Gerade in Besprechungen und Moderationen kann es sehr leicht zu Konflikten kommen, da hierbei hoffentlich auch Interessensgegensätze sowie unterschiedliche Einschätzungen und Erfahrungen offen und ehrlich auf den Tisch kommen (siehe auch Meyerhoff und Brühl 2004, S. 41 ff.). Konflikte sind zunächst einmal etwas sehr Natürliches und werden – ob dies nun zur Beruhigung oder eher zur Beunruhigung dient – mit 100 % Wahrscheinlichkeit auftreten. Allerdings kann man sich auf einige Grundelemente von Konflikten und daraus abgeleiteten Lösungsansätzen vorbereiten und so die konstruktiven Aspekte eines Konfliktes beachten. Damit wird es leichter, am Ende einer Besprechung oder Moderation ein von allen akzeptiertes Ergebnis zu vereinbaren.

5.1 Ursachen von Konflikten

Konflikte sind etwas Normales/Natürliches, da es beständig Konflikte um die Verwendung knapper Ressourcen wie Haushaltsgeld, Natur, Aufmerksamkeit, Urlaub, Verkaufsflächen etc. geht! Ziel des Konfliktes ist eine nutzenoptimale Verwendung der knappen Ressourcen!

Grundsätzlich gilt damit, dass die Ursache für Konflikte immer in der Verletzung der Interessen einer Partei liegt. Dies kann bewusst oder auch unbewusst geschehen, durch Ignorieren, Übergehen, Angreifen, Wegnehmen etc. Die beiden Autoren Meyerhoff und Brühl (2004, S. 42) unterscheiden:

  • Sachkonflikte (z. B. aufgrund von unterschiedlichem Vorwissen)

  • Wertkonflikte (z. B. über die Wichtigkeit und Wertigkeit einer Sache)

  • Beziehungskonflikte (zwischen zwei oder mehr Personen, meistens hinsichtlich einer hierarchischen Einordnung oder auch über die Intensität einer Beziehung)

  • Rollenkonflikte (z. B. als Widerstreit eines studentischen Tutors zwischen seiner Verpflichtung gegenüber dem vorgesetzten Dozenten und seinen Kommilitonen)

  • Methodenkonflikte, also unterschiedliche Auffassungen über das sinnvolle Vorgehen

Konflikte führen zunächst einmal zu Eskalationen wie Verhärtungen, Debatten, Provokationen. Wenn damit eine Klärung herbei geführt wird, sind Konflikte konstruktiv. Oft kann man Konflikte durch die Anhörung einer Partei bearbeiten, weil damit eine Anerkennung der Gegenpartei ausgesprochen wird und damit die verletzten Interessen anerkannt wurden. Hier geht es darum, der Konfliktpartei durch Zuhören und das Zeigen von Verständnis zu signalisieren, dass man die Befindlichkeiten respektiert.

Bei substantiellen Konflikten wird man hingegen einen sinnvollen Ausgleich suchen müssen. Wenn man selbst Konfliktpartei ist, wird ein Kompromiss immer auch dazu führen, dass man im Sinne eines höheren Ergebnisses oder Zieles (z. B. Fortsetzung der Zusammenarbeit) auf etwas weniger Wichtiges verzichten wird – und vice versa: auch die andere Konfliktpartei wird im Sinne der Fortsetzung der Zusammenarbeit auf etwas Weniger wichtiges verzichten müssen. Wenn zumindest eine Konfliktpartei dazu nicht bereit ist, wird der Konflikt die Bildung von Koalitionen bzw. Abgrenzungen nach außen nach sich ziehen. Das bedingt bei einzelnen Beteiligten einen Gesichtsverlust, geht oft einher mit dem Verlust von Regeln und Normen, und man ist schnell in einer destruktiven Entwicklung. Kennzeichen dafür sind Drohungen, begrenzte Vernichtungen, Zersplitterungen bis hin zur totalen (Selbst-)Vernichtung.

Auch im Hinblick auf die möglichen Folgen eines Konfliktes sollte man deswegen Konflikte nicht prinzipiell vermeiden. Es ist aber hilfreich zu wissen, dass man sie entsprechend bearbeiten und einer hilfreichen Lösung zuführen kann.

