{2}\)]

Die Beiwerte \(\mathrm{c_{A}}\) und \(\mathrm{c_{W}}\) sind dimensionslose Kennzahlen im Sinne der Dimensionsanalyse, siehe dazu Kap. 6. In dieser dimensionslosen Darstellung werden z. B. \(\mathrm{c_{A}}=\mathrm{c_{A}}(\alpha,\,\textnormal{Re},\,\textnormal{Ma})\) und \(\mathrm{c_{W}}=\mathrm{c_{W}}(\alpha,\,\textnormal{Re},\,\textnormal{Ma})\) gesucht, also die Abhängigkeit der Beiwerte vom Anstellwinkel α, der Reynolds-Zahl Re und der Mach-Zahl Ma. Ein solcher Zusammenhang folgt aus der dimensionsanalytischen Analyse einer (Unterschall-) Umströmung von Körpern, wie z. B. Tragflügeln zur Auftriebserzeugung. In diesem Zusammenhang ist der Auftrieb erwünscht, der Widerstand aber nicht. Tragflügel werden deshalb so entworfen, dass sie ein möglichst großes Verhältnis \(\mathrm{c_{A}}/\mathrm{c_{W}}\) besitzen. Dabei können durchaus Werte von \(\mathrm{c_{A}}/\mathrm{c_{W}}=20\) und mehr erreicht werden, d. h., Auftriebskräfte an Tragflügeln sind um eine Größenordnung größer als die Widerstandskräfte.

1.1 Widerstand umströmter Körper

Eine Widerstandskraft kann aufgrund unterschiedlicher Ursachen auftreten, weshalb man zum besseren Verständnis folgende Teilwiderstände einführt, die in Kombination, aber u. U. auch alleine auftreten können:

  • Reibungswiderstand: Wirkung der Wandschubspannungen an der Körperoberfläche. Er kann durch Integration der Wandschubspannung über die gesamte Oberfläche unter Berücksichtigung der jeweiligen Kraftkomponenten in Richtung der ungestörten Anströmung bestimmt werden.

  • Druckwiderstand (auch: Formwiderstand): Wirkung des Druckes an der Körperoberfläche, bestimmbar analog zum Reibungswiderstand, mit den Normal- statt Schubspannungen.

  • induzierter Widerstand: Wirkung der sogenannten Randwirbel bei auftriebserzeugenden Körpern endlicher Spannweite (vgl. dazu die Fußnote zum Illustrierenden Beispiel IB- 13.5 sowie das nachfolgende Illustrierende Beispiel IB- 17.3)

  • Wellenwiderstand: Spezielle Form des Widerstandes, der bei einer Überschallumströmung von Körpern durch das Auftreten von Stoßwellen entsteht.

Die Abb. 17.1 zeigt die Aufteilung von Reibungs- und Druckwiderstand für einige Körper sowie \(\mathrm{c_{W}}\)-Werte verschiedener Körperformen.

Abb. 17.1
figure 1

Widerstand bei der inkompressiblen Körperumströmung mit großen Reynolds-Zahlen a Aufteilung in Reibungs- und Druckwiderstandsanteile b \(\mathrm{c_{W}}\)-Werte verschiedener Körper mit geometrieinduzierter Ablösung \(\mathrm{c_{W}}=F_{W}/(\frac{\varrho}{2}u_{\infty}^{2}A_{c})\)(A c : Projektionsfläche in Anströmrichtung)

1.2 Auftrieb umströmter Körper

Die hohen Auftriebskräfte an Tragflügeln werden in vielen, einer Tragflügelumströmung verwandten Situationen eingesetzt, wie z. B. bei Propellern und Schiffsschrauben, wo die lokale Anströmung der Einzelflügel so erfolgt, dass hohe Auftriebskräfte entstehen, die in entsprechende Drehmomente, bezogen auf die Gesamtanordnung des Propellers oder der Schraube, umgesetzt werden.

