Zusammenfassung
Ferdinand Sauerbruch ist während des ganzen Krieges an der Charité chirurgisch tätig gewesen und hat in der Agonie der alten Reichshauptstadt schließlich fast rund um die Uhr operiert (vgl. zu diesem Kap. Abb. 8.1 und 8.2). Als er wegen öffentlicher Ablehnung der politischen Linie der sowjetischen Militär-Administration und der Hochschulpolitik der DDR-Führung in ständige Meinungsverschiedenheiten mit dem Volksbildungsministerium geriet, nachdem ihn Walter Ulbricht im Mai 1945 zunächst noch zum Gesundheitsdezernenten der ersten provisorischen Stadtverwaltung unter kommunistischer Duldung berufen hatte, enthob man ihn im Dezember 1949 – wegen fortschreitender Zerebralsklerose zum eigenen Entlassungsgesuch gedrängt – schließlich aller verbliebenen Ämter. Hintergrund war indessen wohl nicht nur die gelegentliche Verwirrtheit des ehemals großen Chirurgen, die in den späten vierziger Jahren zunahm, sondern vor allem dessen konservativ zögerliche Haltung in Berufungs- und Entnazifizierungsfragen, wie es im Fall der Berufung Theodor Brugschs (1878–1963) manifest wurde. Auf seinen „Einfluss“ gründeten sich große Hoffnungen unter anderem hinsichtlich der „Gewinnung“ der unbelasteten „medizinischen Intelligenz“ für die Wiedereröffnung der Berliner Universität. Sauerbruch aber opponierte gerade gegen den politisch unbelasteten Internisten Theodor Brugsch, der von den Nazis bereits 1935 wegen seiner jüdischen Ehefrau beurlaubt und als Hochschullehrer entpflichtet worden war. Brugsch, vom KPD-Stadtrat für Volksbildung, Otto Winzer (1902–1975), als einer der wenigen „bürgerlichen“ Hochschulmediziner mit zweifelsfrei weißer Weste in den Magistratsausschuss „Aufbau von Universität und Hochschule“ geholt, hatte sich für einen konsequenten Austausch belasteter Hochschullehrer eingesetzt und war bereit, zeitweilig auch eine hierfür offensichtlich notwendige Einschränkung des Selbstergänzungsrechts der Fakultät in Kauf zu nehmen. Sauerbruch aber entwickelte wenig Interesse an einer konsequenten Entnazifizierung und vertrat gegenüber dem „Brugschen Kreis“ die konservative Fraktion um Eduard Spranger, was ihm im Oktober 1945 die Entlassung aus allen Magistratsämtern unter Hinweis auf seine eigene „politische Tätigkeit unter dem Naziregime“ eintrug.
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- 1.
Vgl. Wolfgang Leonhard, Die Revolution entläßt ihre Kinder, 27. Aufl., Berlin 2014, S. 468.
- 2.
Helmut Wolff: Zur Entwicklung der Chirurgie und der chirurgischen Forschung in der DDR. In: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie – Mitteilungen 1/2012, S. 1–8, hier zitiert nach https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Sauerbruch; (Zugriff: 06.08.2015 15:41).
- 3.
Genschorek, Sauerbruch, 228; Abdruck des Kondolenzschreibens im Neuen Deutschland vom 5. Juli 1951.
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Eckart, W. (2016). Nach Kriegsende. In: Ferdinand Sauerbruch – Meisterchirurg im politischen Sturm. essentials. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-12547-9_9
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Publisher Name: Springer, Wiesbaden
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