Größtes Problem bei der Konfliktlösung ist die Zugänglichkeit der Konfliktparteien: Inwieweit sind die Konfliktparteien bereit, den Konflikt als einen solchen wahrzunehmen und an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten?

Des weiteren wird man relativ häufig feststellen, dass in Konflikten etwas unter der Oberfläche liegt, was die Kontrahenten so nicht offen benennen wollen, sei es eine vorher gehende Verletzung, die jetzt zurück gezahlt wird, sei es ein Vorwand, der von etwas anderem ablenken soll. Sei es etwas ganz anderes wie ein Stellvertreterkonflikt, bei dem bildhaft gesprochen der Sack geschlagen wird, um den Esel zu treffen – Untergebene oder andere Gruppenmitglieder werden angegriffen, um den Vorgesetzten bzw. ein drittes Gruppenmitglied zu treffen. Von daher kann es hilfreich sein, zunächst einmal den Konflikt nicht auf sich als Person zu beziehen, sondern auf ein konkretes Verhalten oder Vorkommnis. Damit kann man einen Konflikt leichter von der emotionalen Ebene auf eine Sachebene bringen und damit einer Lösung zuführen. Desweiteren kann eine intensivere Beschäftigung mit den grundsätzlichen Merkmalen von Konflikten helfen, aktuelle Konflikte zu durchdenken.

5.2 Die Konfliktstufen nach Glasl

Eine sehr bekannte Konflikttheorie findet sich in den Konfliktstufen nach Friedrich Glasl (1992, S. 215 ff.). Er teilt Konflikte je nach Intensität und Lösungsmöglichkeit in neun Stufen ein:

  1. 1.

    Verhärtung: Standpunkte prallen aufeinander

  2. 2.

    Debatte: Polarisation im Denken, Fühlen, Wollen

  3. 3.

    Aktionen: Beteiligte stellen das Reden ein und stellen sich gegenseitig vor vollendete Tatsachen

  4. 4.

    Images und Koalitionen: Gerüchte werden in Umlauf gesetzt, Stereotypen und Klischees aufgebaut, man manövriert sich gegenseitig in negative Rollen und bekämpft sich

  5. 5.

    Gesichtsverlust: es finden öffentliche und direkte Angriffe statt, teilweise mit verbotenen Mitteln, die auf einen Gesichtsverlust des Gegners abzielen

  6. 6.

    Drohstrategien: Drohungen werden aufgebaut und oft mit Ultimaten verbunden

  7. 7.

    Begrenzte Vernichtungsschläge: Der Gegner wird nicht mehr als Mensch wahrgenommen, man will mit begrenzten Schlägen dem Gegner eine „passende Antwort“ geben, auch eigene Verluste werden in Kauf genommen

  8. 8.

    Zersplitterung: Die Zerstörung und Auflösung des feindlichen Systems wird intensiv verfolgt

  9. 9.

    Gemeinsam in den Abgrund: totale Konfrontation, bei der man auch die eigene Vernichtung in Kauf nimmt, um den Gegner zu vernichten

Je nach Konfliktstufe kann die Lösung des Konflikts zwischen den beiden Konfliktpartnern durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen befördert werden. Man geht dabei davon aus, dass auf den ersten drei Konfliktstufen die Kontrahenten in der Regel selbst in der Lage sind, den Konflikt zu einem guten, für beide Seiten fairen Ende zu bringen und darüber auch die weitere Zusammenarbeit vielleicht sogar zu verbessern („win-win-Situation“).

Bei den Konfliktstufen vier bis sechs wird man hingegen eher auf eine Mediation zurückgreifen, die zunächst einmal die einzelnen Konfliktparteien einzeln anhört, um aus den gewonnenen Erkenntnissen die Ursachen des Konflikts zu erkennen und eine mögliche Lösung zu entwickeln. Man geht aber davon aus, dass meistens eine der beiden Konfliktparteien mit einem größeren Verlust leben muss und sich damit eine „win-loose-Situation“ ergeben kann. Die Folgen sind selten sicher vorhersehbar. In dem einen Fall wird die Partei mit dem größeren Verlust die Zusammenarbeit aus Einsicht oder Mangel an Alternativen trotzdem fortsetzen, in dem anderen Fall vielleicht auch auf die Gelegenheit zur Revanche sinnen oder sich mittelfristig aus der Konstellation zurück ziehen.