Es ist nun eine nahe liegende und interessante Frage, wie es zur Entstehung des aerodynamischen Auftriebes kommt. Die Beantwortung dieser Frage ist aber keinesfalls trivial, sondern kann nur im komplexen Wechselspiel von reibungsfreier Körperumströmung und Grenzschichteinflüssen erklärt werden. Zunächst scheint eine einfache Erklärung naheliegend: Der Druck auf der Oberseite eines auftriebserzeugenden Tragflügels ist deutlich geringer als derjenige auf der Unterseite, so dass die Integration der Druckkräfte eine nach oben gerichtete Kraft, also eine Auftriebskraft ergibt. Die entscheidende Frage ist aber, wie es zu dieser Druckverteilung kommt.Footnote 2

Abb. 17.2 zeigt, dass zunächst bei einer rein reibungsfreien Umströmung (Teilbild a) kein Auftrieb entstehen würde. Der hintere Staupunkt liegt dann auf der Oberseite des Profils. Eine damit verbundene Druckverteilung müsste eine „existenzfähige“ Grenzschicht an dem Profil induzieren können, die auch die scharfe Hinterkante umströmen würde. Es geschieht aber etwas anderes: Eine Grenzschicht für sich genommen stellt eine drehungsbehaftete Strömung dar, die im Sinne von (13.22) eine Zirkulation Γ besitzt. Qualitativ entsteht damit eine Zirkulationsbewegung um das Profil, wie in Teilbild b gezeigt (analog zur Potenzialwirbelströmung in Tab. 12.1). Diese verschiebt in der Wechselwirkung mit der Außenströmung den hinteren Staupunkt aus Teilbild a in Richtung der Profilhinterkante und zwar gerade so, dass die Hinterkante nicht umströmt wird, s. Teilbild c.

Abb. 17.2
figure 2

Wechselspiel zwischen drehungsfreier Umströmung und drehungsbehafteter Grenzschicht mit dem Ergebnis des glatten Abströmens an der Profilhinterkante sowie der Ausbildung einer Zirkulation \(\Gamma\neq 0\) $⃝-$ $⃝-$ $⃝-$: niedriger Druck $⃝+$ $⃝+$ $⃝+$: hoher Druck

Diese Bedingung des „glatten Abströmens“ wurde von Martin Wilhelm Kutta als entscheidender Punkt erkannt und heißt zu seinen Ehren Kuttasche Abströmbedingung. Die letztendlich auftretende Zirkulation Γ ist damit verantwortlich für die konkrete Druckverteilung und damit auch für den Auftrieb. Eine genauere Analyse ergibt den Zusammenhang (B: Breite senkrecht zur Zeichenebene)

$$\displaystyle\frac{F_{A}}{B}=-\varrho u_{\infty}\Gamma$$
(17.3)

was als Kutta-Joukowsky-Theorem bezeichnet wird.Footnote 3

Auch der Magnus-Effekt bei der Überlagerung zweier Strömungen ohne und mit Zirkulation (siehe das Illustrierende Beispiel IB- 14.5) beruht auf der Auftriebsentstehung infolge einer Zirkulation im Strömungsfeld. Während jedoch die Zirkulation am umströmten Kreiszylinder durch die Rotation des Zylinders entsteht, wird sie am Tragflügel durch die Hinterkante „erzwungen“. In beiden Fällen entsteht sie mit und in der Grenzschicht, so dass der aerodynamische Auftrieb letztlich ein Grenzschichteffekt ist.

Rein phänomenologisch kann der hohe Druck auf der Unterseite eines Tragflügelprofils und der niedrigere Druck auf der Oberseite auch wie folgt erklärt werden: Wenn die Stromlinien qualitativ wie in Abb. 17.2c verlaufen, so liegt in der Nähe des Profils eine einheitliche Stromlinienkrümmung vor. Im Zusammenhang mit dem Illustrierenden Beispiel IB- 10.7 war gezeigt worden, dass dann ein Druckgradient quer zu den Stromlinien auftritt, der im vorliegenden Fall zu einem von unten nach oben ansteigenden Druck führt. Auf der Unterseite steigt der Druck von \(p_{\infty}\) (weiter vom Tragflügel entfernt) deshalb an und erreicht an der Unterseite hohe Werte. Auf der Oberseite muss der Druck niedriger als der Umgebungsdruck sein, damit er nach einem Anstieg den Druck \(p_{\infty}\) (weiter entfernt vom Tragflügel) erreicht.