Auf den letzten drei Konfliktstufen hat man meist eine Heftigkeit erreicht, die die Auseinandersetzung zu sachlichen Aspekten gegenüber der emotionalen Seite nachrangig werden lässt. Beide Parteien suchen im Konflikt eine Kompensation der Verletzungen, und werden dieses Ziel durch vielerlei Mittel erreichen wollen. Ein derartiger Konflikt kann oftmals nur noch durch eine Art Richter (z. B. Vorgesetzte, die mit ihrer disziplinarischen Macht eingreifen) gelöst werden. Hier kann es für einen Beteiligten durchaus sehr klug sein, frühzeitig auszusteigen und den eigenen Verlust damit zu minimieren. Allerdings erfordert dies auch die Einsicht, dass das Schädigen des Anderen nicht unbedingt zielführend sein wird und die Energie, die bis dato im Konflikt gebunden ist, womöglich an anderer Stelle deutlich besser investiert wird.

Um das Eine vom anderen sicher unterscheiden zu können, liegt eine vertiefte Beschäftigung mit dem Wesen von Konflikten und der Möglichkeit zu ihrer Lösung nahe.

5.3 Die Möglichkeiten zur Lösung von Konflikten

Konflikte sind zunächst einmal eine Manifestation von verschiedenen Standpunkten. Klug bearbeitet, helfen sie allen Beteiligten, eine bestimmte Idee oder Ansicht weiter zu entwickeln und damit den Erkenntnisstand zu erhöhen. Konflikte sind daher in Diskussionen selbstverständlich und hilfreich. Bei solchen einfachen Konflikten ist es immer sinnvoll:

  • Die eigenen Kriterien darzulegen

  • Die Kriterien der anderen Konfliktbeteiligten zu erkunden

  • Anschließend auf die Suche nach einem Kompromiss zu gehen

Die Lösung kann anhand folgender Musterstrategien erfolgen:

  • Bei Differenzen in einer Sachfrage wird man den Konfliktparteien erlauben, ihre jeweiligen Positionen zu erläutern. Die Gesprächsleitung oder ein Moderator wird abschließend beide Positionen zusammen fassen, durch Herausstellen der jeweiligen Positionen. Dabei kann man abklären, ob nicht doch auch Beziehungen/Gefühle gestört sind und zur Lösung eine sachorientierte Lösungsstrategie anbieten („Wir legen hier in der Gruppe jetzt eine Bearbeitungsreihenfolge fest, mit der diese Position und jene Position bearbeitet wird.“)

  • Bei Problemen auf der Beziehungsebene ist es zunächst einmal wichtig, die verletzten Gefühle zu klären, als Ausdruck von Wertschätzung/Anerkennung für die jeweiligen Gefühle. Sodann kann man an einer Wiederherstellung des Gefühlsgleichgewichts arbeiten („Wir sehen Ihre Position, die durch folgende Überlegungen gekennzeichnet und damit berechtigt sind, und wir sehen Ihre Position, die durch folgende Überlegungen gekennzeichnet und damit ebenfalls berechtigt sind. Wir erkennen an, dass eine Lösung in Zukunft diese und jene Gefühle berücksichtigt…“)

  • Bei der Behandlung von Beziehungsfragen, die zunächst einmal wie Sachfragen behandelt werden, ohne dabei auf die Gefühlslagen des Opponenten Rücksicht zu nehmen, ist es wichtig, sowohl die Sach- als auch die Beziehungsebene aufzudecken, und darauf aufbauend erst einmal die Beziehungsebene zu klären. Wird zunächst die Sachebene geklärt, entsteht schnell eine Machtfrage, weil dann wichtige Gefühlselemente verletzt werden.

Dazu kann man als Vorgehensweise ein Verfahren in fünf Schritten festhalten:

  1. 1)

    Klärung der Art des Konfliktes (Sach- oder Beziehungskonflikt), z. B. durch direkte Ansprache der Kontrahenten, Recherche von Hintergrundinformationen, Beobachtung der Konfliktbeteiligten usw.