2 Verluste bei Durchströmungen

Ein Druckverlust, begleitet von Entropieproduktion aufgrund von Dissipation bei Durchströmungen, ist stets ein Verlust an Gesamtdruck. Aus thermodynamischer Sicht wird dabei mechanische Energie (reine sogenannte Exergie) in innere Energie verwandelt (weitgehend Anergie) und dabei entwertet, weil ihre sogenannte Arbeitsfähigkeit reduziert wird. Bei diesem Vorgang ist aus strömungsmechanischer Sicht sorgfältig nach Druckänderungen und Druckverlusten zu unterscheiden. Im Sinne der Stromröhrentheorie sind (Gesamt-)Druckverluste in einem Bauteil mit den Ein- bzw. Austrittsquerschnitten i⃝ und j⃝.

$$\displaystyle\Updelta p_{Vij}=\varrho\varphi_{ij}$$

wie bereits in Abschn. 9.2 erläutert worden war. Diese können mit Hilfe einer Widerstandszahl ζ ausgedrückt werden, s. (10.4), und sind für Standardbauteile vertafelt zu finden, vgl. auch Tab. Tab. 10.1.

3 Illustrierende Beispiele IB-26 bis IB-28

Illustrierendes Beispiel IB-26: Polarendiagramm für Tragflügel

Aerodynamische Tragflügel werden so konzipiert, dass sie einen größtmöglichen Auftrieb bei geringstmöglichem Widerstand besitzen. In einer dimensionslosen Form bedeutet dies, dass der Auftriebsbeiwert \(\mathrm{c_{A}}=\mathrm{c_{A}}(\alpha,\textnormal{Re},\textnormal{Ma})\) möglichst groß und der Widerstandsbeiwert \(\mathrm{c_{W}}=\mathrm{c_{W}}(\alpha,\textnormal{Re},\textnormal{Ma})\) möglichst klein sein soll, vgl. (17.1) und (17.2) für \(\mathrm{c_{A}},\,\mathrm{c_{W}}\). Hier ist schon die Abhängigkeit von den drei Parametern α (Anstellwinkel), Re (Reynolds-Zahl), Ma (Mach-Zahl) angegeben worden.

Für ein bestimmtes Profil möchte man die Zusammenhänge gerne möglichst allgemeingültig, aber auch anschaulich darstellen. Dabei zeigt sich

  • eine starke Abhängigkeit von \(\mathrm{c_{A}}\) und \(\mathrm{c_{W}}\) bezüglich des Anstellwinkels α

  • eine eher schwache Abhängigkeit von der Reynolds-Zahl Re

  • eine Abhängigkeit von der Mach-Zahl, die für \(\textnormal{Ma}\to 0\) verschwindet (inkompressible Strömung) und für \(\textnormal{Ma}\to 1\) durch die sogenannte Prandtl-Glauert-Analogie in guter Näherung erfasst werden kann. Diese Analogie besagt, dass der Kompressibilitätseinfluss (und damit der Mach-Zahl Einfluss) einheitlich dadurch erfasst werden kann, dass nicht \(\mathrm{c_{A}}\), sondern \(\mathrm{c_{A}}\sqrt{1-\textnormal{Ma}^{2}}\) aufgetragen wird. Werte \(\textnormal{Ma}> 1\) werden nicht betrachtet, da für Überschallströmungen eine völlig andere Situation vorliegt.

Diese Überlegungen führen auf eine Darstellung in Form von so genannten Polaren, die eine Auftragung \(\mathrm{c_{A}}=\mathrm{c_{A}}(\mathrm{c_{W}})\) mit α und ggf. Re als Parameter darstellen.

Abb. 17.3 zeigt eine solche Polare und zusätzlich eine alternative Darstellungsform als \(\mathrm{c_{A}}/\mathrm{c_{W}}\) über dem Anstellwinkel α. Daran ist Folgendes zu erkennen:

Abb. 17.3
figure 3

Darstellung der \(\mathrm{c_{A}}\)- und \(\mathrm{c_{W}}\)-Werte für Tragflügel (hier: NACA 64 (1)-412), \(\textnormal{Re}=7\cdot 10^{5}\), kein Ma-Einfluss a Polaren-Darstellung b \(\mathrm{c_{A}}/\mathrm{c_{W}}\)-Darstellung (Gleitzahl)

  • Es handelt sich offensichtlich um ein unsymmetrisches Profil, da \(\mathrm{c_{A}}<0\) für \(\alpha=0^{\circ}\) gilt, s. Abb. 17.3 (a).

  • Auftriebsbeiwerte \(\mathrm{c_{A}}\) für positive Anstellwinkel sind deutlich größer als Widerstandsbeiwerte. Hier wird ein Maximalwert des Verhältnisses \(\mathrm{c_{A}}/\mathrm{c_{W}}\) von etwa 100 erreicht.