  2. 2)

    Klärung der Bereitschaft zur Konfliktlösung, im gemeinsamen Gespräch oder notfalls auch im vertraulichen Einzelgespräch

  3. 3)

    Erarbeiten einer Lösungsstrategie, bei der alle Beteiligten gewinnen können

  4. 4)

    Vereinbarung der Konfliktlösung und entsprechende Dokumentation

  5. 5)

    Umsetzung der Lösung

Glasl weist in seiner Konflikttheorie auf eine wichtige Randbedingung zur Konfliktlösung hin. Die Konfliktparteien sind auf einer einfachen Konfliktstufe (bei der Glasl’schen Konflikteinstufung auf den Stufen 1–3) in der Regel allein in der Lage, den Konflikt zu lösen, auch wenn ein neutraler Dritter vielleicht unterstützen kann. Wichtig hierbei ist allerdings auch die Fähigkeit, durch Empathie sich in den anderen hinein zu versetzen und seine Interessen zu erkennen. Dazu wird man als Beteiligter die Interessen des Gegenübers in Erfahrung bringen und seine eigenen Interessen darlegen sowie eine Schnittmenge der Interessen definieren, als gemeinsame Wertebasis und als Ausgangspunkt für einen Kompromiss.

Anschließend stellt man sich die Frage, worauf man selbst verzichten kann, und worauf die Gegenseite zu verzichten bereit ist, um die gemeinsame Zusammenarbeit fortzuführen, und wie dementsprechend der Kompromiss aussehen kann. Kompromisse sind vereinfacht gesprochen immer ein Handel, bei dem beide Seiten auf etwas verzichten, das ihnen vielleicht weh tut, sie aber nicht existenziell gefährdet, um die Zusammenarbeit fortsetzen zu können. Das Geheimnis des tragfähigen Kompromisses lautet demzufolge: Keine Seite muss auf etwas verzichten, was von existenzieller Bedeutung ist. Aber beide Seiten haben auch etwas gewonnen, z. B. die Perspektive, aus der Zusammenarbeit einen Nutzen zu ziehen.

Bei einer Verstärkung des Konflikts wird zumindest eine Seite verlieren, weshalb es zu den von Friedrich Glasl beschriebenen Verhärtungen und Kämpfen kommt. Hier wird oftmals erst ein neutraler Vermittler (Moderation, Mediation) einen Erfolg bewirken können, indem die Vermittlung beiden Seiten die Notwendigkeit der weiteren Zusammenarbeit ebenso verdeutlicht wie Möglichkeiten aufzeigt, wie man trotzdem noch zusammen arbeiten kann. Dazu zählt z. B. die Idee, es der unterlegenen Seite zu ermöglichen, sich selbst als moralischen Sieger zu verstehen, der „als Klügerer nachgibt“, im Interesse des Großen, Ganzen. Ein bitterer Nebengeschmack dieses Lösungsweges: Wenn eine Partei zu oft das Gefühlt hat, als Klügerer nachgegeben zu haben, wird diese Partei irgendwann die Kooperation beenden mit dem Hinweis darauf, man sei genug ausgenutzt worden.

Eine Eskalation wird kaum noch aufzulösen sein, wenn man sich auf den Glasl’schen Konfliktstufen 6–9 befindet. Beide Seiten nehmen eigenen Schaden in Kauf nehmen, um das übergeordnete Ziel – die Vernichtung des Gegenübers – zu erreichen. Mindestens ein Konfliktbeteiligter ist so verzweifelt, dass er den eigenen Schaden oder gar den eigenen Untergang als bereits sicher annimmt und diesen Schaden nur dadurch relativieren und damit akzeptieren kann, wenn er dem anderen ebenfalls einen möglichst hohen, wenn nicht sogar existenzgefährdenden Schaden zuzufügen vermag. Auf diesen Konfliktstufen sehen beide Seiten den Konflikt für sich selbst als existenzgefährdend an. Es entsteht ein regelrechter „Kampf bis aufs Messer“. Als Konfliktbeteiligter wird man klugerweise nicht die eigene Vernichtung abwarten, sondern einen vollständigen Ausstieg aus der Konfliktsituation suchen, solange dies noch geht. Allerdings können einem die eigenen Emotionen (nicht schon wieder verlieren, der darf nicht gewinnen etc.) hier einen Streich spielen, so dass man sich öfters als sinnvoll derartigen ausführlichen und nachhaltigen Konflikten befindet. An dieser Stelle sei auf den Film „War of the Roses“ mit Kathleen Turner und Michael Douglas verwiesen. Beide Protagonisten gehen lieber unter, als in einem Scheidungskrieg auf etwas zu verzichten, was einem aus irgendwelchen Gründen zusteht bzw. was man dem anderen unter allen Umständen nicht gönnen möchte. Das Ergebnis ist bekannt: Die Familie ist zerstört, das gemeinsame Haus ebenfalls. Aber beide haben zumindest den Triumpf, dass der andere vom Konflikt auch nicht mehr profitieren kann.