  • Der Auftrieb nimmt beim Überschreiten eines bestimmten kritischen Anstellwinkels \(\alpha_{c}\) wieder drastisch ab. Dies ist eine Folge massiver Strömungsablösung für \(\alpha> \alpha_{c}\). Ein Flugzustand in der Nähe einer solchen Situation (engl.: stall) muss (außer bei akrobatischen Kunstflugfiguren) unbedingt vermieden werden. Dies insbesondere, weil ein sogenanntes Hystereseverhalten vorliegt, d. h. die leichte Zurücknahme des Anstellwinkels bei einer geringfügigen Überschreitung von \(\alpha_{c}\) bewirkt nicht das Wiederanlegen der Strömung.

  • In Teilbild a kann das größte Verhältnis von \(\mathrm{c_{A}}/\mathrm{c_{W}}\) durch die Tangente (ausgehend vom Ursprung) an die Polare bestimmt werden. Es ergibt sich damit der Maximalwert für die sogenannte Gleitzahl \(\mathrm{c_{A}}/\mathrm{c_{W}}\), deren Kehrwert besagt, wie groß der Höhenverlust pro geflogener Strecke bei „Gleiten in ruhiger Luft“ ist.

Illustrierendes Beispiel IB-27: Randwirbel an Flugzeugtragflächen

Schaut man bei wolkenlosem Himmel Flugzeugen hinterher, so kann man häufig Kondensstreifen beobachten, die offensichtlich hinter den Triebwerken entstehen. Aber: auch bei vierstrahligen Flugzeugen verbleiben in einer gewissen Entfernung für sehr lange Zeit nur zwei nebeneinanderliegende Kondensstreifen, was zunächst merkwürdig erscheint.

Kondensstreifen bilden sich, wenn die Abgase aus den Triebwerken in der kalten Umgebung in großer Flughöhe soweit abgekühlt sind, dass sich fein verteilte Eiskristalle bilden, die wie künstliche Wolken im Sonnenlicht sichtbar werden. Etwa eine Flugzeuglänge hinter den Triebwerken sind dann vier einzelne weiße Strahlen erkennbar, die aus den vier Triebwerken z. B. eines Airbus A340 oder einer Boing 747 stammen.

In deutlich größerer Entfernung verbleiben aber nur zwei nebeneinander liegende Wirbelstrukturen, weil sich die zwei einzelnen Strahlen jeder Seite in den Randwirbel der rechten bzw. linken Tragfläche „eingerollt“ haben.

Diese Randwirbel entstehen an den Enden der Tragflächen wie folgt: Zur Erzeugung von Auftrieb sind Tragflügel so geformt, dass ihre Umströmung zu einer ungleichen Druckverteilung auf der Ober- und Unterseite führt. Ein hoher Druck auf der Unterseite und ein niedriger Druck auf der Oberseite ergeben den gewünschten aerodynamischen Auftrieb.

Abb. 17.4 zeigt, was an den Flügelenden geschieht: Dort kommt es zu einer weitgehend ungehinderten Umströmung der Flügelspitzen, weil ein entsprechender Druckunterschied ($⃝+$ \(\rightarrow\) $⃝-$) vorhanden ist. Zusammen mit der Anströmung des Flügels (aus flügelfester Sicht mit negativer Fluggeschwindigkeit) entsteht dabei ein Wirbel an jeder der beiden Flügelenden. Diese weiten sich hinter dem Flugzeug auf, bleiben aber als individuelle Strukturen oftmals für lange Zeit erhalten. Die jeweils zwei Kondensstreifen aus den Triebwerken fallen ihnen allerdings „zum Opfer“, sie werden in die Wirbelstrukturen aufgenommen (und machen sie auf diese Weise sichtbar).

Die Randwirbel sind auch dafür verantwortlich, dass Flugzeuge nicht in einer sehr dichten Reihenfolge starten und landen dürfen, weil nachfolgende Maschinen dann in ein stark verwirbeltes Gebiet geraten würden.

Aber auch für das Flugzeug selbst haben die Randwirbel Nachteile. In der Fluidbewegung der Wirbel ist kinetische Energie gebunden, die letztlich durch die Triebwerke aufgebracht werden muss. Damit entsteht aber als zusätzlicher Widerstand der sog. induzierte Widerstand, den man gerne vermeiden möchte. Dies gelingt teilweise durch entsprechende Gegenmaßnahmen an den Flügelenden, die je nach geometrischer Form als Winglets, Sharklets oder Wingtips bezeichnet werden. Ein Winglet z. B. stellt ein nach oben gebogenes Flügelende dar. Nach Angabe der Flugzeughersteller kann durch solche Maßnahmen der Treibstoffverbrauch um 3 bis 5 % gesenkt werden.

Abb. 17.4
figure 4

Die Entstehung von Randwirbeln an den Spitzen auftriebserzeugender Tragflächen

Eine weitergehende Betrachtung zur Kondensstreifenbildung und anschließenden Verwirbelung ergibt Folgendes:

Die heißen Abgase hinter den Triebwerken bestehen aus verschiedenen Komponenten. In diesen Abgasen sind u. a. auch Wasserdampf und Rußpartikel (feste Kohlenstoffpartikel) enthalten. Dieses Abgasgemisch trifft auf die Umgebungsluft, die bei Flügen in großer Höhe durch einen niedrigen Druck und eine niedrige Temperatur gekennzeichnet ist. In einer Höhe von \(10\,\mathrm{k}\mathrm{m}\) liegt typischerweise ein Druck von etwa \(0{,}25\,\mathrm{bar}\) und eine Temperatur von ca. \(-50\,^{\circ}\mathrm{C}\) vor.

Dies sind Bedingungen, unter denen die Rußpartikel, als sog. Aerosolteilchen Keimzellen für die Anlagerung von Wasserdampf darstellen. Damit entstehen (schwefelhaltige) Eiskristalle, die im Sonnenlicht sichtbar sind, wenn sie in großer Zahl wie künstlich erzeugte Eiswolken wirken. Thermodynamisch ist der Übergang von Wasserdampf in die feste (Eis-)Phase eine sog. Desublimation (Kondensation wäre der Übergang in die flüssige Phase von Wasser). Genau genommen müsste man also von Desublimat- anstatt von Kondens-Streifen sprechen.

Die beschriebene Eiskristallbildung findet bevorzugt in den beiden Kernen der Randwirbel statt, weil die heißen Abgase und damit auch der Wasserdampf in die Wirbelkerne „eingesaugt“ werden. Dies ist eine Folge der prinzipiellen Druckverteilung in einem Fluidwirbel. In diesem fällt der Druck zum Kern hin stark ab. Es entsteht im Wirbelkern also ein Unterdruck gegenüber dem Druckniveau der Umgebung. Dies ist eine Folge des Kräftegleichgewichts an Partikeln, die sich in der Nähe des Wirbelkerns auf stark gekrümmten Bahnen bewegen. Die dann auftretenden Zentrifugalkräfte werden im Wesentlichen durch Druckkräfte kompensiert. Da die Fluidteilchen durch Zentrifugalkräfte vom Wirbelkern weg bewegt würden, muss ein zum Kern hin abnehmender Druck vorliegen. Dann entsteht eine resultierende Druckkraft, die auf den Wirbelkern gerichtet ist, weil auf der (aus Sicht des Wirbelkerns) abgewandten Seite des Fluidteilchens ein etwas höherer Druck herrscht als auf der zugewandten Seite.

Wenn nun heiße Abgase in den „Wirkungsbereich“ des Wirbels geraten, werden diese in den Wirbelkern „eingesaugt“, weil die heißen Abgase eine deutlich niedrigere Dichte besitzen als das Fluid im Wirbel. Als Folge der niedrigen Dichte kommt es zu nur noch geringen Zentrifugalkräften bei weiterhin unveränderten Druckkräften (die durch den Wirbel aufgeprägt sind).

Die so beschriebene Bildung von „streifenförmigen Eiswolken“ erfolgt bei Temperaturen von unterhalb \(-40\,^{\circ}\mathrm{C}\), die etwa in \(8\,\mathrm{k}\mathrm{m}\) Höhe erreicht werden. In deutlich niedrigeren Höhen ist die Luft zu warm, so dass kein Phasenwechsel erfolgt (das Abgas erreicht nicht die erforderliche niedrige sog. Taupunkttemperatur bei der erstmals der Phasenwechsel auftritt). In sehr großen Höhen wirkt der dann extrem niedrige Druck auf ähnliche Weise und verhindert die Bildung von Eiskristallen.

Illustrierendes Beispiel IB-28: „Trickreiche“ Gartenbewässerung

Wenn bei der Bewässerung der Pflanzen im hinteren Teil des Gartenbeetes der Wasserstrahl aus dem Gartenschlauch nicht weit genug reicht, gibt es einen einfachen „Trick“, den Pflanzen doch noch Wasser zukommen zu lassen (ohne auf die Pflanzen im vorderen Teils des Beetes zu treten!): Man drückt das vordere freie Ende des flexiblen Gartenschlauches so stark zusammen, dass sich der Austrittsquerschnitt verkleinert (oder deckt einen Teil mit dem Finger ab) und schon reicht der Wasserstrahl erheblich weiter.