Bei derart verhärteten Konflikten kann eventuell die GRIT-Technik nach Charles E. Osgood (1962) weiter helfen. Hierbei soll jede betroffene Seite guten Willen zeigen, dazu vertrauensbildende Maßnahmen einseitig ankünden und dann auch ergreifen. Sofern die Gegenseite darauf eingeht, kann man aufeinander zu gehen. Sofern die Gegenseite dies als Gutmütigkeit begreift, sollten diese Angriffe öffentlich benannt sowie begrenzte Vergeltungsmaßnahmen verkündet und durchgeführt werden, die aber die vertrauensbildenden Maßnahmen nicht zurücknehmen. Im Idealfall wird auch eine Verständigungsbasis hergestellt, die eine weitere Zusammenarbeit der Konfliktparteien ermöglicht. Was sich als Theorie gut liest und für die Auseinandersetzung zwischen Staaten eine Weile gut funktioniert hat (man denke an den Kalten Krieg der Jahre 1960–1989), wird vielleicht auch in studentischen Arbeitsgruppen funktionieren. Allerdings stößt die GRIT-Technik auf eine natürliche Grenze, wenn

  • eine der Konfliktparteien entweder eine diebische Freude im Konflikt selbst hat (also die Führung des Konflikts mehr an Aufmerksamkeit und Anerkennung bringt als die Lösung – die asymmetrische Kriegsführung zwischen Partisanen und Besatzungsarmee oder an den Konflikt zwischen Iran und der westlichen Hemisphäre)

  • oder wenn eine Konfliktpartei es gar nicht auf die Meinung der Öffentlichkeit bzw. des gesellschaftlichen Umfelds anlegt (man denke an den Konflikt zwischen Nordkorea und den USA).

Das Interessante daran: Bisher wurde noch jeder Konflikt beendet, oft weil einer der beiden Konfliktparteien die Kraft und Energie zur Fortsetzung des Konflikts ausgingen. Man muss nur genug Geduld und Ressourcen in den Konflikt einbringen … Ob man die im Rahmen eines Studiums hat, steht auf einem anderen Blatt. Und ob es sich lohnt, die Studienzeit mit einem Dauerkonflikt zu belasten, wird sicher jeder für sich beantworten müssen.

5.4 Die Rolle von Einwänden und Vorwänden als Konfliktquelle

In Diskussionen und Besprechungen, z. B. von Arbeitsgruppen, trifft man regelmäßig auf das Phänomen von Vorwänden, die sich als Einwand verkleiden und dafür sorgen sollen, dass Veränderungen nicht oder zumindest nicht so stattfinden. Zur Unterscheidung dienen folgende Definitionen:

  • Einwände sind sachlogisch begründet und können mit geeigneter Argumentation bearbeitet werden

  • Vorwände dienen als Ausflucht und können daher nicht einer sachlogischen Argumentation unterzogen werden.

Um in einer konkreten Diskussionsrunde Einwände von Vorwänden leichter zu unterscheiden, kann man sich mit einer Rückfrage behelfen: „Angenommen, wir würden dieses Problem/diese Frage lösen, wären Sie damit zufrieden?“ Kommt ein klares „Ja“, weiß man, dass man einen Einwand gelöst hat. Kommt hingegen ein „Dann kommt aber das Problem…“ oder „Das können Sie eh nicht sorgfältig lösen, ich traue es Ihnen nicht zu“, handelt es sich in der Regel um einen Vorwand. Besser ist es in diesem Fall, den Vorwand zunächst stehen zu lassen und Hintergründe zum Vorwand zu erfahren. Dies kann man dann in einem ungestörten Zwiegespräch vornehmen.