In diesem Zusammenhang gibt es unmittelbar zwei Fragen: Wie erklärt sich der beschriebene Effekt? Und: Kann man die „Wurfweite“ des Wasserstrahl (theoretisch) durch die beschriebene Maßnahme beliebig vergrößern?

Beide Fragen haben offensichtlich mit den Druck- bzw. Gesamtdruckverlusten der Strömung bis zum Austritt aus dem Gartenschlauch zu tun. Ganz pauschal argumentiert muss die Vergrößerung der Wurfweite durch eine Verringerung von Strömungsverlusten hervorgerufen werden, weil am Austritt (bei gleichbleibendem Umgebungsdruck) eine größere spezifische kinetische Energie zur Verfügung steht (da die Ausströmgeschwindigkeit zunimmt).

Eine genaue Analyse der Vorgänge, bei der offensichtlich die Verhältnisse vor dem Schlauchaustritt von Bedeutung sind, ist schwierig, weil dafür im Prinzip die gesamte strömungsmechanische Situation vom Wasserwerk bis zum Schlauchaustritt bekannt sein müsste! Um trotzdem und mit sehr viel weniger Aufwand eine Antwort auf die beiden gestellten Fragen zu ermöglichen, muss man ein strömungsmechanisches Ersatzmodell finden, das die entscheidenden Aspekte enthält. Dies sind im vorliegenden Fall offensichtlich zwei: Die Strömung im Gartenschlauch muss durch einen gegenüber dem Umgebungsdruck deutlich höheren Druck (in der Realität im Wasserwerk erzeugt) zustandekommen und auf dem Weg zum Schlauchende müssen Strömungswiderstände vorhanden sein.

Ein einfaches Ersatzmodell, das diese beiden Aspekt enthält, ist in Abb. 17.5 dargestellt. Der Druck wird durch einen Hochbehälter „erzeugt“, die Verluste sind ersatzweise in einem Ventil mit der Widerstandszahl \(\zeta_{Ve}\) konzentriert (der Rest der Strömung wird als reibungsfrei unterstellt).

Abb. 17.5
figure 5

Ersatzmodell für die Strömung aus einem Gartenschlauch

Am Schlauchaustritt (im Schlauch) herrscht, wenn dieser verschlossen ist, der Druck \(p_{\mathrm{Umg}}+\varrho gH\) mit \(\varrho\) als Dichte des Wassers. Öffnet man den Schlauch, so würde bei reibungsfreier Strömung gemäß der Torricellischen Ausflussformel, vgl. IB-11.1, eine Geschwindigkeit \(u_{S2}=\sqrt{2gH}\) auftreten. Dies ist bereits die Antwort auf die zweite Frage: Eine höhere Geschwindigkeit als \(u_{S2}=\sqrt{2gH}\) am Austritt kann nicht erzielt werden, d. h. eine beliebige Steigerung der Wurfweite ist nicht möglich.

In der Realität treten Verluste auf, so dass am Ventil (in der Realität auf dem gesamten Strömungsweg) die spezifische Dissipation \(\varphi_{Ve}\) auftritt. Im gewählten Ersatzmodell gilt \(\varphi_{Ve}=\zeta_{Ve}u_{SVe}^{2}/2\) gemäß (10.4) mit u SVe als charakteristischer Geschwindigkeit am Ventil. Die erreichbare Strömungsgeschwindigkeit am Schlauchaustritt ist damit \(u_{S2}=\sqrt{2gH-\varphi_{Ve}}=\sqrt{2gH-\zeta_{Ve}u_{SVe}^{2}/2}\). Danach ist \(u_{S2}\) eine unmittelbare Funktion der Geschwindigkeit u SVe (und damit des Massenstroms) in der Zuleitung. Je geringer der Massenstrom wird, umso größer wird \(u_{S2}\), da ein verringerter Massenstrom eine Reduzierung der spezifischen dissipierten Energie \(\varphi_{Ve}\) bedeutet. Damit ist auch die Antwort auf die erste Frage gegeben: Durch die Verkleinerung der Schlauch-Austrittsöffnung wird offensichtlich der Massenstrom reduziert und damit, wie bereits beschrieben, die Wurfweite erhöht.