5.5 Mediation als Instrument zur Konfliktbewältigung

Oftmals wird bei verfahrenen Konfliktsituationen die Mediation als Lösungsmöglichkeit vorgeschlagen (z. B. bei Altmann und Fiebiger 1999). Dabei handelt es sich um eine Form alternativer Konfliktbearbeitung, die zukünftiges Zusammenleben (Kooperieren und Kommunizieren) ermöglicht und damit die Beteiligten in eine „Win-Win-Situation“ bringt. Mediation thematisiert Sachkonflikte, die die Zusammenarbeit der Beteiligten stört, die persönliche und geschäftliche Beziehungsebene gefährdet. Mediation ist damit eine Art strukturierter Verhandlungsprozess, bei der die beteiligten Konfliktparteien auf einer Ebene der Gleichberechtigung miteinander verhandeln.

Als Einsatzfelder bieten sich alle Formen von Konflikten in Sozialsystemen wie Familien, Betriebe, Vereine, Verbänden; und deren Subsysteme (z. B. Abteilungen oder einzelne Mitarbeiter untereinander). Aber auch Probleme zwischen verschiedenen Systemen mit gegenläufigen Interessen (z. B. Umweltschutzverband contra Industrieunternehmen) können durch Mediation bearbeitet werden. Mediation kann nicht zuletzt im Hochschulumfeld gut gedeihen, wenn z. B. zwei verschiedene studentische Arbeits- oder Projektgruppen in einer verfahrenen Situation stecken und Kommilitonen durch ihren Einsatz den Konflikt auflösen wollen. Mediation wird in der Regel von ausgebildeten Mediatoren moderiert, die als Neutrale versuchen, die jeweiligen Positionen nach Lösungsmöglichkeiten abzuklopfen und den Konflikt zu entschärfen, die Konfliktparteien miteinander zu versöhnen, auf einen gemeinsamen Lösungsweg zu führen. Von daher sollte man an die eigene Mediationsfähigkeiten keine allzu hohen Erwartungen stellen und notfalls die Mediation an eine „höher stehende Person“ (z. B. einen wissenschaftlichen Mitarbeiter) übertragen.

Wenn Sie selbst eine Mediation versuchen wollen, halten Sie sich am besten an eine bestimmte Abfolge:

  1. 1)

    Einstiegsphase: Zusicherung von Vertraulichkeit, Erklären der Regeln, Ziele klären/verdeutlichen, Definition von Arbeitsregeln, abschließend Verpflichtung der Beteiligten auf die Teilnahme („Commitment“ erzeugen)

  2. 2)

    Darstellung der Sichtweisen der einzelnen Konfliktparteien: Konfliktparteien tragen Standpunkte vor, Mediatoren spiegeln, fassen zusammen, formulieren ggf. neu („refraiming“), dokumentieren die strittigen Punkte und klären die Reihenfolge der Bearbeitung

  3. 3)

    Konflikterhellung: genaueres Nachfragen/Erhellen, Herausfinden der Gefühle und Motive, Rückversicherung, dass man sich auf dem richtigen Weg befindet

  4. 4)

    Problemlösung: Suche nach Lösungsmöglichkeiten (z. B. durch Brainstorming), Diskussion und Bewertung von Lösungen, Suche nach Konsens („Schnittmengen“)

  5. 5)

    Vereinbarung: genaue Formulierung, Vortrag der Vereinbarungen, Bestätigung der Vereinbarung durch die Beteiligten („Notarfunktion“)

Neben einem gewissen gesunden Menschenverstand werden erfolgreiche Mediatoren in der Regel Verhandlungswissen und Verhandlungstechniken und kommunikative Grundfertigkeiten besitzen. Der Einsatz von Medien (insbesondere Flip-Chart und Pin-Wand) hilft bei der Visualisierung des Konflikts. Damit Mediatoren ihre Rolle glaubwürdig wahrnehmen können, müssen sie sich ihrer eigenen Rolle bewusst sein. Sie sind ähnlich wie ein Moderator nur Katalysator/Moderator, nicht Partei! Daher dürfen auch keine Beziehungsverflechtungen und keine persönlichen Meinungsäußerungen in den Mediationsprozess einfließen.